Page images
PDF
EPUB

mit dem Titel steht: „Das Lob und Betlied vom Werk Christi Jesu in

uns", heißt so:

Herr Ghrift, der einig Fots Son
Baters in Ewigkeit.

Aus seinem Heiz' mitsvrossen
Gleichwie geschrieben steht.

Andreas Hammerschmidt hat 1653 schmückten Tonsag nach Goncertform zu

Er ist der Morgensterne
Sein glenke streckt er ferne
Hur autern Sternen flar."

einen trefflich belebten, schön gez dieser M. geliefert.

13. Gott, du frommer Gott.

Johann Heermann, Prediger zu Köben (Bd. I, 215), der dieses Lied in seinen schwersten, mit dem J. 1623 beginnenden Leidensjabren gedichtet hat, hat es seiner Haus- und Herzmusik oder devoti musica cordis" vom 3. 1630 ursprünglich als ein täglich Gebet" angehänget. Gar manche Worte desselben hat er recht aus eigener Lebenserfahrung heraus gesungen; so z. B. den Seufzer: „G efunden Leib gieb mir" (V. 3.), oder:,,Soll ich auf dieser Belt durch manchen sauern Tritt hindurch ins Alter dringen" (V. 6.) er war nämlich von so kränklicher Leibesbeschaffenheit, daß er sich Zeit seines Lebens keines einzigen gesunden Tages rühmen konnte, und hatte als ein durch Kriegsnöthen und Hauskreuz aller Art geprüfter Hiob gar viel durchzumachen; so ferner die Worte: „Find't sich Gefährlichkeit x.“ (V. 4.), denn in den schweren Angstzeiten des dreißigjährigen Kriegs, in die sein Leben fiel, schwebte er öfters in größter Todesgefahr.

Dieses Lied, das Schamelius in seinem Liedercommentar unter dem Titel: Uebung des wahren Christenthums" aufführt, enthält ganz nach der lieblichen Eintheilung des alten W. Spruchbuchs, das in den vier ersten Ordnungen goldene Sprüche aufführt, die da lehren: 1) recht glauben; 2) christlich und gottselig leben; 3) geduldig leiden und 4) selig sterben, eine köstliche Anweisung zum wahren Christenthum, und ist so eigentlich das in kurze Reime gebrachte W. Spruchbuch mit seinen vier ersten Ordnungen.,, Recht glauben" lehrt V. 1.,,,gott selig leben“ V. 2. und 3.,,,geduldig leiden" V. 4. 5. 6. und „selig sterben“ V. 7. und 8. In den Worten-des Lieds ist auch der helle Wiederschein mancher köstlichen Bibelsprüche:

"

Vers 1. 3. 1: Pf. 25, 8. 5 Mos. 32, 4. 3. 2: Brunnquell guter Gaben" Jak. 1, 17. 3. 5: Sir. 30, 14-16. Gin kranker Mann, ein armer Mann. Der römische Kaiser Friedrich IV. pflegte zu sagen: „ein gesunder Bauer ist weit glücklicher, als ein kranker Kaiser." 3. 6, 7: „in solchem Leib ein' unverleßte Seel" —

3.8:

1 Tim. 1, 19. Arostelgesch. 17, 28.
3. 7, 8: und wann ichs thu,
Vers 3: Matth.
Nem. 12, 20. 21.

nach dem lateinischen Denkspruch: sana mens in corpore sano. und rein Gewissen bleib" Vers 2. 3. 1-6: Pred. 9, 10. so gieb, daß es gerathe wohl“ (Original). 12, 36. Vers 4: Ps. 27, 1. 1 Cor. 16, 13. Vers 5: Nom. 12, 18. 1 Cor. 5, 11. Sprüchw. 10, 2. 16, 8. Vers 6: Ps. 71, 9. Sprüchw. 16, 31. Vers 7. 3. 1-4: Apostelgesch. 7, 59.

-

3. 5-8: „dem Leib ein Räumlein gönn' bei frommer AelVers 8: Joh. 5, 28.

