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Deutsche Goldschmiede

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Wir

Die Aufkaufung, Einschmelzung und Bearbeitung
von Beutestücken aus Edelmetall.

ir haben uns schon früher einmal mit der Frage beschäftigt, ob Beutestücke, die aus dem Feld mitgebracht werden, vom Goldschmied einer Bearbeitung unterzogen werden dürfen, oder ob er diesen Auftrag zurückweisen muß. Damals handelte es sich in der Hauptsache um die kupfernen Geschoßringe, die vielfach aus dem Felde nach Hause geschickt, oder von Urlaubern und Heeresentlassenen mitgebracht wurden, und nun als Andenken für Mutter, Schwester, Bräute und sonstige „Schätze“ zu Armbändern umgearbeitet werden sollten. Wir haben damals vor dem Ankauf wie vor der Bearbeitung solcher Ringe gewarnt, und auch die Generalkommandos erließen noch ein besonderes Verbot, welches den Erwerb solcher Geschoßringe und die Verarbeitung derselben zu Schmuckstücken unter Strafe stellte. Was aber von jenen Geschoßringen gilt, findet auf alle Beutestücke Anwendung, und wir wollen uns mit der Frage nochmals im allgemeinen beschäftigen, weil wir in unsrer Rechtsauskunftsstelle die Erfahrung gemacht haben, daß wohl jene Geschoßringe aus dem Verkehr verschwunden sind, dagegen Beutestücke andrer Art noch immer zum Wiederverkauf, wenn es sich um gewisse Kunstwerte handelt, oder zum Einschmelzen aufgekauft, oder auch einer Bearbeitung unterzogen werden. So wurde einem Goldschmied ein französischer silberner Abendmahlskelch angeboten, den er als Zahlung mit auf eine goldene Kette, die die Kundin kaufen wollte, annehmen sollte. Wir mußten ihm davon nachdrücklich abraten, da dieser Kelch offenbar aus einer Kirche im Kampfgebiet stammte und von draußen hereingesandt oder hereingebracht worden war. Zu den widerrechtlichen Handlungen gegen das Eigentum im Felde gehören Beutemachen und Plündern. Unter Beutemachen wird die Wegnahme aller Gegenstände seitens einer bewaffneten Macht verstanden, die dem feindlichen Staat oder feindlichen Privaten gehören. Dieses zwar völkerrechtlich zugelassene Beuterecht ist deshalb noch nicht staatsrechtlich erlaubt. Nach deutschem Staatsrecht bedarf die Ausübung des Beuterechts wie die Zueignung des Erbeuteten an den Beutemacher selbst der ausdrücklichen oder stillschweigenden Erlaubnis des Befehlshabers. An sich fällt auch das mit Erlaubnis Erbeutete in das Eigentum des Staates.

Darum wird derjenige, der eigenmächtig Beute macht, mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren bestraft, auch kann auf Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes

14. Juli 1917

erkannt werden. Die gleiche Strafe aber trifft den, der rechtmäßig von ihm erbeutetes Gut, das er abzuliefern verpflichtet ist, sich rechtswidrig zueignet, wozu die feindlichen Geschoßringe gehören.

Noch schwerer wird die Plünderung bestraft, deren sich schuldig macht, wer im Felde unter Benutzung des Kriegsschreckens oder unter Mißbrauch einer militärischen Überlegenheit eine Sache den Landesbewohnern offen wegnimmt oder ihnen abnötigt, soweit es sich nicht nur um Lebensmittel, Heilmittel, Bekleidungsgegenstände, Feuerungsmittel, Fourage oder Transportmittel handelt, die nicht außßer Verhältnis zu dem vorhandenen Bedürfnis stehen. Plünderung wird mit Gefängnis bis zu fünf Jahren, und in jedem Falle mit Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes bestraft. (Militärstrafgesetzbuch § 128 ff.) Die gleichen Vorschriften finden sich übrigens im österreichischen Militärstrafgesetzbuch (§ 264.)

