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öffentlichrechtliche Pflicht zu gewissen, durch Gesez und Statut ihrem Umfange nach näher bestimmten vermögensrechtlichen Leistungen an den Versicherungsverband dar. Sie unterscheidet sich aber von der Beitragspflicht einmal dadurch, daß die durch sie begründeten Leistungen nicht immer periodisch wiederkehrende sind, sodann vor allem durch das implicite in ihr steckende Recht auf Wiedererstattung der vorgeschossenen Beträge.

Als Subjekte der Vorschußpflicht erscheinen entweder

a) die definitiv Leistungspflichtigen selbst; in diesem Falle fällt die Person des Vorschuß- und des Leistungspflichtigen zusammen, derselbe kann daher nur Aufrechnung verlangen; oder

b) andere Rechtssubjekte; diesen steht sodann ein Anspruch auf Erstattung zu. 2) Die Nothwendigkeit von Vorschüssen ergibt sich hauptsächlich da, wo innerhalb einer Bedarfsperiode seitens der Versicherungsverbände einzelne Leistungen zu machen sind, zu deren Erfüllung die Mittel erst nach Ablauf der Bedarfsperiode liquid werden und die auch nicht aus anderweitigen Beständen des Verbandes einstweilen gedeckt werden können. Sie liegt naturgemäß überall da vor, wo die Erhebung der Beiträge postnumerando erfolgt, also vor Allem bei dem Repartitionssystem und bei dem Prämiensystem der Bauunfallversicherung (vgl. oben § 20 3iff. 2by).

3) Als wichtigster und häufigster Fall erscheint die vorschußweise Auszahlung der Entschädigungsbeträge durch die Post. Da diese alle Merkmale einer Vorschußleistung aufweist, so kann ich Rosin nicht beistimmen, wenn er (S. 560) dieses Rechtsverhältniß als Inanspruchnahme fremden Kredits der Vorschußleistung gegenüberstellt. Dabei darf freilich nicht übersehen werden, daß sich hier infolge der Unverzinslichkeit der vorgeschossenen Summen gleichzeitig mit der Vorschußleistung auch eine definitive Lastenübertragung auf die Post vollzieht. 1)

4) Einen weiteren Hauptfall bildet die bereits in § 25 Ziff. 8 besprochene Erhebung von Vorschüssen „behufs Beschaffung der zur Bestreitung der Verwaltungskosten erforderlichen Mittel" im ersten Jahre des Bestehens der B. Gu. Mangels anderweitiger statutarischer, bezw. (bei der land und forstwirthschaftlichen Unfallversicherung) landesgeseßlicher Bestimmung ist der Berechnung dieser Vorschüsse die Zahl der von den Mitgliedern in ihren Betrieben dauernd beschäftigten, versicherungspflichtigen Personen" zu Grunde zu legen. 2)

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5) Eine weitergehende Vorschußpflicht besteht nach B. U. V. G. § 10 Abs. 2 für die Mitglieder der Tiefbau-B.G., indem hier die Erhebung von vierteljährlichen, periodisch wiederkehrenden Vorschüssen durch das Gesez obligatorisch gemacht ist. Die Vorschüsse bemessen sich für die einzelnen Mitglieder nach der Höhe der für das leztvergangene Rechnungsjahr auf sie vertheilten Beiträge und betragen jedesmal den vierten Theil derselben, solange nicht die Genossenschaftsversammlung einen niedrigeren Betrag festgesezt hat.

Die Vorschußpflicht kann durch das Genossenschaftsstatut auch bei den nach dem U. V. G. für Baugewerbetreibende errichteten B. Gn. eingeführt werden (B. U. V. G. § 48 Abs. 1; vgl. oben § 22 Ziff. 3 c).

1) Vgl. dazu oben §§ 9 3iff. 4; 24 Ziff. 4. u. V. G. §§ 69,75 Abs. 1. L. U. V. G. SS 74, 84 Abs. 1. B.U. V.G. §§ 38 Abs. 2; 42 Abs. 3.

2) U. V. G. § 10 Abs. 4. L. u. V. G. § 15 Abs. 3.
die Berechnung der Vorschüsse auf Grund

Abs. 3, wonach sich vollzieht.

