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Wie soll man Schmuck tragen?

Es ist ein gutes Zeichen für unsere Zeit, daß diese Frage aufgeworfen wird, und daß man anfängt, sich um ihre Beantwortung zu bemühen. Denn es zeigt das, daß unsere Kulturzustände soweit geordnete und wohlhabende sind, daß wir Zeit und Stimmung finden, uns mit derartigen,,Luxusfragen" zu befassen. Übrigens sind das für den Fachmann unserer Branche Angelegenheiten, die er allen Grund hat, ernst zu nehmen: Wer sich dafür interessiert, auf welche Weise Schmuck getragen werden soll, der wird auch Interesse für Schmuck selbst bekommen; und nur auf diesem Wege wird eine größere Freude am Schmuckbesitz und damit eine größere Kauflust erweckt werden können. Daß eine solche aber für das ganze Gebiet der Schmuckindustrie eine Lebensfrage ersten Ranges ist, leuchtet ein.

Dem Goldschmied werden freilich im allgemeinen diejenigen Leute am willkommensten sein, welche es lieben, möglichst vielen Schmuck zu kaufen und an sich zu hängen, ohne sich um seine mehr oder minder geschmackvolle Verwendung den Kopf zu zerbrechen. Aber die wahren Förderer unseres Gewerbes sind das nicht. Im Gegenteil. Diese sind es, welche feinfühligen und geschmackvollen Kreisen durch ihre Schmuckprotzerei jene Abneigung gegen das Tragen von Schmuck überhaupt eingeflößt haben, unter der das Schmuckgewerbe so sehr leidet. Wenn man die Mode so beeinflussen könnte, daß sie direkt die Überladung des Kleides mit Schmuck begünstigte, so wäre das kein dauernder Vorteil für uns. Denn auf jede Aktion folgt die Reaktion, und das um so stärker, je übertriebener die erstere war. Wir würden nach einer Epoche allzu reichlichen Schmuck

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tragens eine solche allgemeiner Abneigung gegen dasselbe zu befürchten haben.

Wenn wir uns also hier bemühen, den allgemeinen Geschmack zu Gunsten des Schmuckes zu beeinflussen, so wollen wir nicht um jeden Preis und bei jeder Gelegenheit dem Anbringen und Tragen von Schmuck überhaupt das Wort reden, sondern wir wollen zeigen, wie Schmuck getragen werden soll, damit er seinen - eigentlichen Zweck, die Erscheinung von Kleid und Trägerin künstlerisch zu erhöhen, auch wirklich erfüllen kann.

An und für sich sind die Anforderungen, die man in dieser Hinsicht stellen muß, einfach zu formulieren. Der Schmuck soll an der rechten Stelle sitzen, und den rechten Hintergrund haben. Dazu kommt noch ein Drittes: Er soll nicht nur durch sein Muster, sondern auch durch die besondere Art seiner Anbringung auf dem Kleide interessieren.

Die beiden ersten Sätze hängen eng miteinander zusammen. Wenn ich sage, daß Schmuck an der rechten Stelle sitzen soll, so will ich damit nicht davor warnen, etwa eine Brosche am rückwärtigen Kragenschluß, oder einen Fingerring als Ohrgehänge zu tragen, sondern ich will nur darauf aufmerksam machen, daß Bijouterie nicht der einzige Schmuck eines Kleides ist, und daß es darauf ankommt, ihn immer an einer Stelle anzubringen, wo er nicht in Gefahr kommt, von Besätzen, Spitzen, Borten, Schleifen, und was alles sonst noch ein Kleid schmücken kann, in der Wirkung erdrückt zu werden. Der richtige Hintergrund für Schmuck aber wird jedenfalls immer ein ruhiger und einfacher sein müssen. Denn nur auf einem solchen wird er sich im allgemeinen richtig präsentieren. Das bisher Vorgebrachte führt uns also zu dem Schlusse, daß eine Dame, welche ihren Schmuck in geschmack- und wirkungsvoller Weise tragen will, es

sich angelegen lassen sein muß, ihre Kleidung ruhig und einfach zu halten.

Damit würde eine Besserung der jetzigen gedanken- und wirkungslosen Art, Schmuck

zu tragen, wohl schon erreicht sein. Ein eigentlicher Fortschritt in den Beziehungen von Kleid und Schmuck wäre damit aber noch nicht gegeben. Der Schmuck hätte wohl auf das Kleid eingewirkt und dort mehr Ruhe hineingebracht. Wir müssen aber das Ziel anstreben, durch das Kleid mehr Leben und Interesse in den Schmuck hinein zu bringen. Dann wird auch das Interesse der Damenwelt am Schmuck wachsen.

