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Barockperle ein Vogelmotiv entsteht. Am reifsten für mein Gefühl erscheinen die Ringe in ihrer großen Geschlossenheit, aber auch die ornamentalen Lösungen an den Dosen weisen vornehme Stilisierung auf. Der architektonische Aufbau dieser zierlichen Gegenstände ist abgewogen und von guten Verhältnissen. In der Formgebung und Behandlung des Metalls spricht sich Gefühl für die in ihm wohnenden Eigenschaften aus, in analoger Weise auch die Durcharbeitung des Elfenbeins. Die Arbeiten berechtigen zu der Feststellung, daß wir von der Künstlerin noch manchen neuen Gedanken erwarten dürfen. Prof. L. S.

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Der

Langfinger und ihre Opfer.

er Bäckermeister des Khedive saß einst in PachaBagdsche am asiatischen Ufer des Bosporus im Kreise seiner deutschen und österreichischen Freunde bei dem griechischen Wirt, der dort nach seiner Meinung ein stolzes Hotel aufgeschlagen hat. Zwar ist man im Gasthaus nicht sicher, daß die Nachtruhe durch verschiedene bekannte kleine Unannehmlichkeiten vergällt wird, aber der weite Blick am Tage, vom Balkon auf die Meerenge, auf Jenikoï und Therapia mit ihren Villen, die am jenseitigen Meeresufer an den Berghängen hinaufklettern, entschädigt für Leiden, die der dicht daneben wohnende Drogist mit seinem Insektenpulver leicht lindert. Der biedere Bäckermeister, der da unten unter mir saß, war beim Renommieren angelangt. Von den Taschendieben sprach man, welche die unterirdische Bahn, die in Konstantinopel nach Pera hinaufführt, unsicher machen, und der Verfertiger leckerer Brötchen behauptete, während der Stuhl unter seiner üppigen Fülle knarrte, ihm könne so etwas niemals passieren. Zur Bekräftigung faßte er sich an die Stelle, wo Herren gemeinhin das Portemonnaie zu tragen pflegen, worauf sich sein Gesicht beträchtlich verlängerte, denn der Geldsack war fort und ward auch nicht mehr gefunden."

So beginnt eine humorvolle Skizze Hans Joachim von Winterfeld's in der Zeitschrift „Über Land und Meer",

in welcher er sich den heiklen Stoff der Taschen- und Ladendiebe zum Gegenstande erwählt hat. Die lebhaftere Geschäftszeit für unsere Juweliere steht gerade hinter uns, und mit ihr nahm leider auch die Tätigkeit der erwähnten Feinde des ehrlichen Eigentums einen gewissen Aufschwung, deren gesuchte Opfer die Geschäfte unserer Branche bekanntlich sind.

Lassen wir Herrn von Winterfeld selbst weiter sprechen, der uns vielleicht doch noch etwas neues zu erzählen weiß, obgleich der erfahrene Juwelier selten einer Diebesmethode gegenüberstehen wird, die ihm im Leben nicht schon einmal begegnet ist und zu schaffen gemacht hat. „Der Taschendieb muß von seinem gewöhnlichen Kollegen vom Fach streng unterschieden werden. Denn der Taschendieb kann Sportsmann sein. Dazu rechnet man natürlich nicht jene verwegenen Gesellen, die am liebsten in den Nachtstunden Frauen überfallen, die allein durch den Tiergarten gehen, um ihnen die Handtasche vom Arme zu reißen. Es gibt Langfinger von mannigfaltigster Art. Da war zum Beispiel eine stadtbekannte Dame in einer mitteldeutschen Residenz, der es ein ganz eigenartiges Vergnügen bereitete, ihren Gastgebern Efsachen vom Tisch zu mausen, die sie getreulich in ihrem Pompadour nach Hause trug, um sie wiederum ihren eigenen Gästen vorzusetzen. Und die Leutnants, welche die kleine Schwäche kannten, fanden ein großes Vergnügen daran, mit voller Wucht auf den armen Pompadour zu schlagen, daß die Kuchen, Törtchen und Pastetchen sicherlich häufig einen wüsten Brei gebildet haben. Oft lesen wir von irgendeiner Kleptomanin, welche die Warenhäuser unsicher macht, wir erfahren, daß die eine nur Spitzen, die andere nur Silbergegenstände verschwinden läßt, wie der eine Sammler Briefmarken, der andere Schmetterlinge zusammensucht.

