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ob sie desselbigen vergesse, so wil ich doch dein nicht vergessen. Sihe, ich hab dich auf meine hende gezeichnet.

1

Ich habe neulich zwei wunder gesehen. Das erste, da ich zum fenster hinaus sahe, die sterne am himel und das ganze schöne gewelb Gottes, und sahe doch nirgends keine pfeiler, darauf der meister solch gewelb gesezt hatte, noch 1 fiel der himel nicht ein, und stehet auch solch gewelb noch feste. Nu sind etliche, die suchen solche pfeiler und wolten sie gern greifen und fülen. Weil sie denn das nicht vermögen, zappeln und zittern sie, als werde der himel gewislich einfallen, aus keiner andern ursachen, denn das sie die pfeiler nicht greifen noch sehen. Wenn sie dieselbigen greifen künden, so stünde der himel feste.

Das ander. Ich sah auch große dicke wolken über uns schweben mit solcher last, das sie möchten einem großen meer zu vergleichen sein, und sahe doch keinen boden, darauf sie rugeten oder fußeten, noch keine kufen, darein sie gefasset weren. noch fielen sie dennoch auch nicht auf uns, sondern grüßeten uns mit einem sauern angesicht und flohen davon. Da sie fürüber waren, leuchtet erfür beide der boden und unser dach, der sie gehalten hatte, der regenbogen. Das war doch ein schwacher, dünner, geringer boden und dach, das es auch in den wolken verschwand und mehr ein schemen (als durch ein gemaltes glas zu scheinen pflegt) denn ein solcher gewaltiger boden anzusehen war, das einer auch des bodens halben wol so sehr verzweiveln solte, als der großen wasserlaste. Dennoch fand sichs in der that, das solcher amechtiger (anzusehen) schemen die wasserlast trug und uns beschüßet. Noch sind etliche, die des wassers und der wolken dicke und schwere last mehr ansehen, achten und fürchten, denn diesen dünnen, schmalen und leichten schemen. Denn sie wolten gerne fülen die kraft solches schemens. Weil sie das nicht können, fürchten sie, die wolken werden eine ewige sindslut anrichten.

Solches muß ich mit euer Achtbarkeit freundlicher weise scherzen und doch ungescherzt schreiben. Denn ich besonder freude davon gehabt, das ich erfaren habe, wie euer Achtbarkeit für allen andern einen guten mut und getrostes herz hat in dieser unser anfechtung. Ich hatte wol gehofft, es solte zum wenigsten pax politica zu erhalten gewesen sein. Aber Gottes gedanken sind weit über unser gedanken, und ist auch recht, denn er

1 noch, dennoch.

(spricht S. Paulus) erhöret und thut supra quam intelligimus aut petimus. Denn wir wissen nicht, wie wir bitten sollen. Rom. 8. Solt er uns nu also erhören, wie wir bitten, das der keiser uns friede gebe, so möcht es vielleicht heißen infra, nicht supra quam intelligimus, und solt wol der keiser und nicht Gott die ehre kriegen.

Aber nu wil er selbs uns friede schaffen, das er alleine die ehre habe, die im auch allein gebürt. Nicht das wir hiemit Kei. M. verachten, sondern bitten und wünschen, das Kei. M. nicht wider Gott und keiserliche recht fürneme. Wo sie aber das thete (da Gott für sei) so wollen dennoch wir, als die treuen unterthanen, nicht gleuben, das S. K. M. thue, sondern denken, das es ander tyrannen unter dem namen Kei. M. thun, und also K. M. namen und der tyrannen werk unterscheiden, gleich wie wir Gottes namen und der tyrannen werk unterscheiden, und Gottes namen ehren und die lügen meiden. Also sollen und können wir der tyrannen fürnemen gar nicht billichen noch annemen, das sie unter K. M. namen treiben.

Aber solch werk, das uns Gott mit gnaden geben hat, wird er durch seinen Geist segenen und fördern, und die weise, zeit und raum, uns zu helfen, wol treffen, und nicht vergessen noch verseumen. Sie habens noch nicht zur helfte bracht, die viri sanguinum, was sie ist anfahen, sind auch noch nicht alle wieder heim, oder dahin sie gern weren. Unser regenbogen ist schwach, ire wolken sind mechtig, aber in fine videbitur cuius toni. Euer Achtbarkeit halte mir mein geschweße zu gute und tröste N.1 und die andern alle. Christus sol mir unsern gnedigsten herrn auch trösten und halten. Dem sei lob und dank in ewigkeit. Amen. Des gnaden ich auch E. A.2 befehle treulich. Ex eremo 5. Aug. Anno M. D. XXX.

Martinus Luther D.

3. 1 N., spätere Drucke nennen Melanchthon. - E. A. Euer Achtbarkeit.

V.

Fran Musica.

5

1.

Frau Musica.

Für allen freuden auf erden

Kan niemand keine feiner werden,
Denn die ich geb mit meim singen
Und mit manchem süßen klingen.
Hie kan nicht sein ein böser mut,
Wo da singen gesellen gut;

Hie bleibt kein zorn, zank, haß noch neid,

Weichen muß alles herzeleid;

Geiz, sorg und was sonst hart anleit

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1. Lob vnd preis der löblichen Kunst Musica: durch H. Johan Walter. Wittemberg 1538. 40. Darin Bl. Aij fg.: Vorrhede auff alle gute Gesangbücher: D: M: L:

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