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schen (römischen) Kirche auf den Nitus der spanischen Kirche erkennen 1. In sehr frühe Zeit, lange vor Prudentius, sind jedenfalls auch die Gebete für die Sterbenden zu versetzen, welche wir in der heute noch üblichen Commendatio animae besigen. Die merkwürdige Erwähnung der heiligen Thekla in der Bitte: „Et sicut beatissimam Theclam virginem et martyrem tuam de tribus atrocissimis tormentis liberasti, sic liberare digneris animam servi tui et tecum facias in bonis congaudere coelestibus" 2 diese Worte allein würden dieß darthun, auch wenn nicht die einzelnen Gebete durchweg unwillkürlich zum Mindesten an die Sprache des dritten und vierten Jahrhunderts erinnerten. Nun kann man aber die Anklänge des Prudentius an diese liturgischen Dokumente unmöglich verkennen. Neben den obigen (S. 475) Hinweisungen haben wir besonders noch Folgendes hervorzuheben. Die Freuden des Himmels betrachtet Prudentius stets unter dem Bilde des irdischen Paradieses oder als die Ruhe im Schooße Abrahams. Die Commendatio animae wünscht der scheidenden Seele ihre Wohnung (habitatio; cfr. Ham. 951) mit den Worten: „Constituat te Christus (Ham. 931 sq.) . . . intra paradisi sui semper amoena virentia (Cath. III, 101 vergl. mit Cath. V, 113 sq. Ham. 965), et inter oves suas te verus ille Pastor agnoscat" (Perist. X, 1136). Das „Intercedant pro eo (servo tuo) omnes sancti et electi Dei, qui pro Christi nomine tormenta in hoc saeculo sustinuerunt" in derselben findet lauten Wiederhall in den Anrufungen, womit Prudentius fast gewöhnlich seine Hymnen auf die Martyrer schließt. In Uebereinstimmung mit der Commendatio animae beten sodann die apostolischen Constitutionen a. a. D.: „Verseße (deinen Diener) in den Schooß der Patriarchen, Propheten, Apostel . . . wo nicht ist Trauer, Schmerz, Wehklagen, vielmehr die stille Wohnung der Frommen und zugleich das ruhige Land der Gerechten und derjenigen, welche in demselben schauen die Glorie deines Christus." Die auffallendste Aehnlichkeit be= gegnet uns aber wieder zwischen dem Dichter und der altspanischen Liturgie. In der Benedictio missae pro episcopo (1. c. col. 1016) heißt es: „Fruatur paradisi amoenitate quietis opaca, atque amoenis vegetatus in loca nemoribus laureata." Leslei macht auf die ähnlichen Worte des Hl. Paulinus aufmerksam, der ep. 32 (Migne t. 61. col. 339) sagt:

...

Inter floriferi coeleste nemus paradisi

Sub cruce sanguinea niveo stat Christus in agno,

1 Vgl. die Anmerkung Leslei's zu „missa defunctorum" im Missale mixtum (1. c. col. 1011) über den Unterschied zwischen den Todtenmessen im Orient und Occident.

2 Vgl. Probst, Lehre und Gebet. S. 334. Die Acta Pauli et Theclae aus dem Anfange des zweiten Jahrhunderts (Tischendorf, Acta apost. apocr. n. 28. p. 53) stehen mit dieser Anrufung im Zusammenhange.

und ebenda den Schüler des Hl. Martin als Schäflein Christi weiden läßt im heiligen Haine (sacro in nemore), während er von seinem Söhnchen Celsus singt 1:

Aut illum gremio exceptum fovet Abramio

Et blandus digiti rore Eleazar alit,
Aut cum Bethlaeis infantibus in paradiso,
Quos malus Herodes perculit invidia
Inter odoratum ludit nemus atque coronas
Texit honorandis praemia martyribus.