Und welche weite Brücke läßt sich schlagen zum Kochemer, dem Spitzbubenkameraden, der die gestohlene Beute beim Pascher verschärft. Da gibt es in den entlegenen Stadtvierteln großer Städte, in Whitechapel, im Norden Berlins, Kaschemmen, in denen Jungen direkt

zum Taschendiebstahl angeleitet werden, Schulen, in denen der Anfänger die schwierige Kunst erlernen kann. Denn es ist nicht leicht, mit Zange und Schere geschickt die Uhr aus eines ahnungslosen Menschen Tasche zu ziehen, selbst wenn die Aufmerksamkeit des Betreffenden im Augenblick durch einen Helfershelfer abgelenkt wird. Noch schwieriger ist es, die Hand in die Tasche eines Herrn gleiten zu lassen, um ihm den Geldbeutel auf Nimmerwiedersehen zu entführen. Damen, die sich über die Zudringlichkeit von männlichen Wesen in der Eisenbahn, mehr noch im elektrischen Wagen - weil dieser ein schnelleres Absteigen ermöglicht beklagen, haben die Unvorsichtigkeit, nicht sofort nach dem Portemonnaie zu greifen, oft empfindlich gebüßt. Viel origineller arbeiten jene Diebe, mit denen auch Juweliere rechnen müssen. Da wurde vor gar nicht langer Zeit eine Dame

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verhaftet, die im Muff stets einen dressierten Affen bei sich trug, der darauf abgerichtet war, Gegenstände plötzlich verschwinden zu lassen. Es ist überhaupt eigenartig, daß man bei dieser Art von Diebstählen mehr von Frauen liest, während sich die Männerwelt Bahnhöfe, Fahrgelegenheiten, Kinematographentheater, Hotels für das unlautere Treiben aussucht. Das kommt daher, weil der Gauner, mit geringeren Mitteln, fast möchte man sagen wie ein Taschenspieler, arbeiten muß, während die Dame viel eher Gelegenheit hat, selbst größere Gegenstände verschwinden zu lassen. Es ist ein außerordentlich beliebter Trick, sich ein Strumpfband anzufertigen, das mit Haken versehen ist. Hat die Frau es dann gelernt, mit der Zehe Gegen

Material drücken, daß er haften bleibt, bis sie Gelegenheit hat, den wertvollen Gegenstand in irgendeiner Hausflur herauszulösen. Auch der Schirm ist in - allerdings weniger geschickten Händen eine Diebesfalle. Mit Leichtigkeit kann man ein Paket in den Hohlraum gleiten lassen. Man braucht nicht zu befürchten, daß der Gegenstand ein Geräusch, das den Verkäufer aufmerksam machen könnte, verursacht. Allerdings hat der Dieb hier den Nachteil, daß der Schirm viel leichter einer Untersuchung unterzogen wird als der Körper selbst, eben weil es jahrelanger Übung bedarf, bis ein geschickter Taschendieb fähig ist, schwierigere Kunststücke zu vollbringen."

Auch ein Feldpostbrief.*)

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stände aufzuheben, so braucht sie nur einen Strump und bin aus einem kunstgewerblichen Schulmann und Fach

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- und zwar am gegenüberliegenden Fuß - am Spann abzuschneiden, um so ausgerüstet auf Arbeit ausgehen zu können. Sie wirft von der Verkäuferin unbeachtet einen Gegenstand, der ihr gefällt, auf den Boden, kein Mensch wird das verschwundene Scheinchen das seidene Taschentuch wieder entdecken. Weitaus schwieriger ist es, Juweliere, die meist miftrauisch jeden Kunden, den sie nicht kennen, betrachten, zu betrügen. Die Dame, die wir auf unserem Bilde sehen, hat zwischen Absatz und Fuß im Schuh ein Stück Wachs eingelassen; auch sie hat unbeachtet einen Ring vom Tisch geworfen und wird ihn nun so in das weiche

