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Fachtechnischer und wirtschaftlicher Teil

**** Redaktion: Fachtechnischer und wirtschaftlicher Teil: Syndikus Herm. Pilz, Leipzig ~~~ Kunstgewerblicher Teil: Profeffor Rudolf Rücklin, Direktor der Goldschmiede-Schule, Pforzheim

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Den 9. Jahrgang beginnt unsere Zeitschrift mit der heutigen Nummer. Es ist das keine Jahresziffer, mit der man prunken könnte, als Beweis langjährigen Eingeführt seins und langjähriger Erfahrungen, aber doch schon ein Alter für eine moderne Zeitung, das als beweiskräftig angesehen werden muß für die festen Wurzeln, die sie in ihrem Wirkungs- und Leserkreise geschlagen hat.

Wir dürfen es sagen mit Freude und Dankbarkeit, daß das verflossene Jahr in seiner Gesamtwirkung den Stand der Goldschmiede-Zeitung" als einen gefestigten und erweiterten hinterlassen hat. Mancherlei Anfechtungen, mehr als sonst, haben wir erfahren. Aber gerade dadurch zeigte es sich, daß wir nicht auf den flüchtigen Sand der Personengunst und des Tageserfolges gebaut haben, sondern daß treue und ehrliche Arbeit einen festen Grund des Vertrauens zwischen uns und unsern Abonnenten gelegt hat. Und auf diesem Grunde wollen wir weiterbauen. Jede Meinung soll bei uns zu Worte kommen können; aber nicht die Gehässigkeit und der Unfehlbarkeitsdünkel; gegen diese intolerant zu sein, werden wir uns jederzeit zur Pflicht machen und zur Ehre schätzen.

Nr. 1

„Jede soziale Frage kann durch Erziehung gelöst werden" So lautete der Schlußsatz eines Berichtes über die St. Louiser Weltausstellung, die einer der hervorragendsten amerikanischen Schriftsteller verfaßt hat. Wenn das ein Deutscher gesagt hätte, würde man den Ausspruch wohl mit Mißtrauen entgegennehmen; denn wir gelten nun einmal für das Volk der Schulmeister. Da es aber ein praktischer Amerikaner war, wird man ihm mehr Beachtung schenken. Auch wir streben mit unserer ,Goldschmiede-Zeitung", und vor allem mit ihrem kunstgewerblichen Teil, eine erzieherische Wirkung an — keine schulmäßige freilich. Sondern die Vermittelung recht vielseitiger und tiefgehender Anregungen künstlerischer und technischer Art möchten wir anbahnen, und damit eine Gelegenheit schaffen zur Selbsterziehung und Weiterbildung aller derer, die unserm schönen Berufe angehören.

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Besondere Beachtung werden wir auch immer unserm Fachschulwesen zuteil werden lassen. Man hat uns unsere bisherige Haltung in dieser Sache vielfach verdacht, man hat uns mehr oder weniger verblümt zu verstehen gegeben, als sei es Fahnenverrat, wenn wir etwas zu Gunsten oder

zur Verteidigung derjenigen zu sagen wagen, die man mit dem Namen „Schulpartei“ zu bezeichnen beliebt. Wir haben es immer verschmäht, uns gegen diesen Vorwurf zu rechtfertigen, und tun es auch jetzt. Wem unsere ganze Haltung die Absurdität desselben nicht klar macht, bei dem werden Worte wohl auch vergeblich sein. Wir können nur hoffen, daß unser redliches Bestreben, Brücken zu schlagen zwischen Fach und Fachschule, anstatt sie abzubrechen, sich mit der Zeit doch als fruchtbringend erweisen wird.

Und hoffen wollen wir auch, daß uns das neue Jahr eine Zeit ruhigen Schaffens und rüstigen Vorwärtsschreitens bringen möge. Beginnt doch auch in Kunst und Kunst

gewerbe die neue Bewegung sich zu klären und in festere Bahnen einzulenken. Das wird auch der Goldschmiedekunst zu gute kommen, der eine größere Einheitlichkeit des Geschmackes, ein ruhiges Vorwärtsschreiten der Mode so sehr zu wünschen wäre. Einstweilen freilich sind die Hoffnungen gerade hierfür noch recht schwach.

