Page images
PDF
EPUB

490

Das Hallelujah.

[ocr errors]

brauch ist, enthält von der Präfation bis zum Paternoster fünf Amen (am Schluß der Gebete: Hanc igitur oblationem Supplices Memento etiam Domine te rogamus Nobis quoque peccatoribus) und demgemäß verordnete das genannte Missale, daß die Gemeine bei jedem dieser Gebete,,Amen" respondiren sollte, was bisher nicht geschehen war. Denn da dieselben in der Regel vom Priester mit leiser Stimme recitirt wurden, so war das Amen der Gemeine in der That nicht am Ort, vielmehr fand hier recht eigentlich das erwähnte Wort des Apostels seine Anwendung: Wie soll der, so anstatt des Laien steht, Amen sagen auf deine Danksagung, fintemal er nicht versteht, was du sagst? Zudem wußte Lebrün darzuthun, daß der römische Meßkanon in seiner ältesten ursprünglichen Form nur bei dem fünften Gebet, nicht aber bei den vier vorangehenden das „Amen“ enthielt, was unstreitig seinen Grund darin hatte, daß in jenen früheren Zeiten während der Consecrationsfeier die Vorhänge an der Altarwand vorgeschoben wurden, und die Gemeine demnach weder die vom Priester verrichtete Handlung sehen, noch die dabei gesprochenen Gebete deutlich hören, also auch nicht mit seinem Amen bekräftigen konnte. Zur Zeit jenes Amenstreites gab es nun allerdings auch in Frankreich keine Altarvorhänge mehr, die man bei der Consecration vorgeschoben hätte; aber die Gebete wurden nach wie vor leise gesprochen, und da der Bischof von Meaur in dieser Beziehung keine Aenderung gestatten_zu dürfen glaubte, so mußte er natürlich auch der ohne sein Vorwiffen getroffenen Anordnung des neuen Missale seine bischöfliche Genehmigung verweigern.

Wie das Amen, so findet sich

b) das Hallelujah

schon von den frühesten Zeiten her im liturgischen Gebrauch. Bekanntlich ist es aus den Psalmen entlehnt, in denen es von Ps. 104. an häufig vorkommt, namentlich in den Psalmen 113–118, die deshalb das große Hallel heißen. Sonst kommt das Hallelujah im Alten Testament nur noch Tob. 13, 21. und 3. Makkab. 7, 13. vor. Wenn es indeß in der ersteren Stelle von dem neuen Jerusalem heißt: „In allen Straßen wird man das Hallelujah singen," so beweist dies hinlänglich für den allgemeinen Gebrauch dieser Formel.

Im Neuen Testament findet sich das Hallelujah nur Offenb. 19, 1. 3. 4. 6. in dem Triumphliede der himmlischen Schaaren, und wie hier, so ist auch weiterhin in der christlichen Kirche das hebräische Wort unverändert beibehalten worden, da keine Uebersehung dem Originalausdruck an Kürze und Wohlklang gleichkam. Daher erklärte auch Isidorus, Bischof von Sevilla (ft. 636):,,die beiden Worte „Amen“ und „Hallelujah" dürfen weder von den Griechen, noch von den Lateinern in ihre Landessprache übertragen, oder in irgend einer anderen Sprache gesungen werden. Denn diese Worte sind so heilig, daß Johannes in der Apokalypse berichtet, er habe in der Offenbarung des Geistes die Stimmen vieler Gewässer und mächtiger Donner gesehen und gehört, welche „Amen“ und „Hallelujah" geklungen hätten, und es muß daher beides auf Erden so gesprochen werden, wie es im

Kirchlicher Gebrauch des Hallelujah.

"

491

Simmel tönt." Auch Anselmus von Canterbury erklärte das Halleujah für ein Engelwort," daß sich in keiner menschlichen Sprache vollständig wiedergeben laffe, und meinte mit Auguftinus: „Zm Himmel werde das Hallelujah unsere Speise, unser Trank, unsere Ruhe, unsere ganze Seligkeit sein." 1)

In Palästina, namentlich in der Umgegend von Bethlehem, war es, nach Hieronymus 2), so allgemein, daß man es überall hörte, wohin man sich wendete. Es wurde den Kindern in der Wiege vorgesungen; der Landmann sang es hinter dem Pfluge, die Schnitter bei der Ernte, und die Schiffer beim Rudern.

