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faktor dabei ist die Farbe. Nichts drängt sich dem Auge unwiderstehlicher auf, nichts prägt sich dem Gedächtnisse so ohne weiteres ein, als ein starker Farbeneindruck. Man braucht sich ja bloß daran zu erinnern, welch' ungeheuren, praktischen Umschwung das Eingreifen der Künstler in der Plakatkunst hervorbrachte. Wo man früher sich quälte, durch recht reiche, genaue Darstellungen zu wirken, wo man ganze Programme aufstellte für den Entwurf, Detail

auf Detail häufte, der genauesten
Ausführung sich befleißigte, um
schließlich von einem einfachen
roten Zettel mit schwarzen Buch-
staben darauf in der Wirkung
sich übertrumpft zu sehen, da
beschränkt man sich heute auf
das einfachste der Darstellung,
auf zwei oder drei Farben, die
so scharf und schlagend gegen-
einander gesetzt werden, daß
das moderne Künstlerplakat sei-
nen praktischen Zweck, in den
verwirrenden Eindrücken des
modernen Straßenlebens sich zu be-
haupten und Geltung zu verschaffen,
viel besser erfüllt, als das frühere,
das von rein merkantilen Gesichts-
punkten aus geschaffen war.

Auch das Schaufenster wird seine Aufgabe, als Geschäftsplakat zu wirken, nur erfüllen können, wenn es nach dem richtigen Prinzip, dem der sachlichen und farbigen Einfachheit und Einheit, arrangiert ist. Das gilt auch von dem Schaufenster des Goldschmiedes, wenn dieser auch mehr als andere Ladenbesitzer mit Waren von teilweise sehr kleinen Dimensionen zu rechnen hat. Viele Kleinigkeiten, in der richtigen Weise zusammengefaßt, ergeben auch eine große Einheit.

Eine Besonderheit der Schaufensterreklame ist es, daß sie bei hellem Tageslicht schwerer arbeitet als abends: Die enormen Fortschritte der modernen Beleuchtungstechnik ermöglichen eine starke Fernwirkung mit einheitlicher Farbenwirkung für die Abendstunden auf die einfachste Weise.

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sein, nicht auf protzenhaftes, brutales Gleißen, das widerspräche dem Wesen des Feinmetalles durchaus - sondern auf eine feine, helle, schimmernde Glanzwirkung. Mehr als in der Auslage anderer Ladengeschäfte soll von der eines Goldschmiedes die Wirkung eines festlichen Luxus ausgehen, für den unser Gewerbe ja doch ausschließlich arbeitet, den zu schmücken alle unsere Erzeugnisse bestimmt sind.

Die dritte Aufgabe des Schaufensters, von dem Leben und der Beweglichkeit des Geschäftes drinnen Zeugnis zu geben, wird am einfachsten durch einen angemessenen Wechsel der Auslage gelöst. ,,Verleg Sie sich auf Neuigkeiten, nur Neuigkeiten ziehen uns an" Mephistopheles der Alten auf dem Blocksberge und trifft damit den Kernpunkt des modernen Geschäftslebens. Es gibt freilich eine ungesunde Neuigkeitshetze,

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die unter lauter Neuem das Gute erstickt. Aber andererseits ist nur da wirkliches Leben, wo ständig Neues auftritt, und ist überall Tod, wo die Entwickelung von Neuem aufhört. So wird auch eine Schaufensterauslage nur da ein ständiges Interesse zu erregen vermögen, wo das Leben des Geschäftes sich zeigt in einem ruhigen und beständigen Wechsel des Ausgelegten.

Um zu praktisch verwertbaren Resultaten zu kommen, stellen wir zunächst den Satz auf: Das Schaufenster ist ein auf Fernwirkung zu dekorierender Raum. Ich möchte namentlich das letzte Wort betonen: Das künstlerische Schaufenster soll als Raum wirken, und nicht als Vorratskasten. Es ist wohl der größte und verbreitetste Fehler, der bei der Dekoration von Schaufenstern, speziell unserer Branche, gemacht wird, daß man glaubt, so viel Ware in dieselben hineintun zu sollen, als der vorhandene Kubikraum irgend zuläßt. Da werden Einzelwaren, Tabletten und Etalagen so vor-, hinter- und übereinander gestellt, daß eine verwirrende Vielheit entsteht, die weder einen Eindruck vom Ganzen, noch ein Betrachten der Einzelheit erlaubt. Es ist dagegen sowohl künstlerischer als auch sehr viel zweckdienlicher, wenn ein Schaufenster nur so viel Ware enthält, daß es als dekorierter, aber nicht als gefüllter Raum erscheint, und das nicht nur die Ware, sondern auch der Unter- und Hintergrund Worte und zur Wirkung kommt. Der Hintergrund ist zu es eben, mit dem wir das Gesamtbild des Schaufensters zusammenfassen und zur Fern-, zur Plakatwirkung bringen müssen. Wenn die Ware auf einem stark wirkenden farbigen Hintergrund, in wenige, ruhige und

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SCHMUCKENTWÜRFE von E. Beck, Zeichner in Schwäbisch-Gmünd.

