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gesunden Zusammenhang von Kunst und Gewerbe in unserer Darstellung niemals außer Augen zu lassen, sondern beide so innig wie möglich zu verknüpfen. Aber man kann doch nicht gut Suppe und Braten in einer Schüssel servieren. Wir wollen deshalb für den Inhalt unserer Zeitschrift eine Trennung eintreten lassen, dergestalt, daß wir von jetzt an einen vorwiegend kunstgewerblichen und einen vorwiegend geschäftlichpraktischen Teil herausgeben. Jeweils die Anfangsnummer eines Monats sei dem ersten, die dazwischen erscheinende dem zweiten Zweck gewidmet. Das wird uns die Arbeit und unseren Lesern die Übersicht erleichtern. Jedem kunstgewerblichen Heft wird ein Musterblatt mit Entwürfen beigelegt, so daß jeder Abonnent also jährlich 12 solcher Musterblätter erhält. Für die Herstellung dieser Entwürfe haben wir die Beihilfe tüchtiger Künstler und Fachleute gewonnen, und werden wir uns bemühen, unsere Verbindungen mit solchen stets zu erweitern und recht fest zu gestalten. Jedes Blatt wird, soweit als angängig, Vorbilder für eine bestimmte Spezialität enthalten: Es wird also beispielsweise einmal

ein Blatt für Goldschmuck, dann eins für Juwelen, für Kleinsilberwaren etc. erscheinen. Die Entwürfe werden Eigentum des Verlags sein; wir stellen sie unseren Abonnenten zur Nachbildung oder sonstiger freier Benutzung zur Verfügung. Wir hoffen, damit ein Sammelwerk für Entwürfe aus allen Ge

Der Textteil wird die Kunst im Goldschmiedehandwerk im weitesten Sinne behandeln. Abbildungen von künstlerisch wertvollen, gediegenen Arbeiten sollen abwechseln mit erläuternden und belehrenden Aufsätzen. Wir planen, einzelne Spezialnummern herauszugeben, die in umfassender Weise irgend eine technische oder künstlerische Spezialität, oder das Wirken eines unserer bedeutendsten Fachkünstler behandeln sollen. Und wenn neben dem Berichten und Darstellen des Vorhandenen da und dort bescheidene Körnlein selbständiger Anregung und eigenen Meinens eingestreut erscheinen, so wird auch das dem Ganzen, so hoffen wir, nicht zum Nachteil gereichen.

Weiter und ausführlicher wollen wir uns unserer Absichten und Pläne nicht rühmen, sondern wollen das Weitere der Zeit überlassen, welche sie zur Tat reifen soll. Viele vorbereitende Arbeit ist im stillen schon

GÜRTELSCHNALLE, ECHT CHINESISCHE NEPHRITARBEIT

IN GOLDFASSUNG

von Hugo Schaper, Berlin.

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geschehen, mehr noch

wird unserer warten. Es wird uns wohl auch nicht gelingen, alle in jedem Falle zufrieden zu stellen. Bald werden wir dem einen zu künstlerisch hochfliegend, bald dem andern zu geschäftlich trocken sein. Immerhin, an unserem ehrlichen Willen und der Geneigtheit, ausgesprochenen Wünschen und Anregungen gerecht zu werden, soll's nicht fehlen. Wir hoffen dabei auf die Gefolgschaft und das mitarbeitende Interesse aller derer, die sich als aufwärts und vorwärtsstrebende Jünger unseres schönen Gewerbes fühlen, denn

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bieten der Goldschmiedekunst zu schaffen, in dem ,Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen, wir unseren Lesern stets neue und eigenartige An- Ein Werdender wird immer dankbar sein." regungen werden bieten können.

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Redaktion und Verlag der Deutschen Goldschmiede-Zeitung.

Pforzheimer Künstlerschmuck.

