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der Schrift (Genes. 1, 2); andererseits zur Hervorhebung des Gegensaßes. Wenn andere Väter die Genesisstelle auf den heiligen Geist beziehen, so schließen sie dadurch ebenso wenig den Vater und den Sohn aus, als Prudentius jene Thätigkeit bei der Weltschöpfung dem Logos ausschließlich zueignen will. Interessant ist unsere Stelle aber besonders noch dadurch, weil Prudentius in der Bezeichnung der göttlichen Natur in Christus durch spiritus" gerade den hl. Cyprian zur Seite hat. Letterer führt nämlich die Stelle Luc. 1, 35: „Spiritus sanctus superveniet in te et virtus altissimi obumbrabit tibi", zum Beweise an 1, daß Jesus Christus wahrer Gott ist. Unter dem heiligen Geiste" ver= steht er also an dieser Stelle die göttliche Person des Logos. Ganz ausdrücklich sagt er dieß in seiner Schrift Quod idola non sunt dii c. 11. . .2: „Huius igitur gratiae disciplinaeque arbiter et magister sermo et Filius Dei mittitur, qui per prophetas omnes retro illuminator et doctor humani generis praedicabatur. Hic (sc. Christus) est virtus Dei, hic sapientia eius et gloria; hic in virginem illabitur, carnem spiritus sanctus induitur, Deus cum homine miscetur; hic Deus noster, hic Christus est, qui mediator duorum hominem induit, quem perducat ad Patrem.“ „Es bedarf der Erinnerung

nicht," sagt Peters zu dieser Stelle 3, „daß hier keineswegs die dritte Person der Trinität gemeint ist. Der Ausdruck: Gott ist der absolute Geist ist eine Bezeichnung des göttlichen Wesens überhaupt. Um nun in prägnanter Kürze darzustellen, daß troß der persönlichen Verschiedenheit vom Vater und Sohn zwischen beiden eine vollkommene Wesenseinheit herrscht, und daß der Sohn bei der Menschwerdung nicht aus der Einheit des göttlichen Wesens herausgerissen ist, mithin Vater und Sohn ein Gott sind, darum wird im Gegensatz zur menschlichen die göttliche Natur in Christus spiritus genannt. Der Vater ist nicht ein anderer spiritus, und ein anderer spiritus der Sohn, sondern beide sind wesentlich ein und derselbe Geist, spiritus." Dasselbe mußten wir oben zur Erklärung des Prudentius sagen. Der große Unterschied, welcher hierbei rücksichtlich der beiden Schriftstellen

1 Testimon. 1. II. c. 10. ed. Maran. p. 648.

2 Gewöhnlich citirt: De idolor. vanitate, ed. Maran. p. 538.

3 Der Hl. Cyprian von Karthago S. 73 f. Sehr treffend ist, was Peters über den Unterschied des heiligen Bischofs von Tertullian sagt: „Während Cyprian die Stelle Luc. 1, 35 zum Beweise der Gottheit Christi anführt, sucht Tertullian daraus herzuleiten, daß Gott nicht nach seiner Wesenheit, sondern ein aus Gott abgezweigter Theil (portio aliqua totius) aus Maria geboren wurde (c. Prax. c. 26). Hiernach wäre nicht Gott selbst, sondern eine göttliche Kraft im Schooße der Jungfrau als Sohn Gottes Mensch geworden. Dieser Vergleich bestätigt, was oben über die Abhängigkeit des Dichters, der die Gottheit Christi auf's Entschiedenste vertheidigt, von Cyprian oder Tertullian gesagt wurde.

