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reizend!

Schmuck also ist der erste Zweck der Kleidung, und im Schmucke haben wir, wie anfangs gesagt, die Urtracht zu sehen.

Wir sagten, daß man, wenn man den Schmuck als Luxussache bezeichnet, darauf nicht einen Hauptwert legen dürfe. Weil eben bei uns die Kleidung auch zu schützen und zu verhüllen hat und allerhand sonstige Rücksichtnahmen praktischer Natur sie bestimmen, sind wir uns ihres ursprünglichen Schmuckberufes nicht mehr so deutlich bewußt und viel zu sehr geneigt, alles, was uns nicht sofort praktische Bedürfnisse zu befriedigen scheint, für Luxus zu halten. Das ändert aber nichts an den ursprünglichen Verhältnissen, daß eben die Kleidung vom Schmucke ausgegangen ist. Und dieser ist im Grunde genommen durchaus kein Kind des Luxus, sondern des Bedürfnisses, ein Mittel im Kampfe ums Dasein.

Der Mensch, der auf eine einsame Insel verschlagen allein sein Leben fristet, wird nie auf den Gedanken kommen, sich zu schmücken. Ist er aber in Gesellschaft anderer, so wird er darauf bedacht sein, seine persönlichen Vorzüge in das beste Licht zu setzen, für sie entsprechende Ausdrucksmittel zu suchen. So ist der Schmuck eine Sprache und neben der Mienensprache die einzige, die allgemein verstanden wird. Man könnte ihn eine Art Ausrufungszeichen nennen, das oft roh ist wie ein Paukenschlag, aber auch zart wie eine zauberhafte Weise die Aufmerksamkeit auf die geschmückte Stelle lenken kann. Der uns phantastisch und komisch zugleich anmutende Kopfputz des Wilden und ein schöner Reif im schönen Haar einer schönen Frau, es ist so will es der grausam denkende Verstand ,,im Grunde genommen" ein und dasselbe.

Wenn wir eben sagten: Schmuck ist ein Ausrufungszeichen, so müssen wir das doch gleich wieder einschränken. Gewiß, es gibt Schmuckarten, die ihre Aufgabe damit für vollendet halten, wenn sie die Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Stelle gelenkt und etwa noch in engerer Beziehung zu dieser gewisse farbige Reize erweckt haben. So ruft der Brillantenkopfschmuck: Seht, welch' dunkle Tiefe liegt in diesem Haar; und nicht minder beredt ist der dunkle Granatkamm im goldigschimmernden Blondhaar. Dieser Schmuck, so reizvoll er auch sein mag, ist doch mehr äußerlicher Art, er hat etwas zufälliges, nur anhaftendes, seine Wirkung ist im wesentlichen nur malerischer Natur. Man könnte ihn Zusatzfarbenschmuck nennen.

Der Schmuck im höheren Sinne beschränkt sich nicht hierauf allein, er nimmt seine Gesetze auch aus dem formalen Wesen des Körpers, dessen Vorzüge er hervorzuheben und zu verdeutlichen bestimmt ist.

büsche, oder starrer Art, wie den nach vorn strebenden
Kamm des griechischen Helmes.

Bei den bisher behandelten Schmuckarten sahen wir das
Bestreben, die vorhandenen Vorzüge des Körpers hervorzu-
heben und zu verdeutlichen. Es gibt nun noch eine Art
Schmuck, den wir Vergrößerungsschmuck nennen können, und
der im Grunde genommen die Absicht hat, nicht vorhandene
Eigenschaften vorzutäuschen, gleichsam den von seinem Träger
zu beanspruchenden Raum noch zu vergrößern. Kronen, Mitren,
Helme, z. B. die hohen Blechmützen der preußischen Garde-
Regimenter z.F., Epauletts u. s. w. sind dahin zu rechnen, schließ-
lich auch ein Gegenstand, dessen Schönheit spendende Kraft
freilich stark in Zweifel gezogen wird, unser Zylinderhut.