S. 11. V. G. §§ 77,87. Anders S.U. V. G. § 18 anderer Umlagemaßstäbe

6) Ferners besteht nach dem 2. U. V. G. §§ 81 Abs. 3; 83 Abs. 2 und B. U. V.G. §§ 25 Abs. 5; 42 Abs. 2, soweit bei letterem die Erhebung der Beiträge durch Vermittlung der Gemeindebehörden erfolgt, eine Vorichußpflicht der Gemeinden bezüglich derjenigen uneinziehbaren Beiträge, bei denen sie den wirklichen Ausfall oder die fruchtlos erfolgte Zwangsvollstreckung nicht nachweisen können. Die Erstattung erfolgt durch die B. Gn. aus dem Betriebsfonds, bezw. Reservefonds. 1)

§ 27. Die Theilung und gemeinsame Tragung des Risikos.

1) Eine Verschiebung des normalen Verlaufes der Lastenübertragung kann auch dadurch eintreten, daß nicht die einzelnen B. Gn. als Träger der sozialpolitischen Fürsorgelast erscheinen, sondern die Lasten entweder auf ihre Unterabtheilungen (Sektionen) abwälzen oder Vereinbarungen zu deren gemeinsamer Tragung eingehen.

2) Die Theilung des Risikos.

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a) Die Seftionen sind besondere, im Interesse einer Decentralisation der Verwaltung zu schaffende Einrichtungen" der B. Gn. (Rosin S. 619). Sie müssen daher nicht nothwendig an der Lastenübertragung theilnehmen und unterscheiden sich auch hiedurch von den unter Ziff. 3 zu besprechenden „Vereinbarungen." Die Rechte einer juristischen Person kommen den Sektionen als bloßen Verwaltungseinrichtungen (ebenso wie den V. An. der Bauunfallversicherung) m. E. nicht zu, daher haben dieselben auch kein selbstständiges Recht auf Entrichtung der Beiträge.

b) Die Uebertragung der Lasten auf die Sektionen erfolgt auf Grund statutarischer Vorschrift. Auf die Sektionen können abgewälzt werden:

2) Die Entschädigungsbeträge bis zu fünfzig Prozent. 2)

3) Diese Uebertragung des Risikos umfaßt mittelbar auch die Zuschläge zum Reservesonds (A.N. 1887 S. 40 Ziff. 305; Handbuch Anm. 1 zu U.V.G. § 29). 7) Nach der (allerdings im Gesez nicht begründeten) Ansicht des R. V. A. fönnen indeß auch die besonderen Verwaltungskosten der Sektionen diesen auferlegt werden. 3)

1) Vgl. oben §§ 7 3iff. 11b; 22 3iff. 2c.

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Weyl (S. 444) stellt die Behauptung auf: „Bei dem Prämienverfahren besteht keine Borschußpflicht." Diese seine Ansicht erklärt sich daraus, daß er (S. 443 Note 2; ähnlich S. 209 f. bezüglich der Krankenversicherung) diese Pflicht der Gemeindebehörden als etwas ven der Vorschußpflicht ganz Verschiedenes erklärt. Er statuirt deßhalb (S. 407 f.) eine von der Vorschußpflicht verschiedene Auslagepflicht," begreift darunter aber auch den Fall der Abwälzung der Unfallfürsorge von den B. Gn. auf die Krankenkassen, der sicher mit der Vorschußpflicht der Gemeinden noch weniger gemein hat als die übrigen Fälle der Vorschußpflicht. 1. V. G. § 29 Abs. 1. L. U. V. G. § 40 Abs. 1. — B. 11. V. G. § 17 Abs. 1. — Hach U. V. G. § 94 Abs. 2 lit. a) können die Knappschafts-B. Gn. bestimmen, daß die Entschädigungsbeträge auch über fünfzig Prozent hinaus von den Sektionen zu tragen sind. A. N. 1886 S. 1 3iff. 102, S. 11 Ziff. 119, S. 73 3iff. 148; 1887 S. 32 3iff. 290, S. 40 Ziff. 305.

Vgl. Sten. Ber. 1884 Bd. III S. 85: Was die Verwaltungskosten anlangt, so kommt es darauf an, ob etwa nach dem Statut diejenigen der Sektionen lediglich auf die Mitglieder der Letteren umzulegen sind.“ Dazu das Normalstatut für B. Gn. (A. N. 1886 S. 16): Tie Verwaltungskosten der Sektion werden von dieser allein getragen.“

Ein Ausnahme statuirt U. V. G. § 50 Abs. 5, indem die durch Organisation und Verfahren der Schiedsgerichte entstehenden Kosten stets durch die Genossenschaft zu tragen sind. Das R. V. A. hat zugleich eine weitere Dezentralisation der Verwaltungskosten für unAnnalen des Deutschen Reichs. 1900.

