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wird uns in den verschiedensten Wendungen vorgeführt: L'ente uno raccoglie in se la moltitudine di ogni ente, come niuna moltitudine di enti può essere diserta dalla unità dell' ente, che si sviluppa in quella (p. 70). Die Idee der Gerechtigkeit als einer in der Geschichte sich entwickelnden Grösse, welche in der Einheit des Weltganzen wurzelt, lässt sich aus den verschiedensten Aeusserungen des Verfassers entnehmen; ebenso der richtige Gedanke, dass das Recht einer bestimmten Zeit und eines bestimmten Volkes kein willkürliches ist, sondern sich durch die kulturellen Verhältnisse von selbst aufzudrängen pflegt, vgl. p. 244.

Auch in dem von dem Verfasser mehrfach geäusserten Gedanken, dass die Gerechtigkeit in der Angemessenheit, in der richtigen Ausgleichung der socialen Faktoren, in der richtigen Werthhaltung sämmtlicher ineinander greifender Interessen besteht, liegt ein richtiger Kern, obgleich natürlich die Hauptfrage immer darin liegt, welches die richtige Werthschätzung ist und in welcher Verhältnissbestimmung die socialen Grössen ihre richtige Würdigung finden.

Für seine grundlegenden Ausführungen bringt der Verfasser eine Fülle von Allegaten bei, nicht nur aus römischen Autoren, sondern auch aus griechischen Philosophen und Dichtern, ja er greift auf der einen Seite bis auf die Aegypter zurück, um auf der andern Seite bis zu den Kirchenvätern und den modernen Autoren hinaufzusteigen. Nur sind leider diese Allegate vielfach unvollständig, und ist alles in solch' tumultuarischer, unmethodischer Weise beigebracht, dass immer nur das eine oder andere mit Nutzen wird herausgegriffen werden können. Dabei ist der Verfasser oftmals etwas frei in seinen Combinationen; mit welcher Kühnheit er sprachlich ableitet, ist bei ihm p. 334 nachzusehen. Immerhin sind Materialsammlungen wie die p. 430 fg., 511 fg., 716 fg., 787 fg. nicht ohne Werth.

Schopenhauer verlangt einmal, dass, wer seine Philosophie beurtheilen wolle, jede Zeile von ihm lesen müsse, weil

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seine Darstellung bekanntlich von merkwürdiger Prägnanz und Tiefe und auch seine Diction von geradezu klassischer Vollendung ist. Eine ähnliche Anforderung wird wohl der Verfasser an seine Leser nicht stellen. Denn seine Darstellung, an sich von ermüdender subtiler Dialektik, lässt auch an Weitschweifigkeit und an wiederholender Umständlichkeit nichts zu wünschen übrig, und entbehrt der für ein grundlegendes Fundamentalwerk so wünschenswerthen Präcision und Gedrungenheit. Immerhin aber kann in dem Buche Manches mit Erfolg gelesen werden.

7. Emil Pfersche. Methodik der Privatrechts-Wissenschaft, Graz 1881, S. 85.

Es herrscht in der heutigen deutschen Jurisprudenz eine Richtung, durch möglichste Destillation und Verfeinerung der Begriffe unsere Kenntniss fortzubilden und die trübenden Substanzen, welche sich den Begriffen zugemischt zu haben scheinen, durch weitgehendste dialektische Prüfung zu entfernen. Wir wollen dieser Richtung nicht alle und jede Bedeutung absprechen, können ihr aber nur eine untergeordnete Tragweite beimessen. Die Begriffe sind die Gefässe, welche unsere Ideen fassen, die Werkzeuge, mit denen wir operiren: da thut es mitunter noth, die Gläser zu säubern, die Werkzeuge zu reinigen - mehr Bedeutung hat die Begriffsdialektik nicht, denn das, was hinter den Begriffen steckt, ist die Hauptsache; die beste Säuberung des chirurgischen Instrumentes kann nicht die geschickte Hand ersetzen, welche das Messer lenkt, und die beste Reinigung des Küchentopfes bietet uns keinen Braten. Nichtsdestoweniger aber tritt diese Richtung mit der Meinung auf, als ob mit derartigen dialektischen Finessen, mit derartigen Disquisitionen, wo der Imperativ anfängt und wo das Urtheil aufhört, ein grosses Stück für die Jurisprudenz gethan wäre. Und das ist eben ein verhängnissvoller Irrthum. Nur durch Erfahrung und Lebensanschauung, nur durch wahrhaft juridischen Takt, nur durch wirkliche Rechtsfindigkeit

kann etwas für die materiellen Seiten des Rechts geleistet werden, gerade wie in den Naturwissenschaften, gerade wie in der Psychologie und Aesthetik; und die Behauptung, dass etwas im Rechte begrifflich möglich oder nicht möglich sei, dass sich das Recht begriffsmässig so oder so gestalten müsse, ist geradeso verfehlt, wie etwa der dialektische Nachweis, dass es keine Asteroiden gebe, von denen nun alsgemach mehr entdeckt worden sind, als zum Nachweis ihrer Existenz nöthig wäre. Das, was heutzutage vor Allem noth thut, ist die ethnologische Rechtsforschung und Rechtsvergleichung, und der erste Schritt der Rechtsvergleichung zeigt uns, dass das ganze dialektische Destillat von den staatlichen Imperativen, von den Imperativen an den Richter u. s. w. unrichtig ist. Es hat Rechte gegeben, bevor es einen befehlenden Staat, und bevor es Richter gegeben hat, wo dann eben allein die von dem Rechtsgefühl der Umgebung getragene und unterstützte Selbsthülfe zum Rechte verhalf 1). Dass auch der Verfasser, dessen Arbeiten wir seither mit Interesse gefolgt sind, diese Wege wandelt, können wir nur für einen momentanen Fehler erachten, welchen derselbe durch andere Leistungen recht bald wieder gut machen möge.

