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Neu sind Frucht- und Schmuckschalen aus Bernstein, deren Silberfassungen in dem Atelier von P. Bruckmann & Söhne in Heilbronn hergestellt sind, Isowie die Arbeiten aus Bernstein und Bronze von Erhard & Söhne in Schwäb.Gmünd. Andere kunstgewerbliche Gegenstände aus Bernstein, wie Schreibzeuge, Bilderrahmen, Thermometer sowie allerliebste Nippes haben Ottmüller & Lehmann in Königsberg, A. Zausner in Danzig und Friedrich in Oliva ausgestellt.

Auch der Preẞbernstein ist in St. Petersburg nicht unvertreten. Seit einigen Jahrzehnten kennt man ein Verfahren, um den Bernstein, namentlich die kleineren und mittleren Stücke, die noch zu teuer für die Verarbeitung zu Perlen oder zu Lack sind, hydraulisch zusammen zu pressen. Dieser gepreßte Bernstein läßt sich wie Naturbernstein drechseln, bohren und polieren, wenn er auch durch seine minder schöne und gleichmäßige Färbung für künstlerische Verarbeitung kaum geeignet ist. Da er aber in bezug auf seine sonstigen Eigenschaften dem echten Bernstein gleich ist, so wird er viel zu den billigeren Zigarren- und Ansatzspitzen verwendet. Neuerdings ist es nun noch gelungen, den Bernstein bei der hydraulischen Pressung durch die ganze Masse so zu färben, daß er das Aussehen der verschiedensten marmorund achatartigen Gesteine und Halbedelsteine, wie Carneol, Nephrit, Heliotrop u. s.w., erhält; da er zudem sehr haltbar ist, SO scheint er berufen, bei Gebrauchsgegenständen, wo es sonst nur noch auf dekorative Wirkung ankommt, Stoffe wie Horn, das feuergefährliche Celluloid, Holz und selbst das leicht gelblich werdende Elfenbein zu verdrängen. So hat die Firma Adolf Arnsberg in Aachen aus Preẞbern

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stein Türdrücker, Fenstergriffe, Baubeschläge u. s. w. in modernem Stil, verbunden mit allen Bronzearten, in geschmackvoller Ausführung ausgestellt. Einen großen Verbrauch findet der gepreßte Bernstein, allein oder in Verbindung mit Naturstein, zur Herstellung der sogen. Negerkorallen, wie sie nach weniger kultivierten Gegenden exportiert werden. Die zu langen Schnüren geordneten roten Perlen treten in Konkurrenz mit dem durch Drachen

blut (ein rotes Pflanzenharz) oberflächlich gefärbten Bernstein, wie er in Japan geschätzt und über Hongkong gehandelt wird, während die grünen Perlen mit dem Nephrit wetteifern, der als Schmuckstein in China, Korea und Nordindien sehr beliebt ist. In St. Petersburg ist dieser Preßbernstein in Form einer Pyramide in all seinen Arten und Stücken von den königlichen Bernsteinwerken ausgestellt.

Um die ganze Entwickelung der Bernsteinproduktion zu veranschaulichen, hat die Geschäftsleitung in St. Petersburg eine Anzahl Karten, Bilder und Tabellen ausgelegt, aus denen Vorkommen, Verbreitung, Gewinnung und Produktionsmengen des Bernsteins ersichtlich sind, ferner eine Sammlung, welche die Stammpflanzen, die Flußarten, die Farbenvarietäten, die Einwirkungen der umgebenden Erdarten auf die Oberfläche des Bernsteinstückes und die vom Bernstein während seines Ausflusses eingeschlossenen Pflanzenreste und Tiere zeigt. Außerdem wird in einer besonderen Abteilung eine Übersicht über die hauptsächlichsten Formen des ältesten Bernsteinschmucks geboten, wie er etwa 1000 Jahre vor unserer Zeitrechnung in der Umgebung der heutigen Memelmündung hergestellt wurde.

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M. v. B.

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Preisausschreiben des Hanauer Kunstgewerbevereins 1902.

Von Dr. F. Quilling.

