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1.

Heinrich Muler

aus Zutphen.

Die geschicht von bruder Henrico Sudphen.

Im jar unsers Herrn tausent fünfhundert und rrij kam Henricus gen Bremen, nicht das er wolt do predigen, denn er wolt gen Wittemberg ziehen, als von Antorf durch die tyrannen vertrieben um das evangelii willen. Aber er ward gebeten von etlichen fromen Christen burgern eine predigt zu thun, wilchs er nach christlicher liebe nicht wegerte, sundern thet die erste predig am sontag vor Martini. Do in das volk horte, das er das wort Gottes leret, ward er fleißig gebeten und gefodert von der ganzen gemeine in der selbigen pfarre, in das wort Gottes zu predigen und also bei in zu bleiben, welchs er ein zeit lang annam, solchs mit in zu versuchen. Do aber die, so man die geistlichen heißt, mit namen die thumherren samt den münichen und pfaffen, des inne worden, wandten sie allen fleiß für, in mit dem wort Gottes zu dempfen und zu vertreiben um ires geizes willen, als denn die weise ist in allen landen. Derhalben sie den ersamen weisen Rat ansuchten um solchen bösen kezer zu vertreiben, denn seine lere und predigt were wider die heilig christliche kirche. Do ließ ein weiser Rat auf solch ansuchen fürfordern dié

1. Von B. Henrico_ynn | Diedmar verbrand, | sampt dem zehen = | den Psalmen ausgelegt | durch | Mart. Luther. | Wittemberg. | M. D.XXV. 3 Bogen. 4o. Rückseite des Titels und legte S. leer. (Göttingen. Autogr. Luth. S. 58.)

baumeister und öbersten der selbigen pfarre, do Henricus prediget und in die klage des Capitels samt aller pfafferei fürhalten. Anworteten die baumeister der pfarre darauf, das sie nicht anders wüsten, denn das sie einen fromen gelerten prediger hetten angenomen, der sie das wort Gottes rein und lauter leret. Wo aber das Capitel oder jemands klein oder groß beweisen künde, das er etwas wider Gotts wort oder sunst keßerei geleret oder geprediget hette, wolten sie in in keinen weg leiden oder halten, sonder wolten in samt dem Capitel helfen vervolgen. Wo aber die herren des Capitels samt andern geistlichen nichts auf in bringen künden, das er wider Gotts wort gelert hette, und in gedechten mit gewalt on alle schuld zu verdringen, wüsten sie das in keinerlei weg zu leiden. Baten derhalben mit aller untertenigkeit einen ersamen Rat, in solchs nicht zumuten, sonder beim rechten zu lassen. Sie weren auch geneigt, iren prediger alle zeit zum rechten zu halten. Solch antwort ließ ein ersamer Rat durch ire gesandten an das Capitel gelangen. Als aber die geistlichen das merkten, das sie mit guten worten nichts ausrichten, begunden sie zu zürnen und zu dreuen, und von stund liefen sie zu irem Bischof und zeigten im an, wie die von Bremen keyer weren worden, wolten der geistlichkeit nicht gehorsam sein, mit viel klagen, wie zu fürchten were, die ganze stat möcht verfüret werden.

Do schickte der Bischof zwen seiner Rete gen Bremen und ließ anwerfen 1, das man im den münch schicken wolt. Wenn man aber fraget, aus was ursach man in überantwortet solten, antworten sie, er predig wider die heilig kirche. Fragete jemands, in was und welchen artikeln, wusten sie nichts zu antworten. Unter welchen Reten war der weihbischof prediger ordens, welcher allen vleiß fürwendet, den fromen Henricum zu fangen, förchtet sein handwerk würde vergehn. Endlich ward in von eim ersamen Rat geantwort, nachdem der prediger von in angenomen, mit keiner schrift überwunden were und auch niemand keinen artikel anzeigen künde, in welchem er unrecht prediget, wüsten sie in keinerlei weise bei iren burgern zu wegen zu bringen, das in die burger volgen wür den lassen, were derhalben ihre untertenige bitte, der Bischof wölt irer gnediger herre seine hochgelerten gen Bremen ver

1 anwerfen, anwerben, ersuchen.

schaffen, mit irem prediger zu disputiren, würde er unrecht funden, wolten sie mit zimlicher straf den prediger weg verschaffen, wo aber nicht, wüsten sie in nicht zu verlassen 20. Aber der weihbischof antwort und bat höchlich um friden willen eines ganzen landes, man solt im den prediger überantworten und protestiret höchlich, wie er nichts anders suchte, denn irer seelen seligkeit, hat aber nichts mögen schaffen. Denn die von Bremen verharreten auf irer ersten antwort.

