Page images
PDF
EPUB
[blocks in formation]

,,Auf Ihre Beschwerde vom 9. Oktober 1903, betreffend die Strafverfolgung des Fabriktischlers H. in Freiburg i. Schl. wegen unlauteren Wettbewerbes, eröffne ich Ihnen unter Rückgabe der Anlage, daß ich nach Prüfung des Sachverhalts keine Veranlassung gefunden habe, entgegen der Verfügung des Herrn ersten Staatsanwalts zu Schweidnitz vom 3. Oktober 1903 ein strafrechtliches Einschreiten anzuordnen.

Ich teile vielmehr die Ansicht des Herrn ersten Staatsanwalts, daß das öffentliche Interesse die Erhebung der öffentlichen Klage nicht erfordert. Denn das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten ist nicht von Bedeutung für die Allgemeinheit. Es werden dadurch nur Sonderinteressen verletzt.

Hiernach wird Ihre Beschwerde als unbegründet zurückge

wiesen."

Diese Entscheidung steht wiederum im Widerspruch mit der Zusage, welche der Herr Staatssekretär des Innern im Reichstage vor etwa 3 Jahren gemacht hat. Der Herr Staatssekretär sicherte damals zu, daß die Staatsanwaltschaften angewiesen werden sollten, Anträge wegen Zuwiderhandlung gegen das Gesetz wider den unlauteren Wettbewerb in erheblicherem Maße zu erheben, und dafür einzutreten, daß die Antragsteller nicht regelmäßig auf den Weg der Privatklage verwiesen werden.

unserer

Trotz dieser Zusicherung und trotz der auch von Seite erhobenen Beschwerden bei dem Herrn Justizminister, scheint irgend eine Anweisung an die Staatsanwaltschaften in diesem Sinne nicht erfolgt zu sein; denn fast auf alle Anträge, die von unserer Seite an die Staatsanwaltschaften und Oberstaatsanwaltschaften gestellt worden sind, kam regelmäßig die Antwort, daß wegen Mangels öffentlichen Interesses die Verfolgung abgelehnt sei. In jedem Fall wurden wir auf den Weg der Privatklage verwiesen.

Das Gesetz wider den unlauteren Wettbewerb wird infolgedessen völlig illusorisch. Das Gesetz hat allerdings gewollt, daß Fälle unlauteren Wettbewerbes, die nur eine Schädigung des einzelnen zur Folge haben oder eines engeren Kreises, auch nur von denjenigen verfolgt werden soll, welche unmittelbar dabei interessiert sind. Wenn aber ein ganzer Geschäftszweig dadurch geschädigt wird, indem sich Personen, die das Goldschmiede handwerk nicht erlernt haben, sich Goldarbeiter nennen und dadurch auch eine wesentliche Täuschung des Publikums vor sich geht, so sollte die Staatsanwaltschaft keine Bedenken tragen, und die Anträge auf Verfolgung als im öffentlichen Interesse gelegen, annehmen.

In dem Fall H. S. in Freiburg i. Schles. handelt es sich nicht um einen einzelnen Fall, sondern um einen Unfug, der sich über ganz Deutschland erstreckt. Es ist nachweisbar, daß sich unzählige Uhrmacher „Goldarbeiter“ nennen, die lediglich das Uhrmachergewerbe erlernten und sich das Prädikat „Goldarbeiter" zulegten, um mit dieser falschen Angabe tatsächlicher Art das Publikum zu täuschen.

In einem solchen Fall, in dem sich ein Uhrmacher „Goldarbeiter" und "Optiker" nannte, hat der Vorstand des Verbandes Privatklage erhoben und diese bis zu einer Oberlandesgerichtsentscheidung in Jena durchgeführt, und zwar ist die Klage in unserem Sinne entschieden worden und dem Betreffenden aufgegeben, der Bezeichnung seiner Person als Goldarbeiter sich zu enthalten bei Vermeidung einer Geldstrafe bis zu 50 Mark oder der Strafe der Haft bis zu einer Woche für einen jeden Wiederholungsfall. Ebenso ist mit vollem Recht in einem Prozeß, welchen der Uhrmacher-Verband gegen einen Goldarbeiter, welcher sich Uhrmacher nannte, angestrengt, entschieden worden, daß sich ein Goldarbeiter, der das Uhrmachergewerbe nicht erlernt hat, sich Uhrmacher zu nennen nicht berechtigt ist.

In dem von uns durchgeführten Prozeß, wonach den Uhrmachern das Recht, sich Goldarbeiter zu nennen, aberkannt ist, sind die Gründe des Gerichtshofes folgende:

Gründe.

