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erscheint als ein sorgfältiges und verständnisvolles Erfassen. Hier wird die Erfahrung lehren müssen, wie dieser Unterricht am besten den Anforderungen der Praxis anzupassen ist.

Man war in Pforzheim stets bemüht, alle Hilfsmittel, welche zu einer vermehrten Blüte der Industrie beitragen können, am Orte selbst zu konzentrieren. Nicht das letzte dieser Hilfsmittel ist die fachliche Ausbildung des jungen Nachwuchses. Es zeugt von hohem Verständnis für die Erfordernisse der Zeit, daß man jetzt daran geht, die Vorteile

Das

einer guten zeichnerischen Ausbildung für unser Fach möglichst allgemein zu machen, mit der gesunden Beschränkung auf das praktisch Wünschenswerte und Erreichbare. ehrt gleichermaßen den Mann, der die Notwendigkeit dazu zuerst erkannte und die richtigen Mittel und Wege zu finden wußte, wie auch die maßgebenden Behörden, die ohne Zögern die Mittel zur Verfügung zu stellen und die Wege zu beschreiten bereit waren, die zu dem Ziele einer weiteren Kräftigung unserer Industrie führen werden.

Künstlerische Taschenuhrgehäuse.

Das ist eine Sache, die auch den Goldschmied interessieren muß, und die, wenn nicht alle Zeichen trügen, ihn künftig noch mehr interessieren wird, als jetzt. Der Guillocheur und der Graveur, deren Spezialtechniken ja in das Gebiet der Goldschmiedekunst in weiterem Sinne gehören, haben von je sich mit der Dekoration von Taschenuhrgehäusen zu befassen gehabt: denn ob es sich um Massenoder Einzelherstellung derselben handelt, die Dekoration der Stanze oder des Gehäuses selbst wurde durch die Hand des

Guillocheurs oder Graveurs besorgt. Bisher allerdings in einer vorwiegend handwerksmäßigen Weise, d. h. in einer Art, wie sie dem geringen Interesse des Publikums für die künstlerische Ausschmückung des Taschenuhrgehäuses entsprach.

Die Taschenuhr, speziell die Damenuhr, sollte aber nicht nur als Gebrauchs-, sondern auch als Schmuck- resp. Kunst

gegenstand getragen und angesehen werden. Zum Teil ist das ja heute schon der Fall bei den sogen. Chatelaine-Uhren, die an einer entsprechend geformten Brosche mit dem Bügel eingehängt sind und offen getragen werden, also mit der Brosche zusammen einen Schmuck bilden. Hier sind, wie dies unsere Arbeiten zeigen, schon recht ansprechende Lösungen gefunden worden für die Aufgabe, die Damenuhr als Bijou zu behandeln. Getriebene Arbeit, Email und Steine wirken zusammen, um ein Kunstwerk der Goldschmiedekunst entstehen zu lassen, dessen ziervolles Äußere den Gebrauchswert des Gegenstandes in keiner Weise beeinträchtigt,

Noch ein anderer Kunstzweig eignet sich vortrefflich dazu, zur Dekoration des Uhrgehäuses herangezogen zu werden: die Kunst der Medaille. Schon auf der Pariser Weltausstellung waren künstlerische Prägungen im Charakter der modernen

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ANHÄNGER.

Entworfen von Prof. G. Kleemann, Pforzheim, ausgeführt von F. Zerenner, ebenda.

Medaille, als Zierat für Uhrgehäuse verwendet, zu sehen gewesen. Die eine unserer Abbildungen (in der Mitte unten) zeigt, in welcher Weise die Firma P. Ditisheim in La chaux de fonds diesen Gedanken weiter verwertet hat: Sie bringt eine ganze Serie von Arbeiten des bekannten Pariser Medailleurs Vernon auf ihren Damenuhrgehäusen. Ohne Zweifel ist das feine Flachrelief dieser Arbeiten vortrefflich geeignet, einen Uhrdeckel zu schmücken, ohne beim Gebrauch irgendwie lästig zu fallen oder durch denselben zu leiden. Und zugleich sind damit Dekorationen von entzückender Grazie und hohem künstlerischen Werte gegeben.

Selbstverständlich können oder sollten auch Herrenuhrgehäuse Gegenstand künstlerischer Behandlung sein.

