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Während nun die letzteren Aufgaben, wie die Ausstellung zeigt, eine sehr befriedigende Lösung fanden, wagten es nur wenige Firmen, einen Überblick über ihre Produktion zu geben. Teils befürchteten sie, durch Bekanntgebung ihres Genres" Konkurrenzfirmen zur Nachahmung zu veranlassen, teils glaubten sie, die Interessen der den Verkauf ihrer Produkte an das Publikum vermittelnden Grossisten und Detaillisten zu verletzen, da diese . . . nicht wünschen, daß das Publikum über ihre Bezugsquellen aufgeklärt wird. Um so mehr gebührt der Dank des Kunstgewerbevereins und der Ausstellungsbesucher den Firmen, welche diese Befürchtungen nicht hegten, und zum Teil in großer Vollständigkeit ihre Produkte zur Ausstellung brachten."

Ein Gebot der Objektivität ist es für uns, auch noch von einer Fußnote des Verfassers Kenntnis zu nehmen: „Ich brauche nicht erst zu sagen, daß dem Verein der Gedanke, gegen die Zwischenhändler zu operieren, wie die „Deutsche GoldschmiedeZeitung" annimmt (Leipzig, Nr. 7, S. 56a) vollkommen fernlag. Wir haben davon durch Bekanntgeben der Bezugsquellen im Ausstellungsraum, wo es von den Fabrikanten gewünscht wurde, auch Zeugnis abgelegt. Es ist im Gegenteil die ausgesprochene Absicht des Vereins, auch mit dem Händler in Verkehr zu treten, da er wohl noch weit größeren Einfluß auf die Geschmacksentwicklung unserer Zeit hat, als der Fabrikant selbst."

Wir lassen hier die Ausstellungsleitung deshalb so ausführlich zu Worte kommen, um zu zeigen, daß ihre Absichten durchaus gute und auf die Hebung des Faches gerichtete waren. Sie hat diese ihre verschiedenen Absichten auch erreicht, mit Ausnahme wohl der einen, durch eine umfängliche Ausstellung von Fabrikationsware einen Beitrag zur Kenntnis des heutigen Geschmacks des Publikums zu geben. Es kann zweifelhaft erscheinen, ob durch eine größere Vollständigkeit dieser Abteilung ein wirklicher Vorteil erzielt worden wäre. Der tatsächliche Geschmack des heutigen Publikums für Goldschmiedearbeiten zeigt sich ja am klarsten in den Auslagen der Detailleure, weil diese im unmittelbaren Verkehr mit dem Käufer stehen. Eine besondere Veranstaltung zur Kenntnisnahme und Klarlegung dieses Geschmacks erscheint daher kaum nötig. Jedenfalls wird man sagen können, daß eine Ausstellung kouranter Fabrikationsware wenig kunstgewerbliches Interesse, aber sehr viel wirtschaftliche Bedenklichkeiten bietet.

Wenn im Nachfolgenden ein kurzer Bericht über diese Feinmetallausstellung gegeben wird, so muß dabei vorausgeschickt werden, daß derselbe insofern nur als ein vorläufiger Überblick betrachtet werden mag, als wir durch das Entgegenkommen der Ausstellungsleitung in die Lage versetzt sein werden, in einer der kommenden Nummern die hervorragendsten Ausstellungsobjekte in Abbildung zu bringen.

Die Ausstattung der Vereinsräume für die Zwecke der Ausstellung und die künstlerische Anordnung der Ausstellungsstücke übernahm Architekt Prof. Th. Fischer von der Kgl. technischen Hochschule in Stuttgart. Diese Aufgabe ist von dem Künstler mit außerordentlich geringen Mitteln in sehr feinsinniger und zweckentsprechender Weise gelöst worden. Die eingebauten Wände sind mit hellem, graulichem Stoffe verkleidet; der Mittelraum durch eine ebensolche geraffte Verkleidung der Decke zu einer Kuppel umgewandelt. Da und dort ist ein diskreter Schmuck durch zierliche Laubguirlanden angebracht, so daß das Ganze einen stillen und festlichen Eindruck macht, ohne daß dem Besucher die aufgewendeten Mittel eigentlich zum Bewußtsein kommen.