Nach § 1 des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes vom 27. Mai 1896 sind Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen befugt, auf Unterlassung von unrichtigen Angaben der in Satz 1 bezeichneten Art zu klagen, falls sie als solche in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten klagen können. Dazu ist der klagende Verband als eingetragener Verein nach § 21 B. G. Behs. berechtigt, wie sich aus dem Zeugnisse des Königl. Amtsgerichts Berlin vom 28. September 1903 ergibt. Die Bezeichnung als Goldarbeiter, wie sich der Beklagte in einer Zeitungsannonce über sein Geschäft und auf seinem Firmenschilde nennt, enthält eine Angabe tatsächlicher Natur über geschäftliche Verhältnisse, da damit das

Vorhandensein einer persönlichen Eigenschaft auf Seiten des Beklagten behauptet wird, die für das kaufende Publikum, für den geschäftlichen Verkehr Bedeutung hat. Diese Angabe ist auch erfolgt der Oeffentlichkeit gegenüber und in einer für einen größeren Personenkreis, den Leserkreis der betreffenden Zeitung bestimmten Mitteilung. Es ist also weiter zu prüfen, ob diese Bezeichnung geeignet ist, den Angenschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, und ob sie unrichtig ist?

Man hat bei der Beurteilung der Frage, was unter dem Worte „Goldarbeiter“ zu verstehen ist, den Sprachgebrauch heranzuziehen und Gewicht zu legen auf die Anschauung der beteiligten Kreise, der Geschäftsleute und des Publikums. Allgemein aber wird danach unter einem „Goldarbeiter" ein Mann verstanden, der Arbeiten in Edelmetallen vornehmen und diese auf Echtheit und Wert prüfen kann. Bezeichnet sich nun ein Uhrmacher als Goldarbeiter, so wird die Vermutung hervorgerufen, daß man es geschäftlich mit einem Manne zu tun hat, der nicht soviel wie der Uhrmacher von goldenen, silbernen Gehäusen und dergleichen versteht, sondern auch noch das besondere Verständnis und die Fertigkeit eines Goldarbeiters besitzt. Das Publikum wird glauben, sich beim Ankauf dort gebotener Goldwaren auch auf die Sachkunde eines in Goldarbeiten ausgebildeten Mannes verlassen zu können, es wird glauben, einen Fachmann auf diesem Gebiete vor sich zu haben und deswegen besser kaufen zu können. Gerade bei den feineren Handwerken wird das fachmännische Können auf Grund ordentlicher Ausbildung von größerer Bedeutung sein, weil es sich um teure, kostspielige Waren resp. Arbeiten handelt. Das Angebot von Goldwaren mit der Bezeichnung als Goldarbeiter erscheint deshalb als ein besonders günstiges. Denn günstig ist ein Angebot nicht nur bei günstigen Preisen, sondern auch dann, wenn die Garantie des Fachmannes für die Vertrauenswürdigkeit des Anzeigenden und die Güte der Ware als vorhanden hingestellt wird. Siehe den Kommentar von Pinner zu dem Ges. v. 27.5. 1896 S. 30 unter 3.

Der Beklagte hat aber nach seinen eigenen Behauptungen nicht das Recht, sich als Goldarbeiter bezeichnen zu dürfen, und ist daher seine Angabe insofern eine unrichtige. Daß er handwerksmäßig als Goldarbeiter ausgebildet sei, behauptet Beklagter selbst nicht, und wenn er auch als Verkäufer oder in der Werkstatt eines Uhren- und Goldwaren-Geschäftes längere Zeit tätig gewesen ist, so ist damit noch keineswegs gesagt, daß er als Goldarbeiter beschäftigt war. Offenbar hat sich Beklagter auch selbst nicht die Fähigkeit beigemessen, Gold- bez. Silberarbeiten vorzunehmen, da er die Reparaturen bei seiner Geschäftseröffnung in Gotha durch einen Goldarbeiter vornehmen ließ. Hat er schließlich auch kleinere Reparaturen selbst vorgenommen, so ist er doch damit noch nicht zu einem Goldarbeiter ausgebildet worden, was er auch dadurch nicht werden konnte, daß er sich einen Gehilfen für Reparaturen gehalten hat.