Prudentius sagt Cath. X, 161:

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Wer sollte an Prudentius nicht erinnert werden, wenn er in der altspanischen Liturgie hört: „Mundatus ab omni crimine diem iudicii cum gaudio mereatur intrepidus"; „diem iudicii fiducia voto glorificationis exspectet" (Ham. 841. 934); „liberare eam (animam) ab inferorum cruciatibus et conlocare inter agmina sanctorum tuorum digneris“ (Ham. 954: agmina casta virorum)? „Memores,“ heißt es in der Illatio missae pro sacerdote def., „eterne salutis non timemus lucis huius sustinere iacturam, quoniam beneficio gratie tue fidelibus vita non tollitur sed mutatur, et anime corporeo ergastulo (Perist. V, 358) liberate horrent mortalia, dum immortalia consequuntur." — Prudentius sagt: „Non est paena (mors) nec vitam rapit, sed reformat" (Perist. VI, 94); „mors haec reparatio vitae est" (Cath. X, 120); „legale damnum (mortis) deputemus praemiis“ (Perist. X, 530). Die Liturgie betet: „Qui morte sua mortis destruxit imperium, secunde mortis ab eo auferat dominatum", während Prudentius Christus als Sieger über den ersten und zweiten Tod feiert (oben S. 448). „Qui nos,“ heißt es in der Missa pro diachono, „a morte volens eripere Dominum n. Iesum Chr. mortem fecisti subire, ut illius usque ad infernum descensus noster esset ad coelum ascensus (Cath. III, 194 sq.), te suppliciter postulamus, ut spiritum famuli tui universa delictorum concessa remissione (Ham. 935 sq.) in Abrahe gremio iubeas conlocare" (Cath. X, 153 sq.) . „Edax (eum) non audeat contingere flamma, et quem unigeniti tui cruor redemit effusus, non sinatur vermis vorare perpetuus (Ham. 826 sq.). Sed celici

1 Poëma 34. v. 581 (Migne t. 61. col. 688). Cfr. Missale mixtum. Missa parvulorum def. illatio (1. c. col. 1027): „Animas quoque parvulorum tuorum, quas e seculo a te mundari et vocari iussisti, illorum Bethlehemiticorum consortio iunge, qui pro Iesu Christo . . . occisi eum quocumque ierit sequuntur in albis.“

agminis deductione protectus feralia ultricium penarum ergastula transgrediatur inlesus et paradisi tui potiatur suavitate securus." In der Missa de uno def. enthält die Illatio die Worte: „Non eum (famulum t.) torqueat gehennae calamitas (Ham. 959), non includat carcer horrificus inferorum (v. 927), sed ad vicem (ad sinum?) Abrae et Eleazari patriarcharum seniorum receptus (Cath. X, 153), cum ad iudicandum veneris recepto corpore, obviam venienti Domino cum sanctis omnibus glorietur." Während der Gedankenkreis der Liturgie sich mit dem des Dichters vollkommen deckt, ist die Uebereinstimmung in den Worten selbst, wie die angestellte, aber nicht vollständige Vergleichung zeigt, jedenfalls nicht selten. Es ist aber die Heimath des Dichters, welche die angezogenen liturgischen Gebete der Hauptsache nach jedenfalls schon zur Zeit des Prudentius als ihr Eigenthum betrachtete. Steht nun zudem fest, wie im ersten Theile der Arbeit nachgewiesen wurde, daß Prudentius auf's Innigste mit der Kirche seiner Zeit lebte und betete, so kann der Zusammenhang seiner eschatologischen Anschauungen mit der altspanischen Liturgie keinem vernünftigen Zweifel unterliegen.

Wie in diesem, so in allen übrigen Punkten fanden wir den Dichter in vollster Uebereinstimmung mit der Lehre der katholischen Kirche. Indem er seit 14 Jahrhunderten Zeugniß für diese Kirche ablegt, erfüllt er die Pflicht eines dankbaren Kindes gegen seine Mutter. Sein unsterbliches Leben als größter Dichter des christlichen Alterthums und sein Leben bei Christus, das er so zuversichtlich gehofft und so glühend ersehnt hat, verdankt er ja ihr. Wir dürfen so zuversichtlich von seinem Leben bei Christus reden, weil er, im Ofen der Leiden hienieden geprüft, als demüthiger Büßer in die Ewigkeit eingegangen ist. Waz Macaulay als Urtheil der Menschheit über Milton ausgesprochen hat, gilt mit mehr Recht von Prudentius und wird wohl auch von jenem Richter bestätigt worden sein, dessen unabänderliches Urtheil der Dichter so vertrauensvoll erwartet hat. „Es gibt einige wenige Charaktere," sagt Macaulay (Essays), welche die genaueste Untersuchung und die strengsten Proben bestanden haben; welche in dem Ofen geprüft worden sind und sich rein erwiesen haben; welche auf der Wage gewogen und vollwichtig be= funden; welche durch die allgemeine Einstimmung der Menschheit für ächte Münze erklärt und sichtbar mit dem Bilde und der Umschrift des Allerhöchsten gestempelt worden sind. Wir vertrauen, daß wir wissen, wie diese großen Männer zu schäßen sind, und zu ihnen gehört Milton“

