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Über die Kunst der Medaille.

Von Rudolph Bosselt in Darmstadt.

Nachdem der Künstler sich über die Idee zu seiner Medaille oder Plakette klar geworden und auf dem Papier in flüchtigen Linien die Gegenüberstellung der Gruppen und Massen probiert hat, beginnt er das Relief in Ton, meistens in etwas größerem Maßstabe, in flüchtiger Skizze anzulegen. Bei dieser Skizze handelt es sich nur um die Verteilung der Massen und Höhen, sie ist der Prüfstein für die Ausführbarkeit der gefaßten Idee, die wieder fallen gelassen werden muß, wenn sie sich im Relief als nicht realisierbar erweist. Bei Figurengruppen, die im Relief hergestellt werden sollen, baut man auch wohl eine rundplastische Skizze auf, um sich über die Bewegung ganz klar zu werden. Ist so ein vollständiges Bild gewonnen, wie die Medaille auszusehen hat, so beginnen die zeichnerischen Studien nach der Natur. Auf Grund dieser Studien wird dann das Relief auf einer Wachsplatte, die vorher in einer Stärke von 2-3 mm auf einem flachen Brett aufgetragen worden ist, angelegt. Die durchschnittliche Größe dieser Wachsplatte ist 25 X 30 cm in der Diagonale, eine Größe, an die man durch die Verkleinerungsmaschine gebunden ist. Unter erneuter Zuhilfenahme des Naturmodells wird dann das Original in Wachs fertig modelliert. Von Figuren wird meistens erst der Akt gemacht und dann das Gewand leicht und vorsichtig darüber gelegt. Von diesem fertigen Wachsmodell stellt man einen Gipsabguß her, an welchem die Arbeit fortgesetzt wird. Verschiedene Teile des Reliefs, die möglichst straff und korrekt sein müssen, wie z. B. Architekturteile, lassen sich in Gips besser fertig machen als in Wachs, während umgekehrt andere Teile, wie Gewänder oder Ornament, im Wachsmodell vollendet werden müssen,

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weil sonst ihre Frische und Ursprünglichkeit verloren ginge. Von dem vollendeten Gipsmodell wird nun ein galvanischer Niederschlag hergestellt, an dem dann, wenn nötig, noch die letzte Ausführung vorgenommen wird durch jene Technik der Metallbearbeitung, die man Ziselierung nennt. Man macht von dem Gipsmodell einen galvanischen Kupferniederschlag statt eines Abgusses in Bronze, weil der Niederschlag haargenau wiedergibt, was im Gipsmodell da war, und man somit nicht nötig hat, durch die Ziselierung erst wieder Verschiedenes auf den Standpunkt zu bringen, den es vorher hatte, sondern gleich in der Vollendung weiter fortfahren kann. Der fertige Niederschlag dient nun als Modell für die weitere Arbeit. Hat man die Medaille oder Plakette gleich in der Größe modelliert, die sie behalten soll, und besteht nicht die Absicht, Prägestempel davon anfertigen zu lassen, so werden nach dem Niederschlagmodell die Abgüsse in Bronze hergestellt. Das Abformen des Metallmodelles geschieht in Sand und ist eine ebenso schwierige wie für die Medaille wichtige Arbeit. Für jeden Abguß muß eine neue Form gemacht werden.