Der von dem klägerischen Verbande erhobene Anspruch auf Unterlassung der in Bezeichnung als Goldarbeiter enthaltenen unrichtigen Angabe über geschäftliche Verhältnisse ist sonach begründet und Beklagter daher, wie geschehen, zu verurteilen, sich dieser Bezeichnung bei öffentlichen Bekanntmachungen und dergl. zu enthalten und zwar bei Strafe bei jedem Zuwiderhandlungsfall, wie diese nach § 890 CPO oben angedroht worden ist. Ein Eingriff in die reichsgesetzlichen Vorschriften über Gewerbefreiheit ist in diesem Verbote nicht enthalten, da der Beklagte ja nicht gehindert wird, Goldwaren zu verkaufen, und ihm nur untersagt sein soll, sich als Goldarbeiter zu bezeichnen und insofern unlauteren Wettbewerb zu betreiben.

[blocks in formation]

Aus diesen Gründen geht zweifellos hervor, daß eine Behinderung der Gewerbefreiheit nicht beabsichtigt wird, wenn den Uhrmachern für die Folge nicht gestattet werden soll, sich „Goldarbeiter" zu nennen.

In der Urteilsbegründung wird anerkannt, daß durch die Bezeichnung der Uhrmacher als Goldarbeiter nicht nur die Interessen der Juweliere und Goldarbeiter verletzt werden, sondern daß eine Täuschung des Publikums vorliegt, und muß infolgedessen die Angelegenheit als im öffentlichen Interesse gelegen betrachtet werden. Die fortgesetzte Ablehnung der Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft mangels öffentlichen Interesses rechtfertigt sich daher nicht. Das Verhalten der Staatsanwaltschaft ist um so auffallender, als sie doch bei anderen Straftaten geneigt ist, das öffentliche Interesse als mitbeteiligt zu erachten.

Wir weisen darauf hin, daß bei Beleidigung jedes mittelbaren Beamten, die Anklage meist als im öffentlichen Interesse gelegen, erhoben zu werden pflegt. So wichtig auch das Ansehen des Beamtenstandes ist und so sehr es auch geboten erscheint, demselben einen ausreichenden Schutz zu gewähren, so ist doch der Schutz des Industrie- und Gewerbestandes gegen die Ausschreitungen, wofür das Gesetz wider den unlauteren Wettbewerb geschaffen ist, nicht weniger wichtig.

Infolge dieser Ausführungen beantragen wir hiermit, in Sachen H. S. in Freiburg i. Schles. wegen unlauteren Wettbewerbes die Zurückweisung der Oberstaatsanwaltschaft zu verwerfen und derselben aufzugeben, einen Straf-Verfolgungsantrag zu erlassen.

In Verfolg der Zusicherung des Staatssekretärs des Herrn Grafen Posadowski im Reichstag, die Staatsanwaltschaften anzuweisen, Handwerk und Industrie mehr wie bisher in Schutz zu nehmen, und berechtigten Anträgen auf Verfolgung stattzugeben. Berlin, den 27. Oktober 1903.

Ehrerbietigst

Verband Deutscher Juweliere, Gold- und Silberschmiede Berlin S., Oranienstrasse 143.

Fischer.

Bekanntmachung.

Vorstandssitzung des Verbandes am 2. November 1903, im Geschäftszimmer, Berlin, Oranienstraße 143, abends 8 Uhr.

Anwesend: Fischer, Werner, Menzel, Müller. Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung mit der Mitteilung, daß es heut genau 3 Jahre sind, daß der Verband am 2. November 1900 in Berlin begründet worden ist und knüpft daran den innigen Wunsch, daß es dem Vorstand vergönnt sein möge, auf den eingeschlagenen Wegen weiter zu arbeiten zum Besten unseres Kunstgewerbes.

Ferner berichtet derselbe über eine Agitationsreise nach Magdeburg, wo mit Herrn Walter-Halle und Herrn Hofjuwelier KempfeMagdeburg über die weitere Organisation der Provinz Sachsen beraten wurde. Es wurde beschlossen, nach Handwerkskammer-Bezirken Vereine zu bilden und daß die dann in Frage kommenden Vereinigungen

Arnstadt, für die Fürstentümer Schwarzburg-Rudolstadt u. Schwarzburg-Sondershausen,

Dessau, für das Herzogtum Anhalt,

Erfurt, für den Regierungsbezirk Erfurt und Kreis Schmalkalden.
Gera, für das Herzogtum Sachsen-Altenburg u, Fürstentum Reuß j. L.,
Gotha, für die Herzogtümer Coburg und Gotha,
Greiz, für das Herzogtum Reuß ä L.,

Halle, für den Regierungsbezirk Merseburg,

Magdeburg, für den Regierungsbezirk Magdeburg, Meiningen, für das Herzogtum Sachsen-Meiningen,

Weimar, für das Großherzogtum Sachsen-Weimar,

einen Unterverband der Provinz Sachsen und den Thüringischen Staaten bilden.