Dafür hat das Tageslicht den Vorteil, die besondere Warenspezialität schärfer hervortreten zu lassen, während, für die Fernwirkung wenigstens, die künstliche Beleuchtung etwas Ausgleichendes in dieser Beziehunghat. Die Hervorhebung der besonderen Warenspezialität ist aber die zweite große Aufgabe des Schaufensters. Wir werden also diejenige äußere Eigenschaft unserer Ware, welche ihr speziell eigentümlich ist, die sie vor andern Warengattungen voraus hat, mit allen Mitteln und auf jede Weise hervorzuheben suchen. Das ist für die Erzeugnisse unseres Gewerbes der Glanz der Feinmetalle und der Steine. Das Schaufenster eines Goldschmiedeladens muß auf den Glanz hin dekoriert

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bedeutsame Gruppen zusammengefaßt, erscheint, dann nur ist eine plakatartige Wirkung gewährleistet. Nicht nur das einzelne ausgestellte Stück soll sich angenehm und gefällig präsentieren, sondern auch das aus solchen zusammengestellte Ganze.

Als zweiten Satz können wir aufstellen: Das künstlerische Schaufenster des Goldschmiedes soll die besondern Vorzüge seiner Ware in interessanter Weise hervorheben. Auch hierfür ist notwendig, daß man das Prinzip aufgibt, möglichst viel und vielerlei auslegen zu wollen, und dafür sich die Aufgabe stellt, dies in möglichst wirkungsvoller Weise zu tun. Für den Goldschmied bleibt hierfür das beste Mittel, den Glanz und den Schimmer seiner Erzeugnisse durch einen gegensätzlich getönten, also stumpfen Hintergrund zur denkbar stärksten Wirkung zu bringen. Anstatt langer Auseinandersetzungen nur ein Beispiel: Lalique in Paris, dem man hierfür wohl ein maßgebendes Verständnis zutrauen darf, legt seine Kunstwerke in seinem Verkaufsraum oder bei Ausstellungen nicht etwa auf roten oder schwarzen Sammet auf, die beide zu schwer wirken, sondern auf mattgrauen Stoff oder Sammet, und einzelne Schmuckstücke, z. B. Kolliers, auf mattes Milchglas, dem er graue Seide unterlegt. Dieser helle und matte Hindergrund hebt einesteils den Glanz der Steine und polierten Stellen sehr und verschmilzt außerdem mit den verschiedenen Metallteilen in außerordentlich harmonischer Weise. Auch die Ausstellung von Pforzheimer Künstlerschmuck auf der Karlsruher Jubiläumsausstellung vom vorigen Jahr, wo die Schmuckstücke hinter messinggefaßten Glasscheiben auf hellgrauem Grunde erschienen, bot hierfür ein sehr glückliches Beispiel. Die Wirkung war durchaus die im vorhergehenden verlangte eines feinen und festlichen Luxus.

Eine weitere Aufgabe ist es für den Ladenbesitzer, nicht nur äußerlich künstlerisch und wirkungsvoll, sondern auch interessant und belehrend für das Publikum auszustellen. Wenn dem Beschauer, so weit als angängig, die ausgelegten Waren in ihren Beziehnungen zum Gebrauch dargestellt werden, so wird sein Inter

esse jedenfalls mehr erregt werden, als ohne dieses. Eine zusammengestellte silberne Schreibtischaustattung, eine ganze Schmuckgarnitur wirken verständlicher und anziehender als ihre einzelnen Teile. Wird ein Brustschmuck auf einer kleinen Stoffbüste, wird eine silberne Jardinière mit Blumen gefüllt ausgestellt, so ist das reizvoller, als wenn sie bloß irgendwo liegen.

Spiegel im Schaufenster, die ja ein so sehr beliebtes Mittel sind, wirken im allgemeinen verwirrend und störend auf das Gesamtbild und lenken von der Betrachtung des einzelnen ab. Wo sie den praktischen Wert haben, dem Beschauer die von ihm abgekehrte Seite der Ware zu zeigen, ist ja nichts gegen sie einzuwenden. Die von uns im vorliegenden geforderte starke plakatartige Wirkung des Schaufensters in die Ferne ist aber mit Spiegeln niemals zu erreichen, weil sie jede wirkungsvolle Anordnung und Farbenwirkung zerreißen.

Es wurde schon auf fortlaufenden Wechsel der

Auslage hingewiesen. Außer den schon angeführten kommen noch andere Gründe dafür in Betracht: Einmal kann ein künstlerisch dekoriertes Schaufenster weniger Ware aufnehmen, als ein gedankenlos vollgestapeltes. Man wird also mehr Stoff zu öfterem Wechsel haben. Außerdem ist die Auswahl in verschiedenen technischen Behandlungsarten in unserm Gewerbe eine so große geworden, daß es angezeigt erscheint, das erscheint, das Publikum auch darüber aufzuklären, indem man gelegentlich einmal eine Auslage in dieser Beziehung einheitlich zusammensetzt, etwa lauter Tulaware, ein anderes Mal lauter Emails usw.

Eine kleine Beobachtung möge den Schluß machen. Man sieht da und dort in Modewarengeschäften neue Stoffe ausgestellt mit entsprechendem Schmuck versehen, oder neue Gürtelmuster mit dazu passenden Schließen. Könnte nicht bei der Dekoration von Goldschmiedeschaufenstern auch auf einen engeren Zusammenhang von Schmuck und Mode hingearbeitet werden, indem fein getönte, moderne Kleiderstoffe zur Ausstattung oder als Unterlage für Schmuck beigezogen würden?

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