Unsere Abbildungen.

Wir

wollen ja gern zugeben, daß der Mann in dem Reichtum und der Zierlichkeit des persönlichen Schmuckes der Frau den Vorrang lassen soll und immer lassen wird. Aber mehr Interesse sollte doch vorhanden sein dafür, wie ein so notwendiger und gerade von Herren so viel benutzter Gegenstand, wie die Taschenuhr, äußerlich ausgestattet ist. Sei diese Ausstattung so einfach wie sie will, geschmackvoll, interessant und überlegt kann sie darum immer sein. Es wäre im Interesse unseres Graveur- und Ciseleur-Gewerbes sicherlich zu wünschen, wenn eine, speziell nach Angabe des jeweiligen Besitzers herzustellende Uhrgehäuse - Dekoration, Monogramme o. ä., für Herrenuhren Sitte würde.

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Die hervorragend schönen Plaquetten und Medaillen, welche den vorderen Teil unserer heutigen Nummer schmücken, gehören zu dem Aufsatze: „Die Kunst der Medaille". Sie sind in dem Texte desselben nicht erwähnt, was seine Erklärung darin findet, daß Schriftsteller und Künstler in diesem Falle in einer Person zusammenfällt: Von Rudolf Bosselt in Darmstadt, einem Mitgliede der „Darmstädter Künstlerkolonie“, sind sowohl die Originale der Abbildungen geschaffen, als auch der begleitende Aufsatz verfaßt. Seine eigenen Arbeiten wollte der Künstler nicht besprechen. Da in der nächsten Nummer noch einige seiner Werke abgebildet werden sollen, so wird sich dort Gelegenheit finden, etwas näher auf die künstlerische Eigenart der Bosseltschen Medaille einzugehen.

Unser norwegischer Filigranschmuck bietet ein interessantes Beispiel für industrielle Neubelebung einer alten Volkskunst. Der schwedisch-norwegische Bauernschmuck hat sich immer durch Verwendung von Filigran und das bewegliche Aneinanderfügen seiner zahlreichen Einzelteile ausgezeichnet. Auf dem gleichen Prinzipe sind die modernen Arbeiten, die wir heute abbilden, aufgebaut: Auch hier ist nur ein verhältnismäßig kleines Mittelstück in sich starr und unbeweglich, während der größere Teil ein bewegliches Gehänge aus zierlichen Drahtformen, Kettengliedern und Anhängseln von den

R. R.

verschiedensten Formen darstellt; so ist eine glitzernde Beweglichkeit erreicht, welche man als das künstlerische Prinzip fast allen Volksschmuckes bezeichnen kann. Die schlichte Ruhe und rassige Kraft des echten Bauernschmuckes haben diese modernen Nachbildungen ja nicht erreicht; aber sie sind reizvoll genug, um das Interesse jeden Goldschmiedes in hohem Grade zu erwecken.

Die Entwürfe von W. Fueß-München und Hel. VargesSteglitz werden ohne nähere Erläuterung verständlich sein, ebenso die fünf Anhänger, die nach Entwurf von Professor Kleemann von der Firma F. Zerenner (beide in Pforzheim) ausgeführt sind. Sie sind in gutem Gold gearbeitet unter Verwendung von Perlen, Steinen und zart getöntem Emaille. Zu den „Damenuhrgehäusen" ist ein besonderer Text Unser Musterblatt

beigefügt.

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Unser Preisausschreiben für Künstlerkostüme

mit Silberschmuck.

Dieses Ausschreiben hat, wie wir aus verschiedenen Äußerungen ersehen durften, in weiten Kreisen lebhaftes Interesse hervorgerufen. Aber nicht nur Interesse, sondern auch Widerspruch. Und zwar insofern, als man lieber gesehen hätte, wenn wir Entwürfe für Gold-, anstatt für Silberschmuck verlangt hätten. Goldschmuck sei wichtiger als Silberschmuck, hieß es, und es sei nicht angebracht, eine verhältnismäßig begrenzte Spezialität in dieser Weise vor dem ohnedies mit Schwierigkeiten arbeitenden, guten Goldschmuck zu bevorzugen.