Manche der Schmuckstücke, welche aus dem Felde hereinkommen, silberne und goldene Gerätschaften usw. sind auf dem Wege unerlaubten Beutemachens erworben, ja vielleicht sogar durch Plünderung, wenn dem betreffenden Kriegsteilnehmer, der sie sich angeeignet hat, nicht vom Befehlshaber, oder dem von ihm autorisierten Vorgesetzten, Hauptmann, Oberleutnant, Leutnant und Kompagnieführer, die Erlaubnis hierzu erteilt worden ist, was übrigens bei kostbaren silbernen und goldenen Geräten, Juwelen usw., vor allem bei Kirchengeräten, natürlich ausgeschlossen ist. Bei geringwertigen Sachen wird ein Erlaubnisschein erteilt. Kann der Inhaber eines solchen Stückes sich durch einen solchen Erlaubnisschein legitimieren, so ist natürlich die Angelegenheit in Ordnung, und der Goldschmied braucht keine Bedenken zu haben. Andernfalls aber kann und wird in manchen Fällen voraussichtlich unerlaubtes Beutemachen oder Plünderung in Frage kommen. Der Gegenstand ist also durch eine strafbare Handlung erlangt.

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Dieser Umstand aber kann den Goldschmied, der ihn erwirbt, selbst strafbar machen. Nach § 2 des Militärstrafgesetzbuchs finden die Bestimmungen, welche nach den Vorschriften des deutschen Strafgesetzbuchs in Beziehung auf Verbrechen und Vergehen allgemein gelten, auch auf militärische Verbrechen und Vergehen entsprechende Anwendung. Das gilt auch von der Begünstigung und Hehlerei.

Nach § 259 des Strafgesetzbuchs aber wird als Hehler mit Gefängnis bestraft, wer seines Vorteils wegen Sachen, von denen er weiß, oder doch den Umständen nach annehmen muß, daß sie mittels einer strafbaren Handlung erlangt sind, verheimlicht, ankauft, zum Pfande nimmt oder sonst an sich bringt oder zu deren Absatz bei anderen mitwirkt. Neben der Gefängnisstrafe kann nach § 262 auch auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. Der Goldschmied, der solche Beutestücke ankauft, gleichviel, ob er sie veräußern oder zur Einschmelzung bringen will, setzt sich der Gefahr aus, wegen Hehlerei verfolgt zu werden, da man ihm beimessen wird, daß er den Umständen nach annehmen mußte, daß sie durch die oben erwähnten strafbaren Handlungen erlangt worden sind. Natürlich kann es auch Fälle geben, wo der Goldschmied in geschickter Weise irregeführt wird und ahnungslos die Gegenstände aufkauft. Einzelfälle haben dann Straflosigkeit zur Folge, aber auch bei ihnen bilden oft langwierige Erörterungen und Vernehmungen die unangenehme Beigabe.

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Zu erörtern wären nur noch die Fälle, wo der Goldschmied den betreffenden Gegenstand bearbeiten, ausbessern oder auch in einen anderen Gegenstand umarbeiten soll und dafür nur eine angemessene Vergütung erhält. Hier kommt Hehlerei nicht in Frage. Wohl aber kann in der Umarbeitung eine Begünstigung liegen, wenn der Gegenstand so verändert wird, daß sein Ursprung nicht mehr erkennbar und daher auch eine Strafverfolgung ausgeschlossen ist. Ja man kann vielleicht schon bei der Reparatur und Instandsetzung sagen, daß sie dem Täter den Vorteil seines Verbrechens oder Vergehens sichert, indem durch sie der entwendete Gegenstand erst gebrauchsfähig gemacht wird. Doch ist es fraglich, ob die Gerichte so weit gehen werden und der § 257 des Strafgesetzbuchs in solchen Fällen Anwendung erfahren kann. Wir haben selbst Bedenken, dies ohne weiteres zu bejahen. Jedenfalls aber halten wir es für unsre Pflicht, die Goldschmiede nochmals vor dem Ankauf solcher verdächtiger Gegenstände zu warnen, da der Erwerb derselben in vielen Fällen auf unredliche Handlungen zurückzuführen sein wird.

