Page images
PDF
EPUB

99

[ocr errors]

,,Bleischwere" zu geben, ebenso eine Goldprobe. Wurde das Gold jedoch beim Schmelzen nicht ,,schmeidig", so war der Goldschmied zur Übergabe dieser Beweismittel nicht verpflichtet. Derartige auf Bestellung gefertigte Arbeiten durften an den Besteller erst dann abgegeben werden, wenn sie von dem Zunftmeister den Stempel der Vollötigkeit erhalten hatten. Silberarbeiten waren den Altmeistern nur dann zur Prüfung einzureichen, wenn das Gewicht über zwei Lot betrug. Derartige Silberarbeiten erhielten. richtigen Feingehalt vorausgesetzt den Stempel der Stadt, des Meisters und der Zunft. Wurde jedoch das Silber für „falsch befunden", so daß es den Strich und die Probe nicht hielt, so hatten die Altmeister die Silberarbeit zu zerschlagen", auch war der schuldige Goldschmied durch das Amt zu bestrafen. War das von den Altmeistern bei den Goldschmieden zur Prüfung geholte Silber dreimal für schlecht befunden, so war dem Schuldigen, der Laden zu sperren" d. h. der Lehrling und die Gesellen mußten entlassen werden. Die Zunftlade, einschließlich aller Zunftdokumente, befand sich im Gewahrsam der Altmeister, die alljährlich über ihre Geschäftsführung Rechnung zu legen hatten. Zu den Zunftversammlungen, auf welchen jeder nach Einladung zu erscheinen hatte, durfte in der Regel niemand fehlen, wenn

Zunft, der seinem Alter nach der Älteste unter den Zunftmitgliedern war. Voraussetzung für die Amtsführung war nur, daß der Altmeister eine Kaution stellen konnte und dafs er geistig und körperlich den Anforderungen des Amtes gewachsen war. Konnte der älteste Zunftgenosse das Amt aus irgend einem Grunde nicht übernehmen, so trat der für die Aufsicht der Zünfte eingesetzte Magistratsbeamte als Vermittler ein und bemühte sich, die Zunftmitglieder freiwillig zur Ernennung eines Altmeisters aus ihren Reihen zu bestimmen. War auf diesem Wege keine Einigung

zu erzielen, so mußte die Wahl dem Berliner Magistratskollegium übertragen werden, das einen Goldschmied zum Altmeister ernannte. Man ersieht, daß im 18. Jahrhundert für die Berliner Goldschmiede das Recht der Selbstwahl des Altmeisters vollständig verloren gegangen war. Gelegentlich suchte man sich gegen derartige staatliche oder städtische Eingriffe zu wehren, so im Jahre 1751, als auf Befehl des Berliner Magistrates der Altmeister Payot abgesetzt und dafür der Goldschmied Grabia ernannt wurde. Die Berliner Goldschmiedezunft führte hierüber beim König Beschwerde und erbat ihr altes Recht der Selbstwahl des Altmeisters zurück. Ein Dekret des Königs vom 6. April 1752 hieß jedoch das Vorgehen des Magistrates gut und gleichzeitig schrieb der König er verbitte sich jedes Querulieren". Die Beschaugebühr der Altmeister für Goldsachen betrug für je 10 Goldgulden 2 Pf., bei Silbersachen stellte sich die Gebühr nach dem Generalprivilegium von 1735 auf 10 Pf. für 1 Mk. Silber; für Gold blieb die alte Beschaugebühr bestehen. Das Entnehmen von Silberproben bei den Zunftmeistern wurde später das Amt des Jungmeisters. Es war dies jeweils der zuletzt in die Gilde aufgenommene Meister, der jüngste.

[graphic]

Nippfigur von P. Oberländer, Hanau a. M.

man sich nicht einer Strafe von 2 Groschen aussetzen wollte. Die Amtswirksamkeit der Altmeister betrug anfänglich ein Jahr; im 18. Jahrhundert hat sich jedoch bereits diese Tätigkeit zu einer lebenslänglichen entwickelt. Bei Gelegenheit des Regierungsantrittes König Friedrich Wilhelms I. sehen wir das Berliner Goldschmiedeamt aus Anlaß der erbetenen Konfirmation die Bitte aussprechen, den Artikel 10 dahin zu ändern, für den Altmeister erst eine zweijährige Probezeit festzusetzen. Es heißt hier weiter: „Dann möge es dem Amt überlassen bleiben, ihn zu behalten oder einen neuen zu wählen, wie es auch in Augsburg, Nürnberg und Hamburg der Brauch sei". Wurde ursprünglich die Wahl der Altmeister durch die Zunftmitglieder selbst vollzogen, so änderte sich dies in späteren Jahrhunderten, als die Zunftorganisation allgemein in Verfall geraten war. Das Generalprivilegium vom Jahre 1735 sah überhaupt keine Wahl mehr vor, sondern bestimmte einfach den zum Altmeister der