Der Konventionsvorschlag ist mit einem entsprechenden Begleitschreiben an 150 Silberwarenfabrikanten, letzteres ohne Beilage an die Ausschußmitglieder laut Beschluß vom 27. September zur Kenntnisnahme gesandt worden.

Weiter wird dem Vorstand zur Kenntnis gegeben, daß der Prozeß gegen den Uhrmacher H. in Gotha, der sich Goldarbeiter nannte, zu Gunsten des Verbandes entschieden ist. Nachdem das Urteil rechtskräftig geworden ist, soll gegen die Uhrmacher, welche sich Goldarbeiter nennen, vorgegangen werden.

Ebenso wird mitgeteilt, daß der Prozeß R. in Posen gewonnen ist wegen der Beschlagnahme der Brillantwagen und Karatgewichte. Herr Fischer teilt weiter mit, daß er an den Justizminister eine Beschwerde eingereicht hat, darüber, daß die Staatsanwaltschaften und die Oberstaatsanwaltschaften Anträge auf Verfolgung des Uhrmachers S. in F. abgelehnt haben wegen mangels öffentlichen Interesses.

Zur Beratung kommt ferner die Finanzierung der Verbandskasse, Der Vorsitzende weist darauf hin, daß die Aufstellung eines Haushaltsplanes, wozu der Vorstand auf Grund des Beschlusses vom 27. September verpflichtet ist, nur dann möglich ist, wenn die Einnahmen genau festgestellt werden, und ein Aufsammeln der Beiträge der ständigen Mitglieder nur dann denkbar, wenn eine Erhöhung der Beiträge eintritt. In Erwägung gezogen wurde der Vorschlag des Ausschußmitgliedes Herrn Walter, einen einmaligen, freiwilligen außerordentlichen Beitrag zu erheben, doch fand dieser Vorschlag deshalb keinen Beifall, weil es dadurch nicht möglich wird, dauernd die Einnahmen in ein richtiges Verhältnis zu den Ausgaben zu bringen. Beschlossen wird, zu versuchen, eine freiwillige Erhöhung der persönlichen Beiträge der wohlhabenderen Mitglieder, ohne kleine Beiträge minderbegüterter auszuschließen, anzustreben. Die Vorstandsmitglieder Fischer, Dr. Schröder, Werner, verpflichten sich zu einem Jahresbeitrage von 50 Mark, Herr Müller zu 100 Mark; ebenso hat Herr Walter sich zu einem Jahresbeitrage von 50 Mark erklärt, um mit einem guten Beispiel voranzugehen. Eine Neuauflage der Mitgliederliste und der Satzungen liegen als Korrektur vor. Herr Fischer schlägt vor, bei Gelegenheit des Anschreibens an die Mitglieder, den Jahresbeitrag betreffend, diese beiden Drucksachen mitzuschicken.

Ratfisch-Schwerin dankt für die Unterstützung, die ihm seitens des Vorstandes in seiner Einbruchsangelegenheit geworden und quittiert über die gezahlten 146 Mark als Beihilfe zu den Prozeßkosten. Der Brief soll veröffentlicht werden.

Die Sache Tait ist vom Reichsgericht an das Landgericht II zurück verwiesen worden, die weitere Durchführung wird als Ehrensache betrachtet.

Verband Deutscher Juweliere, Gold- und Silberschmiede
Berlin S., Oranien-Strasse 143.
Fischer.
Oscar Müller.

Nachdruck aus dem Inhalt vorliegender 3eitung ist nur mit Erlaubnis der Redaktion und unter genauer Quellenangabe gestattet

[blocks in formation]

Amtliches Organ des Verbandes Deutscher Juweliere, Gold- und Silberschmiede

des Vereins der Juweliere, Gold- und Silberschmiede von Rheinland und Westfalen, des Vereins der
Juweliere, Gold- und Silberschmiede Württembergs, der Freien Vereinigung des Gold- und Silberwaren-
Gewerbes für Berlin und den Reg.-Bezirk Potsdam, des Vereins der Juweliere, Gold- und Silberschmiede
des Großherzogtums Baden, der Goldschmiede-Werkgenossenschaft Berlin, der Kölner Juwelier-Vereinigung,
der Freien Vereinigung der Juweliere, Gold- und Silberschmiede des Reg.-Bezirks Stettin, der Goldschmiede-
Innung Schwerin, der Freien Vereinigung der Gold- und Silberschmiede zu Görlitz, des Kreditoren-Vereins
für die Gold, Silberwaren- und Uhren-Industrie Pforzheim, der Kunstgewerbe-Vereine Hanau und Pforzheim,
des Gewerbemuseums Gmünd, der Zentralstelle Schmuck und Mode