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Die Symbolik des Ringes. (Schluß)

on hier aus, von den mit symbolischen Beziehungen zu Herrschaftswürde, Macht und Stand umkleideten Ringen, könnte man wohl auch die anderen Symbolismen des Ringes, erklären, die den Ring mit dem Schimmer des Zaubers, der geheimen Kraft umgeben. Unzweifelhaft haben viele dieser Ringe mit ihrem Träger ein buntgewebtes Schicksal geteilt, und je eigenartiger der Ring in seiner Form war, um so merkwürdiger mußte er werden, zumal, wenn man auch die Schicksale seiner Träger mit mystischen Schleiern umgeben fand. So wird in den orientalischen Sagen der Ring des Judenkönigs Salomo als ein mächtiges Zaubermittel hingestellt, und Hebbel hat in seiner Dichtung: Gyges und sein Ring eine solche Sage verwendet, die sich auf den Lydierkönig Gyges

bezieht, dessen Ring die Kraft hat, seinen Träger unsichtbar zu machen. Eine andere Ringsage, die auch in unnennbar ferne Zeiten zurückreicht, wenn man auch nur bis in die Zeit des Perserkönigs Djandhars (1017-1022 nach Chr.) die Fabel verfolgen kann, hat Lessing in seine dramatische Dichtung: Nathan der Weise eingeflochten. Bei Lessing ist es ein Ring, der die geheime Kraft hat, Liebe zu erwecken, „vor Gott und Menschen angenehm zu machen", bei Djandhars ist der Ring ein Liebeszeichen, das jede von den drei Frauen des Königs für sich begehrt. Der König gibt allen drei Frauen je einen gleichen Ring mit der Weisung, dessen Besitz zu verleugnen, und so kann er auf die echt weibliche Frage der drei Buhlerinnen, welche von ihnen ihm die liebste sei, gelassen auf den Besitz des Ringes verweisen, um die Quälerei los zu sein. Lessing hat diese Fabel auf seine Auseinandersetzung zwischen den drei Religionsbekenntnissen angewendet. Aber aus der mystischen Deutung des Ringes erwuchs bald eine üppige Zaubersymbolik, die den Ring zum Amulett, zum Talisman werden ließ, und die schließlich mit einem Wust von unsinnigem Aberglauben beladen ward, der auch den Ring in seiner Form ausarten ließ. Da sollten die Ringe nicht selber Schutzund Abwehrmittel sein, sondern ihre Kleinode wurden zu Trägern der Schutzmittel bestimmt, mochte es nun ein Edelstein oder selbst ein Behälter für solche Wunderdinge sein, die gegen Krankheit und andere Übel bewahren sollten. Auch symbolistische Schriftzeichen aus der Kabbalistik und der Chosis wurden in die Ringe eingegraben. Die im 17. und 18. Jahrhundert oft vorkommenden Devisenringe sind ein Rest jener Kultursitte. Die Zauberringe gaben den Gold- und Silberschmieden reichlich zu tun, und sie wurden im Handel stark begehrt. Sie sollten gegen alles helfen, vor Krankheit, vor dem Bif wilder oder giftiger Tiere, vor dem Blitzschlag schützen usw. Man erwartete von ihnen Kugelsegen, Feuerzauber, Schußfestigkeit. In Norddeutschland werden von Landbewohnern noch silberne Ringe getragen, die gegen epileptische Krämpfe schützen sollen. Daß in diesem Zusammenhange auch wieder die Machtverleihung über dämonische Geister im Spiele ist, läßt sich leicht denken, wie auch damit verbunden die dämonische Macht über andere Menschen verknüpft sein kann. Da steht denn auch gleich der Liebeszauber daneben, der schon erwähnt ist.

Auch bis in die Gegenwart hat sich eine Art Ringzauber erhalten in dem Ifflandring, einem Siegelring, den der zu Schillers Zeit lebende Schauspieler Iffland sterbend dem ihm vorbildlichsten Schauspieler übermachte; in diesem Erbgange ist er an den vor einigen Jahren verstorbenen Schauspieler Haase gelangt, der ihn nun wieder dem von ihm am höchsten geschätzten Schauspieler vermacht hat.

Die alte ureigentliche Symbolbedeutung an sich, nämlich ein zerbrochenes Täfelchen oder einen eben solchen Ring in seinen Teilen als Erkennungszeichen zu gebrauchen, dessen Echtheit die Bruchflächen erweisen, hat Fritz Reuter als einen jüdischen Brauch in seiner Dichtung Hanne Nute verwendet.