Der Hauptangriff dieser hyperkritischen Richtung hat sich auf die subjektiven Rechte geworfen; man sagt frank und frei: es gibt keine subjektiven Rechte, sondern lediglich rechtliche Imperative, welche der Staat an uns alle ergehen lässt; subjektive Rechte sind nicht sinnlich wahrnehmbar, folglich existiren sie nicht; sie sind nur in unsere vulgäre Sprache und von da durch logische Fehler in unsere Vorstellung und in unsere Wissenschaft hineingekommen. Nun sind die subjektiven Rechte allerdings keine Körper, und sie zu Körpern verdichten zu wollen wäre ebenso seltsam, als wenn man die

i) Dieses Rechtsgefühl in der Rechtshülfe ist ein ungemein mächtiger Faktor, der in seiner rechtsbildenden Kraft noch lange nicht genug anerkannt ist.

psychischen Faktoren Liebe und Hass zu Körpern gefrieren lassen wollte; wohl aber sind sie sociologische Verhältnisse, sociologische Beziehungen zwischen Person und Sache und zwischen Person und Person; sociologische Beziehungen, die nicht nur durch die staatlichen Imperative zusammengehalten werden, sondern auch durch das Rechtsgefühl der Gesammtheit und durch das Interesse sowohl der Einzelnen als auch der Allgemeinheit der Rechtssubjekte; diese Beziehungen als wirklich bestehende sociologische Beziehungen läugnen wäre dem vergleichbar, wenn man in der Harmonik das Vorhandensein von Secunden, Terzen und Octaven läugnen und alles auf gewisse harmonische Imperative zurückführen wollte: der Zusammenklang mit seiner wohlthuenden Affektion ist die Hauptsache, die harmonischen Regeln sind nur die Mittel zum Zweck: ebenso ist das subjektive Recht mit seinem potentiellen Genussgehalte die Hauptsache, und die staatlichen Imperative sind nur die schützenden Wächter am Thor, welche den unbefugten Eindringling mehr oder minder sachte aus dem verschlossenen Gebiete hinauszuweisen haben. Und dass das Interesse, d. h. die Genussmöglichkeit, der Genussgehalt mit zum subjektiven Rechte gehört, ergibt sich schon daraus, dass das Recht vielfach den Genuss regulirt, ihn nur innerhalb gewisser Grenzen, bis zu einer gewissen Intensität gestattet. Man denke z. B. an das Waldeigenthum, an das Schliessen der Weinberge und Anderes, und man wird sofort erkennen, dass auch die Idee des Genusses zur Idee des Rechts gehört.

Müssen wir daher den ganzen Angriff auf die subjektiven Rechte, die ebenso bestehen, wie andere psychische oder sociologische Verhältnisse, für verfehlt erachten, so müssen wir doch verschiedenen treffenden Ideen des Verfassers alle Anerkennung zollen. Es ist eine richtige Idee, dass das Recht von der Volkswirthschaft getragen wird und dass, wie die letztere von dem einseitigen individuellen Produktionsstandpunkte zurückgekommen ist, auch das Recht nicht mehr den gleichen indi

vidualistischen Typus tragen darf, wie früher, sondern die Interessen der Allgemeinheit über die Einzelinteressen stellen muss: nur führt dies nicht zur Auflösung der subjektiven Rechte, sondern zu internen Beschränkungen und zu internen gegenseitigen Beziehungen derselben. Auch weist der Verfasser richtig auf die wichtige Rolle hin, welche die Rechtsvergleichung zu spielen hat, und bemerkt an einer andern Stelle treffend, dass im Vertragsrecht mit der vermeintlichen Parteiabsicht schon sehr unglücklich construirt worden ist.

C. Civilrecht.

8. Dernburg. Lehrbuch des Preussischen Privatrechts und der Pivatrechtsnormen des Reichs. Dritter Band.

Erste Auflage 1880. Zweite Auflage 1881, X und 747 S.

Der dritte Band dieses höchst verdienstlichen Werkes behandelt das Familien- und Erbrecht, also Materien, in welchen die deutsche und die specifisch moderne Rechtsbildung gegenüber dem römischen Rechte in besonders selbstständiger Weise zur Geltung kommen musste; denn gerade in diesen Parthieen beruhen die klassischen Bildungen des römischen Rechts auf socialen Voraussetzungen, welche unserem gesellschaftlichen Leben ferne stehen, und die gesetzgeberischen Experimente der späteren römischen Kaiser bieten jenes Bild des Wollens und Nichtkönnens, welches den Eindruck des römischen Rechts in so erheblichem Masse trübt und seine lebendige Kraft beeinträchtigt. Um so grösser daher die Anforderungen an den Darsteller des modernen Rechts; und nun ganz besonders an den Bearbeiter des Preussischen Landrechts, welches neben vielem Vortrefflichen in seinem Gehalte eine so unvollkommene Form aufweist und durch die Menge der Details den Blick auf die Hauptsache erschwert. Diese schwierigen Anforderungen hat das vorliegende Werk in seltenem Masse erfüllt, und man wird ihm in der deutschen Rechtsentwicklung stets

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