(Genes. 1, 2 und Luc. 1, 35) besteht, braucht nur angedeutet zu werden. In ganz anderm Sinne wird ja die Schöpfung der Person des Logos zugeschrieben, als die Menschwerdung. Prudentius selbst bezieht die genannte Lucasstelle auf die Thätigkeit des heiligen Geistes bei der Menschwerdung der zweiten göttlichen Hypostase1. Indem er die Gottheit Christi gegen die ebionitische Auffassung des Incarnationsdogmas Seitens der Priscillianisten vertheidigt, jagt er Apoth. 566 sq.:

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tener illum (sc. Christum) seminat ignis,

Non caro nec sanguis patrius nec foeda voluptas.
Intactam thalami virtus divina puellam

Sincero flatu per viscera casta maritat.
Incomperta ortus novitas iubet, ut Deus esse

Credatur Christus sic conditus: innuba virgo
Nubit spiritui, vitium nec sentit amoris.“

Hier ist mit den Worten „tener ignis“, „virtus divina“ und „spiritus“ sicher der heilige Geist in seiner persönlichen Verschiedenheit vom Logos bezeichnet. Dagegen ist auf den ersten Blick der Zweifel berechtigt, ob Prudentius auch Apoth. 164 sq., wo er von der Menschwerdung redet, unter „spiritus" nur die Person des heiligen Geistes verstehe. Der Dichter stellt hier die Incarnation als die Erhebung des Menschen zur Ueber= natur, bezw. die Wiederherstellung dieser Erhebung dar:

Ergo animalis homo quondam: nunc 2 spiritus illum
Transtulit ad superi naturam seminis, ipsum
Infundendo Deum mortalia vivificantem.
Nunc nova materies solidata intercute flatu
Materies sed nostra tamen, de virgine tracta,
Exuit antiquae conrupta exordia vitae
Immortale bonum proprio spiramine sumens.
Filius ille hominis, sed filius ille tonantis

Iam solus vultum patris adspicit et videt ipsum.

Arevalo bemerkt zu Vers 164: „Spiritus" könne als die dritte Person der Trinität aufgefaßt werden, indeß stehe nichts im Wege, darunter die zweite Person zu verstehen. Bei genauerer Erwägung erweist sich jedoch diese Indifferenz der Erklärung als unzulässig. Prudentius zeigt durchweg in seinen Werken eine auffallende Stabilität in seinen Gedanken, die sich oft

1 Weil die Väter in der Stelle Luc. 1, 35 unter „virtus“ vielfach zunächst die göttliche Wesenheit verstanden, konnten sie darin von einander abweichen, daß fie die Worte,,virtus altissimi obumbrabit tibi“ auf jede der drei göttlichen Hypostasen bezogen. Cfr. Franzelin, De Deo trino p. 219; Maldonat, Comment. in h. 1. Weit entfernt, in dieser Erscheinung einen Widerspruch zu finden, müssen wir in derselben vielmehr eine Anleitung zum rechten Verständnisse des Trinitätsdogmas sehen; insbesondere bildet sie die Grundlage für den theologischen Ausdruck der Appropriationen. 2 Sc. in incarnatione. Vgl. die Parallelstelle Cath. III, 136 sq.

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Drittes Kapitel. Die Lehre über Gott.

auch auf den Wortlaut erstreckt. Würden wir „spiritus“ (v. 164) als Logos im Sinne des hl. Cyprian auffassen, so vermißten wir hier im Vergleich zu der obigen Stelle die gewohnte Consequenz. Hierneben nöthigen uns die Parallelstellen durchaus, unter „spiritus" (Cath. III, 142: rutilans numen) nur den heiligen Geist, die dritte göttliche Person, zu verstehen. Die Rechtfertigung betrachtet Prudentius, wie sich unten zeigen wird, als eine Fortsetzung der Incarnation. Wie nun die Bildung der Menschennatur, welche der Logos in der hypostatischen Union annahm, ein Werk des heiligen Geistes war, so auch die in der Rechtfertigung beständig sich fortseßende Erhebung der einzelnen Menschen zur Vereinigung mit Christus 1. Gerade das, die Heiligung des Menschengeschlechtes, die in der Incarnation den Anfang nahm und in der Rechtfertigung bis zum Weltende sich fortseßt, ist der Gegenstand der vorliegenden Worte. Ausdrücklich bezeichnet Prudentius dieß als die eigenthümliche Wirksamkeit des heiligen Geistes:

Spiritus ista 2 Dei complet, Deus ipse fideles

In populos charisma suum diffundere promptus
Et Patris et Christi virtutem in corpora transfert.