Bereits zweimal, in den Nummern 11 und 14 des Jahrgangs 1902, haben wir Berichte gebracht über die glänzende Vertretung der Pforzheimer Schmuckindustrie auf der Karlsruher Jubiläums - Kunstausstellung. Wir freuen uns, heute unseren Lesern nachträglich noch eine Anzahl von Abbildungen dieser Arbeiten vorführen zu können. Ohne auf das, was über die technische Ausführung, über die entwerfenden Künstler und die ausführenden Firmen schon gesagt wurde, hier zurückkommen zu wollen, möchten wir doch nicht versäumen, auf eine besonders charakteristische Seite dieser Schmuckstücke noch aufmerksam zu machen. Das ist ihr spezifisch deutscher Charakter. Das will heutzutage bei Schmuck etwas heißen. Das sagt nichts anderes, als daß die entwerfenden Künstler es verstanden haben, dem übermächtigen Einflusse der Pariser Schmuckkunst gegenüber selbständig zu

bleiben. In der Tat ist es schwer verständlich, wie eine unserer verbreitetsten Kunstzeitschriften diese Stücke als „,im Sinne Laliques" gearbeitet, bezeichnen konnte. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Die wohlerwogene Einfachheit, die schlichte, straffe Linienführung, der Verzicht auf jede naturalistische Prunkwirkung, das ergibt ein künstlerisches Gesamtbild, das mit Laliquescher Art ganz und gar nichts zu tun hat. Höchstens in dem zielbewußten Anstreben einer geschlossenen Farbenharmonie für jedes einzelne Stück könnte man eine Verwandtschaft mit der Arbeitsweise des großen Franzosen erblicken. Aber auch diese ist vorwiegend äußerlich, im Prinzip vorhanden, weniger in der künstlerischen Eigenart der Durchführung. Jedenfalls ist hier der Weg gewiesen, wie wir zu einer national selbständigen deutschen Schmuckkunst gelangen können. R. R.

Die Goldschmiede-Arbeiten auf der Jubiläums - Ausstellung des Vereins für Deutsches Kunstgewerbe, Berlin.

Das nach zweihundertjährigem Bestehen nunmehr dem Untergang geweihte Gebäude auf der Nordseite der Straße Unter den Linden zu Berlin, in dessen vorderen Räumen die Künste und Wissenschaften und in dessen hinteren Räumen bis vor kurzem der königliche Marstall freundnachbarlich hausten, beschließt sein Dasein mit einer ganz eigenartigen Ausstellung, die der Verein für Deutsches Kunstgewerbe zur Feier seines 25jährigen Bestehens veranstaltet hat. In den Sälen, die so viele Jahre hindurch die offizielle Kunst beherbergten, teils in Meisterateliers und teils in Ausstellungen, die den Stürmern und Drängern auf dem Gebiete der Kunst verschlossen blieben, wo alles fein säuberlich nach den, hergebrachten Überlieferungen mit einem guten Schuß Bureaukratismus zuging, breitet sich nun behaglich und selbstgefällig das moderne Berliner Kunstgewerbe aus. Die Ausstellung durften zwar nur Mitglieder des jubilierenden Vereins beschicken, da jedoch der Verein mit der Entwickelung des BerlinerKunstgewerbes in den letzten 25 Jahren auf das Engste verknüpft ist, so bietet die Ausstellung tatsächlich ein getreues Spiegelbild dessen, was Berlin auf diesem Gebiete leisten kann und es war jedenfalls ein guter Gedanke, das Vereins-Jubiläum nicht durch schnell vorüberrauschende Festlichkeiten, sondern durch eine ernste Tat, wie die äußerst gelungene Ausstellung es ist, zu feiern.

wollten zu unserer Zeit mit neuen Ideen den Himmel stürmen, auch wir träumten vom Wiedererwachen von Kunst und Schönheit; wir Älteren haben geschaffen und gelernt in den vergangenen 25 Jahren, daß das Gute und Schöne ewig neu bleibt, daß das Neue aber nicht immer schön ist; wir stehen dem Neuen in der Goldschmiedekunst durchaus nicht ablehnend gegenüber, wir sind nur ruhiger und wägen ernster ab, was an dem Neuen gut ist und dazu dient uns als Maßstab der Vergleich mit den alten Meistern.