Die hier vorgenommene Einteilung ist natürlich nicht starr und übergangslos. Beweglich wie der menschliche Körper, dessen Wesen sie entnommen ist, ist auch sie. So wird mancher Behang, etwa Schleifen, bei Bewegung zum Richtungsschmuck, ein lockeres Halsband fließt vom Rundschmuck in den Behang über u. s. w.

Im Schmucke findet der Schönheitstrieb des Menschen eine seiner ersten Betätigungen. Doch das Schicksal wollte nicht, daß der Mensch nur dem Schönen lebe, es verhängte bittere Not über ihn. Was zuerst der künstlerische Sinn zum Schmuck schuf, das entwickelt, begünstigt durch den Trieb, der oft des guten zu viel tut, die Kälte zur Kleidung. Praktische Interessen haben sie stark beeinflußt; aber doch hat sie sich zu allen Zeiten Schmuckelemente in sich selber bewahrt. Und diese entsprechen durchaus denselben Gesetzen, die wir für den Schmuck im engeren Sinne kennen gelernt haben. Der Rock mit wallender Schleppe z. B., was ist er anders als ein großer Behang?

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Aber auch Schmuck im engeren Sinne wird weiter verwandt. Freilich erfährt er allerhand Modifikationen. So hat oder er sollte doch so sein bei zunehmender Kleidung vielfach praktische Dienste zu verrichten, wie z. B. Spangen und Schnallen. Seiner formalen Elemente ist er vielfach verlustig gegangen und hat immer deutlicher den Charakter dessen angenommen, was wir vorhin als Zusatzfarbenschmuck bezeichnet haben. Alles in allem wird man sich kaum der Einsicht verschließen können, daß sich unsere Goldschmiedekunst, soweit sie Schmuckkunst ist, in einer bösen Krisis befindet. Doch hat man die Schuld weniger ihr selber beizumessen als vielmehr den allgemeinen traurigen Verhältnissen, unter denen das moderne Kleidungswesen leidet.

Es sei daher zum Schluß gestattet, aus unseren allgemeinen Erörterungen einige Folgerungen für die heutigen Verhältnisse zu ziehen. Wir haben vor allem gesehen, in wie enger Beziehung der Schmuck und die Tracht und diese beiden zusammen zum menschlichen Körper stehen. Daß die Kleidung dem Schmuck im engeren Sinne viel Boden genommen hat, ist eine Tatsache, an der nichts zu ändern ist. Die Schmuckkunst sollte jedoch nicht grollen, sondern vor allem bestrebt sein, den Zusammenhang mit der Tracht, der zum guten Teil verloren gegangen ist, wieder zu gewinnen. Schmuck und Tracht müssen zusammenarbeiten, in formaler und in farbiger Hinsicht; und die Goldschmiedekunst wird auch besonders dort ein fruchtbringendes Feld zur Betätigung finden, wo es sich um Erfüllung von allerhand Diensten für die Kleidung handelt, besonders überall dort, wo etwas geschlossen und zusammengehalten werden soll. Im Interesse der Schmuckkunst ist es nicht dringend genug zu wünschen, daß die Bestrebungen, die sich auf die künstlerische Reform unserer Tracht richten, bald vom Siege gekrönt werden und zu greifbaren Resultaten führen möchten. Die Goldschmiedekunst ist

Den menschlichen Leib aber charakterisiert in erster Linie die Abgeschlossenheit gegen die Außenwelt, die kraftvolle Rundung des Ganzen und der einzelnen Glieder. Der Rundschmuck, der je nach den Körperteilen starrer oder beweglicher Art ist, Gürtel, Halsbänder, Kopf-, Arm- und Beinringe, alles das gibt sowohl dem Träger, wie dem Beschauer das Gefühl der Geschlossenheit, kraftvoller Selbständigkeit. Aber der Mensch ist kein ganz in sich geschlossenes Wesen, ist keine Kugel, er hat körperlich und geistig sozusagen Richtung. Im Gegensatz zu den Tieren ist er durch aufrechte Haltung ausgezeichnet. Dieses kühne Aufstreben, dies Vertikale betont eine andere Klasse des Schmuckes, der Behangschmuck: Gürtelgehänge und Hänggürtel, herabfallende Halsund Brustketten, Ohrgehänge u. dergl. Und dieser aufgerichtete Mensch strebt vorwärts, ein Merkmal, das verdeutlicht wird durch den Richtungsschmuck, entweder beweglicher Art, wie etwa die fliegenden Federn der Indianer, die Helm- schon längst bereit, an ihrem Platze den Dienst zu verrichten.