Begründet und berausgegeben von Wilhelm Diebener, Leipzig 21, Schützenstr. 15
Verantwortliche Redakteure: Syndikus Berm. Pilz, Leipzig

[merged small][ocr errors]

Für den kunstgewerblichen Teil: R. Rücklin, Pforzheim Für den volkswirtschaftlichen Teil:

VI. Jabrgang | Ersbeint am 1. und 15. eines jeden Monats

Leipzig, 1. Dezbr. 1903

Das Reklameblatt Schmuck und Mode,

welches von uns am 3. Dezember ausgegeben wird, enthält auf

Seite 1: Modenbild einer jungen Dame mit Schmuck,

2: das Modenbild von Seite 196 dieser Nummer,

[merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][ocr errors][merged small]

4: Typen modernen Schmucks (Broschen, Anhänger. Kämme etc.).

Die letztere Überschrift (Seite 4) wurde deshalb gewählt, um dem Publikum die Schmuckabbildungen nicht als Bilder von auf Lager vorrätigen Stücken vorzuführen, sondern, wie gesagt, als Typen, die in ähnlichen Stücken jeder Goldschmied auf Lager hat. Dieser Ausweg ist der beste, wie es der Goldschmied umgehen kann, in seinen Reklamen die Bilder wirklich vorrätiger Stücke bringen zu müssen.

Ein für alle Fälle als Reklame geeigneter Text (nicht der aus dieser Nummer) ist beigegeben.

Wir zweifeln nicht, daß das Blatt eine der geeignetsten Reklamen für den Goldschmied bildet.

Die eingegangenen Aufträge werden am 3. bis 4. Dezember ausgeführt. Neubestellungen können bis zum 3. Dezember noch angenommen werden, später eingehende Aufträge erfahren infolge der nötigen neuen Drucklegung einen Aufschlag. Preise und Satzeinrichtung ersehe man in No. 22, Seite 19.

Verlag der Deutschen Goldschmiede - Zeitung.

Geschäftliche Rundschau.

Mit der herannahenden Weihnachtszeit, von der uns nur noch wenige arbeitsreiche Wochen trennen, hebt sich überall das Geschäft, und die Nachrichten aus dem Auslande sind günstiger, als wie sie in den verflossenen Monaten waren. In Paris hält die Besserung, die schon seit einigen Monaten eingetreten war, an und man erwartet recht lebhafte Umsätze für die nächsten Wochen. Nur wird sich das Publikum mit den älteren, erprobten Mustern begnügen müssen, denn in keinem Jahre sind noch so wenig Neuheiten auf den Markt gekommen, wie in diesem. Was die großen Künstler hervorbringen, kann man nicht als Neuheit im landläufigen Sinne des Wortes betrachten; diese Herren stehen, sozusagen, außer Wettbewerb, was sie bringen, interessiert nur wenige der obersten Gesellschaftsschichten, für die große Masse des kaufenden Publikums, die unsere französischen und englischen Kollegen ebenso wie wir zu bedienen haben, sind sie unerreichbar. So haben also die französischen Fabrikanten in diesem Jahre nichts wesentlich Neues hervorgebracht, und das ist kein Fehler, sondern ein großer Vorteil für uns, weil wir jetzt ein ganz gutes Geschäft nach Frankreich machen, stets Neuheiten bringen und dadurch unseren dortigen Konkurrenten das Leben etwas weniger bequem machen, als sie es bisher gewöhnt waren. Wir haben außerdem noch einen andern großen Vorteil gegenüber unsern französischen Kollegen, nämlich, daß wir einen großen deutschen Verband haben,

der unsere Interessen wahrnimmt, während man sich auf der andern Seite der Vogesen in mehrere Dutzend sogenannter Syndikate zersplittert, deren Zusammenarbeiten in wichtigen Fragen nur ein sehr loses und außerordentlich schwerfälliges ist. Wie sich doch die Zeiten geändert haben! Früher herrschte bei uns die Kleinstaaterei und Zersplitterung und wir ahmten die französischen Nouveautés nach, jetzt sind wir einig und unsere Nachbarn zersplittert und verkaufen wir unsere Schmucksachen in ein Land, dessen höchster Ruhm es einst war, an der Spitze zu marschieren. In einem französischen Blatte, der ,,La France horlogère", vergleicht ein Schriftsteller die französischen Geschäftsleute unseres Faches mit jenem Fuhrmann, der bei schlechtem Wetter auf schlechter Straße abwechselnd auf seine Pferde einhieb und gräßlich fluchte, weil er nicht vorwärts kam, dem es aber nicht einfiel, ein paar Steine vor die Räder seines Wagens zu werfen und so sich das Vorwärtskommen zu erleichtern. Wir können ja auch nicht stolz behaupten, daß unsere Juweliere es anders machen und stets selbst Hand anlegen, anstatt den Verband zu Hilfe zu rufen, aber im großen und ganzen ist es bei uns doch besser bestellt. Alle französischen Fachblätter und die Mehrzahl der Goldschmiede sehnen sich nach einem großen Verbande in der Art der deutschen und englischen; dort wäre ein dankbares Feld für unseren Verbandsvorsitzenden zu einer Agitationsreise, um

