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(† 359), der andere der des Anicius Probus († 395)*). Der künstlerische Werth der Ausführung ist, wenigstens bei den beiden ebenerwähnten und andern bessern und frühern Sarkophagen, nicht geringer als bei den heidnischen und weltlichen Sculpturen dieser Zeit. Die Gewandung sowohl als das Nackte sind verständig und nicht ohne Geschmack gearbeitet; in den Köpfen und noch mehr in den Bewegungen erkennt man häufig das mehr oder weniger gelungene Bestreben, den Ausdruck der momentanen Stimmung zu erreichen. Namentlich ist der Ausdruck der Innigkeit, des Flehens, der Demuth, oder der strenge Ernst der Lehrenden oft ganz sprechend. Dagegen fehlt es freilich an einer tiefern Durchführung des Individuellen, die Formen der Körper und Gesichtszüge sind sich durchweg gleich, selbst bei den Aposteln und Jüngern ist kein irgend bemerklicher Unterschied angedeutet, und die Bildnisse der Verstorbenen, wo sie vorkommen, sind unbestimmt und ohne Spur von Porträtähnlichkeit. Noch weniger dürfen wir Kraft und bedeutsame Formen hier suchen, der Ausdruck ist vielmehr eher matt. Aber da weder die Gegenstände einen Aufwand von Kraft erforderten, noch der Geist, welcher aus der ganzen Anordnung und Zusammenstellung spricht, sich damit vertragen hätte, so ist dieser Mangel nicht eben störend.

Von freistehenden Statuen christlicher Gestalten sind in den Katakomben keine Beispiele, ausserhalb derselben nur zwei gefunden, welche dieser frühern Zeit angehören dürften. Die eine ist eine sehr bekannte Statue des heiligen Petrus, der sitzend, die rechte Hand zum

*) Aringhi I. 277, 281. Andere Sarkophage mit der im Texte erwähnten Unterscheidung der Jünger ebenda p. 301. 307. 311.

Segnen aufgehoben, in der linken die Schlüssel haltend, dargestellt ist. Sie ist in Bronce gegossen und unterscheidet sich in künstlerischer Beziehung von den bessern Arbeiten der spätern Römerzeit so. wenig, dass man geneigt gewesen ist, den Körper für eine vorchristliche Arbeit zu halten, der nur der Kopf des Heiligen aufgesetzt sei, was indessen durch die Uebereinstimmung des Ganzen wiederlegt wird. Der griechischen Inschrift zufolge, welche sich ehemals auf ihrer Basis befand, darf man vermuthen, dass sie ein Geschenk sei, das ein byzantinischer Kaiser oder Grosser im fünften Jahrhundert der Peterskirche, in der sie sich noch jetzt befindet, gemacht habe *). Die andere, eine Marmorbildsäule des guten Hirten im Vatican, ist ebenfalls noch von guter Arbeit und nicht ohne Ausdruck.

Die Gemälde der Katakomben verrathen noch sehr deutlich ihren Ursprung aus den heidnischen Wandmalereien. Sie bestehen aus einzelnen Bildern in angemessenen Einfassungen, welche durch Arabesken oder Linien mit einander zu einem Ganzen verbunden sind. Da die senkrechten Wände überall von Leichenbehältern durchschnitten sind, so gewährte die Decke der kapellenartigen Gemächer die einzige Stelle für grössere Malereien. Die Anordnung ist hier ziemlich gleichbleibend die eines Kreises, in dessen Mitte sich ein Bild, wiederum in kreisförmiger oder auch in acht- oder viereckiger Einfassung, befindet, während ringsumher vier oder acht kleinere Bilder in halbkreisförmiger oder dem Viereck sich nähernder Einfassung stehen. Die Zwischenräume sind dann durch geometrische Linien oder durch Blumen, Fruchtkörbe, Delphine, Genien und ähnliche arabeskenartige *) Platner in d. Beschr. Roms II. 99. 176.