In dem ersten Raum sind die historischen Arbeiten ausgestellt. An die Spitze derselben darf man wohl die Nachbildungen der Schliemannschen Altertumsfunde, hergestellt durch die Metallwarenfabrik Geislingen, stellen, darunter ein hervorragend wuchtig wirkender Löwenkopf. Außerdem sind römische Funde in Originalen da und eine Sammlung von Nachbildungen römischer Münzen, die zu Schulzwecken von der Stuttgarter Firma W. Mayer und F. Wilhelm hergestellt

sind.

Sehr schöne ägyptische, chinesische und japanische Bronzen sind zu sehen und interessante germanische Schmuckgegenstände. Sehr viel wird dann von der Renaissance ab geboten, wo die Staatssammlungen mit einer Reihe Zunftbecher, die bis ins 18. Jahrhundert reicht, vertreten sind. Die bekannte Erhard'sche Altertumssammlung in Gmünd gibt besonders ein Bild kirchlicher Feinmetallarbeiten: Taufdukaten, Rosenkränze, Paternoster, Kreuze, prächtige Deckel für Gebetbücher in Silberauflage.

Eine sehr reiche und kostbare Sammlung von Gold- und Silberschmiedearbeiten hat Frau Herzogin Wera der Ausstellung anvertraut; darunter 56 Ringe von früheren Angehörigen des württembergischen Fürstenhauses mit geschnittenen Steinen und Miniaturporträts.

Den Übergang zur Neuzeit bilden zwei sehr instruktive Zusammenstellungen in dem Kabinette der bekannten Heilbronner Firma P. Bruckmann. Die eine besteht aus älteren Arbeiten des P. Bruckmann (1778–1851) aus den Jahren 1805 bis 1827. Die andere Kollektion zeigt uns die Entwickelung des Eẞlöffels von 1846-1903.

Bei der modernen Ausstellung fällt angenehm auf, daß mehrfach nicht nur die ausstellende Firma, sondern auch der entwerfende und ausführende Künstler genannt sind. Das zeigt, daß unsere großen Firmen Grund haben, ihre künstlerischen Mitarbeiter zu schätzen, und daß diese den ihnen gebührenden Platz im Gewerbe einzunehmen anfangen.

Gleich am Eingang in die Ausstellung fällt ein Kasten mit etwa 20 modernen Schmuckarbeiten auf, nach Entwürfen des Malers M. J. Gradl in Stuttgart, ausgeführt von der Firma Th. Fahrner in Pforzheim, deren Inhaber Mitglied des Württembergischen Kunstgewerbevereins ist. Vom rein künstlerischen Standpunkt aus betrachtet, sind dies nach Entwurf und Ausführung die hervorragendsten Schmuckstücke der Ausstellung. Daneben an der Wand ein sehr reizvoller Briefkasten und Zeitungshalter in glattem, durchbrochenem Messing von P. Haustein, Stuttgart.

Im gleichen Raume sind eine größere Anzahl von Metallarbeiten der Kgl. Lehr- und Versuchswerkstätten auf Gestellen verteilt. Darunter fallen einige hübsche Standuhren und gute Siegelstücke auf; auch originelle, gedruckte Arbeiten von P. Haustein dürfen nicht unerwähnt bleiben. Die Schmuckarbeiten desselben Künstlers haben viel Eigenartiges, aber noch etwas Unsicheres in Bezug auf die angestrebte Schmuckwirkung. Prof. Berner, der Leiter der Gmünder Fachschule, stellt ein ruhig und kräftig wirkendes Rauchservice aus, Prof. Riemerschmied von der Lehr- und Versuchswerkstätte Stuttgart ein originelles, getriebenes Schreibzeug. Prof. Pötzelberger von der Akademie der bildenden Künste in Stuttgart ist mit einigen Bronzen vertreten, worunter besonders die Schmuckschale,,Drachenliebchen" eine außerordentlich anziehende Arbeit ist.

Einen vielversprechenden Metallkünstler lernt man in Walter Ortlieb von Berlin kennen; er stellt eine wunderhübsche Schmuckkassete mit Silberbeschlag aus, einen Leuchter und eine originell gefaßte Ziervase in Tiffanyglas. Dazu kommen eine Anzahl Entwürfe und Photographien nach ausgeführten Arbeiten, die alle eine selbständige und kraftvolle Künstlerphantasie verraten. Weniger vermögen seine Schmuckentwürfe zu interessieren.

