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VISITENKARTENSCHALE

Entwurf von F. W. Kleukens, Steglitzer Werkstatt, Berlin-Steglitz. (Muster geschützt.)

dem Silber wohl die höchste und einzig von ihm zu lösende Aufgabe zugewiesen, die sich bei einer solchen Gelegenheit bietet.

Dieser Aufgabe vermag das Silber aber nur gerecht zu werden, wenn es in derjenigen Farbe erscheint, die ihm am natürlichsten ist. Also weder oxydiert, noch hochglanz poliert, noch weißgesotten oder künstlich mattiert. Diejenige Silberfarbe ist für unseren Zweck die schönste und dekorativ wirksamste, welche ein gebrauchtes, aber sorgsam blank erhaltenes Besteck aufweist. Hier zeigen sich die Vorzüge des edlen Metalles, seine herrliche Farbe und sein Glanz, am ungezwungensten und, ich möchte sagen, am festlichsten. Und darum paßt das Silber auch so am ehesten auf die festliche Tafel.

Mit dieser Beschränkung sind auch noch andere verbunden. Das Silber auf der Tafel soll, wenn auch nicht funkeln, wie das Glas, so doch glänzen; das ist seine Schönheit und sein Recht. Es soll aber darum auch im allgemeinen solche Formen und Darstellungen zeigen, in denen sein diskreter Glanz am Platze ist. Also muß man mit Figuren z. B. sparsam sein, und jedenfalls damit über eine gewisse Größe nicht hinausgehen. Nichts ist unlogischer als große Figuren, z. B. bei silbernen Tafelaufsätzen, wo man entweder vor lauter Glanz keine Formen, oder vor lauter künstlichem Matt das Material nicht mehr zu erkennen vermag. Der Goldund Silberschmied soll überhaupt nicht über einen bestimmten Maßstab hinausgehen, am wenigsten bei vollplastischen Figuren.

Jedenfalls aber sollte man bei silbernem Tafelgerät vor einer detaillierenden und naturalistischen Formbehandlung sich hüten. Aus Gründen der schönen Farbe und aus solchen der Reinlichkeit muß dasselbe sich für das Geputztwerden eignen, und deshalb eine einfache, stilisierende, fließend-weiche Formbehandlung anstreben.

Um nun auf die Einzelbestandteile einer silbernen Tafelausstattung einzugehen, wird man dieselbe in Gebrauchs- und Ziergeräte trennen müssen, obgleich man meiner Ansicht nach daran festhalten muß, daß jedes Gebrauchsstück zugleich auch zur Zierde und jedes Zierstück einen gewissen Gebrauchswert für die Zwecke der Festtafel behalten sollte. Es ist also mit dieser Klassifizierung nur die vorwiegende und nicht die ausschließliche Zweckbestimmung der einzelnen Geräte ausgesprochen.

Es würde ebenso langweilig wie zwecklos sein, nun alle Tafelgeräte, die man aus Silber macht oder machen kann, hier Revue passieren zu lassen und mit belehrenden oder kritischen Randglossen zu begleiten. Nur die feststehenden und typischen Formen sollen einer kurzen Besprechung unterzogen werden. Und da kann man als Typus des silbernen Gebrauchsgerätes das Besteck anführen, Messer, Gabel und Löffel, und als Typus des Ziergerätes den Tafelaufsatz in seinen verschiedenen Abarten von der einfachen Fruchtschale bis zum dekorativen Aufbau.

Betrachten wir zunächst das Besteck. Das sollte, wenigstens soweit es zu den nahrhaften Hauptgängen und nicht zum Dessert benutzt wird, so schlicht, so ernsthaft und einfach wie möglich behandelt sein. Löffel oder Gabelgriffe, die mit Blümchen verziert oder gar als gerippte Blattfläche behandelt sind, kommen mir immer vor wie Menschen, welche in dem Inhalte ihres Tellers herumstochern, anstatt ihn mit derjenigen Hochachtung und Sachkenntnis zu behandeln, die er verdient oder verdienen sollte. Das Essen ist eine durchaus ernsthafte Sache und das dazu benutzte Handwerkszeug muß ernsthaft ausschauen. Das Handbesteck spielt unter dem Silbergerät die gleiche Rolle, wie der Stuhl unter den Möbeln: Beide sollen vor allen Dingen komfortabel sein und beim Gebrauch sich möglichst wenig bemerkbar machen. Ein silbernes Besteck darf also seinen Kunstwert nicht in irgend einer aufgelegten Verzierung, nicht in originellen Ecken und Kanten suchen, sondern lediglich in sachlicher und praktischer Ausgestaltung.

Etwas anderes ist es bei Besteckformen, welche mehr vorübergehend und zu weniger ernsthaften Zwecken benutzt werden: Fischbestecke, Dessert- und Obstmesser, Tortenschaufeln u. dergl. Hier kann die Phantasie schon etwas freier walten, hier ist auch einmal ein sinniger naturalistischer Einfall am Platze. Denn ihre Handhabung ist eine mehr spielende, bei der man sich eher einmal die Zeit nimmt, der Form des Gerätes seine Aufmerksamkeit zu widmen. Aber auch hier wird man gut tun, die eigentliche Arbeitsfläche, also die Höhlung des Löffels, die Klinge des Messers recht ruhig und einfach zu halten.

