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Amtliches Organ des Verbandes Deutscher Juweliere, Gold- und Silberschmiede
des Vereins der Juweliere, Gold- und Silberschmiede von Rheinland und Westfalen, des Vereins der
Juweliere, Gold- und Silberschmiede Württembergs, der Freien Vereinigung des Gold- und Silberwaren-
Gewerbes für Berlin und den Reg.-Bezirk Potsdam, des Vereins der Juweliere, Gold- und Silberschmiede
des Großherzogtums Baden, der Goldschmiede-Werkgenossenschaft Berlin, der Kölner Juwelier Vereinigung,
der Freien Vereinigung der Juweliere, Gold- und Silberschmiede des Reg.-Bezirks Stettin, der Goldschmiede-
Innung Schwerin, der Freien Vereinigung der Gold- und Silberschmiede zu Görlitz, des Kreditoren-Vereins
für die Gold, Silberwaren- und Uhren-Industrie Pforzheim, der Kunstgewerbe-Vereine Hanau und Pforzheim,
des Gewerbemuseums Gmünd, der Zentralstelle Schmuck und Mode So

Begründet und herausgegeben von Wilhelm Diebener, Leipzig 21, Schützenstr. 15
Verantwortliche Redakteure: Syndikus Herm. Pilz, Leipzig - Für den Sachtechnischen Teil: Goldschmied Friedr. Puch, Leipzig

Für den kunstgewerblichen Teil: R. Rücklin, Pforzheim Für den volkswirtschaftlichen Teil:

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Leipzig, 15. August 1903

Abonnementspreis

für die grosse Ausgabe mit Einschluss des Beiblattes „Schmuck und Mode" pro Quartal M. 1.75 für Deutschland, 2 Kronen für Oesterreich, M. 8. pro Jahr für das Ausland.

Einzelpreis der grossen Ausgabe 50 Pfg. pro Nummer bei freier Zustellung. für die kleine Ausgabe mit kleinem Text und den Amtlichen Bekannt. machungen der Verbände und Vereinigungen pro Halbjahr M. 1.50 für Deutschland, 2 Kronen für Oesterreich, M. 4.- pro Jahr für das Ausland. Einzelpreis der kleinen Ausgabe 20 Pfg. pro Nummer bel freier Zustellung.

Reklamationen

über nicht rechtzeitiges Eintreffen sind seitens unserer verehrlichen Kreuz. band-Abonnenten stets bei dem Verlag anzubringen, für Abonnenten, welche die Deutsche Goldschmiede-Zeitung durch die Post (offen) erhalten, sind indes stets bei dem Post-Zeitungs- Amt zu machen. Die Zeitung wird stets rechtzeitig am 14. bez. letzten Tag des Monats zur Post gegeben.

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die 4 gespaltene Nonpareillezeile 25 Pfg., 14 Seite M. 150 brutto. Bei Wiederholungen wird Rabatt gegeben. Beilagen nach Uebereinkunft, gefälligen Anfragen wolle man stets Muster beifügen. Arbeitsmarkt die 4 gespalt. Nonpareillezeile 20 Pfg.

Inferatannahme

in Leipzig: bei Wilhelm Diebener, Leipzig 21, Schützenstrasse 15.

in Berlin: durch die Firma Hagenmeyer & Kirchner, Berlin C.,
Unterwasserstrasse 9a.

Schlußz für die nächste Nummer:

in Leipzig: 29. August morgens 10 Uhr

in Berlin : 28. August abends.

Nachdruck aus dem Inhalt vorliegender 3eitung ist nur mit Erlaubnis der Redaktion und unter genauer Quellenangabe gestattet

Vom dritten Verbandstag in Köln.

Willkommen ihr, die aus Alldeutschlands Gauen
Gekommen zu des Rheines grünem Strand,
In holder Eintracht wieder im Verband
Gemeinsam an dem schönen Werk zu bauen.
Rings werden wir bedroht, wohin wir schauen
Droht allerwärts Gefahr auch unserm Stand,
Auf, Werkgenossen all' im deutschen Land,
Schließt euch uns an, gehört nicht zu den Lauen!

