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heiligen Geist" in der katholischen Kirche frühzeitig den Zusaß erhalten: "Sicut erat in principio et nunc et semper et in saecula saeculorum," mit welchem es in der abendländischen Kirche am Ende jedes einzelnen Psalms, in der morgenländischen aber erst am Schluß des Psalmengesangs überhaupt gesungen wurde.

Was die Formel selbst betrifft, so verordnete das 4. Concil zu Toledo, 1),,man solle nicht, wie Einige bisher gethan hätten, bloß Gloria, sondern Gloria et honor sagen: denn David (Ps. 28, 2.) und die himmlischen Stimmen in der Öffenbarung (C. 5, 13.) hätten auch so gesungen, und man müsse auf Erden ganz eben so fingen, wie im Himmel gesungen würde."

Ob man übrigens sagte: „Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem heiligen Geiste," oder „in dem Sohne und dem heiligen Geiste," oder durch den Sohn in dem heiligen Geiste," darauf kam es anfangs nicht an. Seitdem aber Arius (318) als Leugner der Wesensgleichheit des Sohnes mit dem Vater hervorgetreten war, und die Arianer, um nicht den Sohn und den heiligen Geist dem Vater gleichzustellen, die Formel: „Ehre sei dem Vater in dem Sohne 2c.“ oder durch den Sohn in dem heiligen Geiste," brauchten, da verbot die Kirche jede Abweichung, und erklärte: man dürfe nicht anders sagen, als,,Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem heiligen Geifte," zum Zeugniß, daß man dem Sohne und dem heiligen Geiste dieselbe Ehre erweise, wie dem Vater.

Indeß auch dies stellte die Kirche noch nicht sicher genug, denn die Arianer konnten sich diese Formel immer noch gefallen lassen, und doch Arianer bleiben. Behaupteten sie nämlich auch, daß der Sohn dem Vater nicht vollkommen gleich zu stellen sei, weil nur der Vater von Ewigkeit her gewesen, der Sohn dagegen erst durch den Vater entstanden, und demnach vor seiner Entstehung nicht gewesen sei, so gestanden sie ihm doch die, vom Vater selbst ihm zuerkannte Ehre zu. Die Kirche glaubte daher, um dem Arianismus ganz entschieden entgegen zu treten, hinzufügen zu müssen: Wie es war im Anfang, und jest und immerdar und in Ewigkeit," und daß dieser Zusaß wirklich der Arianer wegen gemacht worden ist, beweist deutlich der 5. Kanon des 2. Concils zu Vaison 2) in Südfrankreich (529), in welchem es heißt: „Weil nicht bloß in der apostolischen Kirche zu Rom, sondern auch im

"

1) Concil. Tol. IV. c. 14. In fine psalmorum non sicut a quibusdam huc usque,,Gloria patri" sed,,Gloria et honor patri" dicatur, Davide propheta dicente Ps. 28, 2.,,Afferte Domino gloriam et honorem" et Ioanne Evangelista in Apocal. 5, 13.,,Audivi vocem coelestis exercitus dicentem:,,Honor et Gloria Deo nostro sedenti in throno," ac per hoc haec duo sic oportet in terris dici, sicut in coelis resonant.

2) Concil. Vasense c. 5. Quia non solum in sede apostolica, sed etiam per totum Orientem et totam Africam vel Italiam propter haereticorum astutiam, qui Dei filium non semper cum patre fuisse, sed a tempore coepisse blasphemant, in omnibus clausulis post,,Gloria patri etc." ,,sicut erat in principio" dicitur, etiam et nos in universis ecclesiis nostris hoc ita dicendum esse decernimus.

Dominus vobiscum.

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ganzen Orient (wahrscheinlich ein Schreibfehler, statt,,Dccident"), in ganz Afrika und Italien, wegen der Hinterlist der Kezer, die gotteslästerlich meinen, der Sohn Gottes sei nicht immer mit dem Vater gewesen, sondern habe irgend wann angefangen zu sein, in der Schlußformel zu dem Ehre sei dem Vater" hinzugefeßt wird wie es war im Anfang" 2c., so verfügen wir, daß auch in unseren Kirchen so gesprochen werden soll."

Mit jenen Kezern find offenbar die arianisch-gesinnten Gothen gemeint, und merkwürdig genug ist es, daß gerade die griechische Kirche, welche durch die Arianer zunächst bedroht worden war, diesen Zusag nicht hat.