So steuern wir denn getrost hinaus ins neue Jahr. Was es uns an Sturm und Sonnenschein bringen wird, wissen wir nicht. Aber wir können versprechen, daß wir am Ende desselben den gleichen, festen Kurs auf unser einziges Ziel haben werden wie heute:

Das Wachsen, Blühen und
Gedeihen unserer Kunst!

Am sausenden Webstuhl der Zeit.

Die Glocken läuteten wieder ein arbeitsvolles, mühereiches Jahr zu Grabe. Die Zeit ist wieder einen Schritt auf dem Pfade zur Ewigkeit weitergegangen und demjenigen, der die Entwicklungsgeschichte der Menschheit mit Aufmerksamkeit verfolgt hat, wird sich eines mit zwingender Überzeugung aufgedrängt haben, daß diese Entwicklung vorwärtsgeht, trotz aller rückschrittlichen Erscheinungen, die sich ihr hemmend in den Weg legen, trotz aller Unruhen und Wirrsale, an denen gerade das Wirtschaftsjahr 1905 so reich war. Die großen Interessenkämpfe im Ruhrkohlengebiet, bei der bayerischen Metallindustrie, bei den Elektrizitätsarbeitern, oder in der sächsisch-thüringischen Textilindustrie, die nicht allein auf die Verbesserung der Löhne gerichtet waren, sondern auch eine Machtprobe gegen das Unternehmertum bilden sollten, und auch in der Gold- und Silberwarenfabrikation analoge Bewegungen zu verzeichnen hatten, die Neuregelung unserer Handelsbeziehungen zum Auslande, die uns unsere Position auf dem Weltmarkt noch sicherer stellen und uns ein wirtschaftliches Prestige geben soll, der sich immer umfassender gestaltende Zug der Konzentration in Handel, Verkehr und Industrie, sie haben auch in dem von uns geschiedenen Jahre eine bedeutsame Rolle gespielt, aber sie haben dem Jahre nicht seine dauernde Bedeutung in der Historie verliehen. Dies taten vielmehr die grundstürzenden Umwälzungen auf dem Gebiete der Weltpolitik. Während sich Deutschland auf friedlichem Wege Ausdehnungsmöglichkeiten für seinen Handel suchte, traten die beiden jüngsten Weltmächte in Waffen auf die Bühne der Weltpolitik. Die vereinigten Staaten zertrümmerten Spaniens alte durch Tradition geheiligte Seemacht, und Japan warf das große Nachbarreich der Zöpfe und Porzellantürme zu Boden, und in zähem, furchtbarem Kampfe nahm es auch dem gewaltigen Zarenreiche Macht, Ruhm und Ansehen. Der Friede zu Portsmouth brachte Rußland nicht den Frieden. Durch das ganze Reich rast und flutet die Revolution und schlägt in Trümmer, was sich ihr entgegensetzt. Handel und Wandel liegen darnieder und auch die Interessen des Deutschtums scheinen gefährdet, wenn wir nicht Vorkehrungen treffen zur Sicherheit unserer Landsleute, namentlich in den baltischen Provinzen. In Österreich-Ungarn tobte der Nationalitätenkampf weiter, der diesen Staat dem Zerfall entgegenführen muß, Norwegen riß sich von Schweden los und setzte einem dänischen Prinzen die Krone der Wikinger aufs Haupt, und auch in den übrigen Staaten mehrten sich die Zeichen einer Umwälzungspolitik. Warum wir hier den Vorhang noch einmal von der Weltbühne hinweggezogen haben und das Drama des vergangenen Jahres vor unseren Lesern abspielen ließen? Wer über den engen Horizont seiner Tagesarbeit hinauszublicken gewohnt ist, der wird wissen, daß diese großen Weltereignisse auch ihren Einfluß auf das wirtschaftliche Leben bis in seine kleinsten Phasen ausüben. So wird auch der Export in der Gold- und Silberwarenbranche durch die politischen Unruhen merklich beeinflußt, wenn wir auch nach den statistischen Abschlüssen sagen können, daß das Manko nicht so bedeutsam und besorgniserregend ist, als wir gefürchtet hatten. Wohl blieb die Ausfuhr nach dem Osten hinter