Was aber den kirchlichen Gebrauch betrifft, so wurde es im Orient lange Zeit nur von Ostern bis Pfingsten gesungen, und Vigilantius tadelte auch dies noch als einen zu häufigen Gebrauch, da es eigentlich nur Einmal im Jahre, am Pafsafeste, gesungen werden dürfe, wie dies nach Sozomenus in der römischen Kirche der Fall war, in welcher es nur am ersten Osterfeiertage angestimmt wurde, woraus sich auch die römische Betheuerungsformel: „So wahr ich das Hallelujah noch fernerhin zu hören und zu fingen wünsche," erklärt. Hieronymus jedoch billigte diesen allzubeschränkten Gebrauch keinesweges, und die orientalische Kirche behielt das Hallalujah nicht nur für die Zeit von Ostern bis Pfingsten, sondern auch für die Passions- und Adventzeit, ja selbst für die Todtenmessen bei, indem der Christ auch für die Leiden Gott preisen, und gerade in den Tagen der Trübsal beweisen müsse, daß er seiner Christenpflicht, Gott immerdar zu loben, eingedenk sei.

Auch im Occident war der Gebrauch des Hallelujah schon zu Augustin's Zeiten keinesweges auf den Ostertag allein beschränkt; es wurde vielmehr nicht nur in allen Kirchen bis Pfingsten, sondern in manchen auch alle Sonntage gesungen, und der alten Mozarabischen (spanischen) und Gallicanischen Liturgie zufolge war es, wie im Orient, selbst bei Todtenmessen üblich. Seit Gregor dem Großen jedoch wurde es im Abendlande allgemeine Sitte, dasselbe in den Zeiten der Trauer wegzulassen. Daher blieb es zunächst bei allen Todtenmessen und am Charfreitag, außerdem aber auch während der ganzen Fastenzeit weg, und in Frankreich wurde es im XIII. Jahrhundert am Sonntage Septuagesima durch eine solenne Todtenmesse förmlich zu Grabe bestattet 3), und erst in der Ostervigilie von dem Subdiakon dem Bischof mit den Worten: „Ehrwürdiger Vater, ich verkündige euch

1) Außerdem war das Mittelalter auch fruchtbar in allerlei Deutungen dieses Wortes. So erklärt Petrus von Aurerre: Al- altissimus, Le levatus in cruce, Lu

[ocr errors]

lugebant apostoli, Ja jam surrexit.

-

2) Hieron. ep. 27. Quocunque te verteris, arator stivam tenens Halleluja decantat. Vergl. auch Sidon. Apolin. II. 10.

Curvorum hinc chorus helciariorum
Responsantibus,,Alleluja" ripis

Ad Christum levat amicum celeusma.

3) In manchen Gegenden, wie z. B. in Toul und Auxerre zogen die Chorfnaben am folgenden Montage in Procession aus der Sacristei mit brennenden Kerzen, Weihwasser und Weihrauch aus nach dem Kirchhof, um auf diesem ein mit dem Wort

[blocks in formation]

eine große Freude, das Hallelujah," wieder angekündigt, worauf der Bischof dreimal,,Hallelujah" rief. In der Zwischenzeit vom Sonntag Septuagesima bis Ostern sang man dafür: "Laus tibi Domine, rex aeternae gloriae.«

In Betreff der Adventzeit war man anfangs zweifelhaft, ob fie für eine Zeit der Freude oder ernster Betrachtung gelten sollte. Da fie jedoch bald zu den, auf das Weihnachtsfest vorbereitenden F a sten bestimmt wurde, so entschied man sich allgemein dahin, das Hallelujah auch in dieser Zeit wegfallen zu lassen, um es am Christfeste defto fröh licher anzustimmen. Ebenso sollte es nach einer Verordnung des 4. Concils zu Toledo am Neujahrstage wegbleiben, theils, weil es der Beschneidungstag sei, an welchem Christus zum ersten Male sein Blut vergoffen habe, theils, weil es für die heidnischen Römer ein Freudentag war, und die Christen mit solcher heidnischen Freude nichts zu thun haben sollten.