So klang es von den Ufern des wogenden Rheins hinüber in die Herzen der deutschen Goldschmiede! Man hatte zahlreich dem Rufe Folge geleistet, und der dritte Verbandstag in Köln gehört zu den erfolgreichsten, welche bislang abgehalten worden sind. Berlin, Stuttgart, Dresden Köln! Diese Etappe hat gezeigt, daß die Gründung des Verbandes einem allgemeinen Wunsche der deutschen Goldschmiede entgegenkam, daß man es wie eine Erlösung von langer Ohnmacht empfand, als die Kette geschmiedet wurde, und daß in der Zukunft noch schönere Erfolge zu erwarten sind, wenn sich die Schar der Mitglieder von Jahr zu Jahr erhöhen wird. Die Tage von Köln sind ohne Miẞton verklungen! Mit dankbarem Herzen gedenken wir der heiligen Colonia und

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des Vereins der Juweliere, Gold- und Silberschmiede von Rheinland und Westfalen", der es, mit seinem Vorsitzenden, Herrn Karl Becker und dem ganzen Festausschuß (Eduard Biesenbach, Düsseldorf, Bernhard Goldschmidt, Köln, Josef Goldschmidt, Köln, Josef Kleefisch, Köln, Heinrich Steenaerts jr., Aachen) an der Spitze, verstanden hat, die Tage von Köln mit goldenen Lettern in unsere Erinnerung einzugraben. Wenn der Ernst der Verhandlungen auch gebieterisch sein Recht forderte, so verging doch kein Tag, wo nicht auch der sonnige, goldene, echt,,Kölle'sche" Humor die Herzen erwärmt hätte. Ist doch die stolze Metropole des rheinischen Handels auch die Metropole heiterer Lebenskunst! Gleich der Begrüßungsabend im großen Festsaale der Bürgergesellschaft spannten die Erwartungen hoch. Man setzte mit festlicher Stimmung ein! Namens des Vereins Rheinland und Westfalen, sowie der Kölner Goldschmiede insbesondere begrüßte Herr Karl Becker mit kollegialen Worten die Versammlung, während der Verbandsvorsitzende Herr Wilhelm Fischer den Dank des Verbandes in seiner Erwiderung darbrachte. In schier endloser Reihe wurden schon hier die Freundschaftsgrüße ausgetauscht, und bei

fröhlichem Sang und Klang auch dem perlenden Safte der Reben zugesprochen. Herr Juwelier Fritz Dolhausen erfreute mit stimmungsvollen Liedern für Bariton und die Kapelle des 59. Feldartillerie-Regiments schmetterte ihre flottesten Weisen in den Saal.

Am Sonnabend, den 1. August, wurde der Verbandstag im selben Saale vormittags durch den Vorsitzenden Herrn Wilhelm Fischer eröffnet. Als Ehrengäste nahmen u. a. die Herren Regierungspräsident v. Balan, Oberbürgermeister Becker, Domkapitular Prof. Dr. Schnütgen, Direktor Romberg und Handelskammermitglied J. Auer teil. Das Podium war reich mit Palmen geschmückt, in deren Mitte die Büste des Kaisers aufgestellt war. Darüber thronte ein Banner mit dem seiner Zeit von der „,Deutschen Goldschmiedezeitung" dem Verbande gewidmeten Goldschmiede

wappen.

Herr Becker-Köln begrüßte die Ehrengäste und Verbandsmitglieder, wies auf die Wichtigkeit der Tagesordnung hin und sprach den Wunsch aus, daß die Beratungen ein gedeihliches Resultat haben möchten. Er endete mit einem Hoch auf den Kaiser, der jeden Zweig von Kunst und Wissenschaft mit Interesse pflege und insbesondere auch zur Förderung der deutschen Goldschmiedekunst beitrage. Herr Wilhelm Fischer dankte für den herzlichen Willkommengruß. Ein kleines Häuflein sei es gewesen, das in Berlin zur Cellinifeier den Verband gegründet habe. Auch in Stuttgart sei die Schar noch nicht so zahlreich gewesen. Aber schon in Dresden sei die Teilnahme mehr und mehr gewachsen, und heute in Köln sehe man, wie das Samenkorn zum Baum werde und Frucht trage. Zwar sei es noch nicht gelungen, alle Goldschmiede für den Verband zu erwärmen, aber nach und nach werde es gelingen, auch die Säumigen durch Taten und Erfolge heranzulocken. In Ruhe, Sachlichkeit, Einheit und Frieden gelte es die Interessen der Goldschmiede zu vertreten. Mit diesem Wunsche eröffne er den Verbandstag. Herr Regierungspräsident von Balan begrüßte hierauf die Versammlung im Namen der Regierung. Er beglückwünschte die deutschen Goldschmiede zur Wahl Kölns als Versammlungsort, da hier nicht nur in alter Zeit, sondern auch in der Gegenwart die Goldschmiedekunst eine Zierde des gewerblichen Lebens sei, und wünschte den Verhandlungen günstigen Fortgang. Herr Oberbürgermeister Becker fügte daran das Willkommen der Stadt Köln. Das Kunsthandwerk, das in den Mauern Kölns schon im Mittelalter geblüht habe, habe sich darin fortgepflanzt bis auf den heutigen Tag. Die Stadt Köln sei bemüht, sich diesen Schatz durch Förderung und Anregung dauernd zu erhalten. So habe man neuerdings das in kriegerischen Tagen verloren gegangene Ratssilber wieder zu ersetzen angefangen, um den Kölner Kunsthandwerkern Aufträge zuweisen zu können und ihnen dadurch Lust am Handwerk und Anregungen zu bieten. Hoffentlich werde dann nach Hunderten von Jahren der heutige Stand des Kunsthandwerks ebensohoch gepriesen werden, wie wir jetzt die mittelalterlichen Kunstwerke preisen. Der Wettbewerb des Auslandes fordere gebieterisch einen engen Zusammenschluß aller Gewerbsstände, und er freue sich, daß auch die deutschen Goldschmiede sich geeint hätten, um in ihrer Einheit zu Kraft und Ansehen zu gelangen. (Großer Beifall.) Herr J. Auer - KölnNippes sprach als Vertreter der Handelskammer ebenfalls den Wunsch aus, daß die Teilnehmer am Verbandstage reiche, ersprießliche Anregungen von demselben mit nach Hause nehmen möchten.

