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Danksagung. Herausbringen d. Kelches z. Gemeine. 235

„O Herr, nimm die Sünden von denen weg, die wir hier genannt haben, um deines heiligen Blutes willen, durch die Fürbitte deiner Heiligen,"

und darauf spricht der Presbyter oder der Bischof das Gebet der Danksagung:

„Wir danken dir, o menschenfreundlicher Herr, dir, dem Wohlthäter unserer Seelen, daß du uns jest deiner himmlischen und unsterblichen Mysterien gewürdigt haft. Leite unsere Pfade, stärke uns in deiner Furcht, schüße unser Leben und bewahre unsere Tritte durch das Gebet und die Fürbitte der heiligen Mutter Gottes, der Jungfrau Maria und aller Heiligen!"

Nunmehr werden die Vorhänge wiederum zurückgeschoben, und es öffnen sich die heiligen Thüren 1); der Diakon kommt (auch wenn sich feine Communicanten gemeldet haben) mit dem Kelche zur Gemeine heraus und spricht:

,,Nahet euch mit Glauben, Gottesfurcht und Liebe!"

Chor: Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn; der Herr ift Gott, und uns erschienen.

Sind Communicanten da, so empfangen sie hier das Abendmahl, worauf der Bischof zur Gemeine heraustritt und segnend spricht: ,,Erlöse, o Herr, dein Volk und segne dein Erbe!"

Chor: Wir haben das wahre Licht gesehen; wir haben den himmlischen Geist empfangen, und den wahren Glauben gefunden. Wir beten an die ungetheilte Dreieinigkeit, welche die Erlösung für uns bewirkt hat."

Während des Gesanges sind der Bischof und der Diakon in das Heiligthum zurückgekehrt, wo der lettere den Kelch auf den Rüfttisch hingesezt hat.

Der Bischof sagt hierauf mit leiser Stimme:
Gelobt sei unser Gott“ und dann laut:

,,Allezeit, jezt und immerdar und in Ewigkeit!" Chor: Amen. Laß, o Herr, unseren Mund voll sein deines Lobes, daß wir fingen von deiner Herrlichkeit, der du uns gewürdigt haft, theilhaftig zu werden deiner heiligen, göttlichen, unsterblichen und lebenbringenden Mysterien! Erhalte uns durch deine Herrlichkeit, daß wir alle Tage lernen mögen deine Gerechtigkeit. Hallelujah, hallelujah, Hallelujah!

die

Diakon (zur Gemeine heraustretend): Lasset uns, wir empfangen haben die göttlichen, heiligen, unsterblichen, himm= lischen und schauervollen Mysterien Christi, würdig danken dem. Herrn!

Gott! nimm dich unfer an, errette uns, sei uns gnädig und erhalte uns durch deine Gnade!

Chor: Herr, erbarme dich!

1) „Was wird,“ heißt es in dem Katechismus S. 83., „durch das Wegziehen des Vorhanges, durch das Aufthun der königlichen Thüren und durch das Vorzeigen der heiligen Gaben dargestellt? Antw. Die Erscheinung Jesu Christi selbst nach seiner Auferstehung.“

236 Schlußgebet.

Schließung der heiligen Thüren.

Wir bitten dich, daß wir diesen Tag in Heiligkeit, Friede und ohne Sünde verleben mögen, und empfehlen uns selbst, und einer den anderen, sammt unserem ganzen Leben, Christo, unserem Gott.

Chor: Dir, o Herr!

Presbyter' (das Evangelienbuch aufhebend, mit demselben das Altartuch bekreuzend, und darauf das lehtere zusammenlegend und vom Altartische abnehmend):

,,Denn du bist unsere Heiligung, und dir bringen wir unser Lob dar, Vater, Sohn und heiliger Geist, jezt und immerdar und in Ewigkeit.

Chor: Amen.

Bischof: Lasset uns weggehen in Frieden!
Chor: Im Namen des Herrn.

Diakon: Lasset uns beten zu dem Herrn!

Chor: Herr, erbarme dich!