Diese Praxis hat sich auch in der evangelischen Kirche erhalten; das Hallelujah bleibt weg in der Fastenzeit, am Charfreitage, am Bußtage, am Todtensonntage und bei Beerdigungen; sonst wird es an allen Sonntagen angestimmt.

Eine andere, gleichfalls schon im Judenthum gebräuchliche, und von daher in die christliche Kirche aufgenommene Formel war

c) das Kyrie eleison,

welches, wie im Alten Testament (vergl. Ps. 51, 3.; Pf. 123, 3. z.). so auch im Neuen Testament häufig wiederkehrt; vergl. Matth. 9, 27.; C. 15, 23.; C. 20, 30.; Mark. 10, 47. ic. Was den christlichen Gottesdienst betrifft, so findet sich diese Formel in der griechischen Kirche schon seit den frühesten Zeiten im Gebrauch, aber in Verbindung mit einem anderen Stück der Liturgie, mit dem allgemeinen Kirchengebet oder der,,Litaney." Die apostolischen Constitutionen nämlich verordnen, daß bei der vom Diakon recitirten Litaneh nach jeder einzelnen Bitte von der ganzen Gemeine, besonders von den Kindern „Kyrie eleison" respondirt werden solle, und dieser uralte Gebrauch hat sich in der orientalischen Kirche bis jezt erhalten, so daß im russischen Gottesdienst z. B. das "Gospodi pomilui« unzählige Male wiederkehrt.

„Alleluja“ beschriebenes Täflein zu begraben, nachdem man beim Magnificat am genannten Sonntage zur Feier dieser Grablegung die Antiphone gesungen:,,Mane apud nos Alleluja, Alleluja, et crastina die proficisceris, Alleluja, Alleluja, Alleluja, et dum ortus fuerit dies, ambulabis vias tuas, Alleluja, Alleluja, Alleluja," worauf folgendes Gebet hinzugefügt wurde:,,Oremus, Deus, qui nos concedis Allelujatici cantici deducendo solemnia celebrare, da nobis in aeterna beatitudine cum Sanctis tuis Alleluja cantantibus perpetuum feliciter Alleluja posse cantare." In der Kathedralkirche zu Paris wurden sogar Gliedermänner verfertigt, auf die man mit goldenen Buchstaben Alleluja" schrieb, und diese wurden alsdann in Stücke zerbrochen und vom Chor herabgeworfen.

"

Kirchlicher Gebrauch des Kyrie.

493

Wie die Russen, so sprachen übrigens auch alle übrigen zur orientalischen Kirche gehörigen Völker diese Formel in der Landessprache, und den Gebrauch der griechischen Worte in der römischen Kirche soll erst der Papst Sylvester 1. (314-335) eingeführt haben. Außerdem fügte man hier das „Christe eleison" hinzu, so daß die Formel nunmehr dreizeilig wurde: Kyrie eleison,

Christe eleison,
Kyrie eleison.

In dieser Form, in welcher das Kyrie zugleich eine Beziehung auf die Trinität gewann, wurde es denn auch bald von der Litaney losgetrennt, und zu einem selbstständigen Stück in der Liturgie erhoben. Dazu war aber auch das dreizeilige Kyrie eigentlich immer noch zu kurz, und diesem Uebelstand suchte man einerseits durch öftere Wiederholung, andererseits durch Erweiterungen abzuhelfen.

Was die öftere Wiederholung betrifft, so sollte nach der alten römischen Kirchenordnung der Chor überhaupt das Kyrie" so lange fingen, bis der Papst das Zeichen zum Aufhören gab, und auch für die übrigen Kirchen des Abendlandes bestand in dieser Beziehung kein anderes Gesez, als daß man ebenso oft Christe eleison, als Kyrie eleison zu fingen habe. Demgemäß verordnete z. B. der Papst Sergius in seinem Testamente (910), in welchem er der Kirche zu Candida Sylva, in der Nähe von Rom, mehrere Güter vermachte, daß die Priester dafür zum Heil seiner Seele täglich hundert Kyrie und ebenso viele Christe eleison fingen sollten. Ebenso pflegte das Volk bei seinen Wallfahrten regelmäßig hundert Kyrie eleison, dann hundert Christe eleison, und hierauf abermals hundert Kyrie eleison zu fingen, worauf man nach einer Pause in gleicher Weise wieder von vorn an= fing. Für den Gebrauch bei der Messe jedoch wurde, wenn nicht schon von Gregor dem Großen, so doch bald nachher festgestellt, daß zuerst brei Kyrie eleison, dann drei Christe eleison und zum Schluß wieder drei Kyrie eleison gesungen werden sollten 1), was Luther in seiner deutschen Messe" auf das ursprüngliche breizeilige Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison beschränkte.