Von hier aus läßt sich auch sofort die Verwendung des Ringes als Vertragssymbol erklären. Es mag sein, daß eben dieser alte Urbegriff des Symbols von den zwei getrennten, aber zusammengehörenden Teilen nachwirkt, sonst könnte man aber auch auf die symbolische Bedeutung des Ringes als Zeichen der Gebundenheit und der Knechtschaft zurückgreifen. Denn diese Bedeutung hatte der Ring, der sonst Herrschafts- oder Machtsymbol war, auch schon gehabt. In der griechischen Mythologie steckt Jupiter dem Prometheus einen eisernen Ring als Zeichen der Knechtschaft an, und vielleicht hat der eiserne Ring, im Gegensatz zum goldenen,

erklären, den Toten den Ehering mit ins Grab zu geben. Natürlich haben sich an diese symbolischen Deutungen der Ringe allerhand Volksbräuche angeknüpft, die hier nicht besprochen werden können.

Sollte aber doch noch die Notwendigkeit kommen, auch die goldenen Eheringe gegen eiserne auszutauschen, so mag man sich damit trösten, daß es gerade bei dem Ehering in seiner Urbedeutung auf das Gold nicht ankommt. Hugo Hillig.

Moderundschhau.

eben diese Bedeutung im ursprünglichen Sinne gehabt. Die Times" berichten, daß die Pariser Modekünstler

Noch im Anfange unserer Zeitrechnung berichtet der römische Schriftsteller Tacitus von dem germanischen Volksstamme der Chatten, (der Hessen), was freilich in der Geschichte sonst nicht bestätigt wird, daß viele unter ihnen eiserne Armringe trugen als Zeichen eines Gelübdes, Feinde zu töten; erst die Erlegung eines Feindes sollte von dieser freiwillig angelegten Fessel erlösen können. Wenn man Tacitus glauben darf, bildete diese Art von Ringsymbolik eine besondere Art von Menschen heran, die nicht daran dachten, ihren Schmuck abzulegen, und die darum in der Schlacht gleichsam die Sturmkolonnen stellten; nicht einmal im Frieden habe ihr Gesicht milde Mienen gezeigt, Haus und Hof wie auch andere Arbeit hätten sie verschmäht. Sie könnten also die Ahnen der alten Raufbolde und Haudegen aus den späteren Landsknechtshaufen sein. Heinrich v. Kleist verklärt diese wilden Gesellen allerdings in seiner Hermannschlacht (IV, 1) mit folgenden Worten, die Rinold zu dem Fürsten der Sueven, Marbod sagt:

Du sprachst, du hättest ein Gelübd getan

und müßtest an dem Arm den Ring von Eisen tragen, so lang ein römisch Mann in Deutschland sei.

So können wir den Ring als Vertragssymbol auch als ein Zeichen des Gelübdes ansehen. Die venetianische Ringzeremonie hieß eigentlich Vermählung mit dem Meere; man wird unschwer erkennen, daß dieser Ausdruck der älteren Handlung unterlegt worden ist, als man die einstige Bedeutung, die mit dem Schlüssel zusammenhängt, nicht mehr verstand. Der Ring als Zeichen der Vermählung entstammt jener Deutung des Ringes als Zeugnis der Gebundenheit und Knechtschaft, die ja die Ehe von Anfang an, seit dem Aufhören des Mutterrechtes gewesen ist. Die Sitte des Eherings kannte man schon im alten Rom, die Eheringe waren da aus Eisen. Die Bindung beginnt schon mit der Verlobung, die ein Gelübde, ein Treueversprechen bedeutet, eine Bindung an eine zweite Person, eine Unterordnung unter deren Wünsche, so oft das auch im wirklichen Leben anders ausschauen mag. So entsteht der Verlobungsring, der Trauring, der das Symbol der Ehe ist. Mit der Auflösung der Ehe durch Tod oder Scheidung hört auch die Gebundenheit auf, und in früheren Zeiten hatte man noch das ungeschwächte Gefühl für diese Symbolik, es gab sich darin, daß der Trauernde den Ring ablegte; der geschiedene Teil natürlich ebenfalls. Eine etwas schwierige Gedankenverbindung kann dann auch die Sitte