Deßhalb preist er auch den heiligen Geist (Cath. IV, 10 sq.):

Fons vitae liquida fluens ab arce

Infusor fidei, sator pudoris,

Mortis perdomitor, salutis auctor.

Omnes quod sumus ac vigemus inde est,

Regnat spiritus ille sempiternus

A Christo simul et parente missus.

Petavius hat deßhalb die obige Stelle (Apoth. 164 sq.) mit den Parallelstellen zur Bekräftigung seiner Lehre von der eigenthümlichen wesentlichen Einwohnung des heiligen Geistes in der Seele des Gerechten angeführt. Auf diese schwierige, viel besprochene Frage einzugehen, bieten indeß die Worte des Dichters nicht genügenden Anlaß *. Allerdings dürften die Anhänger dieser Ansicht mit Recht den Dichter für sich in Anspruch nehmen. Wir haben jedoch die Wirksamkeit des heiligen Geistes

1 Die beste Erklärung dürfte der hl. Bonaventura geben, der (Breviloquium, ed. Hefele p. 134) sagt: „Quoniam liberalitas Spiritui S. appropriatur et sanctificatio virginis, in qua peracta fuit Verbi conceptio: hinc est, quod licet opus illud sit a tota trinitate per appropriationem, tamen dicitur Virgo concepisse de Spiritu sancto."

2 D. H. das Erlösungswerk, das in der Annahme der Menschennatur durch den Logos seinen Anfang genommen hatte.

De theol. dogm. t. IV. part. 2. lib. II. c. 9.

4 Vgl. hierüber die eingehende Abhandlung von Scholl, Die Lehre des Hl. Basilius von der Gnade. Freiburg 1881. S. 175 f.

nach außen zur Sprache gebracht, ohne die Lehre des Dichters über die großen Werke Gottes, die Schöpfung und namentlich die Erlösung, in ihrem ganzen Umfange bis zur Vollendung in der Ewigkeit zu kennen. Zur Darstellung derselben gehen wir daher jezt über.

Viertes Kapitel.
Die Engel.

„Die Legionen der Engel zu kennen, welche meine Rechte geschaffen hat, ist mir vorbehalten; ebenso welche natürliche Beschaffenheit (Wesenheit) sie als Geschöpfe besißen und zu welchen Aufgaben sie von mir in Bereitschaft gehalten werden."1 Indem Prudentius diese Worte dem allmächtigen Schöpfer in den Mund legt, um den heidnischen Wahn von unzähligen apotheosirten Naturkräften zu bekämpfen, spricht er uns Menschen eine genauere Kenntniß vom Wesen der geschaffenen Geisterwelt ab. Die Kirche bestätigt sein Wort, indem sie über die dießbezüglichen theoLogischen Erörterungen keine positiven Entscheidungen getroffen hat2. Die Existenz der Engel ist dem Dichter Glaubensobject3; aus dem Nichts „hat der, welcher das Leben selbst ist (res semper viva), der einzige Gott, auch diese Diener in den Himmelsräumen (aërios ministros; vgl. Ephef. 2, 2) geschaffen." 4 „Ewig" (sempiterni) nennt sie Prudentius 5, insofern die in der Prüfung bewährten Engel sich der ewigen Glückseligkeit erfreuen. Nach den Eingangs mitgetheilten Worten des Dichters dürfen wir von ihm kein ausführliches Urtheil über die Beschaffenheit, Zahl, Ordnung und Wirksamkeit dieser himmlischen Geister erwarten. Auch hier haben wir zu wiederholen, daß Prudentius einzig

1 c. Symm. II, 233 sq.

2 Cfr. Laemmer, Coelestis urbs Ierusalem. Friburg. 1866. p. 142 n.

3 Apoth. 891 sq.:

Angelus quocunque modo sit factus id unus

Scit factor dominus: factum mihi credere sat sit.

4

Apoth. 165; cfr. Ephes. 6, 12.

