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Das künstlerische Schaufenster.

Von R. Rücklin, Pforzheim.

Es ist ein Charakteristikum unserer Zeit, daß die Kunst und die Ansprüche an künstlerische Ausgestaltung mehr und mehr in Gebiete eindringen, bei denen man bisher an derartiges gar nicht gedacht hatte. Ich muß zunächst konstatieren, daß das eine Tatsache ist, die gar nicht bestritten werden kann, wenngleich es Leute gibt, die sich mit dieser Tatsache gar nicht oder doch nur sehr schwer auszusöhnen vermögen. Wer hätte vor zehn Jahren zu denken gewagt, daß man künstlerische Schaufensterkonkurrenzen veranstalten könnte? Und doch sind in letzter Zeit in Berlin mehrere solche abgehalten worden, unter starker Beteiligung und ersichtlichem Erfolge.

Natürlich, ein Schaufenster ist Geschäftssache, eine reine Geschäftsangelegenheit. Aber das ist eben das Eigenartige und Vielversprechende unserer modernen Kulturentwickelung, daß Kunst und Geschäft in immer steigendem Maße Hand in Hand gehen. Ist die Kunst praktischer oder das Geschäftsleben künstlerischer geworden? Vielleicht beides; genug, sie haben sich zu finden gewußt, da und dort, zu beiderseitigem Vorteil.

Wenn ich mich anschicke, hier die künstlerischen Prinzipien für die Schaufensterdekoration des Goldschmiedes zu besprechen, so gedenke ich keineswegs dabei Leitsätze aufzustellen, von denen etwa nur der reiche Großjuwelier einer Großstadt oder eines Luxusbades Vorteil zu ziehen vermöchte. Wer für Tausende und Abertausende Kostbarkeiten im Schaufenster aufzuhäufen vermag, wer sich seine Auslage von einem berufsmäßigen Dekorateur herstellen lassen kann, der wird auch ohne das seinen Daseinskampf weiter bestehen. Es ist vielmehr meine Absicht, dem mittleren und kleinen Ladenbesitzer praktisch brauchbare Winke zu geben, denn ich empfehle die billigsten Dekorationsmittel, die es gibt: Sorgfalt und guten Geschmack.

Daß eine Schaufensterauslage geschmackvoll sein soll, wird von niemanden bestritten werden. Nur, daß es natürlich damit nicht getan ist: Wir wollen ja nicht bloß dem Publikum draußen eine Freude machen, sondern dem Geschäft drinnen nützen. Das ist die eigentliche und einzige Aufgabe des Schaufensters und der Auslage. Suchen wir uns zunächst über diese klar zu werden, so werden wir bald auch die Frage beantworten können, ob die Lösung dieser Aufgabe eine künstlerische Behandlung erfordert und verträgt oder nicht.

Was ist die praktische Aufgabe des modernen Schaufensters?

Das Schaufenster und seine Auslage hat zunächst der Firma als Plakat und Geschäftsanzeige gegenüber dem Straßenpublikum zu dienen. Es ist ein Firmenschild, ein Inserat ohne Worte, mit der eindringlichen Beredsamkeit der Sache selbst. Von den verschiedenen Arten, in denen eine Ware ins Publikum gebracht werden kann, durch direkten Versand, durch Reisenden und durch Ladenverkauf ist die letztgenannte die ursprünglichste und zuverlässigste. Ihr Hauptgeschäfts- und Zugmittel ist die Auslage im Ladenfenster. Sie soll dem Passanten das Geschäft an

kündigen und seinem Gedächtnis einprägen. Ebensowohl als es eine moderne Plakat- und Affichenkunst gibt, wird es also auch eine Kunst des modernen Schaufensters geben müssen.

Die zweite Aufgabe des Schaufensters ist es, gegenüber dem Straßenpublikum als Warenverzeichnis und Mustervorführung zu dienen. „Da ist ein Goldschmiedeladen" ist der erste Eindruck, den wir von ihm empfangen; sobald wir zu näherer Besichtigung Lust haben, wollen wir zunächst Antwort auf die Frage: Was für Waren führt derselbe?" Das Publikum soll orientiert werden, um überhaupt Interesse für unsere Warengattung zu erhalten, und es will orientiert sein, ehe es sich entschließt, den Laden zu betreten. Das Schaufenster ist also ein beständiger Katalog, den man den Leuten offen an die Straße setzt, anstatt ihnen denselben ins Haus zu schicken.

Und drittens hat das Schaufenster die Aufgabe, das Publikum auf dem Laufenden zu erhalten über das, was im Geschäft vorgeht. Die Ansprüche, der Geschmack, die Mode wechselt. Jedes Geschäft hat sich diesem Wechsel anzupassen, und das Schaufenster soll davon Zeugnis geben, daß drinnen Leben, Bewegung, Aufmerksamkeit herrscht, daß man sich nicht begnügt mit einer gedankenlosen, passiven Vermittlerrolle, sondern daß man mit offenem Auge die Hand an dem Puls des gegenwärtigen Geschmackes und des allgemeinen Kaufbedürfnisses liegen hat.

Als Plakat, Katalog und ständiger Geschäftsbericht soll das Schaufenster wirken, alles Aufgaben, die ohne jeden Zweifel künstlerisch gelöst werden können.

Hat es aber auch einen praktischen Zweck, bei der Herstellung der Schaufensterauslage sich von künstlerischen Prinzipien leiten zu lassen? Wird man nicht schließlich alle Mühe und große Kosten nur aufwenden, um das Publikum dann acht- und verständnislos an dem so geschaffenen vorübergehen zu sehen? Wird man nicht schließlich die große Masse mehr langweilen durch ein künstlerisches Arrangement, als durch eines, das schlichtweg an seine Schaulust sich wendet?

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Wir

Alle diese Einwände beruhen auf einer Verwechslung zwischen „künstlich" und "künstlerisch". wollen kein gekünsteltes", also reiches, teures und unpraktisches Schaufenster, sondern ein in modernem Sinne künstlerisches", das sehr einfach, sehr zweckdienlich ist und keine andern Kosten verursacht, als erhöhte Sorgfalt und gewählten Geschmack. Gerade seine praktische Aufgabe ist es, welcher das Schaufenster am sichersten gerecht werden kann, wenn seine Dekoration nach künstlerischen Grundsätzen erfolgt.

Die erste Aufgabe des Schaufensters ist es, als Plakat zu wirken, also eine starke, weit in die Straße hinein auffallende Wirkung auszuüben. Eine starke Wirkung wird, wenn keine großen Mittel zu Gebote stehen, am sichersten dadurch erzielt, daß man mit einfachen, aber auffälligen Mitteln arbeitet. Ein einfacher Eindruck, sofern er auffallend genug ist, wird eher aufgenommen werden und eher haften bleiben, als ein zersplitterter und verwirrender. Ein Haupt

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ENTWURF ZU EINER MODERNEN TABLETTE MIT KÜNSTLERISCH ARRANGIERTEM SCHMUCK. Zu unserem Artikel: Das künstlerische Schaufenster.

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