[ocr errors]

Der Altmeister hatte den Vorsitz in den Versammlungen zu führen, die nach altem Sprachgebrauch ,,Morgensprachen" hießen. Pflichtversammlungen waren vierteljährlich zu Ostern, Johann Baptista, Michaelis und Weihnachten abzuhalten, die in der Regel im Hause des Altmeisters vor sich gingen. Erst im Jahre 1740 entschloß sich die Berliner Goldschmiedezunft zur Erbauung eines eigenen Zunfthauses in der Friedrichstadt; dieses Haus kam jedoch um 1780 wieder zum Verkauf. Nach dieser Zeit diente den Versamm

[graphic]

lungen ein gemietetes Zimmer. Kulturgeschichtlich bemerkenswert ist die in den älteren Zunftrollen anzutreffende Bestimmung, daß sich ein jeder auf den ,,Morgensprachen" des „Höhnens, Schmähens oder Scheltens, Angreifens und Lügenstrafens" zu enthalten habe. Abgesehen von der hieraufstehenden Geldstrafe von 2 Mark Feinsilber, konnte auch die schwere Strafe des „,Handwerklegens" verhängt werden. Das heißt, dem Schuldigen wurde die Werkstatt geschlossen. Das spätere Generalprivilegium duldete derartig schwere Strafen nicht mehr. Letzteres sah auch neben dem Altmeister noch einen Beisitzer vor. Nach dem Generalprivilegium vom 21. Mai 1735 hatte dieser Beisitzer weitgehende Befugnisse, welche die ehemalige Rangstellung des Altmeisters sehr beeinträchtigten. Das Lehrlingswesen war eingehend geregelt. Es war üblich den Lehrling erst einige Zeit zur Probe zu nehmen, bevor die endgültige Aufnahme erfolgte. Im 16. und 17. Jahrhundert betrug diese Probezeit ein Vierteljahr, die später auf einen Monat zurückging. Nach der Ordnung vom 2. Februar 1597 der Berliner Goldschmiedezunft wurde für die Aufnahme des Lehrlings der Nachweis ehelicher Geburt gefordert. War der Lehrherr mit der Probezeit zufrieden, so mußte der Lehrling in der nächsten Vierteljahrssitzung dem Handwerk vorgestellt werden, worauf die Eintragung in die Lehrlingsrolle vor sich gehen konnte. Als Eintrittsgeld hatte der Lehrling einen Taler in die Lade zu entrichten; für einen Meisterssohn ermäßigte sich

[blocks in formation]
[ocr errors]

Wandteller mit dem Danziger Wappen Entworfen von
H. Köhler, ausgeführt bei Albert Kahlbrandt, Altona
Wandteller mit dem Schleswig-Holsteinischen Wappen
Entworfen und ausgeführt von Albert Kahlbrandt, Altona

die Gebühr um die Hälfte. In späterer Zeit flossen dem Beisitzer 6 Groschen als Schreibgebühr zu, während die Lade 12 Groschen und die Kirche 16 Groschen als Wachsgeld erhielt. Nach dem Generalprivilegium mußte der aufzunehmende Lehrling die Kenntnis vom Schreiben und Lesen und der fünf Hauptstücke aus dem Katechismus nachweisen. War diese Kenntnis nicht vorhanden, so konnte die Aufnahme nur dann erfolgen, wenn der Lehrherr sich verpflichtete, den Jungen wöchentlich vier Stunden in die Armenfreischule zu schicken, wofür der Lehrherr einen Beitrag von 6Talern zu leisten hatte. Mehr als zwei Lehrjungen durfte ein Goldschmied nicht halten. Die Mindestlehrzeit umfaßte 4 Jahre, dürfte in den meisten Fällen jedoch länger gedauert haben. Lief ein Lehrjunge ohne triftigen Grund aus der Lehre, so durfte der Junge von keinem anderen Meister aufgenommen werden. Kehrte der Junge zu seinem Meister zurück, so verlängerte sich für jeden Fall des Entlaufens die Lehrzeit um ein halbes Jahr. In dem späteren Generalprivilegium von 1735 wurde dem Lehrherrn besonders zur Pflicht gemacht, mit dem Jungen,,christlich und vernünftig umzugehen". Es heißt dort wörtlich: ,,Noch auch solche Jungen mit übermäßiger Hausund Hand-Arbeit, also daß sie dadurch von tüchtiger Erlernung des Handwerks gehindert werden, belegen,

[graphic]
[graphic][merged small]