Presbyter: O Herr, der du segnest, die dich segnen, und heiligest, die ihr Vertrauen auf dich sehen, erlöse dein Volk, und fegne dein Erbe. Erhalte die Fülle deiner Kirche; heilige die, welche die Ehre deines Hauses lieben; verherrliche die, welche dich verherrlichen, mit deiner Macht. Gieb Frieden deiner Welt, deinen Kirchen, deinen Priefstern, dem gottesfürchtigsten Kaiser, dem ganzen Kaiserhause und dei= nem ganzen Volke! Denn alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dir, dem Vater des Lichtes, und daher bringen wir Dank, Preis und Anbetung dir dar, Vater, Sohn und heiliger Geist, jegt und immerdar.

Chor: Amen.

Gelobt sei des Herrn Name von nun nun an bis in Ewigkeit!" (Dreimal.)

Hierauf liest der Lector Ps. 34. vor, worauf der Bischof, an den heiligen Thüren stehend, den Segen spricht:

,,Der Segen des Herrn sei über euch, durch seine Gnade und Liebe allezeit, jezt und immerdar und in Ewigkeit. Chor: Amen.

Presbyter: Preis dir, o Christus, unser Gott, unsere Hoffnung, Preis dir!

Chor: Ehre sei dem Vater, und dem Sohne, und dem heiligen Geiste, jest und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Herr, erbarme dich! (Dreimal.)

Gieb den Segen.

Bischof: Chriftus, unser wahrer Gott, der von den Todten auferstanden ist, wolle durch das Gebet seiner reinsten Mutter, der heiligen, glorreichen und hochgepriesenen Apostel, unseres heiligen Vaters Johannes Chryfoftomus, des Heiligen (des Tages und der Kirche) und aller Heiligen, uns gnädig sein und uns erretten; denn er ist gut, und liebt die Menschen.

Hier werden die heiligen Thüren verschlossen; der Diakon geht durch die Seitenthür in das Heiligthum, und verzehrt dort ehrerbietig das im Kelch Zurückgebliebene, und der Chor singt zum Schluß:

Die Messe in der römisch-katholischen Kirche. 237 ,,Erhalte, o Herr, auf viele Jahre unseren gottesfürchtigsten Kaiser und seine Familie (Namen), die heilige dirigirende Synode und alle rechtgläubigen Christen. Amen."

C. Die katholische Messe.

Muß man der griechischen Kirche den Vorzug, den fie darin findet, daß sie den liturgischen Anordnungen des Bafilius, und vornehmlich des Johannes Chrysostomus, so treu geblieben ist, im Allgemeinen gelten lassen, so kann die römisch-katholische Kirche das Alter ihrer Messe mit Bestimmtheit auf Gregor den Großen, und da seine Meßordnung eigentlich nur eine Abkürzung der vorher gebräuchlichen war, auf ein noch früheres Zeitalter zurückführen; und indem sie nicht nur zu allen Zeiten, und an allen Orten dieselbe Ordnung des Gottesdienstes und dasselbe Ritual, sondern auch ein und dieselbe Sprache beibehielt, während die griechische Kirche den verschiedenen Völkern für den Gottesdienst die Nationalsprache ließ, bietet sie in ihrem Cultus eine Erscheinung dar, die in der That ganz einzig und beispiellos dasteht.

Der katholische Christ mag in der großen Kathedrale zu Paris, oder in einem ärmlichen polnischen Dorfkirchlein, in der prächtigen Laterankirche zu Rom, oder auf einer fernen Insel der Südsee in einem von Missionaren erbauten Bethause stehen, überall findet er den von Kindheit an gewohnten Gottesdienst wieder. Verstehe er auch von der Sprache des Volkes, bei dem er ist, nicht das Mindeste, in der Messe vernimmt er überall denselben feierlichen Orgelton der lateinischen Kirchensprache 1), wie in seiner Heimath; und ständen Todte, die vor hundert Jahren gestorben sind, aus ihren Gräbern auf, so würden sie sich zwar in die gegenwärtigen Formen des häuslichen und öffentlichen Lebens schwer zu finden wissen, in der Kirche aber fast Alles so wiederfinden, wie sie es verlassen hatten.