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redakteur ein kompagnieführender Feldsoldat geworden. Das geht noch Hunderttausenden und Millionen so oder ähnlich, und doch glaube ich in mancher Beziehung eine Ausnahme zu bilden. Jeder, der die im Beruf erworbenen Fähigkeiten in diesem endlosen Kriegsleben anzuwenden Gelegenheit hat, bleibt mit dem Berufe doch mehr oder weniger verbunden. Denken wir nur an den Landwirt oder Bauarbeiter im weiteren Sinn, wie vielfach dieser beim Stellungsausbau, beim Schanzen Tätigkeiten ausübt, die sich mit seinem Beruf berühren, die ihm vermöge seiner Berufskenntnisse das Kriegsleben und -arbeiten leichter und interessanter machen. Meine Berufsspezialität, so schön sie im Frieden war, ist in den Schützengräben wohl die überflüssigste von allen. Wenigstens in dem Sinne, daß die Kriegsführung und das Kriegsleben keinen Nutzen daraus zu ziehen vermag. Ob das Umgekehrte auch der Fall ist, werden wir nachher sehen. Nicht Jedem, der einen künstlerischen, ästhetischen oder theoretischen Beruf ausübte, ist es in diesem Kriege so gegangen wie mir. Da und dort habe ich frühere Schüler von mir getroffen, die sich die Verbindung mit ihrem früheren Berufe zu wahren wußten. Da

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*) Anmerkung für unsere im Kriege gewonnenen Leser. Diesen Feldpostbrief schrieb Herr Professor Rücklin aus Pforzheim, z. Zt. Leutnant der Landwehr, der bis zum Kriegsausbruch Redakteur des Kunstgewerblichen Teiles der Deutschen Goldschmiede-Zeitung" war, und obgleich schon über 45 Jahre alt, als Kriegsfreiwilliger in das Heer eintrat.

sitzt der eine tagaus, tagein am Telephon und zeichnet und malt nach Kräften dabei. Da ist der andere beim Bataillonsstab und macht eine Stellungszeichnung um die andere. Aber es ist nicht jedermanns Sache, in diesem grimmigsten aller Kriege still am Zeichenbrett zu sitzen. Ich für mein bescheidenes Teil habe es vorgezogen, die Brücken fürs erste abzubrechen, und so weit als möglich nur Soldat zu sein.

23 Jahre glücklicher Berufsarbeit liegen zwischen dem Abschluß meiner aktiven Dienstzeit und dem Ausbruch des Krieges, 23 Monate ununterbrochenen Schützengrabendienstes in vorderster Front hat mir bisher der Krieg gebracht. Da mag man wohl einmal zurückblicken und sich fragen: Wie erscheint dir jetzt deine Friedensarbeit? Wie beurteilst du jetzt das, was im Frieden deines Lebens Zweck und Ziel war: Mitzubauen an dem Aufbau eines selbständigen, neuen deutschen Kunstgewerbes?

so eng sind und sein müssen, daß immer nur ein Bruchteil der Leute etwa auf der Bank oder gar am Tische sitzen kann. Und wenn sie am Ruhetag in die von aller Zivilbevölkerung geräumte, halbzerschossene Ortsunterkunft herunterkommen, so fehlt ihnen auch fast alles, was der Kulturmensch zum Ausruhen und zur Erholung braucht. Aber sie tragens und bleiben sogar fröhlich dabei. Haben sie denn gar kein Bedürfnis nach derjenigen Lebensverfeinerung, die wir mit dem Begriff „Angewandte Kunst" bezeichnen?

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Neujahrsplakette der Firma B. H. Mayer, Hofkunstprägeanstalt in Pforzheim.