Gegenstände im Charakter schleswig-holsteinischer Bauernkunst Messing poliert. Entworfen und getrieben von Albert Kahlbrandt, Altona

noch weniger aber seinem Eheweib und Gesellen dergleichen zu tun gestatten". Wurde dem Meister ein schlechte Behandlung des Lehrlings nachgewiesen, so erfolgte vom Magistrat die Bestrafung des Schuldigen. Dasselbe Privilegium lief die Bestrafung des Lehrlings nur dann zu, wenn er sich ohne triftigen Grund von der Lehrstelle 14 Tage entfernt hielt. Dehnte sich das Fortbleiben auf mehr als 4 Wochen aus, so ging das gezahlte Lehrgeld verloren, wie auch die Lehrzeit von vorn begonnen werden mußte. Nach beendeter Lehrzeit erfolgte die Lossprechung des Lehrlings in der Form, soweit sich das General-Privilegium hierüber ausläßt, daß der Meister den Lehrling in die nächste Vierteljahrsversammlung mitnahm, wo sein Lehrherr über ihn Bericht erstattete. Auch bei dieser Gelegenheit nahm seltsamerweise der Beisitzer und Altmeister eine Prüfung im Lesen, Schreiben und Katechismus vor, worauf der Lehrling zu gutem moralischen Verhalten ermahnt wurde. Nachdem der Lehrling feierlich versprochen, diesem Gebote nachzuleben, erhielt er vom Altmeister den üblichen Handschlag. Es erfolgte nun die Einschreibung als Geselle in das „Protokoll", wobei der Lehrbrief und Geburtsbrief in die Zunftlade gelegt wurden; der junge Geselle erhielt nur eine Abschrift. Die Schreibgebühren für die Lossprechung betrugen einen Taler an die Zunft und 12 Groschen an den Beisitzer und Altmeister. In der Regel begab sich wohl der Lehrling nach beendeter Lehrzeit auf die Wanderschaft; die Berliner Goldschmiede-Ordnungen des 16. und 17. Jahrhunderts fordern 4 Jahre Wanderszeit, während das General-Privilegium 3 Jahre festsetzte. Nach den älteren Goldschmiederollen der Berliner

...........

Zunft stand einem Meisterssohn die Vergünstigung zu, nur 2 Jahre wandern zu brauchen. Eine nicht in vielen Zunftrollen Zunftrollen anzutreffende Bestimmung der Berliner Goldschmiede war die, daß den Gesellen zwei beim Militär verbrachte Dienstjahre als ein Wanderjahr angerechnet werden sollten.

Für die Erwerbung der Meisterwürde hatte der Geselle eine vierjährige Arbeitszeit bei einem Berliner Goldschmiede nachzuweisen. Der Nachweis von zwei Jahren genügte, wenn der Geselle das Goldschmiedehandwerk in Berlin erlernt hatte. Die Berliner Goldschmiederollen von 1555 und 1572 gestatteten jedoch, im letzteren Falle den Loskauf für 20 Gulden. Gänzliche Befreiung von der Wanderschaft trat für denjenigen ein, der eine Meisterswitwe oder eine Meisterstochter heiratete. Das Generalprivileg vom Jahre 1736 läßt die Forderung der Wanderzeit gänzlich fallen, verlangt aber für die Aufnahme als Meister eine halbjährige Arbeitszeit als Geselle bei einem Berliner Goldschmiede, damit man sich über den Charakter des künftigen Meisters ein Urteil bilden kann. Am Ausgang des 18. Jahrhunderts erfuhr die Erwerbung der Meisterwürde bei den Berliner Goldschmieden eine erhebliche Erschwerung. Zu dieser Entwicklung hatte die schlechte wirtschaftliche Lage des Berliner Goldschmiedegewerbes um jene Zeit manches beigetragen; man klagte über eine zu große Zahl von Meistern, von denen einige eine nur dreijährige Lehrzeit hinter sich hatten. Die Zunft forderte ein Wanderverbot der Gesellen für das Ausland und verlangte, daß der Geselle 7 bis 8 Jahre in Berlin oder im Inlande arbeiten sollte, bevor er als Meister zugelassen wurde. Ein hierauf ergangenes

[graphic][merged small][ocr errors][subsumed][subsumed]

Schmuckdose und Kupferteller in Albellotechnik. Entworfen und ausgeführt von Albert Kahlbrandt, Altona

[graphic]