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zur Verherrlichung des neuesten Bundesgenossen, Amerikas, eine eigene Mode zu schaffen beginnen. Schon beim Streik der Pariser Putzmacherinnen trat dieses Bestreben hervor. Die streitbaren Midinetten trugen auf ihren Straßenumzügen, bei denen sie die „englische Woche" forderten, Flaggen mit dem Sternenbanner. Sie erklärten, dies deshalb zu tun, weil der amerikanische Geschmack der hübscheste sei. Auch sonstige Anzeichen verrieten, daß auch jetzt wie früher in Mode Politik gemacht werde. Es ist ja nicht unbekannt, daß dies zu den ständigen Gepflogenheiten von Seine-Babel gehört. Es sei nur an den japanischen Kimonoschnitt, an die serbo-kroatischen Einflüsse erinnert. Jetzt besteht nur der eine Unterschied, daß wir, die wir früher jeder Direktive vom Westen gehorsam waren, die Cowboymode hoffentlich nicht mitmachen werden. Die „modernen“ Hüte sind nämlich tatsächlich von ausgesprochener Form der amerikanischen Kopfbedeckungen Wildwests. Die Herstellung erfolgt in weichem Filz, ohne jeden Schmuck, nur mit einem grellen Band geziert. Auch die Kleider zeigen mehr oder weniger deutlich den typisch amerikanischen Schnitt. Die dezente Farbenfreude der Pariserinnen wird der neuen Art zum Opfer gebracht und nur grelle, hervorstechende Farben werden gewählt. Sehr bevorzugt wird ein weißer Musselin von einfachem Schnitt, bei dem ein schmaler Gürtel als einzige Zier getragen wird. An sich würde ja die einfache Mode dem Ernst der Zeit entsprechen. Sie entspringt jedoch keineswegs Sparsamkeitsbedürfnissen, sondern vor allem den Zwecken der Politik und jenen der Modehäuser, die durch völligen Umsturz zu Neuanschaffungen zwingen wollen.

Der

Eisenkunstguß.

er Eisenkunstguß gewährt uns Einblick in die Zeit vor hundert Jahren, die in vieler Hinsicht der Gegenwart ähnelt. Gegenwart ähnelt. Die gleichen Gründe für Erzeugung des Eisenschmuckes wie heute lagen auch damals vor. Doch ist unsere Lage eine viel günstigere. Wir erhalten, wenn auch in beschränktem Maße, sogar noch Gold für den Export; Silberschmuck, Email, Kameen, bieten zunächst reichlichen Ersatz. Es war noch nicht nötig, an die Abgabe von Trauringen zu denken, und wir werden, so dürfen wir hoffen, ohne dieses Opfer für den Altar des Vaterlandes auskommen.

Es ist ergreifend und für den Geist der damaligen eisernen Zeit charakteristisch, sich die Worte des Kupfer

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schmieds Seeling und seiner Frau ins Gedächtnis zurückzurufen, mit denen sie am 9. März 1813 ihre Ringe einschickten. Sie lauten: „Wir haben durch des Krieges Unglück alles verloren, nichts blieb uns übrig als unsere Trauringe, hier sind sie mit Freuden."

Eine Opferwilligkeit, die lebhaft an die Zeit unserer ersten Kriegsbegeisterung erinnert, zeigte sich allerorts. Sie äußerte sich in den verschiedensten Richtungen. So erbietet sich Franz Lami am 16. Februar 1813 in einer Berliner Zeitung: „unbemittelten Lehrern, die dem Ruf zur Fahne folgten, durch Übernahme ihrer Unterrichtsstunden ihren Verdienst zu sichern und unverkürzt nachzusenden." Kriegsuntaugliche verzichteten auf ihren Gehalt. Viele andere erboten sich, die Kosten für die Ausrüstung von Freiwilligen zu übernehmen. Der Buchhändler Fr.Braunes kündigt am 16. Februar 1813 an:

ם

„Die Königliche Aufforderung an die gebildeten Junglinge unseres Vaterlandes tönt in die Herzen wie eine Stimme Gottes. Ich erbiete mich, drei unvermögenden Jünglingen, die sich den edlen Freischützen anschließen wollen, zur vorschriftsmäßigen Ausrüstung und zum Ersatz der Reisekosten nach Breslau behilflich zu sein."