Hat man vorher in Wachs, in Gips und zuletzt am Niederschlag modelliert, geschabt und ziseliert, um das Modell zu vollenden, so verlangt man nun von den Bronzegüssen, daß sie keiner Nacharbeit mehr bedürfen. Die sog. Angüsse natürlich, das durch die Zuleitungskanäle geflossene Metall, die noch an der Medaille sitzen, müssen abgesägt und der Außenrand der Medaille befeilt werden. Aber das ist noch nicht Ziselierung. Durch den Guß nämlich erhält die Medaille eine gewisse Weichheit und eine Haut, die, wenn sie nicht zu grob im Korn ist, schöner ist als alles, was man durch die technische Bearbeitung des Metalles an Wirkung erzielen könnte. Sehr selten aber nur bekommt man einen solchen Guß. Meistens hat er kleinere Löcher, porige oder rauhere Stellen, die beseitigt werden müssen. In der Mehrzahl der Fälle ist die ganze Gußhaut zu rauh, als daß man sie lassen könnte, und so beginnt denn ein äußerst vorsichtiges und geschicktes Nacharbeiten, durch das der Bronzeguß zu einem einheitlichen Eindruck gebracht wird. Und man geht nicht etwa, wie vielfach gemeint wird, darauf aus, zu ziselieren, daß man es sieht, sondern versucht umgekehrt durch Entfernung alles Störenden den Guß auf den Standpunkt zu heben, den er gleich hätte haben sollen, so daß man von der Ziselierung also eigentlich nichts sieht. Wenn man häufig bei der Beschreibung alter Medaillen liest, sie seien vorzüglich ziseliert, so ist das nicht immer wörtlich zu nehmen. Die Kunstschriftsteller meinen häufig damit nur, daß es technisch vollendete Stücke seien, von denen sie reden. Man kann die Retouche des Bronzegusses, von der ich eben sprach, so geschickt vornehmen, daß es dem Fachmann unmöglich ist zu sagen, wieviel an einem Stück ziseliert ist, wo der Guß aufhört und die Nacharbeit anfängt. Ich meine hier mit dem Ausdruck Fachmann direkt den Techniker, den Ziseleur, denn der nur Kunstverständige kann das überhaupt nicht sehen.

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Der so retouchierte Bronzeabguß wird nun gefärbt patiniert und die Medaille oder Plakette ist fertig. Soll aber die Gußmedaille kleiner werden als das Originalmodell, so wird der Niederschlag auf die Reduktionsmaschine gespannt, um eine Verkleinerung in Paraffin davon herzustellen. Als Modell zu einer Paraffinreduktion genügt auch ein tadelloser Gipsguß, der durch Tränken mit einer bestimmten Flüssigkeit gehärtet und somit widerstandsfähig gemacht wird. Diese Reduktionsmaschine, ein merkwürdiges Zeugnis des menschlichen Erfindungssinnes, beruht auf dem System des sogen. Storchschnabels, der zur Vergrößerung und Verkleinerung von Zeichnungen angewendet und wohl den meisten bekannt sein wird. Das Modell und eine glatte Paraffinscheibe sind in 50 bis 70 cm Abstand voneinander auf der Maschine senkrecht aufgespannt. Vor diesen beiden befindet sich ein Hebel mit der Übersetzung für die Verkleinerung auf der Seite des Modelles mit einem senkrecht zu demselben stehenden Stift, auf der anderen Seite mit einem ebenso stehenden Bohrer versehen. Stift wie Bohrer befinden sich genau im Zentrum des Modelles resp. der Paraffinscheibe. Durch gleichmäßigen Druck wird der Hebel leicht gegen Modell und Scheibe gepreßt, die sich langsam nach einer Richtung drehen. Der ganze Hebel wird gleichzeitig allmählich in horizontaler Richtung von dem Zentrum nach dem Rande zu geschoben, so daß durch das Drehen des Modelles der gegengepreßte Stift in ganz eng aneinanderliegenden Ringen über alle Höhen und Tiefen des Reliefs hinfährt. Dieselben Reliefbewegungen im verkleinerten Maßstab macht der Bohrer auf der Paraffinscheibe und schneidet auf diese Weise das Relief aus derselben heraus.

