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des Klägers, dass der Ehebruch festgesetzt und auf Scheidung wegen Ehebruchs erkannt werde. Denn der Kläger hat in der That ein völlig begründetes Interesse daran, dass die Scheidung gerade wegen Ehebruchs erfolge, das Interesse nämlich, dass die Ehe des geschiedenen Theiles mit dem Ehebrecher unterbleibe, § 33 Z. 5 des Civilehegesetzes, und das Interesse des Strafantrages, § 172 R.St.G.B. 3). Beide Interessen sollen dem Kläger durch den Zufall, dass der Richter ohne Festsetzung des Ehebruchs die Ehe aus andern Gründen scheidet, nicht abgeschnitten werden.

Ebenso halte ich es für unrichtig, wenn der Verfasser bezüglich des Fideicommisses auf den Ueberrest (fideic. ejus, quod superfuturum est) S. 440 ausführt, dass, wenn der Fiduciar in Konkurs fällt, aber während des Konkurses stirbt, der Fideicommissar die noch nicht veräusserten Nachlasssachen aus dem Konkurs vindiciren könne, weil der Konkurs kein Pfandrecht gewähre. In der That gewährt der Konkurs ein Executionspfand, welches von dem Fideicommissar zu respektiren ist; er begründet eine dingliche Belastung, und nur mit dieser Belastung geht hier das Fideicommissvermögen auf den Fideicommissar über.

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In manchen Punkten wäre die vergleichende Bezugnahme auf das französische Civilrecht wünschenswerth; denn es ist zu erwarten, dass auch das viele Vortreffliche dieses Civilrechts bei der neuen Civilgesetzgebung berücksichtigt werde. Ich verweise nur auf die geistreiche Art, wie dasselbe die eheliche Gütergemeinschaft behandelt hat. So findet sich der Satz des preuss L.R., dass der Ehemann durch Autorisation der Ehefrau zugleich sich selbst und sein eigenes Vermögen verpflichtet (II 1 § 329), auch im französischen Civilrecht (mindestens bei der Gemeinschaftsehe), a. 1419 und dazu

3) Zu diesen Zwecken ist es nöthig, dass es mindestens aus den Entscheidungsgründen erhellt, dass der Ehebruch einer der bestimmenden Gründe der Ehescheidung war. Vgl. hierüber auch Scheurl, Das gemeine deutsche Eherecht S. 225.

Rodière et Pont, Contrat de mariage nr. 784. Die Frage über die Subrogation des mit Proprevermögen Erworbenen an Stelle des veräusserten Propregutes, über gegenseitige Ersatzpflicht von Sonder- und Gemeinschaftsvermögen findet im französischen Rechte eine bedeutsame Behandlung, a. 1407. 1434 fg., 1433. 1437. 1468 u. s. w.

Die zweite Auflage des Werkes ist nach dem Vorworte eine im Wesentlichen unveränderte; doch sind namentlich die wichtigeren Entscheidungen des Reichsgerichts nachgetragen. Eine wesentliche Verbesserung findet sich auf S. 37, wornach bei der Ehe die Simulation wegen des hier mit eingreifenden öffentlichen Interesses vom Rechte nicht berücksichtigt wird. Hiermit bin ich um so mehr einverstanden, als ich seiner Zeit in Ihering's Jahrb. N. F. IV. S. 126 und S. 346 die Simulation in dieser Anwendung principiell erörtert und die Frage in derselben Weise beantwortet habe.

Wir empfehlen das Werk aufs beste nicht nur den landrechtlichen, sondern auch den gemeinrechtlichen Civilisten. Auf S. 385 Text letzte Zeile ist eine stylistische Härte, welche bei einer folgenden Auflage vermieden werden möge.

9. Alexander Grawein. Verjährung und gesetzliche Befristung. Eine civilistische und wechselrechtliche Untersuchung mit besonderer Rücksicht auf das österreichische Recht. Erster Theil: civilrechtliche Grundlegung. Leipzig 1880, XV und 232 S.

Der von der deutschen, namentlich aber von der französischen Jurisprudenz bereits pointirte Unterschied zwischen Verjährung und Klagfrist findet bei dem Verfasser eine, auf eingehende Untersuchungen gestützte, gründliche Ausführung. Dass dieser Unterschied besteht, unterliegt meines Erachtens keinem Zweifel, und ich füge zu dem, was der Verfasser über die deutsche und französische Praxis beigebracht hat, noch die Bemerkung hinzu, dass der Unterschied auch in der speciell badischen Praxis bezüglich der speciell badischen Gesetzgebung

zum Vorschein gekommen ist. Auch wird man sich mit der Charakteristik beider Rechtsfiguren durch den Verfasser einverstanden erklären müssen : Die Klagfrist ist eine dem Anspruch inhärirende Schranke, die Verjährung dagegen ein dem an sich unbeschränkten Anspruch entgegentretendes Erlöschungselement, motivirt durch das juge silentium, durch die fortdauernde verkehrswidrige Passivität des Obligationsverhältnisses. Sehr richtig betont der Verfasser die principiellen Rechtsgedanken, welche in dem einen und andern Institute zu Tage treten. Ich würde diese Rechtsmotive etwa dahin wiedergeben: Bei der Verjährung handelt es sich um Ansprüche, deren Realisirung die Regel ist; und wenn dieselben nichtsdestoweniger ohne Realisirung erlöschen, so beruht dies darauf, dass die Rechtsordnung den Fortbestand des Rechts bei einer so weitgehenden Inaktivität nicht dulden kann; denn das Recht ist in den Organismus des Lebens eingelegt und stirbt nothwendig ab, wenn seine Verbindung mit dem Leben gänzlich aufhört und damit seine Lebensader unterbunden wird; es stirbt ebenso nothwendig ab, wie ein physischer Organismus, wenn der normale Contact mit der physischen Welt gelöst wird. Bei der Klagfrist aber handelt es sich um solche Ansprüche, bei welchen nach den socialen Verhältnissen die Geltendmachung höchst zweifelhaft ist, dabei aber zugleich ein grosses Interesse besteht, dass der mit dem Anspruch Bedrohte nicht lange in Ungewissheit schwebe.