An Stelle des verhinderten Herrn Direktor Dr. von Falke hielt sodann Herr Domkapitular Dr. Schnütgen den Festvortrag über „Die Goldschmiedekunst und insbesondere die Emailschule in Köln". Redner führte dabei etwa folgendes aus: Die Quellen über die Goldschmiedekunst in Köln fließen nur spärlich. Das Werk von Merlo, welches vom 11. bis ins 17. Jahrhundert reiche, weist nur 33 Goldschmiede und 3 Emailleure auf, und „der Goldschmiede Merkzeichen" von Rosenberg widmen nur zwei knappe Seiten der Goldschmiedekunst in Köln, während Augsburg 113 Seiten umfaßt. Trotzdem ist die Vergangenheit Kölns im Goldschmiedegewerbe nicht minder ruhmvoll, wie namentlich Falkes neue Forschungen zeigen werden. Beweiskräftig dafür sind die

Werke in den kirchlichen Schatzkammern. Durch ihre Eigenart, charakteristische Gestaltung, Ausstattung, Technik geben sie sich speziell als kölnische Werke zu erkennen. An der Hand der in den Kölner Schatzkammern und öffentlichen wie privaten Sammlungen befindlichen Gegenstände schilderte Redner nun die Entwicklung der Goldschmiedekunst in Köln von der frühesten Zeit bis zur Gegenwart. Er begann mit der Römerzeit und behandelte die mannigfaltigen Techniken der ersten Periode, deren letzter Ausläufer die Verzierungen am Petrusstabe des Kölner Domes (954) sind. Sie bestehen noch in Verroterie, nicht im Zellenschmelz, der erst 971 durch die Künstler der Kaiserin Theophono wieder eingeführt wurde. Von diesen Künstlern stamme wohl das berühmte Medaillon aus St. Severin (zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts), ein Vorläufer der überaus glänzenden Grubenemailschule des 12. Jahrhunderts, welcher die Werke des Eilbertus Coloniensis (am Trageltüchen des Welfenschatzes), des Fridericus (am St. MauritiusSt. Ursula- und Dreikönigsschrein), dem der berühmte Emailleur Godefroi de Clair zur Seite stand, und des Schöpfers des St. AnnoSchreines angehören. Der Grubenschmelz schwindet vor der Mitte des 13. Jahrhunderts und feierte mehr als ein Jahrhundert später seine glänzende Wiederauferstehung im Reliefschmelz, dem edelsten Ornament für gotische Geräte, mögen sie nun für kirchliche oder profane Zwecke von den Kölner Goldschmieden angefertigt werden. Das 14. und 15. Jahrhundert hat die Goldschmiedekunst in Köln hauptsächlich in den Dienst des Reliquienkultus gestellt, aber auch zu profanen Zwecken wurden kostbare Pokale, Schmuckstücke für die Frauen usw. in eigenartiger Ausführung hergestellt. Auch das 16. Jahrhundert hat noch hervorragende Werke Kölner Goldschmiede aufzuweisen, obwohl die Technik etwas erlahmt. Es ist auf die figürlichen Darstellungen an dem Makkabäerschrein und an den Rest von den Arkadenreliefs am Dreikönigsschrein zu erinnern, an welchen die vier folgenden Jahrhunderte ihre Ergänzungsversuche machten. Gillis Sibricht lieferte 1578 prächtige Pokale, der Jesuit Silling 1642 den Meßbuchdeckel und Schrein in St. Mariä Himmelfahrt, Conradt Duisbergh 1633 den majestätischen St. Engelbertusschrein, sein Nachfolger die 1658 von Erzbischof Max Heinrich gestiftete Pracht-Monstranz mit der Überfülle kostbarer Steine und Goldemails. Im 18. Jahrhundert schuf der Meister J. R.“ vortreffliche Triebarbeiten, Adelkirchen ferner den St. Evergislusschrein in St. Peter. Hervorragendes hat das 18. und 19. Jahrhundert nicht entstehen lassen. Als gegen Mitte des 19. Jahrhunderts ein neues ,,romantisches“ Zeitalter anbrach, trat auch Köln wieder als Goldschmiedestadt in den Vordergrund. Die Meister Kramer, Horn, Hermeling, dessen Sohn Gabriel es auch als Emailleur zu hohen Ehren brachte, sind hier besonders hervorzuheben. Im 20. Jahrhundert haben sich die Kölner Goldschmiede auch den neuen Stil angeeignet und damit namentlich in der profanen Kunst schöne Erfolge davon getragen, während die kirchlichen Schöpfungen sich noch auf die alten Traditionen stützen Inüssen. Redner erkärte zu Beginn seiner Rede, daß er seine Zuhörer nur im Kurierzug durch das weite Gebiet führen könne. ,,Der Kurierzug hat sein Ziel erreicht alles aussteigen", schloß er seine von großem Beifall begleitete, geistvolle Rede.

