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beobachtenden Freund zu Hülfe. Nicht trage Feige heit war es also, die die Rache verzögerte, sondern wie Hamlet selbst oft sagt, Metaphysische und Ge. wissensscrupel. Diese will der bedächtigere Orestes vor der That abthun, damit sie ihn nach der That nicht quålen dürfen.

Der Anschlag gelingt, das innere schwarze Ges wiffen des Königs steigt bei der theatralischen Darstels lung seiner That ans Licht; die Mäusefalle schlägt zu. Und nun darf Hamlet singen:

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Mag weinen das getroffne Thier!

Der freie Hirsch hüpft froh.

Ein Welttheil schläft, der Andre wacht;
So rollt die Welt sich, so!

Entkommen seinen Zweifeln findet er den König; aber betend. Den Bösewicht betend aus der Welt zu schaffen, leidet abermal das geistige Gefühl Hamlets nicht, noch weniger das zartere Gefühl des Dichters, der diesen Jüngling,

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Des Hofmanns Auge, des Soldaten Schwert,

Die Zunge des Gelehrten; die Erwartung,
Die Rose eines blühnden Staats, den Spiegel,
Der Artigkeit, anständiger Sitten Form,
Bemerkt von jeglichem Bemerfer

wie seinen Liebling bewachte. Rasch tritt er ein zu feiner Mutter, ganz ist im Feuer seines gerechten Zorns; aus dem Fegefeuer selbst aber muß des Vas ters Geist das Zimmer seiner Verlasserinn finden, und zwischen Sohn und Mutter treten. „Verwunde fie,

aber nur mit Worten; sonst überlaß sie den Dornen in ihrer eignen Brust." Wo stehet Ihr bei diesem Auftritt, Orestes, Elektra, Klytemnestra!

Der Bösewicht kommt Hamlet zuvor und verbannet ihn höflich; höflich soll er dem Tode geliefert wers den in einem fremden Lande. Das Schicksal tritt in den Weg. Es rettet und treibt ihn zurück, eine That zu vollführen, die in Polonius auf das Haupt eines Unschuldigen gefallen war. Diese unschuldige That muß er selbst erst mit dem schmerzlichsten Dorn büßen: denn seine Ophelia ist gestorben. Nachdem er unbewußt, wessen das Grab sei? ein Collegium über die Schädel gehalten, findet er sich im Grabe über ihrem Sarge mit ihrem Bruder, seinem Freuns de, in einem Wettstreit der Liebe, den die schlaue Anstalt des Bösewichts in einen für Hamlet tödtlichen Wettkampf zu verwandeln weiß, da dann das Schicksal entscheidet. Es wechselt Gewehre und Bechɛr; die Mutter selbst trinkt das Gift, der Bösewicht muß den Rest trinken. So ist von diesem Orestes der Mord des Vaters rein und schuldlos gerächt; alle aber, Bösewicht, Weib und Sohn ziehet er mit hinunter. Das Verhängniß hat die Rache bewirkt, mit unbefleckten Händen dessen, dem sie aufgetragen war. Der Bösewicht selbst erfüllete das Maas seiner Frevel, nach seinem Charakter, und ward der Rache Werkzeuz. Den guten Hamlet konnte, trok aller

Vorschritte, selbst seines Vaters Geist aus seinem Charakter nicht treiben.

Hamlet war von Shakespear zuerst als ein kurzer Entwurf geschrieben; langsam ward er nach und nach verlängert. Mit welcher Liebe der Dichter dies ges than habe, zeigt das Werk selbst; es enthält Erinne rungen über unser Leben, philosophisch - melancholische Jünglinsträume, wie sie (Stand und Situation abgerechnet) beinahe Shakespear selbst haben konnte. Jede stille Seele sieht gern in diesen ruhigen See, in dem sich ein Weltall des Firmaments, der Menschheit, der Zeit und Ewigkeit, spiegelt.

Das einzige Stück vielleicht, das der reine sensus humanitatis geschrieben hat; und ganz doch eine Tragödie des Vers hängnisses des schauerlich: nächtlichen Schicksals.