Mit Recht zählt der Verfasser hierher die Garantieansprüche, die Ansprüche gegen Bürgen, die Entschädigungsansprüche, die Anfechtungsklagen. Ich möchte besonders darauf hinweisen, wie wichtig es ist, dass beispielsweise ein Grundbuchbeamter eine bestimmte Zeit nach dem Dienstaustritt gegen Regressansprüche gesichert ist; oder ein Gesellschafter nach Austritt aus der Gesellschaft (vgl. Handelsgesetzb. a. 146 fg.) die ganze Sicherheit künftiger Existenz hängt davon ab, dass das Damoklesschwert der Haftung nach bestimmter Zeit definitiv beseitigt wird.

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Naturgemäss muss sich eine solche principielle Verschiedenheit zweier Institute in einer Reihe von praktischen Differenzen wiederspiegeln. Diese praktischen Unterschiede sind natürlich für das Rechtsleben die Hauptsache, und ihrer Detailuntersuchung ist vorzüglich das Werk gewidmet. Die Hauptdifferenz ist die, dass die Hemmungen und Interruptionen der Verjährung für die Klagfrist nicht gelten, denn sie sind ja nur ein Ausfluss dessen, dass die Verjährung ein juge silentium, eine fortdauernde verkehrswidrige Inactivität des Forderungsverhältnisses voraussetzt und eine solche eben in diesen Fällen

nicht vorliegt die Wahrung der Klagfrist dagegen verlangt Klagerhebung, und gerade eben Klagerhebung innerhalb der betreffenden Fristspanne; und die Vermischung und Verwechslung beider Institute rührt hauptsächlich daher, dass diese Klagerhebung bei beiden Instituten von wesentlicher Bedeutung ist. Die Frage, ob nicht auch die Klagerhebung bei dem Schiedsrichter zur Wahrung der Klagfrist genügt, vgl. c. 5 § 3 (1) de recept. und dazu meine Abh. in krit. V.schr. N. F. III S. 470, will ich hier nur berühren.

Allerdings scheint uns der Verfasser bei der Differenzirung beider Institute des Guten etwas zu viel zu thun. Dass die Verjährung nicht ipso jure, sondern nur exceptivisch wirkt, beruht auf sehr triftigen und praktischen Gründen, und wir würden es für einen Rückschritt halten, wenn das moderne Recht diesen Standpunkt aufgeben und eine Verjährung ipso jure an ihre Stelle setzen würde. Es ist ein ganz berechtigtes Verlangen, dass der Schuldner sagen darf: „Auf die Verjährung will ich mich nicht berufen; bin ich etwas schuldig geworden, so will ich es bezahlen; ob ich schuldig geworden bin, soll das Gericht endgültig entscheiden.“ Die Geltend machung oder Nichtgeltendmachung der Verjährung ist eine Sache der Delicatesse, eine Sache des internen Rechtsbewusstseins, welche das Recht berücksichtigen muss; darum muss dem Beklagten die Möglichkeit geboten sein, eine Entscheidung der Schuldigkeitsfrage ohne Rücksicht auf die Verjährung zu erzielen. Die

Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft.

IV. Band.

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selben Gründe scheinen mir aber, wenn auch nicht bei allen, so doch bei den meisten Fällen der Klagfrist obzuwalten: auch hier wird die Berücksichtigung der Frist lediglich dem Ermessen des Beklagten anheimzugeben sein, weil derselbe häufig gerade ein hervorragendes Interesse daran haben wird, dass die Schuldigkeitsfrage ohne Rücksicht auf den Zeitablauf von dem Richter beantwortet wird; und nur in Ausnahmsfällen, wo das Institut nicht bloss die Beruhigung des Einzelnen zum Zwecke hat, sondern die sociale Gesammtheit daran interessirt ist, dass gewisse Dinge nach bestimmter Zeit nicht mehr hervorgeholt werden, nur in solchen Fällen ist die Annahme, dass die Klagfrist von Amtswegen zu berücksichtigen sei, gerechtfertigt.

Auch bezüglich der zeitlichen und örtlichen Collision der Gesetze statuirt der Verfasser verschiedene Unterschiede zwischen beiden Instituten. Dass für die Verjährung das Gesetz am Domicil des Schuldners massgebend ist, nehme auch ich mit dem Verfasser an; als bedeutende Autorität hierfür ist insbesondere auch Marcadé, prescription p. 10 (ad a. 2219 nr. VI) zu allegiren. Die gegentheilige Annahme, welche das für den Inhalt der Obligation massgebende Recht auch für die Verjährung der Obligation gelten lassen will, verkennt, dass die Verjährung nichts der Obligation inhärentes, sondern ein von aussen herantretendes erlöschendes Moment ist.

Wir erblicken daher in dem Werke einen sehr erheblichen civilistischen Fortschritt und sehen der Fortsetzung desselben, namentlich den wechselrechtlichen Durchführungen mit Interesse entgegen. Nur möchten wir eine concisere Art der Darstellung, eine grössere Kürze und Gedrungenheit der Diction wünschen; je geklärter und geläuterter der Gedankengehalt dem Leser dargeboten wird, um so grösser ist der litterarische und wissenschaftliche Werth eines Geistesproduktes.

10. Francke. Sammlung der Entscheidungen des Oberappellations- und Appellations-Gerichts zu Celle, welche im

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