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c) Die Umlegung dieser Beträge auf die Mitglieder der Sektionen erfolgt (unter Berücksichtigung der Gefahrenklassen) nach Maßgabe der in der Genossenschaft zu entrichtenden Beiträge. Am besten werden dabei die auf eine Beitragseinheit in der B. G. und in der Sektion entfallenden Beitragssäße gesondert berechnet.1)

d) Die Wirkung dieser Theilung des Risikos ist ähnlich derjenigen einer möglichsten Individualifirung des Beitragsmaßstabes, indem hier wie dort das Risiko von den Schultern der Gesammtheit abgewälzt und auf einzelne, bezw. bestimmte Klassen der Beitragspflichtigen übertragen wird. Es wird durch diese Uebertragung eines Theils des Risikos auf die Sektionen einerseits das Interesse derselben an einer sparsamen und gewissenhaften Verwaltung, sowie an der Verhütung von Unfällen und demgemäß an der sorgfameren Beaufsichtigung der Betriebsanlagen“ gefördert (Motive zum 3. Entw. 11. V.G. § 29 in Sten. Ber. 1884 Bd. III S. 76), andererseits der bei den einzelnen Beitriebszweigen obwaltenden örtlichen Verschiedenheit der Produktionsbedingungen und damit der Unfallgefahr Rechnung getragen.

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3) Die gemeinsame Tragung des Risikos.

a) Gerade den entgegengesezten Zweck wie die Sektionen verfolgen die jog. „Ausgleichungsverbände", insbesondere die Rückversicherungsverbände." Es sind dieß Vereinigungen von Versicherungsverbänden zu dem Zwecke, die sie treffenden Lasten nach bestimmtem Maßstabe unter sich zu vertheilen und dadurch das die einzelnen treffende Risiko auszugleichen (vgl. Rosin S. 611 ff.).

Diese von den Privatversicherungsanstalten überkommene Einrichtung findet sich auf allen Gebieten unserer sozialpolitischen Gesetzgebung, nachdem die Novelle zum K. V. G. vom 10. April 1892 sie auch bei der Krankenversicherung eingeführt hat.

b) Auf dem Gebiete der Unfallversicherung sind solche Rückversicherungsverbände zugelassen als „Vereinbarungen von Genossenschaften, die von ihnen zu leistenden Entschädigungsbeträge ganz oder zum Theil gemeinsam zu tragen.“2)

Durch diese Vereinbarung wird ebensowenig wie durch die Bildung von Sektionen an der Eristenz und den Eigenschaften der einzelnen B. Gn. etwas geändert. Die Unfallversicherungsgeseze vermeiden es sogar absichtlich, sie als Verbände“ zu bezeichnen. Es ist daher die Frage, ob diesen Vereinbarungen juristische Persönlichkeit zukommt, entschieden zu verneinen; dieselben stellen vielmehr lediglich öffentlichrechtliche Sozietäten dar.3)

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zulässig erklärt (vgl. Handbuch Anm. 3 zu U. V. 6. § 71: „Es ist nicht angängig, einen Mindestbetrag von Verwaltungskosten für jeden Betrieb festzusehen, um dadurch zu erreichen, daß auch die kleinsten Betriebe wenigstens soviel an Verwaltungskosten beisteuern, als sie selbst verursachen“). — Eine Ausnahme hievon machen nur die sog. „Kontrolkosten“ (vgl. oben § 24 3iff. 3b).

1) Ueber die rechnerische Behandlung siche U. V. G. § 29 Abs. 2; L U. V. G. § 40 Abs. 2 ; A. N. 1886 S. 82 Ziff. 164, sowie Hartmann (1. c.) S. 47 f.

L.11.V.G. § 41.

2) 1.V.6. § 30. B.1.V.G. § 12 Abs. 1. Dagegen nicht nach S. U. V. G. (vgl. hiezu Sten. Ber. 1887 Bd. III S. 56). Mit Unrecht erklärt sie Weyl (S. 442 f.) auch bei der Tiefbau-B.G. für unzulässig.