Es bedarf wohl keiner Versicherung, daß wir weder ein Interesse daran, noch die Absicht hatten, dem Silberschmuck gegenüber dem Goldschmuck eine besondere Unterstützung zukommen zu lassen. Aber wir dürfen auch nicht die Meinung bestehen lassen, als ob wir uns nicht darüber klar gewesen seien, aus welchem Grunde wir Silberschmuck in das Programm unseres Ausschreibens setzten.

Wer eine Konkurrenz ausschreibt, muß zweierlei beachten: Erstens, er muß die Aufgabe so stellen, daß ein praktisch verwertbares Ergebnis aus dem Wettbewerb zu erwarten ist; und zweitens, er muß eine solche Aufgabe stellen, daß mit einer gewissen Sicherheit eine genügende Beteiligung zu erwarten ist. Die Erwägung dieser beiden Punkte war es, welche uns den Silberschmuck in das Programm aufnehmen ließ.

Wer in den Kreisen der Schmuckindustriellen und der gewerblich tätigen Künstler bekannt und bewandert ist, der wird unschwer sich bestätigen lassen können, was ich jetzt sage: Moderne Künstlerschmuckentwürfe finden für Silberschmuck beim Publikum sehr großen, für Goldschmuck aber sehr geringen Anklang. Warum das so ist, das ist schwer in Worte zu fassen, und das zu erörtern, würde uns auch hier zu weit führen. Genug, es ist so, und so lange das moderne dekorative Ornament und der Goldschmuck sich so spröde gegenüberstehen, wie das jetzt noch der Fall ist, wäre eine Künstlerkonkurrenz von dem Umfang, wie wir sie planen und hoffen, ein sehr gewagtes Unternehmen, und wir dürften kaum erwarten, praktisch verwertbare Anregungen in genügender Anzahl zu erhalten.

Außerdem ist es aber unser Hauptzweck, Anregungen für eine organische Verbindung von Schmuck und Kostüm zu ge

winnen. Auch hierfür schien der Silberschmuck wesentlich geeigneter, da er größere Flächen bietet, da er viel leichter großförmig und dekorativ behandelt werden kann, als goldner Schmuck mit seinem kostspieligen Material und kostspieligen Edelsteinen.

Mit einem Wort: Wir glaubten, einen größeren künstlerischen Erfolg zu erzielen, wenn wir für die geplante Kostümkonkurrenz Silber-, als wenn wir Goldschmuck vorschrieben. Die Aufgabe ist für die Künstler so jedenfalls reizvoller, dankbarer und verständlicher, und auf die Künstler müssen wir dabei rechnen. Für die Mitarbeit solcher liegen die Verhältnisse aber jetzt sehr viel günstiger beim Silber- als beim Goldschmuck. Sobald sich dies geändert haben wird, werden wir zu erwägen haben, was für den Goldschmuck in künstlerischer Beziehung getan werden kann. R. R.

Hanauer Akademie.

Dem für das Jahr 1902 erschienenen Jahresbericht entnehmen wir folgendes:

Der Unterrichtsgang der Anstalt ist vornehmlich für Angehörige der Edelmetallindustrie berechnet. Ein vorbereitender Kurs bildet die Schüler gemeinsam im Freihand- und Körperzeichnen aus. Von da ab treten gesonderte Lehrgänge ein. Die Goldschmiede, Emaillemaler, Ziseleure, Graveure und Silberschmiede finden dann in besonderen Werkstätten ihre letzte Ausbildung.

Die Gesamtzahl der Schüler war 303 (gegen 298 im Vorjahr), davon waren 68 Tagesvollschüler. Die Gesamtzahl der Schülerinnen betrug 33 (gegen 33 im Vorjahr), darunter 10 Tagesschülerinnen.

Für Schülerwettbewerbe stehen der Anstalt verschiedene Stipendien zur Verfügung.

Das Lehrerkollegium besteht aus 16 Lehrern.

Berichtigung.

In unserem Bericht „Aus dem Pforzheimer Kunstgewerbemuseum" hat sich ein Fehler eingeschlichen. Die dort besprochenen Anhänger in ungarischem Drahtemaille sind nicht von Professor Korsini-Budapest entworfen. Vielmehr rührt Entwurf und Ausführung von Oskar Tarjan, Budapest, her.

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