Das äußere architektonisch dekorative Bild der Ausstellung, dessen Schöpfer der tüchtige Lehrer an der Kunstgewerbeschule, Prof. Grenander ist, trägt ganz den Charakter der modernen Richtung; den Goldschmiede- und Juwelenarbeiten ist der beste Saal, der bekannte Uhrsaal eingeräumt und sind sie dort in vier modernen, weiß lackierten Glaskästen, die von einem Glasobelisk überragt sind, untergebracht. Die beiden Kästen auf der linken Seite des Saales bergen die interessantesten Arbeiten der Ausstellung und sind stets von zahlreichen Besuchern umlagert; es sind dies die Werke der modernen Goldschmiedekunst, wie sie einerseits aus den Ateliers des Hofgoldschmiedes Hugo Schaper, der erfindender und schaffender Künstler zu gleicher Zeit ist und aus denen der Hofjuweliere Gebr. Friedländer hervorgegangen sind, in welch' letzterem Falle drei Elemente harmonisch zusammen gewirkt haben: der kunstverständige Chef des Hauses, der entwerfende Künstler, Baron Lucas von Cranach und der ausführende Künstler, der Leiter des Ateliers der Herren Gebr. Friedländer, der außerordentlich tüchtige Goldschmied, Herr Max Weichmann. Es kann unserem Fache nur zur Ehre und zum Vorteil gereichen, wenn tüchtige Künstler wie der Direktor des KunstgewerbeMuseums in Frankfurt a. Main, Professor Luthmer, der Bildhauer Professor Otto Lessing, und jetzt auch Baron von Cranach sich eingehend mit der technischen Herstellung von Arbeiten unseres Faches befassen, denn die Überflutung mit künstlerischen, aber technisch unausführbaren Schmuckentwürfen ist geradezu erdrückend. Auf die wahre Höhe in unserer Kunst werden wir aber erst gelangen, wenn Goldschmied und Künstler in einer Person vereinigt sind.

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DOSE IM FRIDERICIANISCHEN STIL MIT CHRYSOPRAS

UND BRILLANTEN

von Hugo Schaper, Berlin.

Wir können an dieser Stelle auf die reichhaltigen Darbietungen der verschiedenen Gewerbe leider nicht eingehen und greifen deshalb heraus, was uns für unser Fach besonders interessiert, die im Ehrensaal gleich beim Eingang aufgestellten Gold- und Silberschmiedearbeiten, zu denen sich dann noch die in anderen Sälen bei Zimmereinrichtungen als Dekorationen verstreuten großen Silbergeräte, Tafelaufsätze, Leuchter und dergleichen gesellen.

Auf der Ausstellung sind nur zwei Berliner Goldschmiede vertreten, die dem Verein für Deutsches Kunstgewerbe seit dessen Begründung angehören und zwar die Herren Louis Schluttig und Hugo Schaper, Hofgoldschmied; alle anderen ausstellenden Juweliere sind dem Verein erst in späteren Jahren beigetreten. Auch die Berliner Goldschmiedekunst ist in den letzten 25 Jahren von den Strömungen der Zeit nicht unberührt geblieben, sie hat wie die anderen Gewerbe im abwechselungsreichem Schaffen die vergangenen Stilepochen noch einmal durchgearbeitet, ihre Arbeiten auf den verschiedenen Kunst- und Gewerbeausstellungen dem Publikum unterbreitet und ist nun ebenfalls auf der märchenhaften Insel angelangt, an deren Gestaden die Plakate: Jugendstil und Secession prangen. Auf diesem Eiland haust Jung - Deutschland in frischem, kecken Wagemut und empfängt die ältere Generation mit fragenden Blicken und verwundert über deren gesetztes, besonnenes Wesen. Und die Älteren antworten: Auch wir sind jung gewesen und auch wir