den Franzosen zu zeigen, wie es gemacht werden muß. In Frankreich existieren augenblicklich 6847 Vereinigungen von Handwerkern aller Berufe mit 882651 Mitgliedern; darunter solche von Arbeitgebern 2757 oder 148 mehr wie im Vorjahre mit 205463 Mitgliedern; die Arbeitnehmer sind vereinigt in 3934 Gesellschaften oder 255 mehr wie 1902, Mitgliederzahl 643757; gemischte 156 mit 33431 Mitgliedern. Im Seine-Departement gibt es 604, im Norden 155, Rhône 123, Rhônemündungen 174. Gironde 112, Loire 144 Syndikate von Arbeitgebern, eine stattliche Anzahl, deren Zusammenschluß sehr erwünscht wäre. Wir sind sehr kleinlich hier geworden", schreibt ein französischer Fachmann, wenn wir so fortfahren, wird es uns immer schlechter gehen."

[ocr errors]

Aus England wird zwar auch eine kleine Besserung im Geschäftsverkehr berichtet, aber im großen und ganzen wird noch sehr geklagt, ja, es gibt sogar Grossisten, welche ihre Reisenden, die ihnen nicht einmal die Spesen verdienen, zu Hause behalten, anstatt sie die Kundschaft besuchen zu lassen. Gründe für diese betrübende Erscheinung gibt es außer den noch immer fühlbaren Folgen des afrikanischen Krieges mehrere, besonders die Unsicherheit über die künftige Handelspolitik, ob Schutzzoll oder Freihandel, die mißliche Lage des Geldmarktes, die Abnahme des StaatsEinkommens aus Steuern und Zöllen, die wachsende Verarmung der englischen Bevölkerung u. dergl. unerfreuliche Zustände mehr. In Lancashire stehen eine Menge Baumwollspinnereien still und die Arbeiter müssen feiern, weil kein Rohmaterial mehr aus den Vereinigten Staaten von Nordamerika zu haben ist und alles dort verarbeitet wird; in anderen Distrikten haben schwere Regenfälle von längerer Dauer das Geschäft ungünstig beeinflußt; der Export in die Kolonien läßt ebenfalls viel zu wünschen übrig. O stolzes England, du bist zu bedauern! aber es ist deine eigene Schuld, du hast Sport getrieben, während wir auf den Schulund Lehrbänken saßen und lernten. Das sehen auch die Vernünftigen jenseits des Kanals sehr gut ein und es ist für einen Deutschen wirklich herzerquickend, zu lesen, wie der Herausgeber des bedeutendsten englischen Fachblattes, der im vorigen Jahre eine Studienreise nach Deutschland gemacht hat, noch jetzt von seinen Eindrücken zehrt und in langen, gut illustrierten Artikeln (die auch in Amerika nachgedruckt werden), seinen Landsleuten die deutschen Einrichtungen als Vorbilder hinstellt. Welch eine schöne kostenlose Reklame für unsere Industrie, die der Deutschen

Goldschmiede-Zeitung recht dankbar sein kann, daß sie und ihre Mitarbeiter es waren und noch sind, die in dieser Weise die Ausländer für die deutschen Schmuckerzeugnisse interessieren. In Birmingham hat Mr. Ferrwick, einer der ersten dortigen Stahlgraveure, die ersten Graviermaschinen aufgestellt, die natürlich made in Germany" sind und von dem jungen Herrn Ferrwick selbst in Deutschland erworben wurden, um den Engländern den Vorteil der mechanischen Herstellung von Stanzen nach den Original-Modellen der Künstler zu verschaffen. Also auch ein deutscher Erfolg, auf den wir stolz sein können.