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im allgemeinen aus, liegt hier eine Fundgrube ornamentaler Reife vor uns. Das „bayrische Filigran", das fer de Berlin", die Erzeugnisse Wasseralfingens in Württemberg besitzen Schönheiten, die selbst dem verwöhnten Auge ein hoher Genuß sind. Bald ist es die Zartheit, die an Venezianer Spitzenarbeit oder Meißner und Nymphenburger Porzellan heranreicht, bald die Formvollendung der Modellierung, die an Augsburger Holzplastik erinnert, bald das innere Leben und die treffliche Charakterisierung der Porträts, die Vergleiche mit Riemenschneider oder Pisano nahelegt; kurzum ein Schatz der Tradition eröffnet sich uns von seltener Kostbarkeit. Es

EHRENTAFEL

FÜR DIE IM KAMPFE FÜR DAS
DEUTSCHE VATERLAND GE-
FALLENEN TAPFEREN HELDEN

Karl Engel, Kabinettmeister der Firma Karl
O. Katz, Bijouteriefabrik in Pforzheim.

Den teuren Toten, die ihr Leben für
uns opferten, ein ehrendes Gedenken!

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Der bekannte Geschichtsschreiber Niebuhr äußerte sich damals: „Die Hingabe des Einzelnen an das Ganze ist grenzenlos.' Alle Stände und Glaubensbekenntnisse wetteiferten, die materiellen Grundlagen für die ungeheuer schwere Zukunft zu schaffen; sie opferten freudig für ein Unternehmen, das der bloßen Vernunft aussichtslos hätte erscheinen müssen.

Der Geist unserer Zeit steht nicht hinter jenem von 1813 zurück. Trotzdem erhellt aus diesen wenigen kulturgeschichtlichen Stichproben, daß uns die Organisation der Gegenwart vor manchem Übel zu bewahren wußte. Es war damals ein ganz anderes „Durchhalten“ nötig. Ein Vorgang, den wir uns als Beispiel nicht genug vor Augen halten können.

Die gleiche Tiefe des Ernstes spricht auch aus den Schöpfungen des damaligen Kriegsschmuckes: des Eisenkunstgusses. Eine Fülle echt künstlerischer Schöpfungen tut sich vor unseren Augen auf. Die besten Künstler Schinkel, Schadow, Rauch, Tieck und ihre Schulen, stellten ihre Modelle und Entwürfe zur Schaffung des damaligen Kriegsschmuckes zur Verfügung. Eine neidlos anzuerkennende Überlegenheit gegenüber unseren heutigen Erzeugnissen spricht sich aus. Man hat nur den einen Wunsch, falls auch für uns eine Ausbreitung des Eisenschmuckes kommen sollte, daß es uns gelingen möchte, ihn vor Trivialisierung zu bewahren und ähnlich hohe Werte auf diesem interessanten Gebiete hervorzubringen. Allein auch lediglich vom Standpunkte der Anregung

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zur Veröffentlichung überlassen.

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Die Ausstellungen

des Deutschen Werkbundes im neutralen Auslande.

nsere Feinde trachten danach, Deutschland zu „zerschmettern", oder, wenn das nicht geht, es auf eine so niedere wirtschaftliche und politische Stufe herunterzudrücken, daß es den „Herrschern der Zivilisation" nicht sobald wieder gefährlich" werden könne. Wären die Gegner auf dem Wege, dieses Ziel zu erreichen, so müßte es sich zuerst darin zeigen, daß unsere Kultur, unsere Kunst und Wissenschaft darnieder lägen. Das ist nun ganz und gar nicht der Fall. Alles geht, fast wie im Frieden, ruhig seinen Gang weiter; auf keinem Gebiete haben wir uns aus den Bahnen der sicheren Entwicklung herausdrängen lassen. Noch mehr! Waren schon vor dem Kriegsausbruch unser blühendes Kunstgewerbe, unsere aufstrebende Qualitätsindustrie, die ihre Erzeugnisse in der Kölner Werkbundausstellung 1914 der Welt zeigten, den Feinden ein Dorn im Auge, wie mögen sie jetzt erst staunen, wenn sie sehen, daß wir nach dreijähriger Dauer des blutigsten Weltkrieges noch imstande sind, im neutralen Auslande mit kunstgewerblichen Ausstellungen zu erscheinen, die nach dem Urteil unbefangener, neutraler Kritiker „ein künstlerisches Ereignis"

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