Derhalben war der weihbischof zornig und zog von Bremen hinweg und wolt aus großem zorn nach mals der kezer kinder nicht vermelen 1. Do nun der weihbischof wider zu seinem herrn kam, zeigt er im solche antwort an und daneben was er gehört hette von den pfaffen und münchen. Darnach do teglichs neue zeitung kamen, wie der prediger teglich erger und erger prediget wider die geistlicheit, funden sie einen andern rat und fertigten ab trefliche leute, die von Bremen zu warnen, in welchen schaden die statt des predigers halben komen würde, denn er wider babstlicher heiligkeit und keiserlicher maiestat gepot prediget, daneben anzeigten, wie er frauen Margreten 2 gefangener were, welchs in denn großen schaden zuwenden wurde. Brachten auch aus 3 frauen Margreten dreubriefe, das sie ihren gefangnen foderte. Hat aber alles sie nicht helfen mögen, denn ein ersamer weiser Rat alle zeit schriftlich und mündlich einem iglichen unverweislich antwort gab.· Da erdacht der Bischof mit seinem haufen einen andern rat, damit sie das wort Gottes dempften, und namen für ein Provincialconcilium, nicht zu Bremen, als denn gewonheit ist, sondern zur Burstede 5, das sie raum hetten mit bruder Henrico zu handeln wie sie wolten, darzu wurden gefordert und gerufen alle prelaten und gelerten des ganzen bistums, da zu handeln, was man gleuben und halten solte.

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Zu dem Concilio ward der prediger auch berufen, doch mit dem unterscheid, man wolte mit und wider in procediern, als mit einem keßer, so er doch unüberwunden und unverhöret war, derhalben die öbersten samt einer ganzen gemeine iren prediger bei in behielten, denn ir bosheit am tag war. Aber bruder Henricus fasset seine predigt, was er leret und gleubet,

1 vermelen, firmeln. 2 Margreten, Margarete von Parma, Statthalterin der Niederlande. 3 ausbringen, erwirken. 4 unverweis = lich, tadellos. - 5 Burstede, Buxtehude.

in kurze artikel und schickt sie in einem sendebrief dem Erzbischof und zeigt an seine unschuld samt den artikeln, und erbot sich, wo er irret, das man in aus der schrift anzeigen künde, von solchem irrtum abzulassen und zu widerrufen, man solte aber im seinen irrtum aus der heiligen schrift anzeigen, denn er seine lere oder predigt aus der schrift wuste zu beweisen.

Aber solche erbietung samt den artikeln veracht man, denn im fein antwort ward. Was aber das urteil war, mag man dabei erkennen, denn alsbald darnach liessen sie des babsts Leonis des zehenden samt keiserlichen mandat zu Worms geschriben, verkünden und anschlagen. Derhalben der frome prediger seine predigt imer fortfüret und nicht abließ, daneben alle zeit bedinget, er wolt und were bereit iderman antwort zu geben seiner lere und prediget. Die papisten aber hatten keine ruhe und sandten teglich ire capellan in die predigt, das sie in fangen möchten in seinen worten. Aber Gott zeigt seine wunder und bekeret etlich von denselbigen, das der meiste haufen irer capellan, die sie hin sandten, bekant haben, das solche lere und predigt die warheit und von Gott sei, der niemand widerstehn künde, denn sie ir leben lang von keinem menschen solche lere gehöret hetten, derhalben sie von irem bösen abstehn und das wort Gots nicht vervolgen, sonder glauben solten, das sie selig würden. Aber ihr bosheit hatte sie verblendet und mit Pharaone verstocket, das sie erger wurden irem verdienst nach. Es hat auch bis auf diesen tag nie mands ein wörtlin aufbringen künden von allen münchen, wie wol sie teglich keßerei, keßerei ausgeschrien und vermögens auch noch nimmer.

Da nun Got der almechtig die zeit ersahe, daß der gut Henricus mit seinem blut die warheit, von im geprediget, bezeugen solt, sandte er in unter die mörder, die er darzu bereitet hatte, denn es begab sich im rriiij jar, kleiner zal, nach Christi geburt, das er gerufen ward von Nicolao Boye, pfarrer, und andern fromen Christen der selbigen pfarr zu Meldorf in Diedmar, in das wort Gottes zu verkünden und sie aus des Antichrists rachen zu bringen, denn er gewaltiglich daselbs regierte. Welche berufung er, als von Gott annam und derhalben in zusagt, das er zu in komen wolt. Darnach auf S. Catharinenabent fordert er zu sich sechs frome mitbrüder und burger, hielt in für, wie er in Diedmar gerufen were

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