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Aus

Weitere große stellungen ihrer Erzeugnisse haben noch Erhard & Söhne, Gmünd, und P. Bruckmann, Heilbronn gebracht. Von den ersteren, die in Bronze und Unedelmetall arbeiten, fallen besonders ein hübscher Handspiegel, ein recht originelles Tintenzeug und eine Schmuckkassette auf. Bemerkenswert sind die hier zur Schau gebrachten, verschiedenartigen Metalltönungen.

Bruckmann ist ebenfalls hervorragend vertreten. Die aus dem Atelier dieser Firma hervorgegangenen Arbeiten, von den Bildhauern Arnberg und Stock entworfen und modelliert, verdienen hohe Anerkennung. Wir nennen einen originellen, vielarmigen Leuchter, einen mächtigen Tafelaufsatz in Form eines Schiffes und eine eigenartige, schlanke Weinkanne nach dem Entwurfe von Rochga, Stuttgart. Die beiden genannten, bei der Firma angestellten Künstler sind außerdem noch mit einer Anzahl wirkungsund künstlerisch wertvoller

Entwürfe vertreten. Endlich darf noch ein Besteck nach Entwurf von Prof. H. Christiansen nicht unerwähnt bleiben.

An Schmuck ist hier noch allerhand Interessantes zu sehen. Die Hanauer Akademie ist mit einer Sammlung sorgfältig ausgeführter Arbeiten vertreten; Hermann Bauer in Schwäb.-Gmünd zeigt seine Erzeugnisse in Simili- und Silberbijouterie, sowie

Kleinsilberwaren, die für den Geschmack des italienischen, französischen und englischen Marktes bestimmt sind. Gust. Hauber in Schwäb.-Gmünd bringt seine bewährte Spezialität in niellierter Silber ware, W. Mayer & F. WilhelmStuttgart eine große Anzahl geprägter Medaillen und Plakette. Die kirchliche Goldschmiedekunst erhielt eine sehr stattliche Vertretung durch die Arbeiten der Werkstätten von J. Hugger-Rottweil.

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In einem besonderen Raum sind die technischen Demonstrationen, die Darstellungen des Werdegangs irgend einer technischen Spezialität, vereinigt. Hier zeigen Ehrhardt & Söhne, Gmünd, den Bronzeguß, Aug. Vogt & Co. und Stuttgarter MetallwarenFabrik das Metalldrücken, Paul Stotz, Stuttgart, das Metalltreiben, Familie BühlerGmünd: Emaillieren, Hermann Bauer-Gmünd: die Steinfassung, L. C. Köhler, Gmünd: den Werdegang eines Goldringes und schließlich G. Hauber, ebenda: die Technik des Niellierens. Nimmt man noch hinzu, daß bei Bruckmann die Fabrikation eines Löffels und bei Mayer & Wilhelm die Prägung einer Medaille gezeigt wird, so wird man zugeben müssen, daß diese Abteilung ein erfreulich abgerundetes Bild bietet, und daß sie gewiß geeignet ist, die Urteilsfähigkeit und das Interesse des Publikums für die Edelschmiedekunst zu erhöhen. R. R.

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Die Nachteile und Gefahren der Feuervergoldung.

Von Dr. Hans Braun, Berlin.

Mit der Feuervergoldung geht es ebenso wie mit dem Fleischextrakt, von welchem das große Publikum annimmt, es könne Fleisch ersetzen. In Wirklichkeit ist dies durchaus nicht der Fall, denn Fleischextrakt ist ein Gewürz und zwar ein recht teures Gewürz, aber noch lange nicht etwa der beste und nahrhafteste Teil des Fleisches. Das Wort ,,Extrakt" scheint daran schuld zu sein, daß eine so irrtümliche Ansicht sich im Publikum breit machen konnte.

Und das Wort Feuervergoldung? Hört es sich nicht schon an, als ob es etwas ganz Solides und Reelles bedeuten sollte? Im Feuer geprüft und für gut befunden?