Dies ist bei einem der hervorragendsten Vertreter unseres Faches, dem Hofgoldschmiede Herrn Hugo Schaper der Fall, der unter den Berliner Juwelieren stets mit an erster Stelle genannt werden muß, mit seinem unermüdlichen Fleiß, seiner nie versiegenden Erfindungsgabe und seinem feinen künstlerischen Geschmack. Wir bringen heute im Bilde einige seiner für die Berliner Ausstellung geschaffenen, neueren Arbeiten, die wieder einmal zeigen, mit welchem Verständnis Schaper streng stilistischen Arbeiten älterer Epochen nachzugehen und wie er, an diese sich anlehnend, eigene Stücke doch auch mit seinem

Geiste zu durchtränken weiß. Da ist zunächst ein originelles, zierliches Schmuckdöschen, für das ein Nephritgehäuse auf original-chinesischem durchbrochenen Holzfuß den Körper bildet; letzterer ist gleich dem Holzdeckel mit Goldarabesken belegt und mit Perlen und Saphiren geschmückt. Derartige alte chinesische Nephritarbeiten sind bekanntlich das Entzücken aller Kenner und zu den besten dieser Art gehören auch wohl die von Herrn Schaper als Gürtelschnallen in Gold und Silber gefaßten, die mit ihren vielfachen zarten Farbentönungen eine prächtige Umrahmung für das chinesische Kunstwerk bilden, dem Laien durch die kunstvolle Verwendung chinesischer Ornamentmotive und dem Fach

mann durch die Vollendung der technischen Ausführung imponieren. Dann eine Tabaksdose im fridericianischen Stil, von entzückender Zierlichkeit und Anmut, den besten Stücken alter Sammlungen gewiß nicht nachstehend und selbst ein rechtes Objekt für einen Sammler. Der Deckel wird hier, in reicher, ornamentierter Goldeinfassung, von einem prächtigen Chrysopras gebildet, der wiederum mit goldenen, juwelenbesetzten Ornamenten belegt ist. Ein drittes Stück ist einer der jetzt so beliebten Anhänger, dessen Mittelstück hier in höchst origineller Anordnung der innere Kern einer Nautilusmuschel bildet. Wir müssen ferner eines zweiten Anhängers Erwähnung tun, der der Uräusschlange nachgebildet ist, jener Schlange, welche die ägyptischen Könige als Symbol ihrer Würde an ihrer Krone trugen und die nun bestimmt ist, in ihrer goldenen, diamantenbesetzten Pracht als Symbol edler Frauenwürde an einem schönen Halse zu glänzen. Lieblich und märchenhaft im Entwurf mutet uns ein Anhänger an, der des Frühlings Erwachen symbolisiert, in dem aus stilvoll angeordneten Crocusblättern und -blüten der elfenbeinerne Leib einer Nymphe herauswächst und die zierlichen Arme träumerisch der Frühlingssonne entgegenreckt, die Blume und Nymphe ins Leben geküßt hat. Ernsteren Charakter tragen die Nachbildungen in Gold und farbiger Email der Masken sterbender Krieger, die der unsterbliche Schlüter am Berliner Zeughause angebracht hat und die nun als Motive für Knöpfe und Nadeln in kunstvoller Ausführung verwertet sind. Nicht vergessen wollen wir auch die in mehreren Exemplaren vertretenen Colliers, bei denen Gold- und Juwelenarbeit in glücklichster Harmonie vereinigt sind, die in ihrer Zeichnung durchaus moderne Motive in Ranken und Blattwerk aufweisen, doch aber streng stilistisch durchgeführt sind und bei denen die gegenseitige Wirkung der verwendeten Edelsteine, die teilweise farbig sind und des meist in mattem Tone gehaltenen Goldes auf das Sorgfältigste abgewogen ist. Hier sieht man nichts von moderner Regellosigkeit der Linienführung oder sklavischer,