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Um das eine gleich vorwegzunehmen: Märchenhaft schön kommt mirs vor, wie und was ich im Frieden arbeiten durfte. Dort galt es an des Lebens Schmuck und Schönheit zu arbeiten; jetzt wühlen wir uns in den Boden ein, um des Lebens notdürftige Sicherheit. Aber davon soll jetzt hier nicht die Rede sein, sondern es soll versucht werden, die Frage zu beantworten: Erscheint unsere frühere Berufsarbeit noch als richtig und als ebenso wichtig, wie wir sie vor den Erfahrungen dieses furchtbaren Krieges betrieben haben? Ebenso wichtig wie im Frieden wills einem nicht wieder erscheinen, oder anders ausgedrückt: Es kommt einem jetzt vieles sehr wichtig und bedeutungsvoll vor, was man sonst neben künstlerischer Betätigung übersah. Ich habe in meiner Kompagnie einen Wehrmann, sagen wir einmal, von sehr einfacher Geistesbeschaffenheit. Auch seine militärischen Fähigkeiten sind auf ein bescheidenes Maß zurechtgeschnitten. Von Beruf ist er Erdarbeiter - aber was für einer! Wo er pickelt und schaufelt, da kriecht die auszuhebende Grabenlinie formlich vorwärts. Ich würde es keine Stunde aushalten, was der mit unermüdlicher Kraft 4-5 Stunden nacheinander leistet. Und dann meine Schreiner und Zimmerleute, die immer wieder einen Weg und neue Mittel finden, um einen Graben, der absolut nicht halten will, der immer wieder einrutscht, mit Pfählen und Drahtankern und was weiß ich alles, festzunageln und anzubinden - wie lernt man jetzt solche Männer und solche Fähigkeiten schätzen, wie ganz anders erscheint einem jetzt ihre Arbeit im Vergleich zu der uns sonst im Frieden geläufigen Berufsschätzung! Einen jungen Bildhauer, der sich im Frieden schon gegen das Eingehen auf eine kunstgewerbliche Technik sperrte und sträubte, habe ich hoch oben in den Vogesen als Armierungssoldaten getroffen. Sein fröhliches Aussehen, seine eifrigen Erzählungen, seiner Erlebnisse haben mir ihn menschlich nähergebracht als je zuvor. Damit will ich nicht sagen, daß ich den Beruf eines Erdarbeiters gleich oder höher schätze als den eines Kunsthandwerkers oder Künstlers, weil dieser beim Schanzen brauchbarer ist als jener, aber nie im Leben noch ist mir das Hohle, Eitle, äußerlich Aufgestutzte, was in unsern künstlerischen und halbkünstlerischen Kreisen und Bestrebungen vor dem Kriege sich breitgemacht hat, so scharf in seiner Wesenlosigkeit erschienen, als in diesem mehr als zweijährigen Zusammenleben mit einfachen Männern der Handarbeit, die ums Vaterland und ums liebe Leben wachen und schanzen, und denen jede Ästhetik meilenweit fernliegt. Und ich möchte nur wünschen, daß möglichst viele Künstler und Kunstgewerbetreibende diesen Eindruck aus dem Kriege mit heimbringen.

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Am stärksten vermisse ich von allen Errungenschaften der Kultur einen Raum, der mir allein gehörte, und der so beschaffen wäre, daß man darin mit Genuß ruhen und geistig arbeiten könnte. Nichts bewundere ich mehr, als daß unsere Leute monate- und jahrelang in den Unterständen hausen, die