Wie rückständig noch die so oft als „,praktisch" verschrieenen Engländer sind, geht auch daraus hervor, daß sie erst jetzt die Post-Nachnahme-Sendungen und Post-Aufträge, deren wir uns schon ewig lange erfreuen, nach deutschem Vorbilde einführen wollen. Natürlich erhebt sich bei den konservativen Engländern ein großer Sturm der Entrüstung über diese Neuerung und sie erblicken darin eine große Schädigung ihrer Geschäfte, indem sie befürchten, daß dann die Versandgeschäfte wie die Pilze aus der Erde schießen und den kleinen Detailleuren in der Provinz das Brot nehmen werden. Der englische Goldschmiede-Verband hat sogar eine Eingabe an den General postmeister gerichtet, um die Einführung der Nachnahmesendungen zu hintertreiben, und zwar aus 8 Gründen, unter denen die Furcht vor den Versandgeschäften mit ihren marktschreierischen Annoncen die Hauptrolle spielt, weil, wie man in England sagt, ,,Narren und ihr Geld leicht auseinander zu bringen sind". So unrecht hat der englische Verband ja nicht, aber die Vorteile der Einrichtung der Postnachnahmen überwiegen die Nachteile so sehr, daß die Einführung in England sicher ebenfalls erfolgen und ohne die befürchteten Schädigungen bleiben wird.

Die Golderzeugung der Welt hat sich seit der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus bis zum Jahre 1900 nach einer Zusammenstellung der Münze der Vereinigten Staaten auf 962 200 000 Pfund Sterling oder 19 Milliarden und 244 Millionen Mark belaufen. In reinem Golde würde diese Summe ein Gewicht von 16272 t besitzen und einen Raum von ziemlich genau 1000 cbm einnehmen. Man könnte daraus einen massiven kreisförmigen Turm aus reinem Golde bauen, der bei einem Durchmesser von 6 m eine Höhe von 25 m besäße. Die gesamte jährliche Golderzeugung seit dem Jahre 1900 würde die Höhe eines solchen Turmes noch etwa um 1 m für jedes Jahr steigern.

Der Juwelenhandel der Vereinigten Staaten.

Unsere Mitteilungen über die augenblickliche Depression im amerikanischen Juwelenhandel in Nr. 22 unseres Blattes müssen wir heute in einigen Punkten ergänzen.

Nach neuesten Berichten, die wir von bestinformierter Seite erhalten, scheint es, als sei die Stockung im amerikanischen Juwelengeschäft nur sehr vorübergehender Natur gewesen. Die letzten Berichte von drüben lauten viel hoffnungsfroher und zuversichtlicher und, wenn nicht alle Anzeichen trügen, wird nun das Wintergeschäft allen früheren Befürchtungen zum Trotz doch noch ganz passabel werden; ein sicheres Zeichen für die Wendung zum Besseren erblicken wir in dem Umstande, daß sich neuerdings die amerikanischen Grossisten wieder sehr zahlreich als Käufer auf den europäischen Märkten einstellen. Nicht weniger als 12 amerikanische Juwelenfirmen und es sind einige der bedeutend

[ocr errors]

sten darunter haben gegenwärtig ihre Einkäufer in Amsterdam und Antwerpen. Es läßt sich leicht taxieren, wieviel geschliffene Ware dadurch gleichzeitig aus dem Markt genommen wird, und die Folgen der neuerlichen starken Nachfrage seitens Amerika machen sich in der Tat bereits fühlbar. Da das europäische Geschäft schon seit Monaten als befriedigend bezeichnet werden kann, so kommt nunmehr alles zusammen, um die Nachfrage enorm zu steigern, und es ist also kein Wunder, daß in guter geschliffener Ware augenblicklich ganz unzweifelhaft ein effektiver Mangel herrscht. Der Rohmarkt in London ist denn auch fester als je, und nicht nur, daß das Syndikat die Ware letzthin wieder um 7% heraufsetzte, stellen sich außerdem auch noch die Preise für die geschliffene Ware dadurch höher, daß das Syndikat die Ware ungünstiger sortiert als früher.

Ein deutsches Geschenk für das Germanische Museum des „Harvard College" in Cambridge.

[ocr errors]