Den entgegengesetzten Pol zu dem beweglichen, wenig in die Augen fallenden und nur praktischen Zwecken dienenden Besteck bildet der Tafelaufsatz. Das ist ein Gerät, bei dessen Herstellung in den letzten Jahrzehnten schon mehr unglückliche Einfälle verschwendet worden sind, als vielleicht bei irgend einem anderen. Vielleicht aus dem Grunde, weil hier am wenigsten praktische Bedingnisse zu beachten sind. Ernsthaft gesprochen: Es ist eine allgemeine Beobachtung bei den dekorativen Künsten, daß diejenigen Aufgaben am ehesten einer gültigen und glücklichen Lösung zuzuführen sind, bei denen aus praktischen Gründen eine strenge, formale Beschränkung gegeben ist, bei denen die Phantasie nicht die Möglichkeit hat, schrankenlos ins Weite zu greifen.

Eine solche schrankenlose Freiheit hat man sich in den letzten Jahrzehnten bei dem Tafelaufsatz erlaubt, weil man die Zweckbestimmung desselben übersah oder übersehen zu dürfen glaubte. Aus dem Gefühle dieser Freiheit entspringen alle jene denkmalartigen, mehr oder weniger geschmackvollen Aufbauten, jene zwischen Gerät, figürlicher Plastik und allegorischer Spitzfindigkeit hin- und herschwankenden Werke, die uns so lange als der Gipfel aller Handwerkskunst gegolten haben. Was ist namentlich bei Ehrengeschenken an allegorischer Weisheit und Gelehrsamkeit an einem solchen unglücklichen Tafelaufsatz aufgewendet worden! Für den Schmuck einer festlichen Tafel eignet sich so etwas nun ganz und gar nicht. Jeder Gast kann nur eine Seite betrachten, und dabei blieben diese komplizierten Werke meistens unverständlich. Aber auch abgesehen davon ist es nicht am Platz, den Gästen als Tafelschmuck Dinge hinzustellen, zu deren Verständnis eine so eingehende Betrachtung, eine solche Summe von Gedankenarbeit erforderlich ist, daß sie der allgemeinen Unterhaltung so wenig förderlich sein kann, wie wenn man bei Tische sich in Goethes „Faust" vertiefen wollte. Aber nicht nur die allzu reiche Ausstattung, sondern auch die Größe des Tafelaufsatzes ist bestimmten Beschränkungen zu unterwerfen.

Von Zeit zu Zeit wird in der Presse von irgend einer Fürstlichkeit der Scherz erzählt, dieselbe habe den blumenbekrönten Tafelaufsatz vor ihrem Platze wegnehmen lassen, mit der Begründung: Ich spreche nicht gern durch die Blume. Ich weiß nicht, ob dieser Witz in Wirklichkeit so oft gemacht wird, als man ihn zu lesen bekommt. Jedenfalls aber wäre es gut, wenn alle Persönlichkeiten, die es sich ihrer Stellung zufolge leisten können, jede Gelegenheit ergreifen würden, um dem die Aussicht versperrenden, die Unterhaltung_beeinträchtigenden, nur mit der größten Mühe transportablen Riesentafelaufsatze den Garaus zu machen. Es wurde oben schon erläutert, daß es überhaupt nicht Sache des Silberschmiedes ist, Arbeiten herzustellen, welche die Dimensionen von Möbeln haben. Aber auch abgesehen davon ist an der Festtafel alles zu verwerfen, was den Verkehr der Teilnehmer und den freien Überblick beeinträchtigen könnte. Wir wollen Menschen sehen und eine geschmückte Tafel, aber keine Ausstellung von verblüffend großen Silberarbeiten.

Tafelaufsätze und Schmuckschalen haben den besonderen Zweck, die Mitte der Tafel zu betonen. Daraus folgt schon, daß man nicht jeden Tafelaufsatz auf jeden Tisch, sondern nur die zueinander passenden zusammenbringen kann. Ob ein Tisch rund oder viereckig, langgestreckt oder mehr

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quadratisch ist, muß wohl in Betracht gezogen werden. Bei einer kreisrunden Tischplatte hat ein in die Höhe strebender Tafelaufsatz jedenfalls die meiste Berechtigung, denn er wird jedem Tischgast nur den Verkehr mit dem ihm direkt gegenübersitzenden erschweren, von dem er an und für sich am weitesten entfernt ist. An einer langgestreckten und schmalen Tafel, wo die einander direkt gegenübersitzenden Gäste eine zusammengehörige Gruppe bilden, ist er am wenigsten am Platze. Am glücklichsten erscheint die Lösung, wenn die Ausstattung der festlichen Tafel mit silbernem Ziergerät eine derartige ist, daß die Tafel gewissermaßen mit Silber montiert erscheint, daß die bedeutsamsten und auffälligsten Gefäße, also vor allem der Tafelaufsatz, nicht äußerlich unsicher und allzu keck in die Höhe streben, sondern breit ausladend aus der Tischfläche herauszuwachsen scheinen.