Unsere Soldaten haben im wesentlichen ein Bedürfnis nach Zierrat und nach Humor, aber nur wenig nach dem, was man mit vornehmer Behaglichkeit" bezeichnet. Glücklicherweise, denn Zierrat und Humor sind im Feld erreichbar, Behaglichkeit nicht oder nur selten. Die Unterstände werden mit Bildern ausgestattet, auch wohl kleine Anlagen darum gemacht. Oder man benennt einen schlecht gebauten Unterstand, Porzellankiste" oder einen Feldabort Hotel Grey". Hinter unserer Stellung liegt in Trümmern eine Figurengruppe, aus Holzprügeln und Lehm aufgebaut, welche unsere Gegner in Nationaltypen darstellte. Sie ist unter den Unbilden der Witterung zugrunde gegangen und nicht wieder aufgebaut worden. Und das ist nun auch charakteristisch: Alle diese harmlosen Mätzchen und künstlerich sein sollenden Scherze, die im Anfange des Krieges wie Pilze aus der Erde des Stellungskrieges schossen, sie verschwinden und zerfallen, oder der Feind schießt sie in Fetzen und niemand macht sie wieder. Der bittere Ernst dieses Krieges, der an die Stelle von begeistertem Draufgehen das unermüdliche, unerschütterliche, unzerbrechliche Durchhalten verlangt, hat alles das weggefegt. Wir numerieren jetzt unsere Unterstände, anstatt ihnen Scherznamen zu geben, und wir betonieren sie ein, anstatt eine Gartenanlage davor zu machen. So sind wir im Kriege ernster und einfacher geworden. Und nun zum Thema: Wie wird dieser Krieg wohl auf die Weiterentwicklung unserer angewandten Kunst einwirken, wenn er, wozu Gott uns helfe, zu einem glücklichen Ende geführt sein wird? Ich glaube, sie wird in erster Linie das erstreben müssen, was schon vor dem Kriege das Erfreulicheste an unserer Kunstbewegung war: Nationale Eigenart. Wenn irgend etwas auf der Welt, so wird der grimmige Haß, den dieser Krieg unserem Volk von allen Seiten entgegengespieen hat, uns davon überzeugen müssen, daß wir in einem eisernen Zeitalter leben, in dem es mehr darauf ankommt, die eigene Art zu stärken, als der fremden verständnislos nachzulaufen. Gewiß, wir müssen nach diesem Krieg mit unsern Gegnern wieder leben. Aber wir haben ihre Meinung über uns, ihren Haß und Neid gegen uns kennen gelernt; wir haben erfahren, wie sie unser nationales Charakterbild vor der ganzen Welt bespien haben mit dem Gift ihrer Lügen, und die vertrauende Freude, der selbstlose Eifer, mit dem wir im „friedlichen Wettkampfe" der Künste und der Technik, mit ihnen uns zu messen bestrebt haben, wird nicht so bald wiederkehren. Unsere glänzenden Erfolge auf den Weltausstellungen seit 1900 haben vielleicht mehr als wir wissen und ahnen, den Neid gegen uns und die Überzeugung großziehen helfen, daß unserm Wachstum, unserm Größerwerden auf friedlichem Wege nicht Einhalt getan werden kann. Darum: Von den andern Nationen unsere Freunde zuerst! Es ist nicht wahr, daß die Kunst international sein muß oder kann! Vielmehr ist es notwendig, daß sie in jeder Beziehung, im Ziel, im Typus und im wirtschaftlichen Gebaren national nach außen begrenzt sei. Wenn wir Anregungen von außen, von unsern nationalen Gegnern brauchen, so wollen wir sie aufnehmen, obgleich und nicht weil sie fremder Herkunft sind. Für fremdländische Kunst und Künstler wollen wir erst dann etwas tun, wenn wir für beides innerhalb von Deutschland alles getan haben und nichts mehr zu tun wissen. Das ist kein Aufwallen nationalen Hasses,

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der uns in Friedenszeiten etwa wieder unverständlich werden muß. Sondern so gut der Künstler die Pflicht hat, wie jeder andere Mann dem Vaterland als Soldat zu dienen, ebenso gut hat die Kunst und die Kunstpflege die Verpflichtung, zur Stärkung nationaler Eigenkultur und nationaler Eigenart beizutragen. Es handelt sich nie und nimmer um die Kunst als solche, sondern immer um die nationale Kunst. Schütten wir ihren heiligen Inhalt aus dem Gefäß nationaler Eigenart heraus, so verrinnt er im Sande. Unsern Gegnern steckt die Abneigung gegen alles Fremdländische und Deutsche im Blute. Dadurch erhalten sie sich ihre nationale Eigenart; uns ist das nicht gegeben. Wir müssen diesen Mangel durch erhöhte, heiße Liebe zu unserm nationalen Wesen ersetzen. Und nicht nur national muß unsere Kunst werden, sondern auch volkstümlich. Unser Volk ist es wert, daß ihm eine Kunst geschaffen und entgegengebracht werde, die seiner Sonderart und seinem Herzen entspricht. Und es will mir jetzt scheinen, als ob gerade unsere angewandte Kunst, in ihrer überwiegenden Hinneigung zum Feierlichen, Zurückhaltenden, Vornehmen zu sehr eine Kunst der Geistesaristokraten gewesen wäre und sich darauf etwas zu Gute getan hätte. Die große Aufgabe, die angewandte Kunst aus dem Herzen des Volkes hervorwachsen zu lassen, was mir mindestens ebenso wichtig erscheint als ihr auf dem Weltmarkt einen Platz zu erobern ist noch nicht gelöst, und sie wird meines Erachtens erst gelöst werden, wenn die einzelnen Schichten unseres Volkes einheitlicher fühlen gelernt haben. Man darf die Hoffnung haben, daß dieser Krieg sein gutes Teil dazu beitragen wird. Kunst ist Sprache, ein Künstler ist ein Mensch, der die Fähigkeit und das Bedürfnis hat, sich künstlerisch auszusprechen. Aber das Ausgesprochene erhält seinen Wert erst dadurch, daß es Wesen gibt, die Verständnis dafür haben und Genuß dabei finden. Nun wird es wohl immer so bleiben, daß der bahnbrechende, neuschöpferische Künstler gar nicht oder nicht ganz oder nicht sofort von der großen Menge verstanden wird. Da ist zumindest für das Gebiet der angewandten Kunst - die viel angefeindete, viel verlästerte Schar der Zeichner da, deren Beruf es ist, das glücklich von andern Gefundene", mit gesundem, durchgebildetem Geschmack so auf allgemeine Aufgaben anzuwenden und zu verarbeiten, daß es von der Menge der Verbraucher, dem Volke, „fröhlich erkannt und geschätzt" werden kann. Nach meiner Überzeugung wird, bei

