Page images
PDF
EPUB

Versammlung bestand. Bonaparte zog Marescalchi zu Rath, den Gesandten in Paris, und berief noch Aldini, Serbelloni und Melzi, Ber und berieth mit ihnen eine Verfassung, die in vielem ein Nachbild der französischen war. Man kam zu drei beständigen Wahlcollegien, die sich selbst ergänzten mit Mitgliedern auf Lebenszeit.

fassung.

Con

sulta.

Das erste sollte bestehen aus 300 Großgrundbesißern, das zweite aus 200 angesehenen Kaufleuten, das dritte aus 200 Gelehrten, Schriftstellern und Geistlichen. Diese drei Collegien sollten einen AusCensura. schuss von 21 Mitgliedern wählen, die Censurcommission, welche, wie in Frankreich der Senat, alle Mitglieder eines Staatskörpers wählen sollte, und diese Wahlobrigkeit sollte dann wieder eine von acht Mitgliedern küren, die, wie der französische Senat, über die Verfassung zu wachen, über außerordentliche Umstände zu berathen, die Verhaftung gefährlicher Personen anzuordnen, und den Präsidenten zu ernennen hätte. Eines dieser acht Mitglieder sollte zugleich das Ministerium des Äußern bekleiden. Dann sollte es noch einen Staatsrath geben, welcher die Geseze und Verordnungen abzufassen und vor dem geseßgebenden Körper zu vertheidigen hätte; dann einen geseßgebenden Körper aus 75 Mitgliedern, welcher über die Geseze abzustimmen hätte, nachdem 15 Sprecher aus seiner Mitte vor ihm diese Gesetze Brås erörtert hätten. An der Spiße der Republik sollte ein Präsident stehen, der einen Vicepräsidenten zur Seite habe. Er solle gewählt sein auf zehn Jahre und ernannt vom Senat. In dieser Verfassung waren also drei lebenslängliche Wahlcollegien an die Stelle der Notabilitätslisten getreten.

sident.

Prä

Um dieser Verfassung sogleich rechtes Leben zu geben, beschloss Bonaparte, das Regierungspersonale auf einmal vollständig selber zu wählen und alle Ernennungen vorzunehmen. Er zimmerte also nicht bloß das Räderwerk, sondern sette den Staatswagen auch zusammen und machte ihn gehen. Aber Wer wer sollte Präsident werden? - -Kein anderer als Bonaparte, und Melzi fident? sollte die Stelle des Vicepräsidenten übernehmen. Dies durfte man aber nicht sogleich sagen; sachte, nach und nach sollten die Italiener dahin gebracht werden, Bonaparte zu bitten, dass er diesen Präsidentenstuhl selber gnädigst ausfülle, denn ohne ihn wäre die Republik bald wie ein Schiff ohne Steuer, ein Spiel aller Winde geworden.

Feste in Lyon.

Das Ganze sollte während einer Zusammenkunft unter großen Festlichkeiten in Lyon zusammengestellt werden, nachdem durch die Vertrauten Bonapartes in Zeitungen die Mahnung verbreitet worden war, die cisalpinische Republik bedürfe einer Ausbesserung ihrer Verfassung von 1797 und diese könne nur vom Gründer der italienischen Republik ausgehen; er allein habe die nöthige Kraft und Weisheit hiezu. Das Glück Italiens und die Ruhe Europas hängen davon ab. 452 hervorragende Grundbefizer, Kaufleute, Professoren, Richter, Prälaten wurden zum Fest der Unabhängigkeit ihres Vaterlandes nach Lyon eingeladen und sie kamen, obschon es strenger Winter war, über die Alpen Talley und wurden aufs beste empfangen und bewirtet. Talleyrand, als Minister des Äußern, und Chaptal, als Minister des Jnnern, empfiengen sie da und

rand.

Bonaparte Präsident der italienischen Republik.

297

parte

Hielten mit ihnen die Vorberathungen ab. Festlichkeiten wechselten mit den Sizungen und hielten die Abgeordneten in bester Stimmung. Am 11. Januar 1802 traf Bonaparte selber in Lyon ein. Die Bevölkerung im Süden war umsomehr Bonafür ihn eingenommen, je mehr sie unter dem Directorium durch Unruhen gelitten hatte. Die Fabriken waren wieder im Gang, der Wohlstand und das behagliche Gefühl der Sicherheit war zurückgekehrt. Die Landleute warteten Tag und Nacht an den Straßen auf die Ankunst Bonapartes und begrüßten ihn, als er endlich kam, mit voller Begeisterung. Lyon war mittagshell beleuchtet, als er in der Nacht unter einem Triumphbogen, auf dem ein schlafender Löwe ruhte, in Lyon einzog. Die Italiener wetteiferten mit den Franzosen in Ausbrüchen der Be- beliebt, geisterung: sie sahen in ihm den Italiener, der über Frankreich herrschte und zugleich ihnen wieder eine Bedeutung gab. Die Verfassung, die er vorgeschlagen, nahmen sie mit Freuden an, und er willigte gern in einige unwesentliche Veränderungen, die sie wünschten. Mit einem Ausschuss von 30 Mitgliedern berieth er die zu treffenden Wahlen.