(Schluß; Abbildungen in der vorigen Nummer.)

Von den Entwürfen L. Knupfers-Pforzheim und E. Pehmeyers-Hanau, zwischen denen der dritte Preis in Aufgabe I geteilt wurde, sind die besten Stücke im Text der vorigen Nummer abgebildet.

Ein durchgehendes künstlerisches Prinzip, wie wir es bei Leuthold und Rücklin beobachten konnten, tritt bei Knupfer weniger deutlich zu Tage. Er bietet stilistisch Mannigfaltiges und Verschiedenartiges, jedoch alles in seiner Art außerordentlich reizvoll. Seine Gürtelschnallen zeigen Rankenmotive in geschmackvoller Verzweigung mit emaillierten Beeren, die Steckkämme reine Linearornamentik mit zerstreuten grünen Emaileinlagen, die beiden Nadeln aber wirken besonders anziehend durch ihre vornehme Schlichtheit, indem sich einfache Linien um einen grün emaillierten Kern ziehen, dem durch einen kleinen Brillanten ein leuchtender Akzent verliehen ist Arbeiten, die auf einer ganz ähnlichen Empfindung und Geschmacksrichtung beruhen, wie die kürzlich von Ortlieb veröffentlichten Schmuckentwürfe.

Die schönste Leistung und diejenige, die ihm in erster Linie den Preis eintrug, bietet Knupfer mit dem Kollier, dessen Anhänger ein stilisiertes Insekt bildet. Die Stilisierung ist ihm vorzüglich gelungen; sie würde noch mehr zur Geltung kommen, wenn die etwas zu stark dominierenden fühlhörnerartig am Kopf des Tieres ansetzenden Teile kleiner gehalten oder ganz weggefallen wären. Zu der fein empfundenen Linienführung stimmt vortrefflich das zarte, in Graublau, Tiefblau und Grünlichblau abgestimmte Email, während die glitzernden Augen durch zwei Brillanten geschickt markiert sind.

Für Pehmeyers Prämiierung war hauptsächlich das zierliche und namentlich in den Farben des blaßgrünen Emails und der dunkelroten Farbsteine äußerst anmutig wirkende Bracelet maßgebend, welches in der Textabbildung dargestellt ist. Das Motiv der fächerförmigen, um rote Kernpunkte gruppierten Blätter, welches die drei Hauptglieder des Schmuckstückes charckterisiert, ist in glücklicher, vereinfachter Weise wiederholt im Dekor der drei Anhänger, die wiederum unter sich durch dünne Goldkettchen verbunden sind.

An der Lösung der zweiten Preisaufgabe hatten sich bei weitem weniger Bewerber versucht als an der ersten; es war demgemäß nur eine verhältnismäßig kleine Anzahl von Entwürfen eingegangen, Entwürfe, die außerdem aber auch qualitativ großenteils nicht auf der Höhe künstlerischen Empfindens und Könnens standen, wie sie bei den Schmuckarbeiten fast durchweg zu konstatieren war. Ein Fehler, auf den soeben wieder H. Pudor in seinen Dokumenten des Kunstgewerbes mit Recht scharf hinweist, trat auch bei vielen der eingereichten Entwürfe in die Erscheinung: Sie nahmen nicht genügend Rücksicht auf die Eigenschaften des Edelmetalles, in dem die Ausführung gedacht war. Es sollte ja kein ZinnService in einem Falle könnte man sogar sagen Marmorservice es sollte keine Toilettetischgarnitur in Messingblech geschaffen werden, sondern Silber war als Material vor