Der Fachmann weiß ganz genau, daß es mit der Feuervergoldung nicht weit her ist, er weiß genau, daß es bessere und einfachere Methoden der Vergoldung gibt, die weniger Gefahren für Gesundheit und Leben des Arbeiters mit sich bringen.

Bekanntlich beruht die Feuervergoldung darauf, Goldamalgam auf Gegenstände aus Silber, Bronze, Tombak oder Messing aufzutragen. Da die Bearbeitung derselben in der Hitze stattfindet, verflüchtigt sich das Quecksilber, nachdem es zuvor eine Legierung des Goldes mit der Unterlage herbeigeführt hat. Infolge seines hohen spezifischen Gewichtes läuft das durch die Hitze leicht flüssig gewordene Amalgam während der Arbeit stets an die tiefer liegenden Stellen, was zur Folge hat, daß beim Abrauchen die höher liegenden Stellen weniger Gold erhalten als die tiefer liegenden. Beim späteren Gebrauch zeigt sich dies auch sehr schnell durch eine zeitige Abnutzung. Die ungleichmäßige Verteilung des Amalgams auf der Oberfläche hat aber weiter noch zur Folge, daß die tiefer liegenden Stellen mehr Quecksilber bekommen. Das Amalgam dringt also an diesen Stellen tiefer in das darunterliegende Metall ein. Nun

nicht zu scheuen brauchte, so würde dies allein dafür sprechen, das Verfahren auch anzuwenden. Da dies aber durchaus nicht der Fall ist, so müßte auch der einsichtige Goldschmied sich endlich überhaupt von diesem Verfahren lossagen. Das Hantieren mit Quecksilber bringt nicht nur dem einzelnen Arbeiter, sondern allen Personen, die in dem Arbeitsraum beschäftigt sind, gesundheitliche Nachteile. Dieselben sind zurückzuführen auf die Eigenschaften des Quecksilbers, nicht nur bei gewöhnlicher Temperatur, sondern auch bei Winterkälte flüchtig zu sein. Die Verdampfung des Quecksilbers kann man z. B. auch schon mit kochendem Wasser herbeiführen, obwohl der Siedepunkt des Metalles selbst erst bei 360 Grad liegt.

SCHMUCKENTWURF von W. Deuler, Pforzheim.

hat Struwe nachgewiesen, daß die Oberfläche eines feuervergoldeten Gegenstandes nicht aus Feingold besteht, sondern vielmehr aus einer Quecksilber-Goldverbindung. Hieraus folgt, daß die Quecksilbereinwirkung auch noch bestehen bleibt, wenn der betreffende Gegenstand längst im Gebrauch ist. Die amalgamierende Wirkung des Quecksilbers bleibt also bestehen und wenn es nach langer Zeit schließlich ganz verdunstet ist, müssen unbedingt besonders an den tiefer liegenden Stellen wieder mehr oder weniger große Poren entstehen. Ein anderer Nachteil der Feuervergoldung besteht darin, daß stets eine Nachfärbung auf galvanischem Wege oder eine Behandlung mit Glühwachs stattfinden muß. Die vielen Vorschriften von Glühwachs laufen alle darauf hinaus, dem feuervergoldeten Gegenstand eine gewisse Menge Kupfer zuzuführen. Glühwachs besteht aus Wachs, Bolus, Kupferoxyd oder Grünspan und einem Flußmittel wie Borax oder Alaun. Beim Verbrennen des Wachses findet eine Reduktion der Kupferverbindung zu metallischem Kupfer statt, welches sich im Augenblick des Entstehens mit dem Gold legiert.

Würde die Feuervergoldung ein so ausgezeichnetes Verfahren sein, daß man die Gefahren für Gesundheit und Leben

Wie groß der Einfluß von Quecksilber auf den lebenden Organismus ist, kann man z. B. schon daran erkennen, daß eine Pflanze, die nur wenige Stunden dem Quecksilberdampf ausgesetzt war, unbedingt eingehen muß. Als Schutzmittel gegen den Quecksilberdampf wird empfohlen, daß die Arbeiter ein Goldblättchen im Munde tragen sollen, damit dem Quecksilber Gelegenheit gegeben ist, sich zu amalgamieren. Die wenigsten befolgen aber diese Vorsicht. Und obwohl unsere heutige Technik schon viele Vorrichtungen liefert, die dem Arbeiter ermöglichen, gefahrlos in Räumen, die mit giftigen Gasen angefüllt sind, zu arbeiten, so werden solche Masken und Respiratoren noch viel zu wenig benutzt. In vielen Betrieben hat die Arbeiterschutzgesetzgebung allerdings schon bedeutenden Wandel geschaffen, und es wäre zu wünschen, daß der Goldschmied von selbst Vorkehrungen treffen würde, seine Arbeiter vor dem giftigen Quecksilber zu schützen, ehe ihn der Staat dazu zwingt.