--

1 Mos. 47, 30.

--

tern Grab 2c. "
ist eine von unbekannter Hand später angehängte Dorologie.

Vers 9.

M. Johann Christoph Dlearius wendet dieses Lied in seinem geistlichen Liederschat (Thl. 1. S. 123) auf das Evangelium am Sonntag Septuagefima Matth. 19, 27 20, 16. an, und theilt darüber fol

gende Disposition mit:

„Der Arbeiter im geistlichen Weinberg. Dabei ist zu betrachten: 1) Der Hausvater, der uns berufen. Seltiger ist Gott (V. 1.), der a) fromm, b) reich, ein Brunnquell aller Gaben, und c) gnädig ist in Förderung alles Guten.

2) Die Arbeit im Weinberg. Solche muß verrichtet werden ungeachtet der Last und Hiße, und zwar: a) fleißig V. 2., b) nüßlich V. 3., c) standhaft V. 4., d) behutsam V. 5. und 6.

3) Der Arbeitslohn. Solcher wird erfolgen (V. 7. und 8): a) un fehlbar am Abend des Lebens und der Welt, h) erwünscht. Der Leib soll ruhen im Grab und einstens sammt der Seele an jenem Tage zur himmlischen Freude und der Auserwählten Hauf schön und verklärt eingeführt werden."

So hat dieses Lied auch einst ein Prediger seine,, Priesterconcordanz, so man in Lehr und Leben nicht entbehren könne“, genannt. G. Westphal, der selige Pfarrer von Schwerin, hat sich aus diesem Liede täglich auf seine Amtsführung gestärket [Seiffarts Del. mel. S. 91 2c.] und Casp. Schade, der bekannte Eliasprediger zu Berlin und College Speners an der Nikolaikirche, fieng auf der Kanzel, auf der er skets in großer Demuth und voll Mitleid über die Menge von Namenchristen, die er vor sich hatte, stand, gewöhnlich mit dem Gebete: „Hilf, daß ich rede stets, womit ich kann bestehen" 2. (V. 3.) seine Predigt an (Bd. I, 367). Auch der Hofprediger Dr. Hedinger zu Stuttgart (Bd. II, 154) brauchte Vers 3. in seiner denkwürdigen, mit großer Kraft und Freimuth am 13. August 1699 in der Hofkirche zu Stuttgart über Jerem. 17, 16. abgelegten Antrittspredigt beim Schlußgebet am Ende der Predigt. Nachdem er nämlich in einem besondern Theil ausgeführt hatte,,,wie von einem Prediger, der mit vollem Segen des Evangelii in seiner Gemeinde wirken wolle, ein in Gott gestärkter, unerschrockener und unverdrossener Muth erfordert werde, den er auch als Zeuge wider die Sünde sich bewahren müsse“, und nachdem er sich noch von seinen

Zuhörern besonders ausgebeten hatte, was Ebr. 13, 22. steht, so machte er den Schluß mit dem Gebet:,,Gieb Allen, die mich hören, mächtiglich zu erkennen, ich rede nicht aus mir selbst, sondern aus deiner Kraft und ,,in deinem Trieb, und zu merken, daß ein Prophet des Herrn unter ihnen „gewesen sey. Hilf, daß ich rede stets ..... ohn' Verdruß (V. 3.) — bis die fröhliche Zeit kommen wird, da du durch einen seligen Tod mich er„lösen und durch den Richter alles Fleisches als dein Kind aufs Freund„lichste begrüßen wirst:,,,,Ei, du frommer und getreuer Knecht

Herrn Freude." Amen. Amen!" - Der ehrwürdige Albrecht Bengel (B. II, 188) brauchte diesen Vers bei seiner Abschiedsvredigt zu Herbrechtingen, die er am 19. Oft. 1749 hielt und wobei sein Thema „der himmlische Beruf" war, als Schlußgebet am Ende der Predigt; statt ehn' Verdruß" am Ende des Verses sagte er zum Beschluß!"