Man kann es ja demjenigen Teile unserer Damenwelt, der sich nicht direkt und speziell für das Kunstgewerbe als solches interessiert, nicht verargen, daß er mit den heutigen Schmuckformen nichts rechtes anzufangen weiß. An einem Kleid, an einem Hut, an einer Möbeleinrichtung kann man ändern, arrangieren, umstellen, kurz, man kann sich daran mit einer gewissen Selbständigkeit betätigen. Bei Schmuck ist das nur in sehr beschränktem Grade oder auch gar nicht möglich. Die Brosche steckt man an den Kragen, den Ring an den Finger, die Kette hängt man um den Hals. Da ist kein Widerstand und keine Wahl",

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wie der Fabrikant es sich gedacht hat, so muß die Käuferin es tragen. Und darum ist der Schmuck unserer Frauenkleidung so fremd geworden, darum ist das Schmucktragen heutzutage eine so langweilige, reizlose Sache geworden.

Aber man braucht nicht bloß Klagen über diese Verhältnisse anzustimmen, man hat Ursache, in Bälde Besserung zu erhoffen. Schon haben wir Schmuckknöpfe, die als Bijous ausgestaltet sind, und nach freier Wahl da und dort am Kleide angebracht werden können; schon gibt es Ketten und Halsschmuck, die so oder anders gelegt, geschlungen und getragen werden können. Es ist nicht daran zu zweifeln, daß derartiges bald breiteren Anklang und weitere Fortbildung erfahren wird.

neuen Kleides der Gedanke kommen wird, man könne eine gewisse Rücksicht darauf nehmen, welchen Schmuck sie darauf zu tragen beabsichtigen. Warum soll sich der Schmuck nach

dem Kleid, und nicht auch einmal das Kleid nach dem Schmuck richten? Warum soll man z. B. den Einsatz eines Kleides nicht so wählen, daß ein schöner Anhänger, den man in Besitz hat, sich gut darauf präsentiert? Warum soll man einen Ärmel nicht so anfertigen, daß er mit Schmuckknöpfen geziert werden kann? Schmuck ist in sehr vielen Fällen wertvoller und in allen Fällen dauerhafter als ein Kleid. Wenn er auch noch hinreichenden Kunstwert besitzt, so ist der Gedanke, sich mit dem Kleide einigermaßen nach ihm zu richten, jedenfalls ein sehr erwägenswerter.

Doch genug der Theorie. Sehen wir uns unsere Abbildungen an, um an ihrer Hand zu dem Gesagten noch einige praktische Gesichtspunkte zu gewinnen.

Abb. 1 zeigt eine Empfangstoilette aus schwarzem Samt, von hervorragend geschmackvollem Entwurf. Der sehr schön gezeichnete Besatz ist in schwarzer Atlasapplikation hergestellt. Die Taille liegt rückwärts kurz auf und ist nach vorn jackenartig lang geschnitten. An Brust und an den Ärmelenden ist ein Ausputz von weißem, geschorenem Lammsfell angebracht, der mit bogenförmigen Verzierungen

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aus königsblauem, goldumränderten Stoffe belebt ist. Der Oberkörper, der für Schmuck doch fast ausschließlich in Frage kommt, ist also so reich geziert, trotz des vielen und ernst wirkenden Schwarz, daß eine reichliche und unüberlegte Zutat von Schmuck die ganze, vornehme Wirkung zerstören könnte. Eine Brosche wäre wegen des reichen Knotens am Halse, eine Halskette wegen des reichen Ausputzes des Brustteiles schwerlich am Platze. Dagegen werden die silbernen Schmuckknöpfe, die auf den, von der Zeichnung gewissermaßen hierzu vorbestimmten Punkten sitzen, auf dem tiefen, satten Hintergrunde einen vorzüglichen Effekt machen, namentlich wenn wir sie uns etwa in zarter, durchgeputzter Vergoldung denken. in der besondern Art, ihn zu tragen, so dürfen wir auch Auf Abbildung 2 sehen wir eine sehr reiche Toilette, ein hoffen, daß ihnen da und dort bei der Anfertigung eines Kleid von der Art, wie es sich zum Schmucktragen nur in

Wenn man es den Damen auf diese Art ermöglicht, eine gewisse Erfindungsgabe zu betätigen an ihrem Schmuck, bezw.

PARISER KOSTÜM

mit Doppelbrosche, Kette und Hänger. (Abb. 2.)