8) Aehnlich Weyl S. 405: Sie sind nicht selbständige juristische Personen, sondern lediglich Societäten, deren einzelne Glieder allerdings juristische Personen sind"; S. 441: „Eine solche Vereinbarung hat nicht die Natur einer besonderen juristischen Person, ist vielmehr lediglich eine societätsmäßige privatrechtliche (freilich von juristischen Personen des öffentlichen Rechts eingegangene Versicherung_auf_Gegenseitigkeit.“

Anders nach K.V.6. § 46 Abs. 3: „Der Verband kann unter seinem Namen Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden.“

c) Die Bildung der Rückversicherungsverbände ist in das freie Belieben der betheiligten Versicherungsverbände gestellt. Die Vereinbarungen des Unfallversicherungsrechtes speziell bedürfen zu ihrer Giltigkeit der übereinstimmenden Beschlüsse der betheiligten Genossenschaftsversammlungen (Piloty S. 707), sowie der Genehmigung des R.V.A., können aber nur mit Beginn eines neuen Rechnungsjahres in Wirksamkeit treten. Dagegen bestehen für die Kündigung der getroffenen Vereinbarungen keine gesetzliche Regeln; nach Analogie des K.V.G. wird jedoch anzunehmen sein, daß dieselbe den betheiligten B. Gn. jederzeit freisteht.

d) Die Wirkung dieser Vereinbarungen ist nur eine Aenderung in der Vertheilung der Lasten, nicht in der Person der Versicherungsträger. Fürsorgepflichtig bleibt nach wie vor der einzelne Verband; der Fürsorgeanipruch richtet sich gegen ihn, nicht gegen die Gesammtheit" (Rosin S. 615; ähnlich Weyl S. 405). Dementsprechend vollzieht sich auch kein Uebergang von Rechten von der einzelnen B.G. auf die Gesammtheit. Vor allem bleiben Beitragsrecht und Beitragspflicht zwischen der B.G. und den Beitragspflichtigen unverändert bestehen.

Es entsteht lediglich ein neues Rechtsverhältniß zwischen der Gesammtheit der an der Vereinbarung theilnehmenden B. Gn., wonach nicht mehr jede derselben ihren Sonderbedarf zu decken hat, sondern der sich als Summe dieser einzelnen Bedarfsposten ergebende Gesammtbedarf (ganz oder zum Theil) auf die einzelnen Genossenschaften repartirt wird. Ueber die Modalitäten dieser Repartition muß die Vereinbarung Bestimmungen treffen. Dagegen ist es Sache der Genossenschaft, wie sie den auf sie entfallenden Antheil unter ihre Mitglieder vertheilen will. Die B.Gn. sind in diesem Falle sogar ermächtigt, von dem für die Umlegung sonst gejezlich vorgeschriebenen Verfahren abzuweichen.

e) Den Rückversicherungsverbänden ähnlich sind die Ausgleichungs verbände des B.11.V.G. § 30 Abs. 4. Dieselben stellen ebenfalls eine Vereinbarung zur gemeinsamen Tragung von Lasten, aber nicht unter den Versicherern, sondern unter den Versicherungsnehmern dar. Es fönnen nämlich „Gemeinden durch übereinstimmende Beschlüsse zur gemeinsamen Uebernahme der . . . ihnen zufallenden Lasten sich vereinigen." Dabei sind Bestimmungen über die Vertretung und Verwaltung dieser Vereinigungen zu treffen, die ebenso wie die lehteren selbst der Genehmigung der Landeszentralbehörde bedürfen und den betreffenden B.Gn., sowie dem R.V.A. mitzutheilen sind.

§ 28. Die außerordentliche Bemessung der Beiträge.')

1) In den vorhergehenden Paragraphen war überall eine gleichmäßige Behandlung aller Beitragspflichtigen und aller Beitragsfaktoren des einzelnen Versicherungsverbandes und der einzelnen Bedarfsperiode als Grundsah für die Umlegung des Bedarfes angenommen.

Im Gegensatz zu diesem Prinzip gelangen nun in der außerordentlichen Beitragsbemessung gewisse thatsächliche Eigenschaften des einzelnen Beitragspflichtigen, bezw. Beitragsfaktors zur rechtlichen Geltung, in erster Linie solche, durch welche sich das Risiko, womit der einzelne Beitragsfaktor den Verband belastet, zu Gunsten oder zu Ungunsten des letzteren verschiebt. Eine solche außerordentliche Beitragsbemessung kann bestehen in einer völligen Befreiung 1) Siehe hiezu namentlich Rosin S. 591 ff.

(Nachlaß) von Beiträgen, in einer bloßen Minderung oder Erhöhung derselben, schließlich auch in der Einschätzung in eine höhere Gefahrenklasse.