Malereien ausgefüllt. Für den mittlern Kreis ist überwiegend oft die Darstellung des guten Hirten gewählt; als Nebenbilder finden sich vorzugsweise häufig die Momente aus der Geschichte des Jonas, manchmal mehrere derselben, manchmal nur einer neben andern Darstellungen. Andere hier vorzugsweise gewählte Gegenstände sind die Erweckung des Lazarus, Moses mit der Quelle, oder den Gesetztafeln, Noah in der Arche, Daniel zwischen den Löwen. Auch die Heilung des Lahmen oder Blinden, der Sündenfall, die Vermehrung der Brodte kommen häufig vor. Oft enthalten auch die Nebenfelder statt bestimmter symbolischer Gegenstände, bloss einzelne Männer oder Frauen in langen Gewändern in betender Stellung, nach alter Weise mit aufgehobenen Händen, wahrscheinlich eine allgemeine Andeutung der frommen Gemeinde. Alles ist mit so wenigen Figuren wie möglich dargestellt, sparsamer als auf den Sarkophagen. Bei der Brodvermehrung z. B. sehen wir den Herrn bloss zwischen Brodkörben stehen, ohne dass, wie es auf den Sarkophagen gewöhnlich, das Volk angedeutet ist. Es liegt dabei ohne Zweifel das Gefühl zum Grunde, dass diese Deckenbilder möglichst leicht gehalten werden Auch in den Arabesken ist das Bestreben nach einer heitern Zierde unverkennbar, sie beschränken sich keinesweges auf symbolisch bedeutsame Gegenstände, wenigstens nicht auf solche, in denen dies hervortritt; oft sind sie mit ausgedehnten Blumengewinden und schwebenden Gestalten verziert. Dabei kommen dann Delphine, Töpfe mit Früchten oder Flammen, Genien mit Fruchtkörben, geflügelte Rosse, selbst Victorien und Triumphwagen vor. Ueberhaupt ist der Charakter dieser Grabgemälde keinesweges ein finsterer, vielmehr scheint etwas

mussten.

Heiteres und Freundliches gesucht zu sein, ähnlich wie an den heidnischen Gräbern. Besonders zeigt sich dies in der Darstellung des guten Hirten oder des Orpheus, die oft ausgedehnt, mit grösserer Zahl von Thieren, mit Hügeln und Bäumen ausgestattet ist. Zuweilen findet sich sogar der gute Hirt nicht von Gegenständen bestimmter religiöser Symbolik, sondern von den vier Jahreszeiten umgeben, welche durch Männer in Beschäftigungen, wie sie denselben entsprechen, unverkennbar angedeutet sind. Auf Bildern dieser Art sehen wir wieder das malerische Princip deutlicher hervortreten, während bei den meisten andern der arabeskenartige Charakter, den sie mit der römischen Wandmalerei gemein haben, es selbst nicht in dem Grade wie auf den Sarkophagen aufkommen lässt.

Die Zeichnungen nach diesen wieder verschütteten und untergegangenen Malereien, auf welche wir, wie gesagt, ausschliesslich angewiesen sind, gestatten freilich kein vollständiges Urtheil über ihre künstlerische Ausführung; indessen verräth schon die Anordnung und Eintheilung der Bilder und die Handhabung des arabeskenartigen Beiwerks eine gewisse malerische Technik, die also, wie die plastische, hier nicht geringer scheint, als bei andern spätrömischen Arbeiten. Und dies genügt uns im Wesentlichen, da künstlerische Meisterwerke ohnehin nicht zu erwarten sind.

Um so wichtiger und lehrreicher ist dagegen die Betrachtung der Richtung, welche sich an diesen Werken der ersten christlichen Epoche zeigt.

Die Kunstrichtung einer Zeit oder eines Volkes hängt sehr wesentlich von dem Gesichtspunkte ab, unter welchem die Natur erscheint. Eine überwiegend geistige

Richtung wird den Blick von der Natur abziehen und daher die bildenden Künste entweder gar nicht aufkommen lassen oder sie doch nur als gleichgültige sinnliche Zierde aus der Fremde aufnehmen und dulden. Eine Denkungsweise dagegen, welche in der Natur die grosse Erhalterin der Dinge und mithin göttliches Leben voraussetzt, wendet sich ihren Erscheinungen mit Liebe zu und braucht sie als Mittel der Darstellung, welche dann sofort eine künstlerische wird. Je nachdem nun aber das göttliche Leben in der Natur als ein freies, geistiges, dem Menschen ähnliches, oder als ein fremdartiges, dunkles, gebieterisches Wesen anderer Art betrachtet wird, gestaltet sich auch die Kunst frei und belebt, oder starr und finster. Da ist es nun sehr bemerkenswerth, wie diese frühen christlichen Gemeinden, obgleich ihr Streben auf das Jenseits gerichtet war, weder zu einer jüdischen Verbannung des Bildes noch zu einer trüben Auffassung der Natur sich hinneigten. Selbst die Kirchenlehrer, vermöge ihrer Stellung begreiflicherweise strenger als die andern Christen, verwarfen doch nur scheinbar jedes Bild. Sie gaben sofort wenigstens die Erlaubniss zu Symbolen, sie fanden selbst eine fromme Freude in der Deutung einzelner Gegenstände auf Christus und auf christliche Hoffnungen und Eigenschaften. Und damit war sehr viel gegeben, nun durfte der Blick schon freundlich auf den Erscheinungen der Natur ruhen, weil er in ihnen Gleichnisse der höchsten geistigen Güter fand. Die Zahl dieser Symbole musste bald gewaltig wachsen. Der Sinn der von einem Gegenstande erfüllt ist, wird durch alles daran erinnert, jedes ruft ihm eine Eigenschaft, eine Beziehung daran ins Gedächtniss. Das Wohlgefallen an diesem symbolischen Liebesspiel erregt die Phantasie;

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