Das Quecksilber dringt in Dampfform durch die Atmungsorgane und durch den Mund in den Körper ein. Schon Konrad von Megenberg schreibt in seinem Buch der Natur", welches im Anfang des 14. Jahrhunderts erschienen ist, über die Gefährlichkeit des Quecksilberdampfes. „Es zerstöret die Adern und bringet an den Gliedern die Krankheit hervor, welche Paralysis genannt wird." Daß auch die alten Griechen die Gewinnung des Quecksilbers durch Destillation und die Giftigkeit der Dämpfe gekannt haben, beweisen einige Bemerkungen, die wir bei Dioscorides finden. Auch der arabische Chemiker Abu Mussah Dschafar al Sofi, der in der mittelalterlichen Literatur unter dem Namen Geber vielleicht besser bekannt ist, spricht sich in ähnlichem Sinne aus. Man kann also nicht sagen, daß die Giftigkeit des Quecksilbers nicht bekannt sei. Wenn wir ehrlich sein wollen, müssen wir sagen: jeder, der längere Zeit mit Quecksilber umgeht, unterschätzt die Gefahr. Vielleicht mag es daran liegen, daß die Personen, die mit Quecksilber arbeiten, seine Beständigkeit gegen schwache und verdünnte Säuren kennen. Essigsäure, verdünnte Schwefelsäure z. B. können das Quecksilber nicht in Lösung bringen, sondern nur konzentrierte Schwefelsäure und konzentrierte Salpetersäure. Daß Quecksilber oder der Queck

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SCHMUCKENTWURF

von W. Deuler, Pforzheim.

silberdampf in unserem Körper so ungeheuere Zerstörungen anrichtet, ist auf die Eigenschaften jenes Elementes zurückzuführen durch Blut in Lösung gebracht zu werden, wobei sich Quecksilber mit Eiweiß verbindet.

Sobald das Quecksilber vom Körper aufgenommen ist, kann man es schon nach kurzer Zeit überall nachweisen: Im Blut, in der Leber, in den Muskeln, im Knochen und im Knochenmark, im Gehirn und im Herz. So leicht wie der Körper Quecksilber aufnimmt, ebenso schwer gibt er es auch wieder ab, und es sind Beispiele bekannt, wo bei einer einzigen Quecksilbervergiftung das Metall noch nach Jahren nachgewiesen werden konnte. Es scheidet sich zwar allmählich auf natürlichem Wege wieder ab, wir können es im Speichel nachweisen, im Harn, in der Galle. Bei weiblichen Personen wird das Quecksilber in der Milch als Quecksilberalbuminat mit abgeschieden, durch den Darminhalt dagegen als Schwefelquecksilber, welches eine dunkle respektive Schwarzfärbung der Fäkalien hervorruft. Fonscroy, so wird uns berichtet, soll einen Fall von Quecksilbervergiftung bei einem Goldarbeiter behandelt haben, an dessen Körper sich viele, kleine Geschwüre bemerkbar machten, in deren Inneren jener Arzt metallisches Quecksilber gefunden habe. Plötzliche Erkrankungen machen sich durch einen metallischen Geschmack im Munde bemerkbar, deren Folgeerscheinungen darin bestehen, daß Gewebsveränderungen auftreten. Beim Tod findet man an fast allen inneren Organen intensive Entzündungen. Die Magenschleimhaut ist völlig zerstört. Bei langsamen Quecksilbervergiftungen tritt Speichelfluß ein, im Munde bilden sich Geschwüre, die Zähne fangen an zu wackeln, besonders solche, die sich nicht in einem ganz tadelfreien Zustande befinden. Der Zerfall kann sogar so weit gehen, daß der Unterkiefer allmählich abstirbt; also eine Erscheinung, wie wir sie von der Einwirkung der Phosphordämpfe bei Arbeitern in Zündholzfabriken finden. Die Arbeiter, die viel mit Quecksilber hantieren, stellen ferner auch die größte Zahl der Nervenkranken. An diesen Bedauernswerten kann man stets eine gewisse Befangenheit und Ängstlichkeit beobachten, und alte Männer werden verlegen wie Kinder, wenn der Arzt sie nach ihren Lebensverhältnissen fragt. Kopfschmerzen, Muskelzittern sind ständige Begleiterscheinungen. Durch den Quecksilbergehalt des Blutes tritt ein Verfall der roten Blutkörperchen ein, wodurch die Leute bleichsüchtig werden und die Widerstandsfähigkeit verlieren? Lungenschwindsucht tritt dann sehr bald hinzu, die die Elenden erlöst, wenn sie nicht zuvor im Wahnsinn sterben.