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Hier waren am Sonntag den 22. Februar die zu dem Wettbewerb um den diesjährigen Friedrich Wilhelm MüllerPreis eingelaufenen Arbeiten ausgestellt, unter enormem Zudrang von Interessenten und Schaulustigen. Eingelaufen waren von 43 Autoren 44 Blatt also eine recht stattliche Beteiligung. Das Preisgericht, das in der Woche vorher seines Amtes gewaltet hatte, verteilte die Preise wie folgt: Den ersten Preis erhielt Modelleur und Zeichner Ernst Beck in der Silberwarenfabrik von Wilh. Binder in Schwäbisch-Gmünd; den zweiten Preis Zeichner Oskar Beck in Pforzheim. Ein neckischer Zufall hatte gewollt, daß zwei Brüder auf diese Weise sich in den Gesamtpreis zu teilen hatten. War das mit dem ersten Preise gekrönte Blatt durch größere Korrektheit, so war das zweite durch eine leichtere und originelle Erfindungsgabe ausgezeichnet. Außerdem empfahl die Jury das Blatt des Herrn C. Bissinger, Zeichner in Pforzheim, zum Ankauf. Herr B. hat dem Verein sein Blatt in anerkennenswerter Weise zum Geschenk gemacht.

Die ausgestellten Arbeiten boten im allgemeinen das übliche Bild moderner Konkurrenzen: Modern gewollt ist alles; irgend etwas prinzipiell ,,Altes" ist nirgends zu sehen. Ein Zug zum Großformigen und Einfachen ist nicht zu verkennen, wie auch das fast völlige Aufgeben des eigentlich naturalischen Ornamentes bezeichnend ist. Man kann sagen, daß fast alle irgendwie bemerkenswerten Blätter den Stempel eines spezifisch deutschmodernen, stark von Darmstadt aus beeinflußten Geschmackes tragen. Auch gravitiert das Interesse unserer Zeichner entschieden stärker nach dem Silberschmuck mit seinen breiten Flächen und großen Halbedelsteinen, als nach dem zierlicheren, inbezug auf das Steinmaterial mehr beschränkten Goldschmuck. Obgleich keinerlei Vorschrift nach irgend einer Seite hin gegeben war, erschienen doch die meisten Entwürfe, bewußt oder unbewußt, für Silber gedacht.

Nach dem so überaus anregenden Verlauf dieser Konkurrenz darf man darauf gespannt sein, welche Resultate das speziell für Ketten und Kettenbijouterie bestimmte, nächste Preisausschreiben des Pforzheimer Kunstgewerbevereins zeitigen wird.

Am folgenden Sonntag hatte die Gr. Kunstgewerbeschule einige Neuankäufe ausgestellt, nämlich sechs Anhänger in Drahtemail aus Budapest, nach Entwurf von Prof. Korsini. Das Drahtemail ist eine alte Spezialität der ungarischen Goldschmiedekunst, die kunstgeschichtlich so wichtig ist, daß ein besonderes Werk darüber schon herausgegeben wurde. Ihre Eigenheit besteht besonders darin, daß Zellen, die aus Filigrandraht gebildet sind, mit Email gefüllt werden, ohne jedoch eine ebene, abgeschliffene Oberfläche zu bilden. Die Farbgebung ist in der Regel eine sehr lebhafte. In dieser alten Technik und anknüpfend an die alte Formgebung, sind nun nach modernen Entwürfen neue Arbeiten ausgeführt, die einen recht originellen Eindruck machen. Fehlerhaft ist ohne Zweifel die absolute Flächenhaftigkeit dieser Anhänger: Sie zeigen auch nicht den leisesten Versuch zu irgend einer Art von plastischem Aufbau. Dagegen ist die Emaillierung geschickt durchgeführt. Besonders eine Abart derselben, welche

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eine körnige und griesige Fläche hervorbringt, erregte das besondere Interesse der Fachleute.

