Page images
PDF
EPUB
[graphic][merged small][merged small]
[blocks in formation]
[merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small]

Es geht heute eine breite Strömung durch die Lande, welche das Bestreben verfolgt, alle unsere Gebrauchsgegenstände, alles, was wir in die Hand nehmen und täglich vor Augen haben, zu ästhetisieren, nicht aber der Kunst nur als Sonntagskind, im Museum oder im Glasschrank, in der guten Stube oder im Antiquitätenschrein seine Reverenz zu machen. Auch der Kaiser hatte kürzlich dieser Auffassung einer Popularisierung und zugleich Demokratisierung der Kunst, welche durchaus nicht eine Herabwürdigung der Kunst einschließt, Ausdruck gegeben. Gibt es nun aber einen Gegenstand, der eine größere Verbreitung hat, den wir öfter in die Hand nehmen, der in gleicher Weise durch die Hände des Reichen wie des Armen geht, als das Geld? Und wenn der Reiche mehr davon hat und unter Umständen mehr davon ausgibt, so dreht es dafür der Arme öfter in den Fingern herum. Hier hätten wir also ein Mittel, einen Einfluß ohne gleichen nach dieser Richtung auf die breitesten Volksmassen auszuüben. Bei den Palästen, bei den Statuen und Gemälden laufen die meisten vorüber, da sie nicht die Kunst zu sehen gelernt haben. Das Geldstück aber muß jeder anschauen, ehe er es ausgibt, und wenn es heute fast niemals auf seine künstlerische Schönheit und technische Ausführung hin betrachtet wird, so ist es nicht immer so gewesen: im Renaissancezeitalter war die Münze anerkennenswert volkstümlich. Einseitigem schnöden Geldmaterialismus könnte vielleicht gerade eine Erziehung des Volkes zur ästhetischen Würdigung der Münze die Wege abschneiden. Vergessen wir nicht, daß wir hier dem Volke für einen Pfennig ein Kunst

[ocr errors][merged small]
[graphic]

Verschönerung der modernen Münzen gehalten, welcher manche willkommene Anregungen gab, die nur leider nicht befolgt wurden. In Hamburg setzte in den Jahren 1890 bis 92 auf einem verwandten Gebiete eine Bewegung ein, welche auf eine Wiedererweckung der Medaille hinstrebte (vergleiche A. Lichtwarks gleichbetitelte Schrift) und diese wiederum lehnte sich an die in Frankreich auf das Jahr 1868 zurückgehende Bewegung an am 2. Mai 1868 nämlich hatte der Chemiker Dumas einen Vortrag über den Niedergang des Medaillenstiles gehalten. Von da ab kann man die Bewegung zur Neugestaltung des Medaillenwesens in Frankreich, dessen hervorragendste Vertreter Chaplain, Roty und später Charpentier waren, datieren. Lichtwark sah die Arbeiten dieser Künstler in Kopenhagen im Jacobson-Museum und war so entzückt, daß er sich in Paris einem gründlichen Studium derselben hingab und danach in Hamburg eine Bewegung der Medaille mit Erfolg einleitete.

Aber mit der Münze ist es darum doch noch nicht besser geworden, obwohl vieles, was für die Medaille gefordert wurde, auch von der Münze gelten konnte.

Vor einer Reihe von Jahren ließ man zwar von Doepler einen neuen Reichsadler entwerfen, aber man kann nicht behaupten, daß derselbe einen wesentlichen Fortschritt bedeutet oder daß die Münzen wesentlich schöner geworden wären.

Am meisten hindernd für eine Ästhetisierung der Münzen war der Umstand, daß die Börse und die Verwaltungskassen verlangen, daß man die Münzen in Rollen packen könne. Das schließt nämlich einerseits eine starke Reliefbehandlung der Prägung aus und fordert andererseits einen scharf sich abhebenden Rand. Letzterer ist einer künstlerischen Behandlung der Münze ebenso wie der Medaille sehr hinderlich, und das Relief wird weniger wirkungsvoll sein, wenn es weniger stark hervortritt. Da man die stärkere Reliefbehandlung zwar nicht aus ästhetischen Gründen, wohl aber aus praktischen Gründen daß nämlich die Schrift desto deutlicher zu lesen sei wünschte, half man sich, indem man den Rand entsprechend stark hervortreten ließ: vergleiche z. B. die neuen Zehnpfennigstücke, bei denen die Vorderseite mit der großen Zehn außerordentlich deutlich zu lesen ist, zugleich aber nicht das geringste ästhetische Gefühl rege macht, es sei denn nach der negativen Seite.