kritik- und stilloser Nachahmung von Naturgebilden; hier war zwar die Natur das Vorbild, der denkende Künstler aber ordnete es in seinem Geiste zu eindrucksvoller Arbeit um. Dasselbe gilt von einem Elfenbeinkamm, der mit drei streng stilisierten emaillierten Blättern mit schönen Perlen in der Mitte geschmückt ist, von zwei Flacons mit Maiglöckchen- und Heckenrosenmotiven und von einigen Schnallen und Diademen, die gleiche Kunstfertigkeit in Entwurf und Ausführung zeigen. Vervollständigt wird die Schapersche Ausstellung durch mehrere Silberarbeiten, einerseits bereits bekannte Dekorationen von Tiffanygläsern, wie sie aus den Schaperschen Werkstätten in

reicher Abwechselung vielfach hervorgegangen sind und einem großen silbernen Humpen mit Motiven aus dem Reiche Neptuns, wogenden stilisierten Wellen und einem in altnordischer Manier sich um den Körper des Humpens hinziehenden Knotenbande.

Während bei den Schaperschen Arbeiten durchweg die besten Überlieferungen der Goldschmiedekunst in Bezug auf Entwurf und Technik hoch gehalten sind, bieten die meist nach Entwürfen des Barons Lucas von Cranach durch die Herren Gebr. Friedländer ausgeführten und ausgestellten Werke ein ganz anderes Bild, von ganz verschiedener Auffassung, die wir in einem zweiten Artikel eingehend würdigen werden. Ihre technische Ausführung ist tadellos, was aber die Ideen selbst und das öfter benutzte Material an langen billigen Barockperlen, wie sie seit Jahren vielfach zu Libellen, Schmetterlingen, Vögeln und auch bei Jugendstil-Sachen verwendet worden sind, anlangt, so sind die Meinungen bei Fachleuten und beim Publikum geteilt, da namentlich Gold wenig sichtbar und meist durch Email in verschiedenen Farben verdeckt ist. Eine Beschreibung dieser Arbeiten in Nr. 48 der Woche" vom 29. November dieses Jahres schließt mit der Prophezeiung, daß Herr von Cranach berufen sei, der Goldschmiedekunst neue Wege zu weisen. Dieses Wort ist vielfach auf Widerspruch gestoßen; inwieweit es berechtigt ist, werden unsere Leser aus dem nächsten, reich illustrierten Artikel über speziell diese Arbeiten beurteilen können. An dieser Stelle besonders hervorheben wollen wir nur ein nicht von Herrn von Cranach, sondern von der Firma Gebr. Friedländer selbst entworfenes Stück, einen großen Brillantbrustschmuck in Gestalt einer japanischen Weinranke, ein Juwelenstück allerersten Ranges, ebenso leicht und schön in der Zeichnung und Gruppierung, wie vollkommen in der Modellation und technischen Ausführung. Schade nur, daß die Arbeit eine zu schlechte und unvorteilhafte Beleuchtung hat, ein Fehler, unter dem alle ausgestellten Goldschmiede- und Juwelen - Arbeiten in diesem Saale zu leiden haben.

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SCHMUCKDOSE

IN NEPHRIT AUF ECHT CHINESISCHEM HOLZFUSS MIT GOLDORNAMENTEN, PERLEN UND SAPHIREN von Hugo Schaper, Berlin.

Das Jubiläum des Pforzheimer Kunstgewerbevereins.