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BROSCHE UND KOLLIER

in oxydiertem oder vergoldetem Silber mit Alexandrit - Steinen auf nebenstehendem Reformkostüm.

beschränktem Maße eignet. Der prachtvolle und überaus reiche Spitzenbesatz, die kostbare Pelzausstattung sind der Zierrat eigentlich genug. Aber die originelle Art, in welcher der Schmuck angebracht ist, der sich als eine Doppelbrosche mit Kettenverbindung und frei herabhängendem Kettenanhänger darstellt, sichert ihm eine gute und glückliche Wirkung, ohne daß er irgend aufdringlich wird. Freilich würde ein ruhigerer Hintergrund seiner Wirkung sehr zu statten kommen. und es wäre ohne Zweifel möglich gewesen, einen solchen zu geben.

ihm

In Abbildung 3 bringen wir ein Reformkleid, im Gegensatz zu den beiden ersten Kostümen von überaus einfacher und schlichter Art. Das Kleid ist aus tiefblauem Cheviot gefertigt, mit Besatz aus schwarzem Taffet. Die farbige Wirkung ist also eine sehr tiefgestimmte und ruhige.

Damit geht nun, wie unsere nach einer photographischen Aufnahme gefertigte Illustration zeigt, der darauf angebrachte Silberschmuck vorzüglich zusammen. Die großen, rund geschliffenen Halbedelsteine von hellem, milchigem Grünblau, geben mit dem Silber und dem Schwarz und Blau des Kleides einen so vorzüglichen Akkord, daß wir bedauern müssen, das Ganze nicht farbig bringen zu können. Aber das zeigt auch die einfarbige Wiedergabe, daß die Art, wie hier die Halskette getragen, resp. geschlungen ist, mit der Linienführung des Besatzes korrespondiert, und daß Schmuck und Kleid sich in ihrer Wirkung hier gegenseitig ergänzen und heben. Es sei noch

EINFACHES REFORMKOSTÜM
mit silberner Brosche und Kette.

Schmuckausstattung: Fabrikant Th. Fahrner, Pforzheim. (Abb. 3.)

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Kostüme bestimmt erscheint, wird für festliche Gelegenheiten stets der Schmuck in Gold und Edelsteinen seine Bedeutung behaupten.

Daß wir auch solche Broschen und Kolliers unsern Lesern heute vorführen können, verdanken wir dem Entgegenkommen einer Pforzheimer Goldwarenfabrik.

Diese Schmuckstücke zeigen Formen und Motive, wie sie gegenwärtig in gutem Goldschmuck beliebt und gangbar sind. In feinerer Goldware muß ja besonders achtsam dem Geschmacke des Publikums nachgespürt werden, weil der Preis, der hier naturgemäß höher als für unechte oder silberne Ware angesetzt werden muß, die Käufer kritisch und ängstlich bei der

BROSCHEN UND KOLLIERS

in Gold und Email. (Abb. 5.)

Auswahl verfahren läßt. In geringwertiger Ware wird manches sozusagen probeweise gekauft, ohne daß der Käufer selbst von dem dauernden Gefallen an seiner Erwerbung überzeugt ist. Beim Erwerb von edeln und hochwertigem Goldschmuck macht niemand gerne Geschmacksexperimente, sondern er verlangt, daß das gekaufte Stück zierlich, diskret und nicht extravagant wirke.

Diesem Standpunkte vermögen die abgebildeten Beispiele wohl zu entsprechen. Die 4 Broschen rechts und links sind in mattem Golde gehalten und mit Perlen und Farbsteinen geziert. Die Brosche oben in der Mitte, die sich aus den Flügelfrüchten des Ahorns zusammensetzt, ist in Email à jour gearbeitet. In der gleichen Technik ist der Grund des untersten Anhängers hergestellt. Bei dem mittleren Anhänger, einem besonders zierlichen Stück, ist das Blatt, wie schon die Abbildung erkennen läßt, mit durchsichtigem Email überzogen. Die Perlfrüchte

sind hinter dem Blatt beweglich eingelenkt.

Zu bemerken ist noch, daß die Abbildung den Farbtönen nicht ganz gerecht werden konnte. Die Emailtöne der drei mittleren Stücke wirken schwerer als in Wirklichkeit, die hellen Steine der zwei Broschen rechts sind in Wirklichkeit blaue Türkise.

Von diesen in jeder Linie und in allen Einzelheiten einer raffinierten Technik modern anmutenden Stücken sich zur Betrachtung der unten abgebildeten Schmucksachen zu wenden, bedingt einen Sprung der Phantasie über einige Jahrtausende.

