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besonders des Canzlers Crell in Dresden (vgl. Dr. H. G. Hasse, Ueber den Crell'schen Process, in Illgen's Zeitschr. 1848, 2. H., S. 315 ff.). Er starb aber schon den 24. Mai 1592. Viel geprüft, aber bewährt, und durch seine schönen Lieder von bleibendem Verdienst! An seinen frühern Wohnorten hat er nicht allein für die Reformation überhaupt, sondern des Kirchengesanges insbesondere gewirkt. Von ihm: Christliche Psalmen, Lieder und Lobgesänge, darinn die Psalmen in lateinischen und teutschen Versen übersetzt, auch andere geistreiche Lieder mit Melodieen und Noten sich vorfinden. Leipz., 1587. 8. (28 Melodieen). Tucher giebt 22 Lieder, darunter 7 mit () bezeichnete:,,Sanct Stephanus voll Glaubens war.

alte Jahr ist nun dahin! Diess Jahr haben wir auch erlebt. Wir danken dir, Herr Jesu Christ, dass du für uns gestorben bist (?, s. o. bei Chr. Fischer). Wir danken dir, Herr Jesu Christ, dass du gen Himmel g'fahren bist (4 Verse; ? ein 2. ähnliches von Chr. Fischer a. a. 0.). Herr, straf mich nicht in deinem Zorn. Sie ist bewahrt, die feste Stadt (Ps. 87.). Ach Herr, erhör mein flehlich Bitt (Ps. 143.). Lass mich dein seyn und bleiben. Heut ist des Herren Ruhetag (?, steht nicht in seiner Sammlung). Wir danken dir Herr Jesu, dass du das Lämmlein worden bist. Ach Gott, wem soll ich klagen. Unser Natur ist ganz verderbt (?, steht nicht in seiner Sammlung). Die Welt ist nichts zu unsrer Zeit, denn ein Spital voll armer Leut. Herr Gott, der Feind ist vor der Thür. Ach Herr, gieb uns ein'n rechten Sinn. Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ (?, steht nicht in s. Samml., ? von Josua Stegmann). O Herre Gott, in meiner Noth ruf ich zu dir (?). Herr Jesu Christe, Gottes Sohn. Singen wir all aus Herzens Grund (?, steht nicht in s. Samml., nach Rambach aus einem Gesangb., Frankf. a/0. 1569, Wackernagel als Einzeldruck zu Nürnberg, S. 571). Wir danken dir, Herr Jesu Christ, dass du unser Erlöser bist." Man schreibt ihm auch Melodieen zu (s. unten).

5) Martin Moller, geb. den 10. Nov. 1547 zu Kropstädt bei Wittenberg, Cantor und später Diaconus zu Lemberg, seit 1572 Pfr. zu Kesselsdorf, 1575 zu Sprottau, 1600 zu Görlitz, wo er erblindet den 2. März 1606 starb. Seine Lieder befinden sich in seiner Schrift:,,Meditationes

sanctorum patrum. Gorl., 1584. und Manuale de praeparatione ad mortem. Gorl., 1593. (80 Sterbelieder). Tucher giebt 5 Lieder, darunter 2 als ungewiss:,,0 Jesu süss, wer dein gedenkt. Ach Gott, wie manches Herzeleid begegnet mir zu dieser Zeit (?, nach Rambach von Conrad Hojer). Hilf Helfer, hilf in Angst und Noth. Nimm von uns, Herr (?, s. o. bei Thymus). O Jesu, Gottes Lämmelein."

6) Dr. Philipp Nicolai, geb. den 10. Aug. 1556 zu Mengeringhausen im Waldeckschen, erst Prediger das., danu zu Hardeck, Reiseprediger zu Cöln am Rhein, Waldeckischer Hofprediger zu Wildungen, dann Pastor zu Unna in Westphalen, und zuletzt Hauptpastor an der Katharinenkirche zu Hamburg, wo er den 26. Okt. 1608 starb. Er gab heraus: Freudenspiegel des ewigen Lebens (auf Veranlassung der Pest in Unna). Frkf. a/M., 1599. 4., worin seine vier Lieder enthalten sind:,, Wie schön leuchtet der Morgenstern. Wachet auf! ruft uns die Stimme. So wünsch ich nun eine gute Nacht. Herr Christ, thu mir verleiben." Bei Tucher stehen die beiden ersten, schönen und noch immer gewöhnlichen. Das erstere ist einem weltlichen :,,Wie schön leuchten die Aeugelein der Schönen und der Zarten mein (s. o. S. 354, h) nachgebildet, und zwar mit Verwebung von vielen biblischen Siellen. Die Anfangsbuchstaben enthalten den Namen:,, Wilhelm Ernst Graf und Herr zu Waldeck." Es waren Zeitlieder, in Folge der Pest entstanden. Die Melodie zum 1. hält Winterfeld 1, S. 89. 371. 428, für eine aus einer weltlichen entstandene, was nach Tucher nicht begründet genug ist, ihm jedoch zulässig scheint. Nach Häuser soll sie der:,,Jauchzet dem Herren alle Lande" (Tucher II, No. 145),,,Hilf mir Gott, durch den Namen dein," nachgebildet seyn, wenigstens ist sie mit ihr verwandt. Sie kommt, wie die des 2. Liedes: Wachet auf," nicht erst im Hamburger Gesangb, von 1604, sondern schon bei Schott (,,Psalmen und Gesangbuch" u. s. w. Frankf. a/M., 1603. 12.) vor, jedoch vermuthet Tucher, dass sie aus einem älteren Hamb. Gesangb. (vor 1603) geschöpft seyn können. David Scheidemann, Organist in Hamburg, hat die erstere nur harmonisirt für das Hamb. Gesangb. von 1604; sie findet sich dann bei Gesius 1605, Mich. Prätorius 1609 (zweimal), J. H.