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Am Sonntag, den 30. November abends im städtischen Saalbau beging der Kunstgewerbeverein Pforzheim die Jubelfeier seines 25 jährigen Bestehens. Der weite Raum faßte kaum die Zahl der erschienenen Gäste und Zuschauer, die etwa 2400 betragen mochte. Außer den Spitzen der städtischen Behörden waren an auswärtigen Gästen der Dezernent für das gesamte badische Gewerbeschulwesen, Geh. Oberregierungsrat Braun, erschienen, die Vertreter des badischen Kunstgewerbevereins, der Karlsruher Kunstgewerbeschule, der Technischen Hochschule, eine Abordnung des Gewerbemuseums Schwäb. Gmünd und andere mehr waren herbeigeeilt. Der erste Vorsitzende des Vereins, Herr Kunstgewerbeschuldirektor Waag begrüßte in herzlichen Worten die Versammlung und brachte ein begeistert aufgenommenes Hoch auf Kaiser und Großherzog aus. Ihm folgte als Redner Herr Geheimrat Braun, der die Glückwünsche der Großherzogl. Regierung überbrachte und unter Worten der wärmsten Anerkennung für das bisherige Wirken des Kunstgewerbevereins dem langjährigen zweiten Vorsitzenden, Herrn Fabrikanten W. Stöffler, das Ritterkreuz I. Klasse des Zähringer Löwenordens und dem Schatzmeister, Herrn Fabrikant W. Fühner, das Ritterkreuz II. Klasse mit Eichenlaub desselben Ordens feierlich überreichte. Nach einem schwungvollen Prolog folgte das schöne Festspiel „Geistesadel Bürgersinn", bei dem Herr Reallehrer Schottmüller als Dichter, Herr Hofschauspieler WassermannKarlsruhe als Regisseur und Herr Fabrikant Stöffler als Autor der Grundidee mitgewirkt hatten. Es würde zu weit führen, den Inhalt des aus vier Einzelbildern bestehenden Schauspieles hier mitteilen zu wollen. Es genüge die Andeutung, daß darin die bedeutendsten Vorkommnisse aus der Geschichte Pforzheims und seiner Industrie dargestellt wurden, durch welche sich wie ein roter Faden die Geschichte eines Ringes schlingt, den einst Reuchlin, Pforzheims berühmtester Sohn, von einem Freunde empfing. Stürmischer Beifall lohnte die schöne Darbietung, nach welcher Herr Stöffler das Wort zur eigentlichen Festrede ergriff, um in derselben der Entwickelung nachzugehen,

PFORZHEIMER KÜNSTLERSCHMUCK

(VON DER JUBILÄUMS-KUNSTAUSSTELLUNG KARLSRUHE)

Entwurf: Arch. J. Müller-Salem,
Lehrer a. d. Gr. Kunstgewerbeschule Pforzheim
Ausführung: Th. Fahrner, Pforzheim.

welche der Kunstgewerbeverein

in 25 Jahren seines Bestehens aufzuweisen hat. Er ist in der Zeit einer großen wirtschaftlichen Krisis entstanden, veranlaßt durch ein kluges Vorgehen der Handelskammer, welche seinerzeit aus der Münchener Ausstellung vorbildliche Stücke hier zur Schau stellte. In einer Versammlung am 12. März 1877 wurde unser heutiger Kunstgewerbeverein von 25 Männern gegründet. Sein erster Vorsitzender, Fabrikant W. Wild, trat bald aus Gesundheitsrücksichten zurück; seine Stelle nahm Herr Direktor Waag ein, der dieselbe bis heute innegehabt hat. Ebenso wurden die Stellen des zweiten Vorsitzenden (Herr W. Stöffler) und des Kassierers (Herr W. Fühner) fast während des ganzen Bestehens des Vereins von denselben Männern bekleidet. Von den erfolgreichen Unternehmungen des Vereins seien hier nur die allerbedeutendsten erwähnt: 1878 erste Fach- und Wanderausstellung Pforzheimer Bijouterien; 1893 Beteiligung an der Weltausstellung Chicago und Eröffnung der großen Pforzheimer Bijouterie - Fachausstellung, Eröffnung eines eigenen Museums für Edelmetallarbeiten, Gründung einer Vereinszeitschrift; 1900 Beschickung der GrassiAusstellung in Leipzig und Kollektivausstellung in Paris.