Einen ferneren wesentlichen Nachteil unserer Münzen bildet die Schrift, welche in allen Fällen jeder Eigenart und jeden Charakters entbehrt. Dazu kommt, daß meistens zu viel Schrift aufgeprägt ist.

Vergleicht man Münzen aus dem letzten Jahrzehnt mit solchen aus den siebziger Jahren, z. B. die betreffenden Zweimarkstücke, so ist ein Fortschritt unverkennbar, der hauptsächlich darauf fußt, daß das Relief höher ist. Aber auch die Modellierung hat offenbar im ersteren Fall in weit geschickteren künstlerischen Händen gelegen, als im letzteren Fall. Rand und auf der Rückseite die Schrift verderben dagegen alles. Und was die hohe Reliefbehandlung betrifft, so muß davor gewarnt werden, da einerseits sich um so mehr Schmutz ansammeln kann und andererseits die Münze um so schneller abgegriffen, also ent

Der

stellt wird, und da vor allem die Wirkung auf diese Weise eine brutale und ordinäre wird: gerade die Feinheit und Delikatesse der Linie bestimmt die künstlerische Wirkung des Flachreliefs. Die neuen Fünfmark-Stücke vom Jahre 1903 sind nach dieser Richtung als eine Brutalisierung des edleren Münzstiles zu bezeichnen und erinnern an gewisse photoplastische Versuche. In der Reliefplastik darf das Relief sich wohl an einzelnen Stellen frei im Hochrelief erheben, muß dagegen an anderen Stellen flach abfallen und sich an den Hindergrund anlehnen, damit der einheitliche Zusammenschluß von Hindergrund und Relief nicht gestört wird. Bei den Fünfmark-Stücken tritt dagegen das Relief ringsum an allen Stellen scharf hervor, und hierzu kommt noch, daß die Silhouette, wie sich jeder durch den Augenschein überzeugen kann, eine bedauerlich grobe ist. Von der Feinheit und Delikatesse der Silhouette hängt aber die ästhetische Wirkung des Flachreliefs sehr wesentlich ab. Und da man das Relief vom Grunde stark abheben ließ, war man genötigt, den Rand ebenfalls hoch zu bilden, so daß die Wirkung auch hier brutalisiert wird, zumal der Rand auch noch durch die erwähnte Einfassung betont ist. Wir müssen aber bedenken, daß die Linienführung des Kreises an und für sich eine zwingende Gewalt hat.

Abgesehen nun davon, daß die Münze schön klingen muß und daß sie aus gutem Material bestehen muß, muß sie Denkmünze sein, d. h. an das wichtigste Ereignis des Jahres anknüpfen. Vor allem aber muß sie ihrem Charakter nach einerseits national und andererseits volkstümlich sein. National sind die heutigen Münzen, volkstümlich sind sie nicht. Einer unserer besten neudeutschen Plakettenkünstler, Alfred Bosselt, Darmstadt, hat kürzlich mit Recht mit folgenden Worten den Stab über unser modernes Münzwesen gebrochen: „Mit der Kunst haben sie jeden Zusammenhang gebrochen, denn diese schematischen, alle an derselben Stelle mit geschwungener Linie guillotinierten Fürstenbildnisse können keinen Anspruch mehr darauf erheben. Und dann diese Rückseiten, diese ausdruckslosen Rückseiten mit der so korrekten, gutgesinnten, mit einzelnen Buchstabenstempeln eingeschlagenen Schrift!" Mit Recht verlangt Bosselt, daß man sich zur Herstellung der Münzmedaille an Künstler wenden soll.

An und für sich war der Gedanke, größere Münzen in Silber herzustellen, gutzuheißen. Nur ist nicht einzusehen, warum man nicht auch in Gold größere Münzen prägen sollte. Von Brakenhausen schlägt sogar vor, Hundertmark-Stücke aus Gold herzustellen. Vom praktischen Gesichtspunkte aus würde man freilich hiergegen Einwendungen erheben können, falls es sich wenigstens nicht um Denkmünzen handelt. Wohl aber könnten ähnlich den französischen Vierzigfrancs-Stücken und englischen Fünfpfund-Stücken Vierzigmark-Stücke in Gold geprägt werden, die auch unseren Börsen sehr willkommen sein werden. Die Hauptsache aber ist, daß die Münzprägung im allgemeinen nicht nur nach technischen und praktischen Gesichtspunkten durchgeführt wird, sondern auch nach künstlerischen. Nicht nur praktisch und national soll die Münze sein, sondern auch schön im modern-künstlerischen Sinne und volkstümlich. Dann wird die Münze ein bedeutendes Mittel zur Ästhetik der Volksmassen bilden.