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Schein 1627, J. Staden 1637. In der Melodie: ,,Wachet auf," erkennt Winterf. I, S. 427, den Anfang des ,,Magnificat." Sie steht 4stimmig ebenfalls bei Schott 1603 (Tucher II, No. 442), jedoch,,ungenügend, "und ist verbessert vou Ja c. Prätorius (im Hamb. Gesangb. von 1604), den man sogar für den Erfinder gehalten hat. Das Original der Melodie ist noch unbekaunt *). 7) Valentin Triller von Gora, Pfarrer zu Pantenau im ,,Nimpschischen Weichbilde," galt für einen Anhänger Schwenkfeld's, und wollte sich von dem Verdachte falscher Lehre reinigen durch die Herausgabe seines:,,Ein schlesich Singebüchlein aus göttlicher Schrift, von den fürnembsten Festen des Jahres gestelt auf viel alte gewönliche Melodeien" u. s. w. Bresslau, 1555. 2. Ausg. unter dem Titel: „Ein Christliches Singbuch für Layen und Gelerten - mit 1, 2 u. 3 Stimmen" u. s. w. Bresslau, Crispin Scharffenberg. 1559. 4. Vgl. Winterf. I, S. 75 ff. Triller

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hat selbst Lieder gedichtet, von denen Tucher 14 aufgenommen hat (,,Es kam ein Engel hell und klar. Preis sei Gott im höchsten Throne. Erstanden ist uns Jesus Christ. Zu dir erheb ich meine Seel' (Ps. 25.). O Herr Gott mein, die Rach ist dein (Ps. 94.). O meine Seele, lobe Gott (Ps. 146.). Herr Gott, dein' Gewalt wird billig mannichfalt. Nun danket Gott aus Herzens Grund. Wach auf vom Schlaf der Sünden dein. So schön von Art bist du, ganz zart. Ach mein Gott, sprich mir freundlich zu. Auf dieser Erd hat Christ seiu' Heerd. Gott hat den Menschen für allen zu seinem Bild gemacht. Ich weiss ein Blümlein hübsch und fein.") Triller war kein Freund

*) Die beiden Lieder und Melodieen:" Wie schön, und Wachet auf," gelten für die Krone des evangelischen Kirchengesanges. Was Mozart über die erstere Melodie urtheilte, s. o. S. 354 *. Das erstere Lied, vom Volke,,der Morgenstern" früher kurzweg genannt, und vormals bei Hochzeiten, wie an Sterbebetten vorzugsweise gesungen oder gebetet, enthält ursprünglich viel Liebesbilder (allerdings aus der heil. Schrift), und erregte desshalb Anstoss, daher es überarbeitet wurde, am Besten von Albert Knapp (im neuen Würtemberg. Gesangb.), der es das herrlichste und süsseste unter allen deutschen Liedern" nannte, sowie das andere: „Wachet auf," „das Ebenbild des Strassburger Münsters." Palmer (in Tübingen) nennt die Mel. des letztern den,,König der Chorāle“ und die des erstern,,die Königin der Chorale.“

Luther's, und hat keins von dessen Liedern aufgenommen. Er hat sogar die Augsburgische Confession bestritten. Was die Melodieen anlangt, so hat er weltliche aufgenommen, und geistlichen Liedern angepasst. Winterfeld spricht ihm,,die wahre Dichtergabe" ab, erkennt jedoch seine,,innige, warme Ueberzeugung" an.

Anmerkung.