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derjenigen früherer Jahre zurück, aber das war bei der Unsicherheit der dortigen Verhältnisse in allen Branchen des Erwerbslebens zu erwarten und es zeigten dagegen die Absätze in anderen Gebieten willkommene Fortschritte. Das Detailgeschäft hat im großen ganzen ebenfalls seinen bisherigen Charakter bewahrt. Es ist stiller gewesen als in manchen guten Jahren des großen wirtschaftlichen Aufschwunges, ja periodisch sogar sehr still, aber es gab zu besonderen Klagen keinen Anlaß, wenn man das Ganze ins Auge faßt. Freilich an Klagen fehlte es nicht. Gegen die alten Erbfeinde unseres geschäftlichen Lebens mußte energisch weiter gekämpft werden, und wir haben in unserem Kampfe das lassen wir uns von Niemandem streitig machen die Pflicht der Fachpresse getreulich erfüllt und gerade in den bedeutsamsten Fragen die Initiative ergriffen, was natürlich unseren scheelblickenden Neidern und Widersachern ein Dorn im Auge ist. Viel Feind viel Ehr'! Mit diesem Trostspruch sind auch wir ins neue Jahr geschritten! Im Vordergrund der Bestrebungen der deutschen Goldschmiede um die Hebung ihrer geschäftlichen Lage stand der Kampf gegen die schädigenden Einwirkungen der Leihhäuser und ihrer Vorrechte, der durch unseren Verlag und die führende Tätigkeit Dr. Rockes darin in erster Linie gefördert wurde, sowie der Kampf gegen den unlauteren Handel mit Glassteinen, die als Bera-, Rands-, Lucios-, Sarita usw.-Diamanten den Markt an den großen Plätzen unsicher machten. Auch auf diesem Gebiete haben wir erfolgreich gearbeitet und überall, wo Gefahr im Verzuge war, die Goldschmiede mobil gemacht. So werden wir es auch in Zukunft, unbeirrt um alle Anfeindungen, halten und unseren Weg zum Heile der deutschen Goldschmiede weitergehen. Wir wissen, daß wir unsere von Jahr zu Jahr wachsende Anzahl treuer Abonnenten und lieber Freunde unter den Goldschmieden dabei auf unserer Seite haben. In der Frage, ob sich Uhrmacher Goldschmiede nennen dürfen, sind auch in diesem Jahre hervorragende Kundgebungen erfolgt, die wir veröffentlicht haben, und der Umstand, daß in gemeinsamen Verhandlungen und Tagungen Goldschmiede und Uhrmacher Hand in Hand gingen, gibt die Gewähr, daß auch diese Frage noch in befriedigender Weise ihre Lösung finden wird. Auch im Kampf gegen die unheilvollen Einwirkungen der Ausverkäufe und Wanderlager auf den seẞhaften Handel, in der Bekämpfung des Rabattunfuges und der Konkurrenztätigkeit der Beamten- und Offiziersvereine ist im vergangenen Jahre unentwegt weiter gearbeitet worden. Die segensreiche Arbeit des „Verbandes" auf diesem sozialpolitischen Gebiete wird gewiß allmählich eine Besserung der Zustände herbeiführen, wenn auch von einem schlagenden Erfolge heute noch nicht die Rede ist Nur durch langsames Unterminieren läßt sich in solchen heikien Angelegenheiten etwas erreichen. Dasselbe gilt von der Bekämpfung des unlauteren Hausierhandels, des Detaillierens der Fabrikanten und Grossisten, das übrigens bei den maßgebenden Firmen nie bestanden hat oder doch bereits ausgeschaltet worden ist, von dem Verkauf von Gold- und Silberwaren auf Messen und Märkten, von den unlauteren Reklamen und Konkurrenz

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Moderner Edelmetallguß.

Von Ingenieur Dr. Ernst Beutel und Professor Karl Pugl.

Dieser Artikel entstammt dem „Zentralblatt für das gewerbliche Unterrichtswesen in Österreich".

In dem Artikel: „Beiträge zur Gußtechnik des modernen Kunstgewerbes" haben die Verfasser die Verwertung des Wachsausschmelzverfahrens für den Edelmetal!guß hervorgehoben und sich. ein näheres Eingehen auf diese wichtige Werkweise vorbehalten.

Da das Gießen die natürlichste Art der Metallformung ist, wird der Edelmetallguß bereits in den ältesten Zeiten ausgeübt, im späteren Verlaufe der kulturellen Entwicklung aber durch das Hämmern verdrängt. Erst auf einer hohen Stufe der Vervollkommnung der Formerei und Legierungstechnik kann das Gießen mit dem Treiben in erfolgreichen Wettbewerb treten, da es sich bei der Kostbarkeit des Materials darum handelt, die Metallstärke möglichst gering zu halten, welche Aufgabe das Hämmern naturgemäß leichter löst als das Gießen.