[graphic][merged small]

Die „Deutsche Goldschmiede-Zeitung" erscheint heute in neuem Gewande, in einem Umschlag, der mit einem Entwurfe von Professor P. Behrens in Düsseldorf geziert ist. Dieser Meister moderner Linienkunst hat damit eine Arbeit geliefert, von der wir hoffen, daß ihre schlichten und kraftvollen Linien unsern Lesern stets einen angenehmen und mit Freude begrüßten Anblick bieten werden. Unsre bisherige Titelzeichnung wird ebenfalls in Benutzung bleiben, dergestalt, daß am 1. jeden Monats der heutige, am 15. der bisherige Umschlag zur Verwendung gelangen wird.

Von dem gleichen Künstler, der vor kurzem von Darmstadt, wo er Mitglied der Künstlerkolonie war, als Direktor an die Düsseldorfer Kunstgewerbeschule berufen wurde, bringt unsre heutige Nummer noch drei Tafeln, die gleich an dieser Stelle Erwähnung finden mögen. Die erste ist eine Tafel mit Monogrammen. Wir machen hier besonders auf die geschickte und originelle Art aufmerksam, in der die beiden Buchstaben einzelner Monogramme organisch auseinander herauswachsen, anstatt bloß durcheinander gesteckt zu sein. Auch der Verzicht auf jeden äußern Zierat und auf ornamentale Ausstattung der Monogramme ist bemerkenswert. viele der Monogramme, wie sie heute so gang und gäbe sind, würden wohl noch etwas Genießbares vorstellen, wenn man sie aller Schnörkel und darumgehängter Zierate entkleidete? Die beiden ganzseitigen Illustrationen S. 122 und 123, die Schmucksachen und die Schreibtischgarnitur, zeigen wieder deutlich die künstlerische Eigenart Behrens', seine straffe, strenge Linienführung und sein Verzicht auf die Darstellung der Naturform.

Wie

Die Eingangsvignette mit dem Stadtwappen von Köln, dem diesjährigen Versammlungsort der deutschen Goldschmiede,

sowie die Textumrahmung dieser und der folgenden Seiten rührt von B. Wenig her, Maler und Lehrer an der Kgl. Zeichenakademie in Hanau. Das Wappen stellt, bei aller historischen Zuverlässigkeit und Treue, ein interessantes Stück moderner Heraldik vor, und dürfte von diesem Gesichtspunkte aus besonders unsre Graveure interessieren. Die originelle Textumrahmung zeigt die Bedeutsamkeit des von ihm umschlossenen Textes.

Der Entwurf zu einer modernen Tablette mit künstlerisch arrangiertem Schmuck, von Professor G. Kleemann an der Großh. Kunstgewerbeschule Pforzheim, ist als Illustration zu unserm Artikel: „Das künstlerische Schaufenster", gedacht und erläutert sich dadurch wohl von selbst; und er zeigt besser, als Worte dieses vermögen, welch reizvolle künstlerische Aufgaben im Schaufenster des Goldschmiedes noch zu lösen sind. Professor Kleemann hat auch die Entwürfe zu den ebenso zierlichen als eigenartigen Gürtelschließen auf S. 131 und 132 beigesteuert, die sich dadurch auszeichnen, daß der dazugehörige Gürtel so dekoriert ist, daß er mit der Schließe ein ornamentales Ganze bildet. Es wäre eine hübsche Aufgabe für unsere stickende und lederbearbeitende Damenwelt, sich nach diesen Anregungen zu einer schönen und wertvollen Schließe einen passenden Gürtel zu schaffen.

Die beiden hübschen Entwürfe von E. Beck, SchwäbischGmünd, auf S. 118 zeichnen sich durch die graziöse Verwendung stilisierter Blumenmotive aus. Eine vollseitige Abbildung stellt Arbeiten von Th. Fahrner in Pforzheim dar, welche Firma speziell Silberschmuck nach Künstlerentwürfen herstellt. Der obere Anhänger nach Entwurf von M. J. Gradl in Stuttgart, wirkt im Tragen sehr ruhig und diskret. Bei dem untern Stück, dem ein Entwurf von L. Knupfer in Pforz

[graphic]
« PreviousContinue »