Von den Liedersammlungen der böhmischen Brüder, aus denen auch Gesänge in die Lutherische Kirche übergingen, haben wir schon o. S. 305. 352. gesprochen, und wollen jetzt noch Einiges hinzufügen. Der böhmische Kirchengesang begann zuerst unter Johann Huss (geb. 1373, gest. als Märtyrer zu Constanz den 6. Jul. 1415), von dem, wie von M. Jacobellus, gest. 1429, vom Bischofe Rokycana, gest. 1471, und von Andern Lieder in den böhmischen Singbüchern stehen. Der Kirchengesang in böbmischer Sprache hatte 1420 begonnen. Unter den Dichtern und Herausgebern von Gesangbüchern ) (S. 305) sind: 1) Michael Weiss, Luther's Zeitgenosse, Pfr. der deutschen Brüdergemeinden zu Landskron und Fulneck in Böhmen, geb. zu Neisse in Schlesien, übersetzte böhmische Lieder, und dichtete angeblich 17 neue, gab ein Gesangbuch mit 155 Nrr. zu Jungbunzlau 1531 heraus, und starb 1542 zu Leutomischel. Aus diesem Gesangbuche hat Tucher 54 Lieder aufgenommen. Man schreibt Weiss' selbst folgende zu:,,Christ, der du bist der helle tag (,,Christ, der du bist Tag und Licht," schon 1527 in Deutschland bekannt, daher nicht von Weiss, s. o. S. 345 fg.). Lob sei dem allmächtigen Gott, der sich unser erbarmet hat. Christus, der uns selig macht. O bilf, Christe Gottes Sohn (nach Heerwagen, Literaturgesch. der evangelischen Kirchenlied. 1. Th. Neustadt a. d. Aisch.

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*) Die Titel derselben sind: Ein new Gesangbuchlen. Gedruckt zum Jungen Buntzel in Behmen. Durch Georgen Wylmschwerer Imm Jar 1531. Am zwellfften tag des Mertzen vollendet." kl. 4. Ulm, bei Johann Varnier 1538. 1539. Quer 4. — Nürnb., Joh. Günther. 1544. 8. ,,Kirchengesang, darinnen die Hauptartikel des christlichen glaubens kurtz gefasset vnd ausgelegt sind: jetzt vom newen durchsehen, gemehret, vnd der Rö. Kei. Maiestät, in vnterthenigster demut zugeschrieben.“ (S. 1.) Anno Dom. 1566. kl. Fol. 1580. 4. Das Gesangb. von 1544 befindet sich auf der Universitätsbibliothek zu Jena.

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1792. 8., S. 39), Gottes Sohn ist kommen (Richter a. a. O., S. 457. Es steht nicht in Weiss' Gesangb., wie Tucher bemerkt, sondern kommt erst in den Ausgg. von 1566, 1580 u. 1606 vor). Menschen kind, merk eben;" 2) Johann Horn (eigentl. Cornu, s. o., S. 305), gest. 1547 als Vorsteher der Aeltesten der Brüderunität zu Jungbunzlau, hat in dem 1544 zu Nürnberg neu herausgegebenen Weiss'schen Gesangb. 32 neue (von ihm oder Andern *)) Lieder hinzugefügt, wovon Tucher 14 wiedergegeben hat, z. B.,,Sing heut, und freu dich, Christenheit; 3) Peter Herbert, von Fulneck, gest. als Mitältester der Brüderunität d. 1. Okt. 1571 zu Evancicz (s. o. 305); in dem von ihm mit herausgegebenen Gesangb. von 1566 sind 181 neue Lieder, aus dem Tue her 50 aufgenommen hat. Wackernagel theilt 68 Nrr. aus dem Weiss'schen, 12 aus dem Horn'schen, und 11 aus dem Herbert'schen Gesangb. mit. Unter den Liedern der böhmischen Brüder, welche in die Lutherische Kirche übergegangen sind, ausser den S. 352 erwähnten, ist das bekannte Begräbnisslied:,,Nun lasst uns den Leib begraben" (in der Weiss'schen Sammlung, und im Babst'schen Gsgb., vgl. darüber o. S. 296 bei Prudentius), und,,Der Tag vertreibt die finstre Nacht" (1531, bei Weiss, 15 Verse, ein Morgenlied). Luther und Herder haben sich günstig über die Lieder der böhmischen Brüder ausgesprochen. Das neue Würtemberg. Gesangb. hat 3 aufgenommen:,,Gott, Erd' und Himmel sammt dem Meer. Aus tiefer Noth lasst uns zu Gott. Nun hilf uns, o Herr Jesu Christ."

Die Hymnologie der Reformirten, die wir jetzt betrachten, hält im ersten Jahrhunderte (s. 6. S. 360) allerdings keinen Vergleich mit der evangelisch-lutherischen aus, erscheint aber doch nicht mehr so dürftig und armselig, seitdem Wackernagel in seinem ,,deutschen Kirchenliede" schöne Beiträge davon mitgetheilt hat, wie selbst der neuere reformirte Hymnolog Joh. Peter Lange (Dr. und Prof. der Theologie in Zürich) a. a. O. dankbar anerkennt.

I. Schweizer und Würtemberger reformirte Liederdichter sind:

Wackernagel schreibt sie Horn' selbst zu, Tucher lässt die Wahl zwischen Horn und Andern.

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