Kunstausstellung in Köln 1903.

Mit der Jubel-Generalversammlung der Katholiken Deutschlands soll in Köln in diesem Jahre, und zwar voraussichtlich vom Juli bis Ende September, eine Kunstausstellung verbunden werden. Für dieselben werden die Räumlichkeiten des Erzbischöflichen Diözesanmuseums (Domhof 8) zur Verfügung gestellt werden. Eine besondere Abteilung soll dabei der christlichen Kunst des letzten halben Jahrhunderts, besonders der Rheinprovinz, gewidmet sein.

In erster Linie wird es sich um Tafelgemälde handeln, von den Werken der Nazarener anfangend bis zu den neuesten selbständigen Schöpfungen der rheinischen Malerschulen, sodann um plastische Erzeugnisse der Bildhauer, Ciseleure, Gelbgießer; auch um kunstgewerbliche Leistungen auf dem Gebiete der Gold-, Silber-, Eisenschmiedetechnik und Emaillerie, der Hinterglasmalerei und Mosaik, namentlich auch der Weberei und Stickerei, besonders um solche Arbeiten, die für die Entwickelung der kirchlichen Kunst charakteristisch sind.

Aus diesen und den verwandten Kunstzweigen dürfen im vorigen Jahre zu Düsseldorf nicht ausgestellt gewesene, hervorragende Schöpfungen seitens der Urheber oder Besitzer von Ostern an im Bureau, Domhof 8, bei einem der Kommissionsmitglieder oder auch beim Museumsdiener Raymund Stoltz angemeldet werden unter Angabe des für die Aufstellung erforderlichen Platzes.

Die Kunstkommission besteht aus den Herren: Bildhauer Albermann jun., Gemälderestaurateur Fridt, Kaufmann Hax, Bildhauer Iven, Kunstschmied Jungbluth, Dr. med. Keseberg, Hofgoldschmied Kleefisch, Prof. Dr. Klinkenberg, Architekt Marchand, Bildhauer Moest, Kirchenmaler Rosenthal, Glasmaler Schneider, Domvikar Dr. Steffens. Den Vorsitz haben übernommen Baurat Heimann und Domkapitular Dr. Schnütgen.

Die Ausstellung für Reformkostüme im Königl. Landes-Gewerbe-Museum in Stuttgart.

In den Monaten März und April fand in der König KarlsHalle des Landes-Gewerbe-Museums Stuttgart eine stark beschickte und sehr stark besuchte Ausstellung für ReformFrauentracht statt. Sie berührt uns an dieser Stelle insofern auch, als dabei einige, wenn auch schüchterne Versuche zu sehen waren, ausgestellte Kostüme mit dazu passendem Schmuck zu versehen. So war von der Firma Zeier & Leipprand in Stuttgart ein recht originelles Straßenkleid in fraise Tuch da, an dem Brust- und Schulterteil mit aufgesetzten Türkisen und Perlen (Imitationen) besetzt waren. Die Anordnung war geschickt gemacht und der erzielte Eindruck, wenn auch vielleicht etwas schwer und prunkend, doch sehr eigenartig. Mit diesem Versuch, das Kleid mit Steinen zu besetzen, ist man auf ein frühmittelalterliches Schmuckprinzip zurückgegangen.

„Die Frauen legten Steine und Perlen auf das Kleid" heißt es öfters im Nibelungenliede, und auch das byzantinische Schmuckkostüm war vorwiegend mit aufgenähten Steinen aus

gestattet, die natürlich mit einer einfachen Fassung versehen waren, um das Aufnähen zu ermöglichen. Auch die Renaissance hat besonders zierliche Schmuckeffekte auf diese Art zu erreichen gewußt. Einen Ausläufer davon können wir im modernen, aufgenähten Jetschmuck erblicken, mit dem die schon genannte Firma ein Gesellschaftskleid in Libertyseide ausstattete.