Von Sr. Majestät dem deutschen Kaiser war dem germanischen Museum des Harvard College" in Cambridge bei Boston, Mass. s. Zt. eine Anzahl von Gipsabgüssen nach deutschen Architekturen und Bildwerken als Geschenk überwiesen worden. Mit Begeisterung hatte diese Schenkung in Amerika, ganz besonders aber bei den dortigen Deutschen, Aufnahme gefunden, und die Erkenntnis, daß auf diese Weise die Beziehungen der Deutschen jenseits des Ozeans zum Heimatlande und zur deutschen Kunst in erhöhtem Maße angeregt und wacherhalten werden können, ließ in einem kleinen Kreise deutscher Kunstforscher und Kunstfreunde den Wunsch erstehen, der kaiserlichen Gabe eine zweite ähnliche folgen zu lassen. Man entschloß sich, Nachbildungen von Silbergeräten aus der Blütezeit deutscher Kunst zu diesem Zwecke anfertigen zu lassen, und hierzu wurden, nachdem die nötigen Mittel in aller Stille aufgebracht waren, als Originale nur Elitestücke gewählt, die in ihrer Gesamtheit ein geschlossenes Bild einstiger deutscher Goldschmiedekunst darstellen. Unterstützt wurde dieses Beginnen durch die galvanoplastische Technik, die Mittel zur Herstellung von Kopien an die Hand gibt, welche vom Original kaum zu unterscheiden sind. Der deutsche Kaiser trat mit seinem reichen Besitze ein, und aus den Privatund den Staatssammlungen der Könige von Württemberg und Sachsen, des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin, des Herzogs von Anhalt, aus den Museen in Berlin, München, Frankfurt, Nürnberg, Wien, Paris, London etc. etc. wurden die geeigneten Kunstwerke zur Nachbildung herangezogen, deren Durchführung und Überwachung dem Kgl. Kunstgewerbemuseum in Berlin übertragen war. Dort gelangte auch diese ganze, aus 55 Arbeiten bestehende, für Cambridge bestimmte Sammlung vor wenigen Tagen zur Ausstellung. Nennen wir z. B. von hervorragenden Stücken das Ratssilber der Stadt Lüneburg, jetzt im Kunstgewerbemuseum in Berlin, das in 17 Nachbildungen vertreten ist, des weiteren den Kaiserpokal des Nürnberger Hauptmeisters Wenzel Jamnitzer (im Besitz des deutschen Kaisers), den Landschadenbund-Pokal von Graz (Augsburger Arbeit), den prächtigen Becher des ungarischen Königs Matthias Corvinus, von diesem im Jahre 1462 dem Rat von Wiener-Neustadt geschenkt

und heute noch in dessen Besitz, dann folgen noch eine Reihe von Pokalen, Innungsbechern, Kannen, Schalen, kirchlichen Ge

räten u. a. m. Eines der Hauptstücke ist ein herrlicher, Sr. Majestät dem König von Württemberg gehöriger Nautiluspokal, eine Arbeit des berühmten Nürnberger Goldschmieds Hans Petzold (1551 bis 1633), und sind wir in der Lage, unsern Lesern von diesem Prachtstück nebenstehend eine Abbildung zu geben. Dieser Pokal ist in Silber getrieben und gegossen, vergoldet und mit Perlen. und Edelsteinen in erstaunlicher Mannigfaltigkeit und Pracht besetzt. Eine auf einem Delphin reitende Männergestalt trägt die reichgefaßte Muschel, während eine weibliche Figur, die ,,Sapientia", den Abschluß des Deckels bildet. Die Nachbildung dieses Kunstwerkes in zweifacher Ausführung wurde mit der Genehmigung und auf Wunsch Sr. Majestät des Königs von Württemberg

[graphic]

von

dem Berliner Kunstgewerbemuseum der ,,Galvanoplastischen Kunstanstalt", Zweiganstalt der Württembergischen Metallwarenfabrik in Geislingen-St. übertragen, und es ist diese schwierige Aufgabe von dieser Firma in glänzender Weise gelöst worden. Die beiden in Galvanoplastik ausgeführten Nachbildungen, von denen. eine den Weg über das Wasser nehmen, die andere dem Kunstgewerbemuseum in Berlin einverleibt wird, geben alle künstlerischen und technischen Reize des Originals aufs sorgfältigste und bis ins kleinste wieder, sie sind dem Original zum Verwechseln ähnlich und haben die ungeteilteste Bewunderung der Kunst- und Sachverständigen gefunden. In einem Kabinettschreiben hat der König von Württemberg dem Leiter der Württembergischen Metallwarenfabrik, Direktor Schauffler, die lebhafteste Anerkennung und Freude über diese wohlgelungene Arbeit ausdrücken lassen, während der Direktor des Kunstgewerbemuseums in Berlin, Geheimrat J. Lessing, dem Genannten den Dank für diese vorzügliche Leistung noch persönlich zum wärmsten Ausdruck gebracht hat. Dieses Geschenk deutscher Männer wird für das Germanische Museum der Harvard- Universität" eine wertvolle Bereicherung bilden und ohne Zweifel dazu beitragen, den altbewährten Ruf deutscher Kunst auch in der neuen Welt zu wahren und zu erhalten.

NAUTILUS-POKAL

Arbeit des Nürnberger Goldschmieds Hans Petzold (1551-1633).

[ocr errors]
[ocr errors]
[graphic][subsumed]
« PreviousContinue »