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Platinfeilung, welche sich vor dem 1. September bereits in fremden Affinerien zum Einschmelzen befunden hat, ist den betreffenden Firmen zur Scheidung und Auslieferung an die Eigentümer freigegeben worden und kann auf Antrag der Schmelzen unter Beifügung einer Liste der Eigentümer und Platinmengen noch freigegeben werden, sofern die in Betracht kommenden Mengen sich in mäßigen Grenzen bewegen. Platinfeilung, die nach dem 1. September den Schmelzen zwecks Scheidung zugegangen ist, bleibt beschlagnahmt. Ist die Schmelze zum Ankauf von Platin berechtigt, so wird empfohlen, dieser die Vorräte zum Einschmelzen zu verkaufen; das dabei entfallende Gold und Silber kann zurückgegeben werden. (Unterschrift.)

Vom Goldwarengeschäfte
in der Türkei.

Konstantinopel, 11. Dezember 1916.

as türkische Goldwarengeschäft geht zur Zeit nicht gleich

unseren heutigen wirtschaftlichen Herstellungsverhältnisses: Dartig. Die großen Goldwaren- und Edelsteinhändler sind

das einer der bedeutsamsten Wege sein, um das Neue volkstümlich zu machen und das Volkstümliche frisch zu erhalten. Auf dieses Ziel hin weiter zu arbeiten, wird eine der wichtigsten Aufgaben unserer kunstgewerblichen Fachschulen sein und unserer kunstgewerblichen Vereinigungen. Auch deren Arbeit wird, wenn sie wirklich segensreich in die Breite gehen soll, in erster Linie die Förderung derer unter den Kunstgewerbetreibenden ins Auge fassen müssen, die nicht als bahnbrechende, sondern als vermittelnde und anwendende Kräfte arbeiten. Künstlervereinigungen, Künstlerverbände, soweit ihr Zweck nicht geselliger oder wirtschaftlicher Art ist, blühen auf und vergehen, müssen vergehen, sobald das künstlerisch Neue, was sie zusammengeführt hat und entstehen ließ, ausgesprochen und ausgeschöpft ist. Vereinigungen, welche nicht die Pflege bestimmter künstlerischer Prinzipien, sondern die Förderung der Leistungsfähigkeit einer Industrie, eines Standes, sich zum Ziel gesetzt haben, sind keiner Zeit unterworfen. Ihnen wachsen die neuen Aufgaben von selbst zu. Ihnen kann man nur wünschen, daß ihnen der Krieg ein größeres Gemeinschaftsgefühl, und ein Bewußtsein dafür schenke, welch' ungeheure Triebkraft der freiwilligen Organisation innewohnt. Genug für heute! Was gäbe es noch zu besprechen an Wünschen und Hoffnungen, an Plänen und Sorgen und Gedanken! Für die meisten davon ist die Zeit noch nicht gekommen; wer nicht weiß, ob er wieder heimkommt, soll sich nicht zu sehr in das vertiefen, was er zu Hause zurückgelassen hat. Er weiß es ja in guten Händen. Aber ein gelegentlicher Rückblick und Ausblick nach vorne tut gut. Dann weiß man wieder, wofür man kämpft. R. Rücklin, z. Zt. im Felde.

im ganzen mit dem Geschäftsgang nicht unzufrieden, da die Nachfrage nach kostbarem Schmuck und teuren Steinen ziemlich rege ist. Viele Leute haben auch hier durch den Krieg viel verdient, und ihre Gewinne legen sie jetzt in Schmuck und Häusern an. Die Erwerbung von Schmuck und von Edelsteinen ist in der Türkei seit altersher eine beliebte Anlage für erzielte Ersparnisse, wenn sie auch immer mehr von den Bankeinlagen zurückgedrängt wird.