Einheit und Uebereinstimmung, nicht nur in den dogmatischen Ansichten und im Bekenntniß, sondern auch in den Worten des Bekenntnisses, war es, was die römisch-katholische Kirche von Anfang an mit der bewundernswürdigsten Consequenz erstrebte, und wodurch sie zu der weltbeherrschenden Kirche wurde, die sie wenigstens bis zur Zeit der

1) Zwar fand schon vor Huß und Luther der Gebrauch einer dem Volke unverständlichen Sprache nicht bloß bei der böhmischen und mährischen Nation, sondern auch bei Anderen lebhaften Widerspruch, und man fragte häufig: Was nüßt dem größten Theile der Mönche, was den Nonnen das Absingen des lateinischen spsalters, und das Ablesen der lateinischen Gebete im Brevier? Was dem Volke das Anhören der lateinischen Gebetsformeln beim Gottesdienst? Die Kirche aber blieb bei ihrer Praris, und die Antwort auf dergleichen Fragen war: Wenn du gleich die Worte nicht verstehst, so versteht sie doch der heilige Geist, und der Teufel fleucht.“ Vergl. Luther's Tischreden von Mönchen“ S. 338.

238 Verhältniß der römischen Messe zur griech. Liturgie.

Reformation war. Wie die Nacht ihren blauen Sternenmantel über Alle ausbreitet, über den Kranken, der auf seinem Schmerzenslager seufzt, wie über den berauschten Zecher, der unter den Trümmern zerschlagener Flaschen seine Trinklieder kreischt, über die gottesfürchtige Familie, die andächtig den vom Vater vorgelesenen Abendsegen anhört, wie über die Räuberbande, die im dunklen Walde einen nächtlichen Angriff verabredet, und doch bei alledem immer den wohlthuenden Eindruck eines stillen Weltfriedens macht, so bedeckte auch die römische Kirche allen inneren Unfrieden und alle Wunden, die ihr geschlagen wurden, mit dem Herrschermantel ihrer großartigen Einheit und Allgemeinheit, und der Friede, den sie allen ihren Gliedern zu sichern scheint, hat schon manchen, von Gewissensunruhe gequälten Protestanten vermocht, sich aus den Drangsalen und Mühen des Tages in die stille Ruhe der Nacht zu flüchten, um von dem heißen Tagewerk auszurühen in dem weichen Schoß der römischen Mutterkirche: er bedachte nicht, daß die dunkle Hülle der Nacht auch viel Unheil deckt, und daß sie nicht jedem Müden die ersehnte Ruhe bringt.

Was das Verhältniß des römisch-katholischen Gottesdienstes zu dem griechischen betrifft, so stimmen beide Kirchen zuvörderst darin überein, daß sie die Abendmahlsfeier als den wesentlichsten und wichtigsten Theil des sonntäglichen Gottesdienstes betrachten, und die Predigt nicht, wie im Alterthum, unmittelbar auf die biblische Lection folgt, sondern entweder vor oder nach der Messe gehalten wird. Dagegen ließ die katholische Kirche mit dem Aufhören des vormaligen Unterschiedes zwischen den Katechumenen und Gläubigen, auch die Unterscheidung zwi schen der Katechumenenmesse und der Messe der Gläubigen aufhören, indem sie beide Theile zu der einen Messe vereinigte, die mit der Entlassungsformel »Ite, missa est« (woher das deutsche,,Messe") für Alle auf gleiche Weise schloß. Was die übrigen Differenzen betrifft, so werden sie sich theils aus der nachfolgenden Darstellung derselben von selbst ergeben, theils, wo es nöthig ist, bei den einzelnen Punkten hervorgehoben werden. Ebenso wird der stete Rückblick auf die gottesdienstlichen Formen im Gregorianischen Zeitalter den Leser bald in den Stand seßen, selbst zu beurtheilen, inwiefern die gegenwär tige Messe mit der altkirchlichen Praxis übereinstimmt, oder von ihr abgewichen ist.