Dieses Lied war auch eines Staatsmanns tägliche Morgenandacht und Gebet. Veit Ludwig v. Seckendorf, der fromme und weitberühmte christliche Staatsmann, von der Seckendorf'schen Linie „Gut - Ende“, welcher die Historia Lutheranismi ums J. 1680 schrieb (f. zu Nr. 590), brauchte es so.

(G. Wimmers Liedererklärung. Thl. II. 1749.)

Fast alle einzelnen Verse haben ihre denkwürdige Geschichte. Der 2. Bers ward am Morgen des 5. Dez. 1757, ale 30,000 Preußen unter der Führung ihres königlichen Helden, Friedrichs des Großen, 90,000 Oestreichern, die auf ihre Stärke sich verließen und böhnisch sie nur die Berliner Wachtparade nannten, schlagfertig auf dem Blaachfeld beim Dorfe Leuthen in Schlesien gegenüberstanden, als feierlicher Morgensegen von den Soldaten im preußischen Lager aus freien Stücken angestimmt und die Feldmusik fiel dazu ein. Ein Commandeur fragte den König, ob die Soldaten schweigen sollen? Der aber verseßte: „Nein! lasse Er das, mit solchen Leuten wird mir Gott heute gewiß den Sieg verleihen!" Drauf gab er den Befehl zum Angriff, sprengte au den Reihen seiner Krieger hinunter und rief deu sich entfaltenden Schlachthaufen zu:,,Nun, Kinder, frisch heran! In Gottes Namen!" - „In Gottes Namen" hallte es wieder von Glied zu Glied, und in drei Stunden war ein glorreicher Sieg erfochten. Der Herr, der mit jenem frommen Morgengruß um seinen Segen und Beistand begrüßt worden war, half, und die Krieger, die bei ihm sich Stärkung erfleht hatten zu ihrem Stande, die standen wie Mauern und konnten thun mit Fleiß, was Rod, Kirchenlied. IV. 3

[ocr errors]

ihnen zu thun gebührte. Fast das ganze feindliche Geschütz ward erbeutet und 21,000 Mann wurden gefangen. Das erbauliche Lied, welches damals das preußische Heer gesungen, war zehn Heldengedichte und auch eben so viele Bataillons werth" sagt Th. Abbt in seinem verdienstreichen Berlin. 1768." . 257. Dem König selbst entfuhren bei dieser Gelegenheit die Worte:,,Mein Gott! welche Kraft hat die Religion!" „So zogen damals” diese Gedanken spricht Harleß in der Zeitschrift für Protest. und Kirche. Bd. 3. Heft 1. 1842. S. 51 aus zogen damals im siebenjährigen Krieg die alten Preußen mit diesem Gesang gegen die viermal stärkern Destreicher in die Schlacht und retteten König und Reich, während die Enkel dieser Helden, der Bibel und den frommen Liedern entfremdet, mit Kozebue'scher Ritterlichkeit und mit Theater und Romanentugend aufgefüttert, im 3. 1806 Vaterland und König dem Feinde preis gaben." Wie aber die, welche mit dieser Liedstrophe zu dem Herrn der Heerschaaren hinaufgefleht, nach erfochtenem Siege auch ein gemeinsames Danklied auf dem Schlachtfeld anstimmten, das ist zu Nr. 2 erzählt und kann dort S. 13 nachgelesen werden.

Die Worte des 3. Verses ließ sich ein Kaufmann zu Breslau statt des Glases in seinen Taschenspiegel verzeichnen, um sich die Untugend abzugewöhnen, daß er gern immer übel von andern Leuten redete. Täglich trug er nun diese Worte in seinem Taschenspiegel mit sich herum und schweigte damit seine Zunge. [Seiffarts Del. mel. 1704. S. 91 xc.] G. Wimmer nennt auch diesen Vers,,des Christen Mundschloß und Zungenarzt“ und Bilhuber rathet, jedweder Christ soll daraus eine Goldwaage machen, damit, was er zu reden hat, sorgfältig vorher abzuwägen, so werde er nichts reden, womit er nicht vor Gott und Menschen bestehen könne.