Es wurde sodann in die Tagesordnung eingetreten. Herr Wilhelm Fischer erstattete zunächst den Geschäftsbericht, der laut Beschluß der Versammlung in Zukunft mit dem Kassenbericht gedruckt vorgelegt werden wird. Redner gedachte zunächst der verstorbenen Mitglieder, zu deren Ehren man sich von den Plätzen erhob. Aus dem Leben des Verbandes wurde im Bericht folgendes mitgeteilt: Der Verband, dessen abgeänderte Satzungen am 15. Mai 1903 gerichtlich eingetragen wurden, zählt zur Zeit 1941 Mitglieder. Die vom Verband eingeführte Plakette soll den gelernten Goldschmied als solchen kennzeichnen. Das Diebenersche Goldschmiede wappen ist vom Vorstand als offizielles Wappen der deutschen Goldschmiede anerkannt worden. (Die Versammlung gibt hierzu nachträglich noch ihre Genehmigung.) Mit der Glasversicherungsgesellschaft Hammonia" schloß man einen Vertrag ab, der den Mitgliedern eine Vergünstigung von 10%

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und der Verbandskasse ebenfalls eine Gratifikation von 10% einräumt, dem Verbandsvorstand auch die Befugnis gibt, in streitigen Fällen die Entscheidung zu treffen. Einer Eingabe des Detaillistenverbandes für Rheinland-Westfalen, das Ausverkaufswesen betreffend, hat sich der Verband angeschlossen. In der mehrfach angeregten Änderung des Karatgewichtes (nicht nach 64 stel, sondern 100 stel) konnte vorläufig nichts weiter getan werden, da man im Auslande auf Widerstand stößt, auch das Gesetz der Neuerung entgegensteht. In dem bekannten Elberfelder Prozeß, wo das Leihhaus gestohlene Goldsachen ohne Ersatz herausgeben sollte, ist erkannt worden, daß die Reserverechte der Leihhäuser auch unter der neuen Rechtsordnung zu respektieren sind. In zahlreichen Fällen ist der Verband wegen unlauteren Wettbewerbs eingeschritten, anch ist der Vorsitzende häufig als Sachverständiger zugezogen worden. Mehrfach mußten Auskünfte in Sachen der Führung des Meistertitels gegeben werden. Redner verweist ausdrücklich auf den instruktiven Artikel des Syndikus Herm. Pilz in der Deutschen Goldschmiede-Zeitung (Nummer vom 1. Nov. 1901). Einem Antrag, daß im Ministerium für Handel und Gewerbe auch praktische Kaufleute und Gewerbetreibende angestellt werden, hat der Verband zugestimmt. Es ist vom Zentralausschuß kaufmännischer, gewerblicher und industrieller Vereine zur Förderung des Kleingewerbes" ausgegangen, dem sich der Verband ebenso wie dem Bund der Kaufleute" angeschlossen hat. Zur Frage der Handelsverträge wurde wiederholt Stellung genommen, auch der Kampf gegen die ,,Taits-Diamonds" fortgesetzt. Die Geschäftsstelle des deutschen Uhrmacherbundes, Carl Marfels in Berlin, hat ein Gutachten dahin gegeben, daß sich jeder Uhrmacher, der Gold- und Juwelenwaren führt und Reparaturen ausführen kann, Goldarbeiter nennen darf. Diese Anschauung muß bekämpft werden. Betreffend die Frage über nicht abgeholte Reparaturen, werden die im Verlag von Wilhelm Diebener erschienenen Formulare zur Benutzung empfohlen. Was die Frage des Normal-Ringmaßes anlangt, so wird der Vorstand und Ausschuß fortgesetzt bemüht bleiben, infolge aufgetretener Verbesserungsvorschläge sich mit der Verbesserung des Verbandsringmaßes, das ist nach wie vor dasjenige von Fr. Krimnitz, Magdeburg, zu befassen. Der überaus eingehende Bericht wurde von der Versammlung mit lebhaftem Beifall belohnt, und erhob sich dieselbe infolge einer Aufforderung des Herrn Grohmann-Dresden zum Danke von den Plätzen.