Zu den liturgischen Wechselgesängen gehört ferner

e) das Dominus vobiscum
(der Herr sei mit Euch),

mit welchem Segenswunsche der Geistliche in dem evangelischen, wie im katholischen Gottesdienst am Schluß des Gloria die Gemeine begrüßt, und worauf diese oder der Chor in ihrem Namen „Und mit deinem Geiste" (Et cum spiritu tuo) respondirt. Daß dieser Gruß auch an dieser Stelle sehr wohl paßt, wie er denn überhaupt in einem christlichen Gottesdienst nirgends am unrechten Orte sein würde, und mit einiger Geschicklichkeit im Deuten liturgischer Formen sich überall als höchst sinnvoll und passend deuten ließe, versteht sich von selbst. Indeß dürfte es doch schon Manchem wunderlich genug vorgekommen sein, daß ein Gruß, den man gleich beim ersten Erscheinen des Geistlichen vor der Gemeine erwarten sollte, erst so spät nachkommt.

Gehen wir zurück bis in die Zeiten Christi, so finden wir, daß er, wie es zu allen Zeiten Sitte war, gleich beim Eintreten die Jünger begrüßte, indem er sie mit der orientalischen Grußformel Friede fei mit Euch" anredete (Joh. 20, 19. 20.), und eben diesen Gruß sprachen auch späterhin die Vorsteher der Christengemeinen, sobald sie sich in der Kirche vor dem versammelten Volke zeigten, wie Chrysostomus) bezeugt, wenn er in einer Predigt unter andern sagt: „Vor Alters kamen Alle zusammen, und sangen gemeinschaftlich die Pfalmen; dies thun wir auch jest, und auch jezt noch spricht der Vorsteher der Gemeine, als trete er in das väterliche Haus ein, zu allen den Friedensgruß."

Während aber in den frühesten Zeiten Alle, die dem christlichen. Gottesdienste beiwohnten, zur Gemeine der Gläubigen gerechnet wurden, und daher auch ohne Unterschied mit diesem Friedensgruß angeredet werden konnten, mußte späterhin, als der Gottesdienst um der Katechumenen, Pönitenten, Juden und Heiden willen in die Katechu

1) Chrysost. hom. 36. p. 405. ed. Frcf. Eurecav to nahaiov εἰρήνην ἅπαντες καὶ ὑπέψαλλον κοινῇ· τοῦτο ποιοῦμεν καὶ νῦν καὶ νῦν πᾶσιν ὁ τῆς ἐκκλησίας προεστὼς ἐπεύχεται, ὡς εἰς πατρῷαν οἰκίαν εἰσιών.

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„Friede sei mit Euch.“

menenmesse und die Messe der Gläubigen zerfiel, jene einleitende Grußformel eine Aenderung erfahren. Denn die Katechumenen, noch nicht der Kirche angehörend, hatten noch keinen Theil an ihrem Frieden; ebenso wenig die, von der Kirchengemeinschaft ausgeschlossenen Pönitenten, und noch weniger die Juden und Heiden. Für eine so gemischte Versammlung schien demnach eine andere Grußformel nothwendig; und erst seit der Zeit, als die christliche Kirche bereits zur entschiedenen Alleinherrschaft gekommen war, scheint die griechische Kirche gestattet zu haben, daß der Lector, wenn er am Schluß des Psalmengesanges an das Lesepult trat, die Anwesenden mit den Worten: „,,Friede sei mit Euch" begrüßen durfte.