Den 3. und 4. Vers betete Israel Hartmann, der gesegnete Lehrer am Waisenhaus zu Ludwigsburg, als er noch Schulprovisor zu Plieningen auf den Fildern war und im Frühjahr 1743 vor dem Spezial Fischer, der die Kirchenvisitation hielt, beim Durchgang zu erscheinen hatte, vor der Thüre des Visitators. Er wußte nämlich, daß er hart verHagt worden sey von seinen Feinden, die er sich wegen seines großen Eifers und Ernstes, womit er die Kinder unterrichtete, zugezogen hatte. Nachdem er nun so Gott zuvor angerufen, trat er getrost vor den Visitator, und fiehe! dieser empfieng ihn aufs Freundlichste und sprach zu ihm: „Ich wünschte, daß aller Orten in meiner Diöcese solche Klagen geführt würden." (Basler Sammlungen. 1842. S. 51.)

Mit dem 5. Vers hat der braunschweig-lüneburgische Geheimerath Friedrich Schenk von Winterstätt zu Zell († 1659) sein Herz fleißig und allezeit gegen das falsche Geschenknehmen verwahrt, wozu er von vielen Leuten, die ihre Sachen durch ihn gerne gefördert gesehen hätten, gar häufig versucht wurde.

(Dr. Gözens ergößte Schrift- und Liederfreunde. 1722. S. 20 .) Den 6. Vers pflegte sich Pfarrer Hellwig zu Leubingen in seinem angehenden Alter beim Aufstehen und Niederlegen stets zuzusprechen, wozu er noch Davids Worte sprach: „Verwirf mich nicht in meinem Alter 2c." Pf. 71, 9.

(Seiffarts Del. mel. 1704. S. 131.)

Den 8. Vers hörte einst die Frau des Dr. Johann Salomo Semler, Professors der Theologie zu Halle, Christina Magdalena Philippina, geb. Döbner, im Febr. 1771 im Schlafe von einer gar lieblichen Stimme fingen, darüber erwachte sie, und ehe drei Wochen vergiengen, hörte sie denselben Vers noch einmal fingen. Das bestärkte in ihrer Seele die Vorstellung, daß sie diese Welt bald gerlassen würde, und erweckte sie so sehr zur Sterbensbereitschaft, daß sie sich ihr Sterbekleid zurecht machen und dasselbe von Zeit zu Zeit zeigen ließ, wobei sie jedesmal diesen Vers betete. Wirklich starb sie auch in selbigem Jahre noch mit dem Tod recht wohl vertraut. So erzählt Semler den Hergang selbst.

Ueber dieses Lied ist auch ein besonderes Buch geschrieben worden von M. Christian Fr. Hilscher unter dem Titel:,,Hymnus Heermannianus: O Gott, du frommer Gott, rhythmis latinis expressus, brevi commentariolo illustratus. Chemnizii 1710."

Die Melodie, eine eigentliche Stamm - Mel.,* f g a dcba, ist wahrscheinlich gegen das Ende des 17. Jahrh.'s entstanden; ihr Urheber ist unbekannt. Sie ist in W. feit der Ausgabe des gr. Kirch).-G. von 1711 gebräuchlich. Im Störl'schen Ch. - B. hat sie, während bereits das eben genannte Kirch.-G. die zweite und vierte Zeile des zweiten Theils und das Weißenfelser G. von 1714 die erste und zweite Zeile desselben eingesezt hatte, ben ganzen zweiten Theil der M.: „Nun danket Alle Gott" erhalten, weshalb sie auch jezt noch an vielen Orten Würtembergs mit dieser Aenderung gesungen wird, während sie im Gothaer Cant. von 1715 ganz originalmäßig steht. Joh. Trüger giebt, übrigens ohne seinen Namen, in den „geistl. Liedern und Psalmen. 1653.“ eine schon Heermann selbst zugeschriebene M., deren Anfang lautet: acha a gis. Johann Friedrich Doles, Musiks direktor zu Leipzig, hat 1760 eine weitere M. dazu componirt, deren Anfang lautet: cafeed. In Knechts Ch.-B. findet sich auch eine sächsische M. (XCVI). Vgl. auch zu Nr. 20.

« PreviousContinue »