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und zu ihnen gehört, sagen 14 christliche Jahrhunderte, Prudentius. Die glühendste Liebe zu Christus und zur katholischen Kirche, der Braut Christi, hat ihm den Stempel der Auserwählung aufgedrückt.

Nachtrag.

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Zu S. 9. Anm. 1. Allard (Revue des questions hist. t. XXXV. p. 350 s.) vermehrt noch das Dunkel, welches über dieser Frage schwebt. „On pourrait même, fagt er, sans invraisemblance pousser plus loin les conjectures et placer entre ses deux gouvernements le voyage, qui'l fit à Rome à une date que nous ignorons, et dont il raconte certains épisodes dans le Peri Stephanon.“ Die Folge dieser Romreise soll die Erhebung des Dichters zu jener hohen militärischen Stellung gewesen sein. Allein die Hymnen IX. XI. XII des Peristephanonbuches, welche mit der Romreise in engem Zusammenhange stehen, verseßen die Reise selbst in die zweite ascetische Lebensperiode des Prudentius. Der Dichter unterscheidet in seiner Selbstbiographie deutlich die Periode des öffentlichen Lebens von der des zurückgezogenen und schreibt selbst nur der leztern seine religiösen Dichtungen zu. Die Hypothese Allards hebt dagegen die Grenze zwischen den beiden Lebensperioden auf. Um die Vermuthung zu stüßen, läßt daher Allard das Peristephanonbuch ganz oder theilweise schon während des öffentlichen Lebens (l'époque militante) des Dichters entstehen (p. 354). Der angeführte Grund (le receuil d'hymnes en d'honneur des martyrs n'est point un écrit purement contemplatif) — fann aber weder die klaren Angaben des Dichters beseitigen, noch ist er an sich richtig, wie die Besprechung dieser Hymnen zeigt. (S. 146 f. 154.) Das Wahre an der lestern Behauptung besteht darin, daß sich im Buche Peristephanon Reminiscenzen des Dichters aus dem öffentlichen Leben kundgeben. Die Hypothese Allards selbst erweist sich somit als unhaltbar.

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Namen- und Sachregister.

Augurius, Diafon 176.

Augustinus IX. 71. 83. 100. 162. 204.

210. 221. 249. 295. 333. 356. 407. 455.
Aurelian 77.

Ausgaben des Prudentius 268 f.

Abschluß der altspanischen Liturgie 187 f. Auslegung der heiligen Schrift 316.

A.

Abel 132.

Abendgebet, liturgisches 83 f.

Abraham 132. 134.

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Ausonius 253.

Autorität des römischen Bischofs 311.
Avernus 474.

B.

Bachiarius, Mönch 19. 241. 311. 323.

325. 383.

Bähr 7 f.

Balconius, Bischof von Braga 366 f.
Ballerini 366 f.

Baptisterium der Peterskirche 308.

Barth, Caspar 216. 269.

Basilika des hl. Paulus 10.

Bafilius 61. 74. 377.

Baunard 24. 306.
Baur 466.
Bauß 462. 476.
Bayer 145.

Beba Venerabilis 256. 475.
Begierlichkeit, böse 401.
Begräbniß, christliches 108 f.
Benedikt, hl. 74. 231.
Bernays V. 15. 207.
Bernhardy 277.

Besiegung des Todes 449.

Bestandtheile des Menschen 382.
Bestimmung des Menschen 393.
Bewahrung der Taufunschuld 437.

Bibel 315.

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