Da, wo die Predigt der Meffe vorangeht (und das ist in den meisten größeren Kirchen der Fall), beginnt der sonntägliche Hauptgottesdienst mit einem, von der Orgel begleiteten Predigtliede, dem die Predigt, und nach ihrem Schlusse einige Liederverse folgen, während welcher der Prediger, wenn er zugleich die Messe zu lesen hat, in der Sacristei das Meßgewand anlegt. Am Ende des Gesanges werden die Altarkerzen angezündet, und der Meßpriester tritt, von seinen Ministranten begleitet, aus der Sacristei an den Altar. 1)

1) Wie in der griechischen Kirche, so sollte natürlich auch in der römischen Kirche die fonntägliche Abendmahlsfeier eine svmbolisch-liturgische Darstellung des Leidens und Sterbens Jesu Chrifti sein. Nur tritt dieser Zweck in der letteren äußerlich weniger

Allegorische Deutung der Messe,

239

An den Stufen desselben kniet er nieder, und spricht, indem er sich bekreuzt:

In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti. Amen.
Introibo ad altare Dei. (Ps. 43, 4.)

hervor, als in der ersteren, und man weiß in der That nicht, was man zu der von Neudecker (Relig.- und Kirchenlerif. III. 257.), freilich ohne Angabe irgend welcher Autorität mitgetheilten allegorischen Deutung der Messe sagen soll. Es heißt dort nämlich:

„Da die Messe das Leiden Christi symbolisiren soll, so hat die katholische Kirche auch die Einrichtung getroffen, daß alle priesterlichen Handlungen bei der Meßfeier auf die Leiden Jesu hindeuten müssen. Es sind zur Meßfeier nicht weniger als fünf und dreißig Handlungen des Priesters erforderlich, nämlich:

1. Der Priester geht zum Altar Christus in den Delgarten. 2. Der Priester beginnt die Messe

zu beten.

3. Die Beichte

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Christus begiebt sich an den Delberg, um

erinnert an die Seelenangst Jesu an jenem Berge.

4. Der Priester küßt den Altar — Christus wird durch den Kuß verrathen. 5. Der Priester geht auf die Seite des Altars, wo die Epistel sich befindet soll an Christi Gefangennehmung erinnern.

6. Der Eingang Christus vor Hannas.

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7. Die dreimalige Recitation des Kyrie Eleison durch Petrus.

dreimalige Verleugnung Christi

Petrus,

8. Dominus vobiscum, vom Priester gegen die Gemeine gesprochen

von Christus angesehen, weint.

9. Der Priester liest die Epistel.

Anklage Christi vor Pilatus.

10. Der Priester betet heimlich Munda cor Christus antwortet nicht auf

die Anklage vor Herodes.

11. Der Priester liest das Evangelium

Spilatus.

Christi Zurücksendung von Herodes zu

12. Der Priester entblößt den Kelch Christi Entblößung und Geißelung. zur Erinnerung, daß Christus an eine Säule gebunden

13. Oblation der Hostie

und mißhandelt wurde.

14. Der Priester bedeckt den Kelch wieder

das Haupt gedrückt.

15. Der Priester wäscht seine Hände schuldig findet.

Christo wird eine Dornenkrone auf

wie Pilatus, der den Angeklagten un

16. Der Priester spricht zum Volf: Orate fratres Purpurgewand bekleidet.

17. Präfation Verdammung Christi zum Kreuz. 18. Der Priester betet für die lebenden Gläubigen

uns zum Leben.

19. Der Priester bedeckt die Hostie und den Kelch tuch von der heiligen Veronica.

20. Der Priester schlägt das Kreuz über die Hoftie wird ans Kreuz genagelt.

21. Der Priester betet die Hostie, sie erhebend, an

erhöht.

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Christus wird am Kreuz

Christi Blutvergießen am Kreuz.

22. Der Priester hebt den Kelch in die Höhe
23. Der Priester spricht das Memento für die verstorbenen Gläubigen

stus betet für seine Gläubigen.

24. Der Priester betet das Nobis quoque peccatoribus

dem Mitgekreuzigten das Paradies.

25. Der Priester betet das Baterunser

Johannes als ihren Sohn annehme.

Chri

Christus verspricht

Christus will, daß seine Mutter den

26. Der Priester zerbricht die Hoftie Christus stirbt. 27. Der Priester wirft einen Theil derselben in den Kelch

Christi Höllenfabrt.

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