Prä

Wer aber sollte Präsident werden? Als sie hinlänglich wegen dieser Frage in Verlegenheit waren, legte ihnen Talleyrand nahe, diese Verfassung durch den Ruhm des ersten Consuls zu schüßen. Sie willigten ein unter der Bedingung, dass der Vicepräsident ein Italiener sei. Am 25. Januar 1802 rief die Consulta Napoleon Bonaparte zum Präsidenten aus; er wird sollte mit dem Titel erster Consul der französischen Republik" den Titel „Präsi- sident. dent der italienischen Republik" verbinden. Während die Consulta diese Berathung pflog, hielt Bonaparte Revue ab über die Truppen, die aus Ägypten zurückgekehrt waren und in Jubel ausbrachen, als sie ihren General, der sie zu Siegen in Ägypten geführt hatte, wiedersahen, und zwar an höchster Ehrenstelle. Er hingegen wusste ihre Begeisterung für ihn zu steigern dadurch, dass er ihre Reihen entlang schritt, Einzelnen die Hand drückte, sie beim Namen nannte, sie an die gemeinsam bestandenen Gefahren erinnerte, sie nach ihren Narben fragte, um ihnen zu zeigen, dass er immer an sie gedacht habe. Diese Revue fand statt auf dem Play Bellecour, der während der Revolution so viel Schreckliches und Thörichtes gesehen hatte.

Als Bonaparte von da in das Stadthaus zurückkam, hörte er aus dem Mund der Abgeordneten der Consulta den Wunsch, er möge Präsident der italienischen Republik sein, den er natürlich gern erhörte. Am 26. Januar war die Festversammlung der Confulta. Bonaparte hielt in italienischer Sprache eine Rede, worin er die Grundsäße aussprach, welche die neue Regierung leiten sollten.

sprache

Bonaparte sagte italienisch zu den Abgeordneten: Ich habe Sie, als An= die vornehmsten Bürger der cisalpinischen Republik, in Lyon bei mir versammelt, Bona und Sie haben mir hinlängliche Aufklärungen gegeben, dass ich das hohe, mir partes. übertragene Amt als erste obrigkeitliche Person des französischen Volkes und als erster Schöpfer Ihrer Freiheit erfüllen kann. Die Wahlen der Obrigkeiten habe ich ohne Vorliebe für irgend eine Partei oder irgend einen Ort getroffen; was aber das Amt eines obersten Präsidenten betrifft, so habe ich keinen unter Ihnen gefunden, welcher durch Verdienste um das Vaterland, durch Ansehen beim Volfe und durch Absonderung von den verschiedenen Parteien die Übertragung eines solchen.

Postens verdient hätte. Die von Ihnen klüglich angeführten Beweggründe bestimmen mich, und ich gebe Ihren Wünschen nach; ich will, so lange es nöthig sein wird, die große Last Ihrer Angelegenheiten auf meinen Schultern behalten und angenehm wird es mir unter so vielen auf mir ruhenden Sorgen sein, die Befestigung Ihres Staates und das Glück Jhrer Völker zu vermehren. Sie haben feine allgemeinen Geseze, keine Nationalgebräuche, keine mächtigen Heere; allein Gott beschützt Sie, denn Sie haben Alles, um jene Bedürfnisse herstellen zu können, nämlich ein zahlreiches Volk, fruchtbare Fluren und das Beispiel Frankreichs.“ und die Versammlung antwortete mit dem Jubelruf: Es lebe der erste Consul der französischen, es lebe der Präsident der italienischen Republik!"