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Der Handel mit den billigeren Goldwaren hat unter mancherlei Widerlichkeiten zu leiden. Vor allem unter den durch den Krieg verursachten starken Wertverschiebungen der einzelnen Währungen gegeneinander und der Wertverminderung der Währungen der kriegführenden Länder. Deutsche Goldwarenfabrikanten verlangen Bezahlung in Schweizer Goldfranken, wovon jetzt 151⁄2 ein türkisches Pfund bilden, gegen 213⁄4 in normalen Zeiten. Diese Wertverschiebungen und -verminderungen der Währungen zwingen die hiesigen Goldwarenhändler ihre Preise zu erhöhen, was natürlich den Käufern nicht paßt, die sich von der geänderten Kaufkraft des Geldes keine Rechenschaft ablegen können oder wollen. Ihnen erscheint jetzt alles viel teurer, während sich im Grunde an den Goldwarenpreisen wenig geändert hat.

Der Bezug von Goldwaren ist wegen der Goldausfuhrverbote in den verschiedenen Ländern mit Umständen verbunden. Es kommen jetzt regelmäßig drei Goldwarenhändler mit reicher Auswahl hierher und versorgen den hiesigen Platz. Der eine ist aus Schwäbisch Gmünd, der zweite aus Stuttgart und der dritte aus Budapest.

Zur Verteuerung einzelner Gattungen von Goldwaren hat auch der neue Zolltarif beigetragen. Für billige goldene Uhren im Preise von 2 Pfund beträgt der Zoll 90 Piaster, dazu die Ausmautespesen usw., so daß die Zollspesen für eine billige Uhr 1 Pfund betragen; das ist die Hälfte des Wertes. Natürlich müssen diese Uhren jetzt entsprechend teurer verkauft werden. Für silberne Uhren sind die Zollspesen bedeutend geringer. Der Absatz silberner Uhren ist nicht unbedeutend, da man jetzt sehr viel Uhren am Armband trägt, und jeder natürlich die neue Mode mitmachen will. Die hiesigen Händler haben schöne Auswahl an Uhrarmbändern.

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Für andere Goldwaren und für Edelsteine ist der Zoll verhältnismäß gering, um dem Schmuggel einen Riegel vorzuschieben. Einzelne Edelsteine, besonders Brillanten von bestimmter Größe, scheinen hier garnicht mehr aufzutreiben zu sein. Dagegen bieten türkische Familien alte Edelsteine zum Verkauf an. Diese Steine sind aber meistens schlecht geschliffen, fleckig, rissig oder sonst beschädigt und ergeben natürlich nur Preise, die die Verkäufer nicht immer befriedigen. In der Türkei gibt es in den wohlhabenden Häusern viele Edelsteine, da früher, wie schon erwähnt, in Edelsteinen das Vermögen angelegt wurde. Von Zeit zu Zeit werden diese Familienedelsteinsammlungen verjüngt, indem man die alten, unschön gefaßten Steine, was bei den meisten der Fall ist, gegen neue, feiner geschliffene und geschmackvoller gefaßte, umtauscht. Dieser Umtausch ist für die Goldwarenhändler nicht ohne Bedeutung.

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Bs kommen auch Edelstein-Einkäufer von draußen; jüngst waren zwei aus Budapest hier. Die geforderten Preise verminderten aber ihre Kauflust gewaltig. Sie hatten eben auch nicht die Entwertung der österreichischen Kronen, in welcher Währung sie bezahlen wollten, in ihre Rechnung eingestellt. Der Absatz von orientalischen Gold- und Silberwaren, Mekkasteinen usw., läßt gegenwärtig viel zu wünschen übrig, weil die Touristen fehlen, die solche Waren als Andenken kaufen. Binen schwachen Ersatz für sie bilden die deutschen und östereichungarischen Soldaten, denen es zwar nicht am guten Willen gebrache, möglichst viel zu kaufen, wohl aber an einer gefüllten Brieftasche.