Der Pforzheimer Kunstgewerbeverein hat heute ca. 1800 Mitglieder, ist also einer der größten derartigen Vereine in Deutschland. Seine Sammlungen und die damit vereint aufgestellten Schmuckmodelle der Großherzogl. Kunstgewerbeschule umfassen etwa 2400 Kunstgegenstände, die zusammen eine einzig dastehende Geschichte des Schmuckes bis in die neueste Zeit hinein darstellen. In dem großen Ausstellungssaal finden an den meisten Sonntagen kunstgewerbliche Ausstellungen der verschiedensten Art statt; die Bibliothek und die damit verbundene Vorbildersammlung von 4000 Blatt erfahren fleißige Benutzung. Die Gesamtzahl des Jahresbesuchs für Museum und Bibliothek beträgt etwa 8000.

Es folgten nun im Laufe des auch durch gediegene musikalische Darbietungen verschönten Festbanketts verschiedene feiernde und begrüßende Ansprachen der schon erwähnten einheimischen und auswärtigen Vertreter. Auch

telegraphische Begrüßungen von auswärts waren mehrere eingetroffen und wurden mit dankbarer Freude begrüßt, darunter eine ausführliche Depesche der „Deutschen GoldschmiedeZeitung". Erst zu vorgeschrittener Stunde trennten sich die letzten Teilnehmer der bis in jede Einzelheit ungetrübt und ohne Mißklang verlaufenen Feier. Möge, das ist unser aufrichtiger Wunsch, dem Pforzheimer Kunstgewerbeverein in seinem zweiten Vierteljahrhundert das gleiche fröhliche Gedeihen, die gleichen Erfolge beschieden sein, wie in dem jetzt verflossenen ersten!

Das Jubiläumsheft der Vereinszeitschrift. Wie unseren Lesern bekannt sein wird, gibt der Kunstgewerbeverein Pforzheim für seine Mitglieder eine besondere Vereinszeitschrift heraus. Für diejenige Nummer, welche zur Zeit des Vereinsjubiläums, über das wir schon berichteten, herauszugeben war, wurde von der Schriftleitung (Fabrikant W. Stöffler) unter Unterstützung einer besonderen Festzeitschriftkommission eine besonders reiche und festliche Ausstattung in die Wege geleitet. Schon der Umschlag präsentiert sich vornehm und würdig in tiefem Olivgrün und reichem Goldaufdruck. Die Textseiten und Illustrationen, welche den Inhalt bilden, sind mit wirkungsvollen, ornamentalen Umrahmungen

die, in einem satten olivbraun gedruckt, einen hervorragenden Schmuck bilden. Den Eingang bildet ein schwungvoller „,Festgruß", von dem Dichter des Festschauspieles, F. Schottmüller. Es folgt eine Ehrentafel mit den Porträts der verstorbenen Mitglieder des Vereinsvorstandes, darauf eine zweite Tafel, auf welcher diejenigen der jetzt im Amte befindlichen Mit

DECKEL DER CHINES. NEPHRITDOSE von Hugo Schaper, Berlin.

glieder vereinigt sind. Weiterhin ist noch der verstorbenen Frau Witwe Emma Jäger, welcher der Verein ein außerordentlich reiches Legat verdankt, eine Ehrentafel mit Porträt gewidmet. Nun folgt der Kern des Ganzen, eine gedrängte Geschichte der Vereinstätigkeit; jede Seite derselben ist illustriert mit einer Gruppe Schmuckabbildungen, welche in fortlaufender Reihenfolge die seit Ende der 60 er Jahre in unserer Schmuckindustrie geltend gewesenen Stile und Schmucktechniken im Bilde darstellen. Eine vorzüglich ausgeführte Dreifarbendrucktafel, Schmuckarbeiten aus der Prägeanstalt R. Hasenmayer in Pforzheim darstellend und von dem Firmeninhaber gestiftet, und endlich der Wortlaut eines neuen alljährlichen, von einem Vereinsmitgliede gestifteten Preisausschreibens für Ketten und Kettenbijouterie bildet den Beschluß dieser Festpublikation, die sich in jeder Beziehung, auch in

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nach den Entwürfen der Professoren G. Kleemann und ihrer Druckausführung, als eine gediegene, kunstgewerbliche G. Riester von der Großh. Kunstgewerbeschule versehen,

Leistung darstellt.

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