Im Abendlande war man in dieser Beziehung strenger, und Tertullian tadelt es an den Häretikern sehr hart, daß sie Alle ohne Unterschied mit dem Friedenswunsch begrüßten (quod pacem cum omnibus miscerent. 1) Da man es aber nicht verhüten konnte, daß sich nicht auch Kezer und Ungläubige einfanden, so brauchte man lieber, um den Friedensgruß Jesu Christi nicht zu entweihen, den aus dem Alten Testament entlehnten Segenswunsch der Herr sei mit Euch" (Dominus vobiscum), womit Boas im Buch Ruth (C. 2, 4.) die Schnitter begrüßt; und als Priscillian die Anordnung treffen wollte, daß wohl der Bischof „Friede sei mit Euch," die Presbyter aber der Herr sei mit Euch" sagen sollten, erklärte das Concil zu Braga 2) (462) dagegen die Bischöfe und Presbyter sollen nicht auf verschiedene, sondern Alle auf einerlei Weise grüßen, indem sie sagen: Der Herr sei mit Euch," wie es in dem Buch Ruth heißt, und das Volk soll darauf antworten: „Und mit deinem Geiste," wie es der ganze Drient als eine apostolische Ueberlieferung beibehält; nicht aber, wie die Gottlosigkeit des Priscillian es geändert hat." Auffallend ist hierbei allerdings der Ausdruck,,der ganze Orient;" denn dort war gerade die Formel Friede sei mit Euch" gebräuchlich, und Manche haben daher Orient" in Occident" umändern zu müssen geglaubt. Indeß ist eine solche Aenderung kaum nöthig, wenn man die Berufung auf den Orient nur auf das nächst Vorhergehende bezieht, daß nämlich das Volk (nicht bloß einige Klerifer) den Gruß in der angegebenen Weise erwidern sollte.

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Daß übrigens die Formel,,Friede sei mit Euch" in früheren Zeiten auch im Abendlande üblich war, erhellt aus einem Briefe des Cyprian) (ft. 258) an die karthagische Geistlichkeit, in welchem er von dem neuen Lector Aurelius, den er ordinirt hatte, schreibt, daß

1) De praescript. c. 41.

2) Concil. Bracar. I. c. 21. Placuit, ut non aliter episcopi et aliter presbyteri populum, sed uno modo salutent dicentes:,,Dominus sit vobiscum" sicut in libro Ruth legitur, et ut respondeatur a populo,,et cum spiritu tuo," sicut et ab ipsis apostolis traditum omnis retinet oriens, et non sicut Priscilliana pravitas immutavit.

3) Cypr. ep. 33. (al. 38.) Auspicatus est pacem, dum dedicat le

ctionem.

Graduale, Tractus, Sequenzen.

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er seine Vorlesung mit dem ,,Friedensgruß" begonnen habe; und hieraus geht zugleich hervor, daß damals dem Lector noch das Recht einer solchen Begrüßung zustand, während später das 3. karthagische Concil) (397) verfügte: „Die Lectoren sollen das Volk nicht begrüßen." Der Gruß selbst sollte freilich darum nicht wegbleiben; nur sollte ihn statt des Lectors der Priester sprechen.

Nun aber gab es viele Kirchen, an denen nur ein einziger Geistlicher angestellt war, der beide Aemter, das des Priesters und des Lectoren zugleich zu verwalten hatte. So mußte denn ebenderselbe, welcher schon vorher als Priester den Altardienst begonnen hatte, nachher, wenn es zum Vorlesen der heiligen Schrift kam, gleichsam_als spreche er für den eben erscheinenden Lector, das Volk mit dem Dominus vobiscum begrüßen, und diese Stelle behielt der Gruß auch späterhin, als es im Abendlande allgemein Sitte geworden war, daß nur ein einziger Priester die ganze Messe las.

So erklärt es sich denn ganz einfach aus der altkirchlichen Praxis, warum auch der evangelische Prediger, obwohl er schon beim Sündenbekenntniß die Gemeine angeredet hat, sie dennoch am Schluß des Gloria erst begrüßt, als sei er eben gekommen.

Was die Erwiderungsformel und mit deinem Geifte" betrifft, so erklärt sie Chrysostomus (hom. 18. in 2. Corinth.) furz und treffend, wenn er sagt:,,Wie der Priester für das Volk, so betet das Volk für den Priester;" denn nur dies, nichts Anderes, wollen die Worte: Und mit deinem Geiste" sagen.

Ferner gehören hierher nächst dem Introitus, von dem schon oben (S. 242) die Rede war,