Quecksilbervergiftungen kommen nicht allein beim Goldschmied vor, sondern vielmehr noch bei Arbeitern in Quecksilberminen, in Thermometer- und Barometerfabriken, sowie in Spiegelfabriken, die nach dem alten Zinnamalgamverfahren arbeiten. Für diesen letztgenannten Betrieb bestehen gesetzliche Bestimmungen, nach denen die Fabrikation nur bei kühler Temperatur gestattet ist. Die Folge dieser Vorschrift ist, daß die Fabrikation nur im Winter ausgeführt werden kann, was nach und nach ein Eingehen des Betriebes überhaupt zur Folge hat. Die Fabrikanten werden auf diese Weise durch den Selbsterhaltungstrieb dazu gezwungen, das neue ungiftige Verfahren (Reduktion von Silbernitrat) anzwenden. Daß Räume, in denen mit Quecksilber gearbeitet wird, ganz vorzüglich ventiliert sein müssen, ist ein Haupterfordernis, außerdem dürfte kein Arbeiter den Raum betreten, welcher mit der Feuervergoldung nichts zu tun hat. Das Verbot, in dem Arbeitsraum Nahrung zu sich zu nehmen und zu rauchen, muß streng durchgeführt werden, ebenso die Benutzung besonderer Arbeitskleidung. Ein Mann, der mit Quecksilber gearbeitet hat, dürfte seinen Betriebnicht verlassen, ohne ein warmes Vollbad genommen zu haben, wodurch ein Teil des Quecksilbers wieder aus dem Körper entfernt wird. Die Wirkung des Vollbades beruht auf der Flüchtigkeit des Quecksilbers mit Wasserdampf. Für den Arbeitgeber mögen diese Bestimmungen zunächst sehr hart erscheinen, die Unkosten aber, welche dieselben verursachen, werden reichlich gedeckt durch die Erhaltung geschulter Arbeitskräfte. Die ständige ärztliche Beobachtung der Arbeiter und Beaufsichtigung des Betriebes durch Gewerbeinspektoren ist selbstverständlich.

Daß von seiten der Regierung eines Tages in dieser Richtung vorgegangen werden wird, ist ganz unzweifelhaft. Daß eine derartige Kontrolle seitens der Behörde den Unternehmern unangenehm sein muß, unterliegt keinem Zweifel. Um also der staatlichen Einmischung vorzubeugen, ist und bleibt es das beste, daß die Feuervergoldung überhaupt nicht mehr angewendet wird und daß beim Arbeiten auch mit Lösungen des Quecksilbers stets die größte Vorsicht geboten ist.

Wie aus dem Bericht der Gewerbeaufsichtsbeamten für das Jahr 1901 hervorgeht, wächst in den Kreisen der Arbeiter das Verständnis für hygienische Maßnahmen von Tag zu Tag, und es liegt auch kein Grund vor, daß die Arbeiter in Goldwarenfabriken sich solchen Anordnungen nicht fügen

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SCHMUCKENTWURF von W. Deuler, Pforzheim.

Aus dem Kunstgewerbemuseum Gmünd.