Shakespear's Macbeth dagegen; auch eine Tras gödie des Schicksals, aus menschlichen Seelen ents wickelt, handelnd durch Begebenheiten und Charaktere, aber wie andrer Art!

In einem Hexenwetter treffen drei Weiber zusams men auf einer einsamen, kahlen Heide. Sie fragen und antworten mitwissend einander:

1. Wann gehn wir drei uns wieder vorüber?

In Donner, Bliß und in Regengestüber.

2. Wenn dort das Lärmen und Schwärmen zerronnen,

Schlacht verlohren und Salacht gewonnen

3. Also vor Untergang der Sonnen!

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Alle. Wild Wetter und schön, schön Wetter und wild!
Auf durch Nebel, in Nebel gehüllt,

So fahren sie aus einander. Ihre Geister rufen sie; das Hexenwetter, das sie zusammengestöbert hatte, stöbert sie, wie Luftblasen hier und dorthin. Wer sie zu stehenden Klumpen oder gar zu griechischen Pars zen machte, hätte Shakespears Idee ganz verfehlet.

Die Schlacht endet; sie hatten einen Anschlag auf Macbeth, ihm wahrsagend sein künftiges Schicksal anzukündigen, und sie verfehlen den gemeinen Herens zweck nicht. Vorher erzählen sie einander am Wege wie gemeine Weiber, (die sind sie) wo sie seitdem ges wesen, was sie, veranlaßt durch geringe Beleidigun gen, gehert oder zu beheren Willens sind; es ertönt die Trommel; sie fahren auf:

Trommeln, Trommeln!

Macbeth kommt!

Die Kreuzweg' Schwestern, Hand in hand,
Gehend Post über See und Land,

So fahren sie hin! so drehn sie sich!

Dreimal Dir!

Dreimal mir!

Dreimal noch! macht neun!

Aus der Zauber! Halt ein!

(Macbeth und Ranko kommend.

Macbeth. So wild' und schönen Tag sah ich noch nie!

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Banko.

(unheimlich.)

Wie weit ists noch bis Foris?

(Er erblickt die Heren.) Wer sind die,

So dürr und welk und wild in ihrem Anzug'!
Kaum sehn sie Erdbewohnern gleich, und doch
Sind sie darauf.

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Lebt ihr? Oder seyd ihr Etwas,

Ihr scheint mich zu verstehn,/

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Macbeth. Sprecht, wenn ihr könnt; wer seyd ihr?

Here 1. Gut Glück Dir, Macbeth! Glück Dir, Than von

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Glamis !

2. Gut Glück Dir, Macbeth! Glück Dir, Than von

Cawdor!

3. Gut Glück Dir, Macbeth! der 'nmal König seyn wird! Sofort fährt der Herenspruch dem Macbeth ins Hirn

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Banko. Wie staunt ihr, Herr, und starrt, als ob ihr fürchtet, Was doch so schön klingt?

(An die Heren.)

In der Wahrheit Namen!

Seyd ihr Blendwerk, oder seyd ihr wirklich
Was äußerlich ihr scheint? Ihr grüßet meinen
Edlen Gefährten mit so gegenwärt'gem
Als künftgem Glück, mit Königshoffnung gar,
Das ihr ihn auffer sich gesezt habt. Mir
Mir sagt ihr nichts. → Könnt in die Saat der Zeit

Ihr schau'n und sagen, was in ihr aufwächst

Und nicht aufwächst; so redet auch zu Mir,

Der weder eure Gunst erbettelt, noch

Für eurem Haß sich fürchtet

Here 1. Glück? 2. Glück! 3. Glü¢!

1. Kleiner als Macbeth und größer!

2. Nicht so glücklich, aber viel glücklicher!
3. Von Königen Bater, aber selbst nicht König!
gut Gluck, Macbeth und Banko!

So

1. Macbeth und Banko, gut Glück!

(Aues schnell wie im Herenwetter prophezeihet.)

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