Für die ganz billigen Silbersachen, welche die unteren Schichten der Bevölkerung kaufen, wie dicke lange Uhrketten mit Schloß, Tabakdosen, silberne Ringe usw., ist auch kein großer Absatz zu erzielen, da diese Bevölkerungsschichten durch den Krieg am meisten gelitten haben. Nach silbernen Gebrauchsgegenständen dagegen, wie Damen-Täschchen, Dosen, Bleistiften usw., ist die Nachfrage ziemlich rege, da sie von den wohlhabenden Schichten ausgeht, die im Kriege verdient haben.

Das Eiserne Kreuz

erhielten als ehrende Auszeichnung für hervorragende Tapferkeit vor dem Feinde:

K. Brocks, Juwelier in Plauen.

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Vizefeldwebel Hermann Stockert, Sohn des Bijouteriefabrikanten Val. Jul. Stockert in Firma Stockert & Co. in Pforzheim, Inhaber des eisernen Kreuzes, wurde zum Leutnant der Art. ernannt.

Vizefeldwebel Reinhold Knospe, Angestellter der Firma Ph. Trunk, Kettenfabrik in Pforzheim, wurde zum OffizierStellvertreter befördert.

Der Armierungssoldat Adolf Schickle, früher im Hause Karl Mondon, Bijouterie- und Kettenfabrik in Pforzheim, erhielt die badische Verdienstmedaille.

Oberleutnant Karl Knoll, Mitinhaber der Bijouteriefabrik Knoll & Pregizer in Pforzheim, wurde zum Hauptmann befördert.

Leutnant Max Kayser, Mitinhaber der Firma I. P. Kayser Sohn, Metallwarenfabrik in Krefeld, ist zum Rittmeister in einem Husaren-Regiment befördert worden.

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Neues für Handel und Technik Trauerschmuck in reichhaltiger Muster-Auswahl und in stilvoller Ausführung herzustellen, sieht die Bijouteriefabrik Cordier & Frey in Pforzheim als eine Spezialaufgabe an. Bei den zahlreichen Betriebsbehinderungen auf der einen Seite und der Menge von Neuheiten andererseits, die auf diesem Gebiete die Kriegsverhältnisse zeitigten, ist diese Auf

gabe nicht leicht. Cordier & Frey aber bemühen sich immer sie glücklich zu lösen. Unsere Fachgenossen werden deshalb in den Auswahlsendungen der Firma vieles Ansprechende finden. Die Idee der gezierten Trauringe hat eines Zeitraumes von 10 Jahren bedurft, um sich vollkommen Bahn zu brechen. Wir sehen heute Erzeugnisse dieser Art mit ihrer Symbolik und Blumen- und Blätter-Ornamentik, mattgetönt, künstlerisch und vornehm wirkend, in allen Kreisen mehr und mehr gern aufgenommen. Viel hat der Krieg mit seiner Verinnerlichung der Gemüter dazu beigetragen, daß nach zähem Ringen die Kunstwerkstätten W. Preuner, Stuttgart, ihr Bestreben, an eine überlebte Mode den Hebel angesetzt und Befreiung von ödem Schema gebracht zu haben, mit vollem Erfolg gekrönt sehen. Es dürfte der Firma nicht abzustreiten sein, daß sie als erste den tiefen Gehalt, den Gedankenreichtum, die den schlichten Sinnworten der Ethik wahlverwandter Myrthen-Lorbeer-Eichen-Ausschmückung innewohnt, erkannt hat. Gleichzeitig damit wurde der deutschen Goldschmiedekunst ein neuer Weg gezeigt, wie auf die Schmuckmode fördernd gewirkt werden kann und wie für Herstellung und Material noch manche Möglichkeit offensteht. Leider wird jetzt der Verbreitung dieser echten Ringe schon länger eine Schranke gezogen und so werden sie, wie schon in der Nummer vom 2. August dieser Zeitung angekündigt wurde, in Eisen vernickelt, oder SilberOxyd in Gold eingelegt, hergestellt. Diese Herstellungsweise wird auch für andere Schmuckstücke in den nächsten Jahren Ausdruck werden, soweit gediegene Arbeit den Maßstab bilden

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