geschrieben, Silber, welches eine zierliche, feine Behandlung der Formen nicht nur gestattet, sondern zur Pflicht macht. Der erste Preis wurde Walter Klein-Stuttgart zuerkannt, der in seinem Service nicht nur diesen Fehler vermieden hatte (vgl. die Textabbildung), sondern auch eine durchaus anerkennenswerte, einheitliche und geschlossene künstlerische Leistung mit seinen geschmackvollen Entwürfen bot. Dieselben gaben zugleich Gelegenheit, ihn als hervorragenden Zeichner und Farbentechniker erkennen zu lassen, indem seine Darstellung zumeist auf die Wirkung der äußerst flott und geschickt aufgesetzten Lichter berechnet ist. Der zweite Preis wurde geteilt zwischen G. Beck-SchwäbischGmünd und R. Pauschinger-Darmstadt. Beide hatten den gleichen Entwurf einer Toilettetisch-Garnitur gewählt, ihn aber in einer ganz verschiedenen Weise behandelt, und ich fürchte, so einfach und vornehm sich Pauschingers Arbeit im Entwurfe ausnimmt, so nüchtern und eintönig würde sie in der Ausführung wirken, da die großen Flächen der Komposition meiner Empfindung nach nicht genügend durch die Linienführung oder andere gliedernde Elemente belebt sind. In der Farbenskizze aber ist davon nichts zu merken uud sie verdiente die Zuerkennung eines Preises umsomehr, als sie technisch hervorragend durchgeführt ist.

Beck ist stilistisch nicht so großzügig und so breit in den Flächen wie Pauschinger; mit stilisierten Blättern, Ranken und Früchten hat er die in vergoldetem Silber gedachte Metallfassung seiner Garnitur besetzt und damit sowohl wie durch die äußerst geschmackvolle und feine Anordnung der Konturen Toilettestücke geschaffen, die jede künstlerisch empfindende Dame mit besonderem Vergnügen zur Hand nehmen würde.

Unsere kurze Betrachtung der preisgekrönten aus den zahlreichen trefflichen Entwürfen, die wir dem Preisausschreiben des Hanauer Kunstgewerbevereins zu verdanken haben, resultiert in dem Ergebnis, daß dieser Verein sich damit ein bleibendes Verdienst erworben hat, ein Verdienst, welches seinen Ausdruck nicht nur in den effektiv erzielten Leistungen auf kunstgewerblichem Gebiete findet, sondern auch in den ideellen Anregungen, die dadurch weithin über Hanaus Grenzen hinaus gegeben worden sind. Und gerade das letztbetonte Moment ist es, welches das Hauptverdienst des Vereins ausmacht. Am Erfolg der Leistungen ist noch eine zweite Körperschaft beteiligt, welcher er gern zuerkennen wird, was ihr davon zukommt: Die Königliche Zeichenakademie. Neun Schüler derselben sind aus dem Wettbewerb preisgekrönt oder mit lobender Erwähnung bedacht hervorgegangen, gewiß ein sprechendes und erfreuliches Zeugnis für die Leistungsfähigkeit der Anstalt, im besonderen der unter Leitung der Herren Naas und Wenig stehenden Klassen. Die Hanauer Edelmetall-Industrie aber darf sich glücklich schätzen, zwei Institute zu besitzen, aus deren gemeinsamer Arbeit solche Früchte ersprießen.

Trag muntern Herzens deine Last
Und übe fleissig dich im Lachen.

Wenn du an dir nicht Freude hast,
Die Welt wird dir nicht Freude machen.

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Über Schmuck und Tracht.

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Von Dr. E. W.

Die Geschichte der Tracht ist ein bedeutendes Stück, ja ein Hauptstück der Stilgeschichte. Dieser Satz wird vielleicht auf Widerspruch stoßen. Daß man in der Baukunst und den mit ihr zusammenhängenden Künsten einen romanischen, einen gotischen, einen RenaissanceStil und noch mancherlei andere unterscheidet, das freilich pfeifen die Spatzen von den Dächern; und ebenso wird man willig zugeben, daß sich die Wandlungen des Zeitgeistes wie in allem so natürlich auch in der Kleidung äußern müssen. Aber diesem Gebiete eine größere Bedeutung beizumessen, ja es gar als ein Hauptstück der Stilgeschichte zu bezeichnen, das dürfte doch manchem als übertrieben erscheinen.