Außer diesem Beispiel hatte der Maler Schultze-Naumburg aus Berlin ein sehr apart und künstlerisch wirkendes Blusenkleid aus Wolle und Seide ausgestellt, das wohl eine der bedeutsamsten Leistungen der Ausstellung genannt werden darf. Das Bolero Jäckchen war vorne mit einer großen Silberschließe zusammengehalten, die wohl durch ihren Entwurf, nicht aber durch die sehr flüchtig und blechig wirkende Art der Ausführung zu interessieren vermochte. Immerhin verdiente diese Arbeit besondere Erwähnung, als der einzige Versuch, Kleid und Metallschmuck künstlerisch zusammen zustimmen.

Man konnte auch sonst noch an den ausgestellten Kostümen Schmuck sehen, und sich an einigen geschickten Arrangements erfreuen; z. B. wirkte an einem Kostüm eine in zwei ungleich lange, frei herabfallende Enden auslaufende Perlenkette recht hübsch. Im ganzen aber war der ausgestellte Schmuck sowohl an und für sich, als in der Art seiner Anwendung äußerst dürftig und zeigte, daß in dieser Beziehung unsere Zeit noch so ziemlich Alles zu tun hat. Wir halten es für unsere Pflicht immer wieder auf diese Tatsache hinzuweisen, denn es ist eine Lebensfrage für unsere Schmuckkunst, daß sie in einen intimeren Zusammenhang mit der Kleidung kommt.

Eine bedeutsame Äußerung über den modernen Schmuck

enthält das erste Heft der neu herausgegebenen Zeitschrift „Kunst und Künstler“ aus der Feder des bekannten Hamburger Museumsdirektors und Kunstschriftstellers A. Lichtwark. Wir können uns nicht versagen, unsern Lesern den Hauptgedankengang dieses interessanten Aufsatzes mitzuteilen.

Der Autor konstatiert zunächst, daß alle Auslagen unserer Goldschmiedeläden ein doppeltes Gesicht zeigen. Sie enthalten einerseits kostbaren Schmuck, in Gold, Rubinen, Perlen und Diamanten gearbeitet, die den Geschmack der vornehmen Welt repräsentieren, und im allgemeinen wohl die gediegenste Technik, aber wenig oder gar nichts von moderner Kunstbeeinflussung verraten; und andererseits sieht man da Schmuck und Kleinsilberwaren, die in ihrer Ornamentik sich rückhaltslos modern gebärden, aber nach Technik, Herstellungsart und Ausstattung einen sehr viel weniger gediegenen Eindruck machen, als die erstgenannte Gattung. Ein solches Goldschmiedeschaufenster bietet also ein getreues Abbild unserer momentanen Geschmacksverhältnisse.

Mit dem Kunstwert der kostbaren Abteilung geht A. Lichtwark scharf ins Gericht. Er wirft ihr vor, daß sie nur durch Material und Technik zu wirken trachte, dagegen jeden Anklang an Kunst direkt meide, überhaupt an ausgesprochenen Formgedanken erschreckend arm sei. Auch tadelt er es, daß man Farbsteine in Facetten schleife, da man ihnen dadurch den größten Teil ihrer farbigen Wirkung nehme. Vor allem aber beklagt er und das scheint mir eine überaus wertvolle und treffende Beobachtung zu sein daß das Gold als solches aus dem modernen Schmuck fast verschwunden ist, daß es eigentlich nur noch an Ringen, Armbändern und Ketten in die Erscheinung tritt. Diamanten und Edelsteine auf der einen, Silber und Halbedelsteine auf der andern Seite sind es, die den Schmuck unserer Tage beherrschen. Dem herrlichen Goldschmuck, den die antike, den die nordische Kunst geschaffen hat, haben wir nichts annähernd Gleichwertiges entgegenzustellen.