Reskript vom 20. Juni 1776 wird diesen Wünschen nur teilweise gerecht; es heißt dort „daß niemand, der nicht wenigstens 6 volle Jahre als Geselle gearbeitet hat, zum Meisterrecht zugelassen werde", der Erwerb der Meisterwürde war bei den Berliner Goldschmieden ziemlich schwierig. Erledigung der vorschriftsmäßigen Gesellenjahre vorausgesetzt, hatte der Geselle bei einer Quartalssitzung seine Zulassung zur Meisterprüfung zu erbitten. Dieser als „Mutung" bezeichnete Antrag war in den nächsten zwei Quartalssitzungen zu wiederholen; beim ersten Antrag hatte der Geselle die notwendigen Papiere, wie Geburtsbrief und Lehrbrief vorzulegen. Die ältere Goldschmiederolle von 1555 forderte auch bei einem verheirateten Gesellen von der Frau den Nachweis ehelicher Geburt. In späterer Zeit mußte der Goldschmiedegeselle beim Nachsuchen der Meisterwürde noch ledig sein. Hatte der Geselle die nötigen Papiere nicht zur Hand, so wurde ihm zur Beschaffung derselben ein halbes Jahr Zeit gelassen. Bei jeder Mutung hatte der Geselle einen halben Taler in die Lade zu geben; auch waren bei dem ersten Antrag zwei Bürgen zu stellen. Eine selten anzutreffende Zunftbestimmung war auch die, daß in jedem Quartal sich stets nur ein Geselle als Meisterkandidat melden durfte. Waren mehrere Bewerber vorhanden, so erhielt der in Berlin geborene Geselle den Vorzug, was auch für einen Zunftverwandten galt. Im 16. Jahrhundert hatte der ledige Berliner Goldschmiedegeselle vor der Meisterprüfung die Erklärung abzugeben, daß er eine Meisterstochter heiraten werde. Die Heirat hatte erst nach bestandener Meisterprüfung zu erfolgen, damit weder das Handwerk noch die Person, so er freite, an ihn gebunden ist, falls er nicht bestehen würde". In dem Generalprivilegium kamen fast alle diese lästigen Bedingungen in Fortfall. Nach der Meldung beim Altmeister oder Beisitzer mußte innerhalb zwei Tagen das Handwerk zusammengerufen werden, wofür auch ein Ausschuß genügte; dieser hatte die Papiere zu prüfen und bei ordnungsmäßigem Befinden den Gesellen sogleich zur Meisterprüfung zuzulassen. Die Meisterprüfung forderte drei Meisterstücke und zwar ein Trinkgeschirr von wenigstens 24 Lot Gewicht, einen Siegel mit eingeschnittenem Schild und Helm und drittens einen goldenen Ring, der im Verkauf einen Gulden Verdienst zu bringen hatte. Im 17. Jahrhundert wurde ein sogenannter Acaleyoder Agleybecher üblich mit sechs Passen und drei passichten Füßen. Die Passen stellten am Becher lange und spitsauslaufende Züge dar. Das Gewicht dieses Bechers hatte 36 Lot zu betragen und war als Material gutes 131ötiges Silber zu verwenden. Das Generalprivilegium von 1736 brachte den Berliner Goldschmieden Befreiung von diesen unverkäuflichen Meisterstücken; man forSilberner Becher Entworfen u. ausgeführt v. Albert Kahlbrandt, Altona

[ocr errors]

derte jetzt solche, die einem praktischen Bedürfnis entsprachen und somit für den Goldschmied gut verkäuflich waren. Man forderte jetzt auch nur ein Meisterstück, das nach Wahl aus einem silbernen Teekessel mit einer Lampe oder aus einer Terrine zu bestehen hatte. Aber auch diese Gegenstände scheinen schwer verkäuflich gewesen zu sein, denn ein Gesuch der Berliner Goldschmiede vom 20. Mai 1757 bittet als Meisterarbeit nur Tee- oder Kaffeekannen, Präsentierteller oder ähnliches fordern zu wollen, aber nicht die unverkäuflichen großen Terrinen. Die Meisterstücke mußte. der Geselle innerhalb 12 Wochen beendigen und war die Arbeit unter Aufsicht eines Meisters zu verrichten. Über die Güte der Arbeit entschied das gesamte, zum Quartal versammelte Handwerk. Ein für ungenügend erachtetes Meisterstück mußte der Geselle noch einmal arbeiten. Wurde das Stück dreimal abgewiesen, so galt die ganze Meisterprüfung als nicht bestanden. Für die Meisterwürde war nach der ersten Ordnung ein Betrag von 4 Talern zu entrichten; später änderte sich diese Summe, die im 17. Jahrhundert gar 40 Taler betrug. Durch das Generalprivilegium wurde diese Summe dann wieder auf das vernünftige Maf von 4 Talern herabgesetzt. Der neuaufgenommene Meister hatte seinen Zunftgenossen das übliche Festmahl zu geben. Interessant ist, daß der „Jungmeister" nach Eröffnung seiner Werkstatt im Laufe des nächsten

[graphic]
« PreviousContinue »