Herr Werner-Berlin erstattete hierauf den Kassenbericht. Der Kassenbestand betrug 1402 M., während die Unterstützungskasse separat einen Bestand von 3982 M. aufweist. Der Geschäfts- und Kassenbericht wurde hierauf genehmigt, dem Vorstand und Ausschuß Decharge erteilt.

Nachdem ein gemeinschaftliches Mittagsmahl im Konzertsaal der Bürgergesellschaft die Teilnehmer vereinigt hatte, wurden in der Nachmittagssitzung nur noch einige Wahlen vorgenommen. Die satzungsgemäß ausscheidenden acht Ausschußmitglieder wurden, mit Ausnahme des Herrn Hugo Meschke- Leipzig, der eine Wiederwahl definitiv abgelehnt hatte, wiedergewählt. Als Rechnungsprüfer wählte man die Herren Foehr und Becker, sowie als Stellvertreter die Herren Schlund und Steinheuer.

Am Abend winkte ein Genuß eigner Art. Man hatte die Goldschmiede zu einer karnevalistischen Sitzung im großen Festsaale der Bürgergesellschaft zitiert. Das war für viele etwas ganz Neues. Es war eine echte Karnevalssitzung mit Fahnen und Fähnchen, Lämpchen und Narrenmützen, und auch die „Bütt" stand an dem gewohnten Platze. Um 9 Uhr zog unter Vorantritt der Pagen, Hellebardiere usw. der „Kleine Rat", zehn wackere Goldschmiede, und an ihrer Spitze der Präsident der großen Karnevalsgesellschaft, Herr Jean Jörrissen, in das Heiligtum ein. Mit unerschöpflichem Humor leitete der letztere den Abend, der allen Teilnehmern unvergeßlich sein wird. Die fröhlichen Lieder der Herren Gerh. Schnorrenberg, Alois Kreiten, Karl Becker und Emil Jülich und nicht minder die Vorträge des ,,Dienstmann No. 11", des Nikodemus Sanftmuth, des Professor Säuerlich usw. erweckten stürmische Heiterkeit. Auch

das künstlerische Element war in den stimmungsvollen Liedern der Frau Endorf-Rüsche und der köstlichen komischen Szene der Frau Direktor Millowitsch als ,,Sarah Bernhardt" vertreten. An Überraschungen aller Art fehlte es nicht und der Dank, den der Vorsitzende, Herr Fischer, dem Präsidenten und seinen Getreuen aussprach, er war sicherlich aus den Herzen aller Untertanen des Prinzen Karneval gesprochen.

Am Sonntag Vormittag wurden die Beratungen fortgesetzt. Der Vorsitzende, Herr Fischer, berichtete über die beabsichtigte Gründung einer Feuerschutzkasse, mit der man sich seit zwei Jahren eingehend beschäftigt hat. Nach statistischen Feststellungen bezahlen heute bereits 1222 deutsche Juweliere pro Jahr 66958 M. an Prämien, während im Laufe von 22 Jahren für Feuerschäden durchschnittlich pro Jahr nur 3255 M. an die Versicherten gezahlt wurden. In diesen 22 Jahren haben die letzteren insgesamt 1473076 M. an Prämien bezahlt, dagegen wurden in der gleichen Zeit bei 141 Schadenfällen 71621 M. vergütet. Augenblicklich kommt auf den Kopf der Versicherten eine Prämie von 55 M., der vergütete Schaden aber beträgt pro Kopf 2.66 M. Ein Garantiefonds für die neue Kasse in Höhe von 56000 M. sei bereits von 36 Mitgliedern gezeichnet, doch müsse derselbe auf 500000 M. gebracht werden. Die Rentabilität steht somit außer Frage. Redner teilte nunmehr die entworfenen Satzungen mit, zu denen er ausführliche Erläuterungen gab. Da man die Statuten erst prüfen wollte, wurde der Gegenstand zurückgestellt und am folgenden Tage weiterberaten. Bedenken gegen das Unternehmen wurde namentlich von Herrn Schellenberger geäußert, der einwandte, daß man zuerst eine sichere finanzielle Grundlage schaffen und dann die Kasse unabhängig vom Verbande gründen solle. Diesen Bedenken trat Herr Fischer entgegen. Es wurde schließlich die Gründung der Kasse im Prinzip mit allen gegen 7 Stimmen angenommen.