f) das Graduale, der Tractus und die Sequenzen, welche nach Schmid (Liturgik der christkath. Rel. II. 138) den Zweck haben, zwischen der Epistel- und Evangelienlection einen Ruhepunkt eintreten zu lassen, damit, während am Altar einige Augenblicke ein gewisses heiliges Schweigen stattfinde, der Chor inzwischen singend Winke geben könne, welche Gefühle die Lesung bei den frommen Hörern hervorgebracht habe, so daß auf diese Weise jeder Gefühlvolle den Dolmetscher der Gedanken vernehme, die der Hauptsache nach sein eigenes Gemüth beschäftigen. Gewiß eine sinnige Deutung. Denn wenn der Gesang zwischen Epistel und Evangelium auch zunächst nur den Zweck hatte, die Zeit auszufüllen, in welcher der Vorleser des Evangelii die obersten Stufen des Ambon bestieg woher auch der Name Graduale (Stufengesang) so schließt sich doch in jeder Messe das Graduale dem Sinn und Inhalt nach so eng an die Epistel an, daß es in der That nur als ein Weiterklingen des durch sie angeschlagenen Tones anzusehen ist. So lautet z. B. am ersten Weihnachtstage das auf die Epistel Tit. 3, 11-15. folgende Graduale: "Benedictus, qui venit in nomine Domini, Deus Dominus, et illuxit nobis. A Domino factum est istud, et est mirabile

1) Concil. Carth. III. c. 4. Ut lectores populum non salutent.

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Der Tractus.

in oculis nostris. Alleluja, alleluja. - Dominus regnavit, decorem induit: induit Dominus fortitudinem et praecinxit se virtute. Alleluja.« — Am Osterfeste lautet das Graduale: „Haec est dies, quam fecit Dominus: exultemus et laetemur in ea. - Confitemini Domino, quoniam bonus: quoniam in saeculum misericordia ejus. Alleluja, alleluja. Pascha nostrum immolatus est Christus,« mit Beziehung auf die Festepistel 1. Kor. 5, 6-8., und daran schließt sich als weitere Aeußerung der durch die biblische Lection angeregten Osterfreude die Sequenz: »Victimae Paschali laudes immolent christiani: Agnus redemit oves: Christus innocens Patri reconciliavit peccatores &c.« - In gleicher Weise schließt sich am Pfingstfest an die Epistel Apostelg. 2, 1-13. das Graduale: "Emitte Spiritum tuum, et creabuntur: et renovabis faciem terrae. Alleluja. Veni sancte Spiritus, reple tuorum corda fidelium, et tui amoris in eis ignem accende und an dieses die bekannte Pfingstsequenz an: »Veni sancte Spiritus, et emitte coelitus lucis tuae radium.<< Am Frohnleichnamsfest folgt auf die Epistel 1. Kor. 11, 23-29., die von der Einsegung des Abendmahls handelt, das Graduale: »Oculi omnium in te sperant, Domine, et tu das illis escam in tempore opportuno. Aperis tu manum tuam: et imples omne animal benedictione. Alleluja, alleluja. Caro mea vere est cibus et Sanguis meus vere est potus: qui manducat meam Carnem et bibit meum Sanguinem, in me manet, et ego in eo,« und darauf als weitere Ausführung die bekannte Frohnleichnamssequenz: »Lauda Sion Salvatorem.«

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Und wie in den hier mitgetheilten Beispielen, so schließt auch sonst das Graduale meist mit dem Alleluja. Eine Ausnahme machen jedoch diejenigen Zeiten, in denen das Alleluja nicht gesungen werden darf. Hierher gehört z. B. schon der Sonntag Septuagesima und darum folgt an diesem auf das Graduale statt des Alleluja der Tractus: »De profundis clamavi ad te Domine: Domine exaudi vocem meam. Fiant aures tuae intendentes in orationem servi tui. Si iniquitates observaveris, Domine, Domine, quis sustinebit.Quia apud te propitiatio est, et propter legem tuam sustinui te, Domine.<<

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Wenn übrigens manche Liturgiker unter dem Tractus, weil er nur dann angestimmt wird, wenn der fröhliche Hallelujahgesang unterbleiben muß, nur einen Trauergesang" verstanden wissen wollen, so ist dies nicht durchweg richtig. Vielmehr schließt sich auch der Tractus immer genau an das Graduale, wie dieses an die Epistel an. Werden also frohe Empfindungen durch diese angeregt, so klingt auch in Zeiten, in denen das Alleluja nicht gesungen werden darf, die Freude im Graduale wie im Tractus nach. Am Sonntag Quinquagesima z. B. schließt die Epistel (1. Kor. 13, 1-13.) mit den erhebenden Worten: „Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei: aber die Liebe ist die größte unter ihnen." Darauf folgt das Graduale: »Tu es Deus, qui facis mirabilia solus: notam fecisti in gentibus virtutem tuam. Liberasti in brachio tuo

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