Deutsche Widerspiele der Französischen Revolution: Reflexionen des Revolutionsmythos im selbstbezüglichen Spiel von Goethe bis Dürrenmatt

Front Cover
Walter de Gruyter GmbH & Co KG, Mar 10, 2015 - Literary Criticism - 329 pages

Die Französische Revolution ist in Deutschland von Anfang an als ein Schauspiel und Spektakel wahrgenommen worden, wobei diese Sichtweise in der Selbstinszenierung der Revolution als "Schauspiel der Geschichte" eine Begründung und Bestätigung fand und zugleich auf der politischen Ebene den Distanzierungsmodus des interessierten, immer jedoch sich unbetroffen wähnenden Zuschauers rechtfertigte. Damit ließ sich die Revolution auf der Straße zur Revolution im Geiste sublimieren, wodurch sie in den Modus des Ästhetischen rückte, das in diesem Zusammenhang gesteigerte epistemische Bedeutung für die Wahrnehmung von Geschichte gewinnen konnte. Diese wurde noch einmal ins Grundsätzliche verändert, wenn sie sich selbstreflexiv verstehen und das in ihrem Darstellungsmodus auch repräsentieren konnte. Für die Dramatik geschieht dies am auffälligsten in der Form des Spiels-im-Spiel, und so ist es von bemerkenswerter, bislang nur beiläufig bemerkter Konsequenz, daß sich die direkte oder indirekte Reflexion der Französischen Revolution in den bedeutenden Werken der deutschen Dramatik fast ausschließlich dieser Dramaturgie bedient und damit eine über zwei Jahrhunderte stabile Darstellungs- und Deutungstradition ausbildet. Die vorliegende Arbeit profiliert an einschlägigen Dramen von Goethe, Tieck, Büchner, Schnitzler, P. Weiss und H. Müller eine bis zum späten Dürrenmatt in sich geschlossenen Traditionslinie, in der das selbstbezügliche Spiel, den politischen Mythos der Revolution ästhetisch entmythisierend, zu einer umfassenden Kritik des modernen Geschichtsverständnisses gelangt, die letztlich auch die Grenzen der Dramenform selbst thematisiert.

 

Contents

I Einleitung
1
Die Aufgeregten oder Die Revolution wegschreiben
25
2 Gegenstandskonstitution in Auseinandersetzung mit Adolf Muschgs Die Aufgeregten von Goethe 1970
32
3 Die Revolution zwischen Spiel und Ernst
37
31 Das VerkehrteWeltSpiel des Breme von Bremenfeld eines Chirurgus von gutem Humor
38
32 Die Improvisation einer Nationalversammlung ein Produkt von adeligem Leichtsinn Frevel und Spott
48
4 Ideologische Vorentscheidungen ihre ästhetische Bearbeitung und der Fragmentstatus der Aufgeregten
54
III Arbeit an der poetischen Revolution Tiecks Literaturkomödien Der gestiefelte Kater und Die verkehrte Welt
63
Der grüne Kakadu Welttheater in einem Akt
163
2 Der Quatorze Juillet
167
3 Die Spiele im Grünen Kakadu
174
4 Sicherheit ist nirgends Wir wissen nichts von andern nichts von uns Wir spielen immer wer es weiß ist klug
180
5 Die Einakterform
186
VI Nach dem versäumten Augenblick Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats von Peter Weiss
191
2 Die Revolution auf der Bühne von Charenton
199
3 Die Kunst unter den Bedingungen von Charenton
206

2 Der gestiefelte Kater oder sie sind wieder da unten ins Poetische hineingeplumpt
70
22 Freiheit Gleichheit Brüderlichkeit die revolutionären Strahlwörter als Medium der Textintention
83
23 Eine im Akt gelingender Rezeption gegründete Brüderlichkeit
90
3 Je nun eine gute Verwirrung ist mehr wert als eine schlechte Ordnung Die Verkehrte Welt Ein historisches Schauspiel in fünf Aufzügen
96
32 Die verkehrte Welt im Horizont des antirevolutionären Dramas
100
33 Skaramuz der Revolutionär als komische Figur
105
34 Der komische Irrtum des Apoll wider die klassische Harmonie
111
35 Die Satire als ästhetische Utopie
117
IV Dantons Tod Kunst an der Grenze der Kunst
125
2 Robespierre und das erhabne Drama der Revolution
132
3 Danton und das absurde Welttheater
137
4 Das ambivalente Pathos der Gasse
144
5 Der Souffleur Das Theater betritt die Gasse
149
6 Das SpielimSpiel als Problematisierung des Ästhetischen
154
7 Ein relativer Zuwachs an Wirklichkeit
157
4 Rekonstruktionen des versäumten Augenblicks
217
42 Bühnenbild
220
De Sades Autorschaft und die Dialektik der Aufklärung
227
VII Explosion einer Erinnerung Heiner Müllers Der Auftrag Erinnerung an eine Revolution
231
2 Das Theater der weißen Revolution
240
3 Zur Dialektik von Auftrag und Verrat
248
4 Schönheit Maske und Verrat Zur impliziten Poetik von Müllers Text
255
VIII Achterloo in Acherloo irgendwo bei Waterloo Ein groteskes Endspiel
261
2 Vom Zeitstück zum Welttheater
269
3 Die Dialektik der Bühne
276
4 Der Stellvertreter und das Ganze der Dürrenmattschen Konstruktion
283
5 Judith und Holofernes
290
Literaturverzeichnis
299
Copyright

Other editions - View all

Common terms and phrases

Bibliographic information