Der Kunstgewerbeverein Schwäb.-Gmünd hielt in diesem Jahre schon eine Anzahl sehr interessanter Vorträge ab. Herr Stadelmaier sprach z. B. über kunstgewerbliche Synagogenschätze. Zur näheren Beleuchtung waren einige Zeichnungen angefertigt und den Mitgliedern vorgelegt. Die Kunst im Dienste der Religion ist ein so oft und so gern behandeltes Thema, daß es Staunen erwecken muß, auch in ausführlichen Spezialwerken keine Auskunft und keine Andeutung zu finden, wie sich Kunst und Kunsthandwerk in den letzten Jahrhunderten zum jüdischen Kultus stellten. Um so mehr interessierten sich die Mitglieder, etwas über die Gebräuche der Juden, über die Versuche, die dem jüdischen Gottesdienst geweihten Räume zu schmücken, und über die kunstgewerblichen Gegenstände der Synagoge etwas zu hören: über die hl. Lade mit der Torarolle und deren Bekrönung und Verzierung, über die Kandelaber, Pokale, Becher, Riechdosen, Schalen, Kannen und Becken. Gebetbücher mit schönen Initialen, mit prächtigen Einbänden und Schlössern, Stühlen und Kissen, die zu bestimmten rituellen Zwecken dienen, bieten Gelegenheit zu künstlerischer Ausstattung. Ebenso wie in den Synagogen finden sich ohne Zweifel in jüdischen Privathäusern, welche an den überlieferten religiösen Gebräuchen noch festhalten, eine Fülle schöner und charakteristischer kunstgewerblicher Gegenstände, obwohl hin und wieder selbst in ganz ausführlichen Spezialwerken der Stoßseufzer sich vernehmen läßt, die jüdische Religion verbiete ihren Bekennern, sich in den bildenden Künsten praktisch zu betätigen. Wenn man auch bei den Paramenten z. B. von einer gewissen selbständigen Kunstbetätigung israelitischer Kreise sprechen kann, so ist dies bei anderen Techniken, die bei Verzierung des Gotteshauses in Frage kommen, bei den Metallarbeiten nahezu ausgeschlossen. Ebenso interessant und lehrreich war das Thema „Der Einfluß Chinas und Japans auf die europäische Kunst",

Vor allem vier Momente, die für die dekorative Kunst von Bedeutung sind, sind hier zu nennen: die flächenhafte Darstellungsweise der japanischen Kunst, ihre Vorliebe für ein bewegtes rhythmisches Linienspiel, ihre naturalistische Ornamentik und koloristische Besonderheiten.

Von besonderer Bedeutung aber war der Vereinsabend, an dem der Vorstand des Vereins, Herr Fabrikant Paul Erhard, nach dreimonatlicher Pause die Leitung wieder übernahm. Sein Platz war aus diesem Grunde festlich geschmückt mit frischem Grün und duftenden Blumen, und eine große Anzahl Mitglieder hatte sich eingefunden zur Feier des Tages. Herr Erhard berichtete in längerer Rede über seine Reise nach Leipzig und Berlin, über die neuesten Vorkommnisse in der Berliner Kunstwelt, über „Wernerschmuck" und Impressionismus in der Kunst und Malerei, über den „Berliner Roland" und über die neuesten Arbeiten unseres Landsmannes, des Herrn Prof. Wiedemann-Berlin, welche dieser für den Norddeutschen Lloyd ausgeführt hat. Interessant waren die Ausführungen über die Bedeutung der Leipziger Messe, über die derzeitige Ausstellung in Leipzig: „Die Pflanze und ihre dekorative Anwendung im Kunstgewerbe."

Herr Fabrikant L. C. Köhler hielt einen großen Vortrag über seine Schwarzwaldreise, die er vorigen Herbst zu Fuß unternommen hatte, und wählte als Hauptthema die Beuroner Kunstschule und deren Stilrichtung. Illustriert war der sehr anregende Vortrag mit einer großen Anzahl Photographien und Bilder, außerdem waren durch gütiges Entgegenkommen des königl. württembergischen Landesgewerbemuseums ein prächtiges Ciborium und zwei Meßkelche im Beuroner Stil von der Firma Hugger-Rottweil zur Besichtigung ausgestellt.

In Vorbereitung ist ein Vortrag über den modernen Stil und über die Entstehung der Danneckerschen Ariadne.

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