Die Errichtung einer zweiten Geschäftsstelle des Verbandes zur Behandlung des Versicherungswesens, über die Herr Menzel-Berlin in bekannter schneidiger Weise referierte, fand die Zustimmung der Versammlung. Kosten verursacht dieselbe nicht. Sie ist gewissermaßen im Verband eine Agentur für die Versicherungen gegen Unfall, Haftpflicht, Einbruch, Glasschäden sowie Leben, welche durch ihn vermittelt werden. Die Geschäftsstelle wird durch Herrn Menzel selbst geleitet. Das heikelste Thema der Tagesordnung, Die schädigende Konkurrenz von Lehrern an Kunstgewerbeschulen" (Referent Fischer-Berlin), fiel diesmal, da die Frage noch nicht hinreichend geklärt ist, aus. In eingehender, anschaulicher Weise referierte sodann, unter Ausschluß der Öffentlichkeit, Herr Karl BeckerKöln über die Besteckkonvention. Es kann als ein schönes, ehrenvolles Zeugnis für das einmütige Arbeiten im Verbande bezeichnet werden, daß die Besteckkonvention, auf Grund der vorgelegten Satzungen, einstimmig angenommen wurde. Auf die Bedeutung und Gestaltung der Besteckkonvention werden wir in einem besonderen Artikel noch zu sprechen kommen. Über einen Antrag Würzburg, die Beeinflussung der Modezeitungen zur Hebung des Schmucktragens", berichtete Herr FinkWürzburg, der an der Hand einer überreichen Anzahl von Zeitungsnotizen und Feuilletonausschnitten den Nachweis zu führen suchte, daß der Rückgang des Schmucktragens bei den Damen und Herren von den Beherrschern der Mode, den Konfektionären, verschuldet werde. Sie lancierten auch die gegen das Schmucktragen gerichteten Auslassungen in die Presse. Absichtlich ließen die Modejournale allen Schmuck auf ihren Bildern weg. Es läge , ein gemeiner Meuchelmord an einer ganzen Industrie vor". Es müsse aus freiwilligen Beiträgen ein Fonds angesammelt werden, der zu einer gemeinsamen Reklame diene und die Mittel dazu gebe, die Modezeitungen zu bestimmen, ihre Zeichnungen mit Schmucksachen auf den Kleidern zu vervollständigen. Die Einwirkung müsse eine internationale sein. Sollte eine Einigung mit den deutschen Konfektionären nicht zustande kommen, so bleibe als letzter Weg nur der gerichtliche offen, denn es handle sich

um

unlauteren Wettbewerb. (Dieser Weg ist auch versperrt, denn unlauterer Wettbewerb im Sinne des Gesetzes liegt nicht vor. Die Red.) Die vorgeschlagene Resolution wurde schließlich einstimmig angenommen und die weitere Bearbeitung des Themas dem Vorstand überwiesen.