Sehr viel mehr künstlerisches Interesse bietet nach Ansicht des Verfassers der Schmuck aus Silber und Halbedelsteinen. Seine Erzeugnisse haben aber, wie er näher ausführt, etwas Überstürztes und Unreifes noch an sich; auch hat die moderne Richtung bis jetzt noch nicht vermocht, gültige und befriedigende Typen für Brust- und Halsschmuck zu schaffen. Endlich erweckt auch die industrielle Ausschlachtung der modernen Kunstformen beim billigen Schmuck die Befürchtung, daß das gegenwärtig dafür beim Publikum herrschende Interesse bald erlahmen möchte.

Nachdem der Aufsatz sich bisher im wesentlichen mit dem Erzeuger des Schmuckes beschäftigt hat, wendet er sich nunmehr an das kaufende Publikum. Und hier spricht er eine sehr tiefe und für unser Gewerbe bittere Wahrheit aus, wenn er sagt, daß vor allem die vornehme Welt in einer ganz einseitigen Wert- und Überschätzung des rohen Materialwertes befangen sei, und daß sie großenteils die Schuld daran trage, wenn die Kunst daneben nicht aufzukommen vermöge. „Es hat wohl heißt es da wörtlich, „noch nie eine Kultur gegeben, deren kostspieligster Schmuck so durchaus jeder künstlerischen Veredelung entbehrte, wie der unserer Tage." Wir können nur bedauern, daß es nicht möglich ist, daß jede vornehme und wohlhabende Dame diesen Satz zu Gesicht bekäme, und einer ernsthaften Überlegung unterzöge.

Zum Schlusse des Artikels wird besonders auf den Unterschied in der Behandlung des vornehmen Goldschmuckes alter und neuer Zeit hingewiesen: Während wir heute die Goldfläche entweder matt oder blank zu halten uns bestreben, wußten frühere Kunstperioden, die hierin feinfühliger waren, einen duftigen Schimmer zu erzielen, durch Granulierung, Filigran oder Ciselierung, gegen welchen unsere Arbeiten immer noch roh und unfein erscheinen.

Mit den Ausführungen, die wir hier auszugsweise wiedergeben, hat der berühmte Kunstschriftsteller unserm Gewerbe einen Dienst erwiesen, den wir nicht zu gering schätzen dürfen.

Zu unseren Extrabeilagen.

Unser Musterblatt bringt Entwürfe von Ludw. Knupfer, Zeichner in Pforzheim, zu Damenschirmgriffen. Von dem Grundsatze ausgehend, daß solche Griffe der Hauptsache nach Gebrauchsgegenstände sind, hat der Künstler die Arbeiten in einfachen Formen gehalten, so daß sie sich zu maschineller Ausführung eignen würden und jedenfalls angenehm zu handhaben sind.

Die Extrabeilage der Firma Hosse & Schlingloff in Hanau, die unserer heutigen Nummer beigegeben ist, bringt eine Anzahl hervorragend ausgeführter Brillantarbeiten zur Darstellung. Diese Schmuckstücke lassen bei geschmackvoll erwogener Linienführung eine sorgfältige Bedachtnahme auf den Geschmack der heutigen Zeit wohl erkennen.

Da unseren Lesern einige nähere technische Angaben jedenfalls willkommen sein werden, lassen wir solche hier folgen.

Bei dem großen Kollier in der Mitte sind die Blätter in Weiß gefaßt, die Äste dagegen in Gold, um eine gewisse Nuancierung in das Ganze zu bringen. Die anderen Stücke sind jeweils teils ganz in Gold, teils ganz in Weißfassung gehalten. Bei den Broschen auf der linken Seite der Tafel ist, wie die Abbildung erkennen läßt, auch die gegenwärtig so beliebte transparante Zellenemaille zur Anwendung gekommen. Die Stücke sind durchaus mit auserlesenen, feinen Juwelen gefaßt.

Das Haus führt die dargestellten Gegenstände und Ähnliches auf Lager.

Ferner machen wir unsere Leser besonders aufmerksam auf die Beilage der Firma Hasenmayer, Prägeanstalt in Pforzheim, zu dieser Nummer, die in jeder Beziehung eine künstlerisch vollendete Reklameleistung vorstellt.

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