In Betreff der Erweiterungen, auf die man besonders in der legten Hälfte des Mittelalters großen Fleiß verwandte, wird es hinreichen, aus einem römischen Missale vom Jahre 1631 ein zum Gebrauch an hohen Festen bestimmtes Kyrie anzuführen. Es lautet:

Kyrie, fons bonitatis, Pater ingenite, a quo bona cuncta procedunt, eleison.

Kyrie, qui pati natum mundi pro crimine ipsum ut salvaret, misisti, eleison.

Kyrie, qui septiformis das dona pneumatis, a quo coelum et terra replentur, eleison.

1) Die mailändische Kirche jedoch macht auch hierin eine Ausnahme, indem hier das breizeilige Kyrie nicht nur nach dem Gloria in excelsis Deo, sondern auch nach der Evangelienlection und den Ablutionen wiederholt wird.

494

Erweiterungen des Kyrie.

Christe, unice Dei patris genite, quem de Virgine nasciturum mundo mirifice sancti praedixerunt Prophetae, eleison.

Christe, hagie coeli compos, regiae melos gloriae, cui semper adstans pro numine angelorum decantat apex, eleison.

Christe coelitus nostris adsis precibus pronis men-
tibus, quem in terris colimus, ad te pie Jesu cla-
mamus, eleison.

Kyrie Spiritus alme cohaerens Patri Natoque unius
Usiae consistendo flans ab utroque, eleison.
Kyrie, qui baptizato in Jordanis unda Christo efful-
gens specie columbina apparuisti, eleison.
Kyrie, igne divino pectora nostra succende, ut digni
pariter proclamare possimus ad te, eleison. 1)

Nächst diesem enthält das genannte Missale noch mehrere andere, in ähnlicher Weise durch Einschaltungen erweiterte Kyrie's für die verschiedenen Fest- und Heiligentage, namentlich für die Marienfeste, und auch in dieser Beziehung schloß sich die lutherische Kirche gern an die Praris der katholischen an. Man nahm einerseits, so weit dies der Inhalt gestattete, in der ursprünglichen, und wo, vom evangelischen Standpunkt aus, Aenderungen erforderlich waren, in verbesserter Form die meisten jener mittelalterlichen Kirchenlieder auf, die alle den Refrain Kyrie leis" haben, und eben deshalb,,Leisen" genannt wurden, eine Benennung, die man später auch auf weltliche Lieder übertrug. Andererseits versuchte man sich in eigenen Erweiterungen. Das Wittenberger Kirchengesangbuch (vom Jahre 1573) z. B. enthält fünf verschiedene Kyrie's, ein Kyrie summum (für jedes der drei hohen Feste passend), das Kyrie fons bonitatis (für die Weihnachtszeit), das Kyrie paschale (für Ostern), das Kyrie cunctipotens (für die Pfingstzeit) und das Kyrie minus summum (für das Trinitatisfest und andere minder hohe Feste.

[blocks in formation]

1) Ein anderes von Bona (rer. liturg. II. 4.) mitgetheiltes Kyrie lautet :
Kyrie rex genitor unigenite, vera essentia, eleison;
Kyrie, luminis fons, rerumque conditor, eleison;
Kyrie, qui nos imaginis tuae signasti specie, eleison;
Christe, Deus formae humanae particeps, eleison;
Christe, lux oriens, per quem sunt omnia, eleison;
Christe, qui perfecta es sapientia, eleison;
Kyrie, Spiritus vivifice, vitae vis, eleison;

Kyrie, utriusque vapor, in quo cuncta, eleison;

Kyrie, expurgator scelerum et largitor gratiae, quaesumus propter nostras offensas noli nos relinquere, consolator dolentis animae, eleison.

« PreviousContinue »