Aber so wollen wir uns einmal fragen was ist denn eigentlich überhaupt „Stil"? Wir sehen ab von jener bekannten, nur scheinbar engen, in Wirklichkeit aber recht weitmaschigen Zweck-Material-Technik-Definition und sagen einfach: Stil zeigt sich in der Art, wie der Geist den Stoff beherrscht. Die dem Menschen nächste Materie aber ist der eigene Leib. In seiner Haltung also und, da er zumeist bekleidet erscheint, warum, darüber nachher in seiner Tracht wird sich Stil in erster Linie ausprägen. Absichtlich sagen wir „Tracht" und nicht „Kleidung"; denn wie der Mensch sich trägt", und nicht, womit er sich kleidet, interessiert uns hier; wie denn auch die Quellen der Trachtenkunde nicht alte, überlieferte Kleidungsstücke sind, sondern Bilder, Darstellungen aus dem vielgestalteten Leben selber.

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Unser Thema umfaßt noch ein zweites Wort, das wir nicht ohne Absicht an erster Stelle nannten: den Schmuck. In den Kostümgeschichten zwar wird er eigentlich recht stiefmütterlich behandelt; und doch ist er ein wesentliches Stück der Tracht, ja ihr Ausgangspunkt, die Urtracht.

Auch dieser Satz könnte zunächst wohl Widerspruch erfahren. Man wird vielleicht einwenden: Schmuck und Kleidung sind zwei ganz verschiedene Dinge; Schmuck hat eben zu schmücken und ist eigentlich Luxussache, Kleidung dagegen hat zu kleiden oder besser zu bekleiden, d. h. zu schützen und zu verhüllen, und ist etwas unentbehrliches. Gegen Nr. 1 wollen wir, vorausgesetzt daß man auf das Wort Luxus keinen allzugroßen Accent legt, zunächst nichts erwidern. Den zweiten Einwand aber müssen wir nach beiden Punkten hin genauer auf seine Stichhaltigkeit untersuchen.

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Uns zwar, die wir in einem harten Klima leben, leuchtet für die Kleidung der Zweck des Schutzes auf den ersten Blick ohne weiteres als ausschlaggebend ein. Ebenso einleuchtend aber ist es auch, daß in Gegenden, in denen es die Sonne besser mit den unter ihr lebenden meint, von einem Schutzbedürfnis gegen die Witterung nicht gut die Rede sein kann. Und wenn in diesen Gegenden nun die

Menschen doch Kleidung tragen, sei es auch nur in sehr bescheidenem Maße, so wird man zugeben, daß es doch wohl andere Gründe gewesen sein müssen, die sie zur Einführung der Tracht veranlaßt haben.

Was nun die zweite, die Verhüllungstheorie betrifft, so hat diese zwar die Autorität der Bibel für sich. Aber die Völkerkunde erzählt uns von wilden Stämmen, die durchaus nicht in paradiesischer Unschuld dahinleben und sich ihrer Nacktheit trotzdem keinesDoch wegs schämen. warum in die Ferne schweifen: bei uns z. B. würde in Gesellschaft lauter dekolletierter Damen eine undekolletierte zweifellos erröten, nicht aber wegen des vielen Nackten, was sie da sähe, sondern vielmehr gerade wegen der Verhüllung ihrer selber nämlich im Gegensatze zu ihren freigiebigeren Genossinnen.

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So ist also weder auf Schutzbedürfnis, noch auf Schamhaftigkeit die Kleidung in erster Linie zurückzuführen.

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warum

Fragen wir einmal, um ihren Grund zu erfassen, bei der ursprünglichen Wortbedeutung an, die sich häufig im Nebensinne, gleichsam unter der Schwelle des Bewußtseins erhält. Wenn Sie z. B. verehrtes Fräulein bezw. verehrte Frau in einem Putzladen nicht Kleidungsladen? Hüte aufpassen, so sagt Ihnen die Mamsell: Nehmen Sie den, er kleidet Sie vorzüglich. Will sie nun damit sagen, daß er Sie vorzüglich verhülle, oder daß er Sie vorzüglich gegen Sonne, Regen und Wind schütze? Nein, verehrtes Fräulein bezw. verehrte Frau, sie will damit sagen: Wenn Sie den Hut aufhaben, wird jedermann sagen: Entzückend,

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