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Wir haben im vorstehenden die negative Aufgabe des Tafelaufsatzes betont: aber wir müssen ihm auch eine positive zuweisen. Am ungezwungensten wird er den Zweck erfüllen, Blumen und Früchte zu tragen. Er kann zu diesem Behuf entweder als Schale auf hohem Fuß oder als flach entwickelte Jardinière ausgebildet sein. Auch erscheint der Gedanke sehr gut, eine reicher ausgebildete Fruchtschale so einzurichten, daß die Schale für sich zum Servieren abgenommen werden

kann, wobei freilich darauf geachtet werden muß, daß der stehenbleibende Fuß eine abgeschlossene und interessante Form aufweist *). In schalenartigen Gefäßen wird man nur lose Blumen und Früchte auf die Tafel bringen können. Für den Blumenstrauß wird eine vasenartige Ausbildung am Oberteil des Tafelaufsatzes am Platze sein, wobei ich noch darauf aufmerksam machen möchte, daß hierbei eine reizvolle Wirkung erzielt wird, wenn mehrere Öffnungen zum Hineinstecken der Zweige angebracht sind.

Man sieht, daß eine Fülle von Möglichkeiten vorhanden ist, dem Silbergefäß, welches die Tafel zu schmücken bestimmt ist,

neue Formen und neue Aufgaben zu geben. Man braucht nur noch an das Anbringen elektrischer Flammen, überhaupt das Hereinziehen der festlichen Beleuchtung zu erwähnen, um diese Fülle ganz zu kennzeichnen. Aber es ist wohl genug der Theorie. Wir hoffen, diese Frage der festlichen Ausschmückung unserer Tafel mit Silbergerät im Laufe der Zeit an der Hand von Abbildungen weiter entwickeln zu können.

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A. Bernheim, Pforzheim.

*) Siehe das Tafelsilber des Hamburger Rathauses in dieser Nummer.

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Die Feinmetall-Ausstellung in Stuttgart.

In den Ausstellungsräumen des Württembergischen Kunstgewerbevereins im Landesgewerbemuseum zu Stuttgart fand im April ds. Js. eine nicht sehr umfängliche aber außerordentlich interessante Ausstellung des Feinmetallgewerbes statt. Als Unternehmer figurierte der Württembergische Kunstgewerbeverein, der eine besondere Kommission dazu eingesetzt hatte, bestehend aus dem Fabrikanten Hermann Bauer, Gmünd, Peter Bruckmann, Heilbronn, Paul Erhard, Gmünd, dem Privatdozenten und Schriftleiter der Mitteilungen des Württemb. Kunstgewerbevereins" Dr. Frank, Oberaspach, den Künstlern Prof. P. Pankok und Prof. Th. Fischer, Stuttgart.

Was mit dieser Ausstellung beabsichtigt wurde, sagt die Einleitung zu dem von Dr. Frank-Oberaspach verfaßten Katalog. Wir lassen einen kurzen Auszug daraus hier folgen: „Selten kam wohl eine Ausstellung rascher zustande als unsere kleine Feinmetall-Ausstellung. Ihr Plan wurde nämlich erst im Laufe des Februar in das Programm des Vereins aufgenommen, an Stelle einer Ausstellungsserie, die die Entwickelung des modernen Zimmers darstellend an die Tapetenausstellung sich anschließen sollte. Aber, wenn auch zugegeben werden muß, daß die Aufgabe, welche die Kommission sich stellte, nur von einzelnen Zweigen unserer württembergischen Fein

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metallindustrie gelöst wurde, so wird man doch auch dieses Resultat mit Freuden begrüßen dürfen.

Nach dem ausgegebenen Programm sollte nämlich die Ausstellung im wesentlichen einen instruktiven Charakter tragen und aus folgenden Teilen bestehen: Aus einem durch die Fabrikanten selbst ausgewählten Überblicke über ihre Produktion mit Unterscheidung der Waren, die für Deutschland und den Export bestimmt sind. Dadurch sollte ein Beitrag zur Kenntnis des heutigen Geschmacks des Publikums gegeben werden. Durch Herbeiziehung von selbständigen Künstlern und Vorführung von künstlerischen Entwürfen und Handarbeiten sollte eine Beziehung zwischen den Fabrikanten und einzelnen Künstlern hergestellt werden. Gerade auf unsere jetzigen disharmonischen Verhältnisse durfte durch Heranziehung sowohl des Fabrikanten als des Künstlers ein wohltuender Einfluß erwartet werden; eine Erwartung, die übrigens jetzt schon in Erfüllung ging. Sodann sollte das Publikum durch Demonstration technischer Prozeduren der Feinmetallindustrie interessiert und urteilsfähiger gemacht werden, und schließlich sollte eine historische Abteilung einige Meisterwerke aus vergangenen Zeitperioden vorführen und auf vergessene oder anders geübte Techniken hinweisen.

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