Da ferner das reine Gold nach dem Gusse stark schwindet, das reine Silber beim Schmelzen Sauerstoff aufnimmt und beim Erkalten wieder abgibt, hatte die Gußtechnik große Schwierigkeiten zu überwinden, bis sie endlich im modernisierten Wachsausschmelzverfahren eine befriedigende Lösung der Formfrage erfuhr, während gleichzeitig cine ausgebildete Legierungstechnik die Schwierigkeiten des Gusses b überwinden half.

Bis in die neueste Zeit wurden Schmucke und Edelmetallgeräte in Formsand, Formspat, Tripel oder Blackfischbein (Ossa sepiae) geformt, welche Verfahren für unterschnittene Modelle komplizierte Stückformen notwendig machen. Der im vorigen Jahrhundert häufig ausgeübte Guß nach der Natur, bei welchem das Objekt in eine Schamottegipsmasse eingebettet und verascht wurde, bildet den Übergang zu dem heutigen Wachsausschmelzverfahren, das durch Veraschung des in,,Masse" eingelagerten Wachsmodelles den Gußhohlraum schafft.

Eine ziemlich eingehende Beschreibung der älteren Verfahren einschließlich des Naturabgusses bietet Kulmers Handbuch der Goldund Silberarbeiter (herausgegeben von Eichler, Weimar 1887, B. F.Voigt).

Das Werk von F. Luthmer: „Gold und Silber" (Leipzig 1888, Seemann & Cie.) erwähnt bereits den Cire perdue Guß, ohne jedoch auf die Technik desselben einzugehen. Da sich die Verfasser dieses Artikels auf ihre bereits zitierte Abhandlung beziehen können, hoffen

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sie in knappester Form ein vollständiges Bild des modernen Verfahrens geben zu können.

Herstellung des Wachsmodelles. Den Ausgangspunkt für die Herstellung einer Gußform bildet ein Wachsmodell, welches der Former von der Originalmodellierung oder von einem vorliegendem Geschmeide abnimmt. Der Gegenstand, z. B. eine Schließe (s. Fig. 1a), wird mit Hilfe der Modellierwerkzeuge in eine Plastilinunterlage eingebettet, indem man die Konturen und eventuelle Durchbrechungen sorgfältig ausarbeitet. Das Objekt ragt nach beendeter Arbeit soweit aus dem Plastilinbette hervor, als es für die Metallstärke des gewünschten Gusses erforderlich erscheint. Da das Einbetten in Plastilin der Farbe des abzu

Fig. 1. Aufgekittetes Wachsoriginal (a) und Agar - Negativ (b).

formenden Gegenstandes, wenn dieser aus Silber ist, nachteilig sein kann, weil dieses Metall hierbei geschwärzt wird, nimmt man in diesem Falle die Unterbettung zweckmäßiger in Gips, Ton oder Wachs vor. Das derart vorbereitete Objekt umgibt man mit einem Holzrahmen, dessen Fugen mit Gipsbrei oder Ton verwahrt werden, pinselt es schwach mit Olivenöl ein und übergießt es mit Agarlösung. Um das auf diese Weise gewonnene Formnegativ zu stützen, gießt man nach dem Gelantinieren der Lösung Gipsbrei in der Stärke von 1-2 cm auf.

Durch das Abbinden des Gipses erhält man eine feste Platte, die sich der Rückseite des Negativs auf das genaueste anschließt und seine leichte Handhabung bei den weiteren Arbeiten ermöglicht, ohne daß sich die Form verziehen könnte. Nach dem Erstarren des Gipsbreies wendet man das Werkstück um, hebt das Formbrett ab und entfernt vorsichtig das eventuell im Negativ liegengebliebene Modell. Fig. 1b stellt das mit einem Holzrahmen umgebene Agarnegativ einer Gürtelschließe dar.

Besteht die Originalmodellierung aus Gips, so muß sie, bevor man die Agarlösung aufgießt, mit einer Schellacklösung gedichtet und außerdem geölt werden; besteht sie aus Wachs, so ist sie ebenfalls zu ölen und beim Aufgießen die Temperatur der Lösung sorgfältig zu beachten, auf daß das Original beim Formen nicht leide.

Von einem Agarnegativ kann der Former eine größere Anzahl

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