Großes Interesse rief der feinsinnige, sachkundige Vortrag unseres Redakteurs, des Herrn Rudolf Rücklin-Pforzheim über den Einfluß des Reformkleides auf den modernen Schmuck hervor. Der Redner schickte voraus, daß ein künstlerisches Moment in den Beziehungen von Schmuck und Mode vorhanden sei. Daß dieser innere Zusammenhang bestehe, zeige die Kostümgeschichte, und jede Stilperiode bilde ein charakteristisches Kostüm heraus, das dem Kunstgeschmack der Zeit entspreche. Während nun die moderne Kunst in unseren Wohnungen und in den Schmucksachen bereits zum Ausdruck gekommen sei, seien unsere modernen Frauenbekleidungen, das der Renaissance entstammende Taillenkostüm, sowie das der gotischen Stilperiode entsprungene Reformkleid noch nicht von dem durchtränkt, was wir modernen Stil nennen, weil das Kunstgewerbe als solches und die Modekonfektion noch nicht von den gleichen Prinzipien geleitet würden. Die ganze Bewegung einer modernen Richtung in der Frauenbekleidung sei ja noch sehr jung, aber die Merkmale des Eingreifens dieser Kunstrichtung seien bereits vorhanden. Große, ruhige Flächen würden in die Kleidung hineingebracht, die dem Schmuck einen. geeigneten Hintergrund böten und ihn begünstigten. Eine gegenseitige Rücksichtnahme wäre geeignet, eine Kunst der Ausstattung der Frau zu entwickeln. Dann würde die ablehnende Haltung der für die Konfektion maßgebenden Faktoren gegenüber dem Schmucke verschwinden und eine freiere, großzügige Entwickelung des Damenkostüms sei angebahnt. Der Redner faßte seinen von großem Beifall begleiteten Vortrag dahin zusammen: Eine von dem Geiste der modernen Kunst getragene Reform unserer Frauenkleidung erscheint für das Tragen von Schmuck von wesentlicher Bedeutung. Es müssen daher alle dahinzielenden Bestrebungen der Aufmerksamkeit unseres Schmuckgewerbes dringend empfohlen werden. Natürlich wurde bei den letzten beiden Punkten auch der erfolgreichen Bestrebungen des Herrn Wilhelm Diebener in „Schmuck und Mode" gedacht. In der Ausstellung von Stücken neuer Goldschmiedekunst aus rheinisch-westfälischen Werkstätten im Kunstgewerbemuseum waren auch die zum Teil preisgekrönten Entwürfe von Reformkostümen mit Schmuck ausgestellt. diese Ausstellung, wie auf die Ausstellung von Hilfsartikeln aller Art, auf der unsere ,,Festnummer" allseitigen Beifall fand, kommen wir in einer besonderen Abhandlung zu sprechen. Sehr richtig war es, was Herr Juwelier Dahmen-Köln hervorhob, daß die Juweliere vielfach ihre eigenen Frauen und Töchter vom Schmucktragen abhielten, während das Gegenteil in ihrem Interesse liege. Nachdem Herr Menzel-Berlin noch über die einheitliche Bewertung von Altgold und Bruchsilber recht beachtenswerte Vorschläge gemacht hatte, auf die wir auch noch zurückkommen, schritt man zur Wahl des Ortes für den nächsten Verbandstag. Der Vorschlag des Vorstandes und Ausschusses, den Verbandstag nur noch aller zwei Jahre abzuhalten, fand Annahme. Der nächste Tag wird in München stattfinden. Der Vorsitzende dankte hierauf allen, die sich um den Verbandstag verdient gemacht, namentlich dem Verein der Juweliere, Gold- und Silberschmiede von Rheinland und Westfalen und dessen Vorsitzenden, Herrn Karl BeckerKöln. Herr Kleefisch dankte dem Vorstand und Ausschuß für ihre treue Mühewaltung und Herr Eckhardt-Dresden brachte ein Hoch auf Fischer-Berlin aus, der sodann den Verbandstag schloß.

Auf

Am Sonntag Abend fand in dem reichgeschmückten großen Gürzenichsaale das Festmahl statt. Zahlreich hatten sich die Festteilnehmer eingefunden und unter Blumen prangte an den glänzenden Tafeln „Schmuck und Mode". Die Kapelle des Inf.-Reg. Nr. 16 spielte unter Leitung des Königl. Musikdirektors Beetz ernste und heitere Konzertstücke. Frl. Maria Schneider erfreute durch künstlerische Klaviervorträge, Frau Endorf-Rüsche durch ansprechende Liedergaben und Herr Tillmann Liszewsky durch

markige Gesänge, darunter die Ballade „Der Goldschmied von Nürnberg." Treffliche Festlieder (,,Das Goldschmiedegewerbe", ,,Unser Präsident", ,,Den deutschen Frauen", von Moras, Kleefisch und Schnorrenberg) und eine endlose Reihe von Toasten würzten im übrigen das wohl ausgerüstete Mahl. Herr Menzel - Berlin brachte in schwungvollen Worten den Kaisertoast. Herr Beigeordneter Hesse begrüßte namens der Stadt die Versammlung und brachte sein Hoch dem deutschen Kunsthandwerk dar. Herr RichterHamburg pries die Stadt Köln und weihte ihr sein Glas, während Herr Foehr-Stuttgart Herrn Karl Becker, Herr Werner-Berlin in gebundener Rede die Damen in begeisterten Worten feierten. Unser Redakteur, Herr Hermann Pilz, brachte ein Hoch auf den Humor in der deutschen Goldschmiedekunst aus und fand mit seinen Ausführungen anhaltenden Beifall.*) Wir können hier die *) Derselbe führte etwa folgendes aus:

Wenn ich heute das Wort des Dankes ergreife für die freundlichen Worte, welche man der Presse dargebracht hat, so geschieht dies mit besonders freudigem Gefühle. Am letzten Verbandstage in Dresden hat man uns den „Büttenmarsch" geblasen, uns unter die Feile genommen, diesmal aber dürfen wir mit dem Rheinländer sagen: Es hat noch immer Alles gut gegangen!" Auch wir sind noch voll von den Eindrücken des gestrigen Abends, der uns Köln im Sonnenlichte eines goldenen Humors zeigte. Und dieser echte, gemütvolle Humor, er ist nicht nur in den glänzenden Hallen einer „Bürgergesellschaft" oder eines „Gürzenich" zu finden, wie auch dort, wo man obergähriges Bier trinkt und einen „halfen Hahn" vorgesetzt bekommt, der aber leider kein Hahn ist. Meine Herren. Neu-Köln ist wahrlich schön, aber man muß auch Alt-Köln gesehen haben, um sich ein Bild davon zu machen, daß der belebende Humor der heiligen Stadt nicht gemacht, sondern angeboren ist, im Blute des Köllschen Adams und auch seiner Eva liegt. Meine Wanderungen haben mich gestern Abend noch durch enge Gassen geführt: „Halbmondgäßchen“, „Faßbindergasse“, „Tipsgasse" und wie sie sonst alle heißen, wo sie Juwelierläden allerdings vergeblich suchen würden. Dort unten gibt es Etablissements mit seltsamen Namen: „Zum Schänzchen“, „Am Zuckerbuckel“, „Salzrümpchen“, und was sie sonst für Namen haben, bei deren Deutung alle philologische Wissenschaft in die Brüche gerät. Aber auch dort, in den mittleren und unteren Volksschichten, welch ein fröhlicher Gesang, heitere Musik, glücklicher Humor das ewige Wahrzeichen der geschäftigen Colonia. Und dieser Humor, er ist es, der auch in der Kunst sein Recht erheischt. Auch die Musen wollen zuweilen silberhell lachen, wie ein köllsches Mädchen. Der Humor verlangt seinen Anteil in der Kunst. Am Münster zu Ulm, zu Straßburg, am Dom zu Köln und wo Sie sonst hinblicken, an ehrwürdigen Rathäusern und Gildehäusern, in den Klöstern - überall finden Sie ein Plätzchen, wo sich der Humor in der ehrwürdigen Umgebung eingenistet hat. Und nicht minder im Kunstgewerbe. Seit alter Zeit hat der Goldschmied an Bechern, Ketten, selbst Ringen usw. einen oft kecken, übermütigen Humor entwickelt. Schloß Rosenberg in Kopenhagen, der Louvre in Paris und das Grüne Gewölbe in Dresden weisen davon manch köstliches Stück auf. Und dem deutschen Goldschmied ist dieser Humor nicht verloren gegangen bis in unsere Tage, Meine Herren! Die neue Kunstrichtung kann man nur mit Vorsicht genießen. Namentlich in der Dichtkunst rechtfertigt sie oft das Wort des französischen Pamphletärs Claude Tillier, daß die Poesie die verrückt gewordene Prosa sei. Aber welche prächtigen Erfolge hat in dieser Richtung das Kunstgewerbe, insbesondere unsere Goldschmiedekunst, aufzuweisen. Und wenn Sie die Entwickelung des Jugendstiles auf unserem Gebiete überblicken, fallen Ihre Augen da nicht überall wieder auf Gebilde eines gesunden, feinen, kecken, oft pikanten Humors? Gewiß, auch die neue Richtung hat des Goldschmieds Humor nicht untergehen lassen, der seit alten Tagen sein künstlerisch Erbteil ist. Echter Humor kommt aus sonnigem Herzen, und nur der kann ein Künstler sein, der ein sonniges Herz hat. Herr Domkapitular Dr. Schnütgen hat uns von den alten Goldschmieden Kölns erzählt. daß sie sich wechselnd zusammenfanden und wieder auseinandergingen. Das war in vergangenen Tagen. Nun wir die Krone, die im tiefen Rhein lag, wieder emporgehoben haben, nun ein einiges Reich uns aneinander kettet, haben sich Deutschlands Goldschmiede wieder zusammengefunden, aber Gott wolle es, daß es diesmal kein Voneinandergehen mehr gibt. Im echten treuen Goldschmiedsgeiste halten Sie fest aneinander. So können Sie schaffen für sich und die kommenden Generationen. Denn das ist der Zweck der Gegenwart, daß sie der Zukunft lebt. Und der goldene, sonnige Humor, der Köll'sche Humor, er bleibe bei Ihrer Kunst alle Tage. Er sei das leuchtende Gold in Ihren Herzen! Er belebe, wie seit alten Tagen, Ihre herrliche Kunst! Ergreifen Sie mit mir das Glas: Der lebensfrohe, blühende, sonnige Humor der deutschen Goldschmiede und ihrer Kunst, er lebe hoch!

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