Es handelt sich hier um Nachbildungen von echt römischen Schmucksachen, wie sie in dem reichhaltigen Provinzialmuseum in Trier aufbewahrt sind, und wie sie die dortige Firma Brems-Varain als ebenso reizvolles wie praktisches Reiseandenken in den Handel bringt. Die Originale dieses altehrwürdigen Frauenschmuckes stammen aus dem Boden der ältesten römischen Ansiedelungen auf dem Boden Triers oder deren unmittelbarer Umgebung. Ihre Anfertigung fällt vermutlich in die Zeit der Kaiser Constantius, Constantinus und Diokletian, also in das 2. oder 3. Jahrhundert nach Christus.

Die Ausführung der von uns hier vorgeführten Nachbildungen geschieht in vergoldetem Silber oder Bronce mit Email. Dieses letztere tritt vorwiegend in den Farben rot, gelb, weiß und blau auf.

Daß derartige Erzeugnisse einer längst untergegangenen Kultur, eines so lange vor dem unsern bestehenden Kunstgeschmackes jetzt wieder nachgeahmt und gekauft werden, darf uns nicht wunder nehmen.

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Moderne Goldschmiedekünstler: VI. Alex. Schönauer, Hamburg.

Von R. Rücklin.

Unter obenstehender Rubrik haben wir bisher zufälliger Weise immer nur das Wirken ausländischer Künstler behandelt. Es ist uns eine Freude, heute einen deutschen Künstlergoldschmied unsern Lesern vorführen zu können. Wir hoffen, daß sich diesem noch mehr deutsche Namen mit der Zeit werden anschließen lassen. So schwer unser Kunsthandwerk auch immer noch unter der Ungunst so mancher Verhältnisse zu leiden hat, so ist es doch unverkennbar, daß künstlerische Bestrebungen in ihm mehr und mehr Boden fassen und da und dort zu dauernder lohnender Betätigung sich verwirklichen lassen.

Alexander Schönauer ist im Jahre 1871 in München geboren. 15 jährig, trat er bei Prof. F. v. Miller in München in die Lehre und errang sich dort schon den ersten Preis bei der Lehrlingspreisverteilung des bayerischen Kunstgewerbevereins. Nach Ablauf seiner 4 jährigen Lehrzeit blieb er noch 5 Jahre bei dem genannten Meister als Gehilfe, ging auf kurze Zeit zu weiterem Studium nach Paris und ließ sich nunmehr dauernd in Hamburg nieder. Nach dem ersten Jahre seiner dortigen Tätigkeit trat er zum erstenmal mit selbständigen Arbeiten an die Öffentlichkeit, die ihm als nachhaltigen Erfolg eine Reihe bedeutender Aufträge zuführten. Als erste seiner bedeutsameren Arbeiten sei die Ehrengabe genannt, welche der Hamburger Senat für eine unter Teilnahme des Kaisers vor sich gehende Segelregatta auf der UnterElbe bei ihm ausführen ließ. Seither hatte Schönauer für die gleiche Gelegenheit alljährlich einen entsprechenden Auftrag auszuführen. Weiterhin folgte das überaus stattliche und reichhaltige Tafelsilber des Hamburger Rathauses, das von Mitgliedern des Senates gestiftet wurde, und anderweitige größere Privataufträge. Seine Beteiligung an der Pariser Weltausstellung hat Schönauer die goldene Medaille eingetragen. Es ist nicht das erstemal, daß .Arbeiten Schönauers veröffentlicht werden. Die Zeitschrift „Kunst und Handwerk", das Organ des bayer. Kunstgewerbevereins, und das „Kunstgewerbeblatt" haben dies schon in reichlichem Maße getan. Bei der hier gegebenen Auswahl ist darauf Rücksicht genommen worden, möglichst die mehrfach schon veröffentlichten Stücke nicht noch einmal zu bringen, und außerdem die Vielseitigkeit des Arbeitsgebietes unseres Künstlers zu zeigen.

Äußerlich betrachtet, läßt sich dieses Gebiet kurz durch die Bezeichnungen Prunkgerät und Tafelsilber begrenzen. Aber welche Fülle von Einzelaufgaben bieten sich hier der modernen Silberschmiedekunst, und in wie verschiedenartiger Weise läßt sich jede einzelne derselben lösen! Humpen, Kannen, Schalen, Tafelaufsätze, Prunk- und Ehrenbecher, Bowlen, Tafelbestecke, alles ist schon aus der Schönauerschen Werkstatt hervorgegangen, und überall erkennt man an der fertigen Arbeit den denkenden und nach neuen Lösungen und Wirkungen strebenden Handwerkskünstler.

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