2) Der Fall einer gänzlichen oder theilweisen Befreiung von Beiträgen findet sich auf dem Gebiete der land- und forstwirthschaftlichen Unfallversicherung, indem hier durch die Landesgesetzgebung, das Statut oder Beschluß der Genossenschaftsversammlung bestimmt werden kann, daß Unternehmer solcher Betriebe, welche mit erheblicher Unfallgefahr nicht verbunden sind und in welchen ihres geringen Umfanges wegen Lohnarbeiter nur ausnahmsweise beschäftigt werden, von Beiträgen ganz oder theilweise befreit sein sollen.") Diese Bestimmung rechtfertigt sich durch die geringe Unfallgefahr und infolgedessen geringe Höhe der Entschädigungsbeträge, mit welchen solche Betriebe die B.Gn. belasten, sowie andererseits durch die bedeutende Vereinfachung des Verfahrens, insbesondere der Berechnung, welche eine gänzliche Befreiung kleinerer Unternehmer mit sich bringt.

3) Eine ähnliche, wenn auch nicht so tiefgreifende Bestimmung, die aber in ihren Wirkungen vielfach einem spezialisirenden Beitragsmaßstab nahe kommt, enthält das U.V.G. in § 28 Abs. 5 mit seinen Parallelstellen.) Es kann nämlich die Genossenschaftsversammlung den Unternehmern nach Maßgabe der in ihren Betrieben vorgekommenen Unfälle für die nächste Revisionsperiode 3) Zuschläge auferlegen oder Nachlässe bewilligen. Diese Zuschläge und Nachlässe werden bei der jedesmaligen Umlegung des Bedarfes im vornherein abzurechnen, bezw. daraufzuschlagen sein. Diese Bestimmungen bezwecken einmal eine Vermehrung der objektiven Kriterien der Einschätzung und damit eine Steigerung der Individualisirung und sollen dem Reichs-Versicherungsamt seine Aufgabe erleichtern. Sie knüpfen ferner das größte Interesse des Unternehmers an die möglichste Verhütung von Unfällen." (Kommissionsbericht zu Ú.V.G. § 28 Abs. 4 in Sten. Ber. 1884 Bd. IV S. 875).

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Es ist dadurch der B.G. anheimgestellt, das Individualrisiko, mit welchem die Beitragsfaktoren sie belasten, in ausgedehntestem Maße zu berücksichtigen.*) 4) Eine weitere Berücksichtigung des individuellen Risikos gestattet noch das S.U.V.G. §§ 39 ff. Zunächst können die Zuschläge oder Nachlässe hier nicht nur für eine ganze Revisionsperiode, sondern auch für Theile derselben auferlegt werden. Sodann ist der Sce-B. G. noch das Recht eingeräumt, durch Statut zu bestimmen, daß bei besonders gefährlicher Ladung oder bei Reisen in besonders gefährlichen Gewässern oder Jahreszeiten für die Dauer dieser Reisen höhere Beiträge zu zahlen sind. Enthält das Statut eine solche Bestimmung, so hat die Genossenschaftsversammlung über die Grundsäße, nach welchen die Beitragserhöhungen erfolgen sollen, sowie über die Anmeldung und

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Vgl. dazu oben § 7 3iff. 12.

2) L.U.V.G. § 35 Abs. 5. B.UV.6. § 12 Abs. 1. S.1.V.G. § 39.

*) Nicht das nächste Rechnungsjahr! Vgl. Piloty Arbeiterversicherungsgesete, Note zu UV.6 § 28 Abs. 5. Handbuch Anm. 22 zu U.V.6. § 28. A. N. 1887 S. 358 3iff. 436.

4) Wenn Rosin (S. 594) hervorhebt, daß damit nicht bezweckt ist, „den Umfang, in welchem sich das vorhandene Risiko thatsächlich verwirklicht hat, für die Bemessung der Beiträge entscheidend sein zu lassen," und wenn v. Woedtke (Anm. 8 zu U.V.G. § 28), ähnlich auch Piloty (Arbeiterversicherungsgeseze, Note zu U.V.G. § 28 Abs. 5) ausführt, wie diese Bestimmung in der Praxis nicht angewendet werden „darf“, so sind das recht gut gemeinte Anschauungen, die aber im Geseze selbst nicht begründet sind. Eine vernünftige Praris wird in der Individualisirung des Risikos nicht zu weit gehen, ist aber darin durch keinerlei gefeßliche Grenzen eingeschränkt.

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