Natürlich geht das nicht mit einmaligem Durchlaufen, sondern Stift wie Bohrer müssen mehrmals ihren ganz langsamen Weg vom Zentrum nach dem Rande zurücklegen, ehe in der Paraffinscheibe alle Feinheiten des Reliefs wiedergegeben sind. Dies geschieht aber bei einer guten Ma

gespannt, aus dem genau wie in der eben beschriebenen Weise das Relief herausgefräst wird. Da der Stahl ein hartes Material ist, erfordert diese Reduktion natürlich viel mehr Zeit. Die Verkleinerung in Stahl bedarf einer mehr oder minder leichten Retouche, die mit alleräußerster Vorsicht vorgenommen wird. Das so in Stahl geschnittene und retouchierte Relief wird gehärtet und dann vermittels einer Maschine in einen anderen Stahlblock eingepreßt. Dieser zweite Stahlblock wird dann ebenfalls gehärtet und das ist nun der eigentliche Prägestempel. Aus den beiden Prägestempeln der Vorder- und Rückseite können nun mit der Prägemaschine Medaillen in beliebiger Anzahl und in jedem Metall geprägt werden. Das ist dann dasselbe Verfahren wie bei Prägung unserer Geldstücke.

Es ist der Ehrgeiz der Prägeanstalten, eine geprägte Medaille so herzustellen, daß sie die ganze Frische und Ursprünglichkeit, die Handschrift des Originals, unverändert wiedergibt.

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DIE ABFORMUNG DER GOETHE-MEDAILLE IN SAND. Von Rudolph Bosselt, Darmstadt.

schine zum Schluß mit einer so absoluten Genauigkeit, daß man selbst mit der Lupe an der Reduktion keine Fehler mehr zu entdecken vermag. Die Paraffinreduktion nun kann man in Gips abgießen und den Gipsabguß als Modell für die Bronzegüsse benutzen; oder aber, und dies Verfahren wird meistens eingeschlagen, weil ein Gipsmodell zu zerbrechlich und gegen Beschädigungen zu wenig widerstandsfähig ist, von der Paraffinreduktion wird ein negativer Kupferniederschlag gemacht, also einer, der das Relief vertieft zeigt, und aus diesem ein positiver, der es wieder erhaben zeigt. Damit hat man dann wieder ein dauerhaftes und scharfes Modell für die Bronzeabgüsse gewonnen.

Soll eine Prägemedaille hergestellt werden, so wird das Originalniederschlagmodell mit einem feinen Nickelüberzug versehen, weil Nickel härter ist als Kupfer. In Deutschland wird von dem Modell ein Abguß in Eisen hergestellt, der für die Reduktion dient. Schon darin liegt eine Überlegenheit der französischen Technik; denn beim Abgießen in Eisen geht naturgemäß mehr von der Feinheit des Reliefs verloren, wie bei dem hauchartigen Überzug mit Nickel. Statt der Paraffinscheibe wird jetzt ein Stahlblock auf die Maschine

Die Reduktionsmaschine ist natürlich ein sehr empfindsamer Apparat. Der Raum, in dem sie steht, wird möglichst unter gleicher Temperatur gehalten, und schon das Öffnen eines Fensters macht sich am Gang der Maschine bemerkbar. Die Leistungen einer solchen guten Maschine an Exaktheit und Treue der Wiedergabe sind geradezu erstaunlich. Man kann mit derselben auch das Relief des Modelles höher oder flacher wiedergeben und sogar umgekehrt, d. h. von einem erhabenen Modell gleich eine vertiefte Reduktion schneiden. Dieser Umstand kam einem französischen Medailleur zu statten, wie ich vor noch nicht drei Jahren in Paris zu sehen Gelegenheit hatte. Der Künstler hatte das Modell einer Ehemedaille gemacht: ein junges Paar in antikisierender Tracht, das die Stufen zu einem freistehenden Altar hinanschritt, um den Schwur der Treue abzulegen. Es war nun dem Künstler passiert, daß die Liebenden mit der linken statt mit der rechten Hand schwuren. Von dem erhabenen Modell wurde eine Verkleinerung vertieft in Paraffin geschnitten. Der Ausguß aus derselben ergab das Spiegelbild des ersten Modells und das Paar schwur jetzt mit der rechten Hand. Damit war dem Künstler erspart, die ganze Medaille noch einmal zu modellieren.

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