5 Perist. X, 540.

6 Die Worte des Dichters kommen auf die Meinung des Hl. Augustin hinaus (De trin. 1. III. c. 9): „Quid autem (angeli) possint per naturam nec possint per prohibitionem et quid per ipsius naturae suae conditionem facere non sinantur, homini explorare difficile est immo vero impossibile nisi per illud donum Dei quod apostolus commemorat dicens: ‚Alii diiudicatio spirituum' (1 Cor. 12, 10)." Daß man aus diesen Worten des heiligen Lehrers ebenso wenig wie aus Prudentius gegen die ausführlichen Untersuchungen der Schule über die

den positiven Glauben seiner Zeit bezeugt und in theologischen Fragen durchaus mit der allgemeinen Meinung der Väter übereinstimmt. In lezterer Beziehung drängt sich die Frage auf, wie der Dichter über die Spiritualität der Engel gedacht habe, worüber bekanntlich in der patristischen Zeit die Meinungen verschieden oder wenigstens nicht klar waren1. Prudentius scheint den Engeln eine sinnlich wahrnehmbare Gestalt, einen ätherischen Körper zuzuschreiben. Nachdem er nämlich behauptet hat, der Logos könne sein an sich durchaus unsichtbares göttliches Wesen nur durch Annahme einer sichtbaren Gestalt offenbaren, sagt er (Apoth. 46 sq.): „Oftmals nimmt auch der Sohn (nach dem Zeugnisse der Schrift) sich selber begrenzend die Gestalt von Engeln oder Menschen an (angelicas vel mortales species), um im Bilde gesehen zu werden." Es kann hier nicht von Gestalten die Rede sein, welche die Engel behufs sichtbarer Erscheinung annehmen. Gerade das wird ja als Eigenthümlichkeit des Logos bezeichnet, daß er unter dem Bilde eines Engels oder eines Menschen vom leiblichen Auge erblickt werden könne. Andererseits wird in den Worten „angelicas vel mortales species" zweifelsohne die sichtbare Gestalt (species) sowohl den Menschen wie den Engeln, wenn auch qualitativ verschieden zugeeignet. Prudentius scheint somit die rein geistige Natur der Engel nicht angenommen zu haben. Man kann hiergegen nicht geltend machen, daß bei der Stellung, welche Prudentius nach unserer Ueberzeugung gegen die Priscillianisten einnimmt, der Brief des hl. Leo I. an Turibius ausdrücklich die Geistigkeit der Engel betont2. Wenn es nämlich a. a. D. c. 6 heißt: „fides vera, quae est catholica, omnium creaturarum sive spiritualium sive corporalium bonam confitetur substantiam", wobei dem Zusammenhange nach unter den spirituales creaturae die gefallenen Engel zu verstehen sind, so ist hierbei zunächst der Begriff der Spiritualität nicht Gegenstand der Controverse. Die Frrlehre der Priscillianisten, welche Leo und wie weiter unten zu zeigen ist — mit ihm Prudentius bekämpft, bestand in der Annahme eines ursprünglich bösen Princips. Sodann schließt der Begriff spiritualis creatura“ an sich bei den Vätern die Annahme eines feinen, gewissermaßen geistigen Leibes nicht nothwendig aus3. Sonach ist schließ

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Engel einen Einwand hernehmen kann, ist selbstverständlich. Vgl. hierüber den Aufsatz von Straub, S. J.: „Zur scholastischen Behandlung der Engellehre." Innsbrucker Theologische Quartalschrift. 1885. S. 124 f.

1 Vgl. Schwane, Dogmengeschichte der patristischen Zeit. S. 301 f.

2 Vgl. Schwane a. a. D. S. 305.

3 Cfr. S. Cyrill., Hieros. Catech. XVI. 16.

Apoth. 890 schließt Pruden=

tius nur den grobsinnlichen Menschenleib aus. „Angelus, hospitium qui nescit adire caducum cratis tabifluae." Schwane, Dogmengeschichte der patristischen Zeit. S. 301.

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