"

Die Rede gefiel

[ocr errors]

Die Elimination der Gegner. — Amnestierung der Emigrante

-

Am 28. Januar verließ Bonaparte nach achtundzwanzigtägigem Aufenthalt die Stadt Lyon, am 31. Januar traf er wieder in Paris ein. Dajs ihn die Italiener zu ihrem Präsidenten gewählt, wirkte auf die Franzosen mächtig ein, was Bonaparte vorausgesehen und darum zur Befestigung seiner Stellung in Frankreich gewunschen hatte. Italien war jezt gebunden an Frankreich, der erste Consul der französischen war auch Präsident der italienischen Republik, alles schien dem jungen Manne zu gelingen. Der Muth Cam seiner Gegner im Tribunat war erschüttert. Cambacérès hatte während seiner Abwesenheit das Nöthige gethan, diese Gegner zu lähmen.

bacérès.

Am 9. Januar 1802 hatte er im Einverständnis mit den angesehensten Senatoren, namentlich mit Tronchet, an den Senat eine Botschaft gerichtet: der Artikel 38 der Verfassung bestimme, dass im Jahr X, in dessen viertem Monat man schon stehe, das erste Fünftel vom gefeßgebenden Körper und vom Tribunat erneuert werde, und der Weisheit der Senatoren. gezieme es, sich mit dieser Frage zu beschäftigen. — Am 18. Januar Der 1802 beschloss dann der Senat, die Bezeichnung des Fünftels habe durch Abstimmung und nicht durch das Los vor sich zu gehen und er werde fortan abstimmen, wer beizubehalten sei. Hätte er beschlossen, er wolle abstimmen, wer auszuscheiden sei, so wäre dies einer Ausstoßung gleichgekommen, und hätte schließt viel Bitterkeit erregt. Der Senat benußte nun die Notabilitätslisten, Gegner welche Siéyès erfunden hatte, um die Partei des Siéyès eigentlich auszuaus. stoßen. 60 Mitglieder des gescßgebenden Körpers und zwar jene, welche sich der

Senat

die

-

Wiederherstellung des Gottesdienstes am meisten feindselig bewiesen hatten, und 20 Mitglieder des Tribunats wurden eliminiert, das heißt nicht mehr unter die Tribunen aufgenommen, darunter waren Chénier, Ginguené, Chazal, Bailleul, Courtois, Daunon und Benjamin Constant; an ihre Stelle kamen Großgrundbesizer und Beamte, welche gute Dienste geleistet hatten, auch Lucian Bonaparte und Carnot. Durch diese Maßregel, gegen welche die eigentlich Ausgestoßenen nichts einwenden konnten, zumal die

[blocks in formation]

öffentliche Meinung sich gegen sie aussprach, entfernte Bonaparte seine Gegner aus dem Amt, ohne gerade verlegend aufzutreten; der Senat hatte sie eliminiert.1)

Bona

Das Tribunat war fortan sehr fügsam was der erste Consul ernst= lich wollte, fand keinen Widerspruch mehr. Thiers bemerkt: „Es wäre zu wünschen gewesen, dass der erste Consul es über sich vermocht hätte, einige Fehler machtlose Verkleinerer zu ertragen, bei seiner Ruhmesfülle und bei dem all- partis gemeinen Beifall Frankreichs, der ihn entschädigte für eine unangemessene Opposition. Dieses Verzichten wäre würdiger gewesen und zugleich minder schädlich für die Art von Freiheit, die er uns damals hätte lassen können, um uns später eine wahre Freiheit vorzubereiten. Allein in dieser Welt ist einmal die Weisheit seltener, als die Geschicklichkeit, seltener sogar, als das Genie, denn die Weisheit verlangt die Besiegung der eigenen Leidenschaften und eines solchen Sieges sind die großen Männer auch nicht mehr fähig, als die kleinen. Der erste Consul ließ es, das muss man eingestehen, bei dieser Gelegenheit an Weisheit fehlen und man kann zu seinen Gunsten nur eine Entschuldigung geltend machen, dass eine solche Opposition, wenn sie durch seine Geduld ermuthigt wurde, vielleicht mehr als unbequem, ja sogar ge= fährlich und unüberwindlich geworden wäre, wenn zuleht der geseßgebende Körper und der Senat an ihr theilgenommen hätten. Diese Entschuldigung hat einen gewissen Grund, und beweist, dass es Zeiten gibt, in denen die Dictatur nothwendig ist, selbst für Länder, welche frei sind oder doch bestimmt sind, es zu werden." Thiers tadelt diese Opposition, die oft gepriesen worden ist, sie sei inconsequent und händelsüchtig gewesen, hätte sich und des gegen das Bürgerliche Gesetzbuch und gegen die Herstellung der Altäre, kurz nats. gegen die besten Maßregeln des ersten Consuls aufgelehnt, habe aber stillgeschwiegen zur Ächtung der armen Revolutionäre, die ohne Urtheil und Recht außer Landes gebracht wurden, wegen jener Höllenmaschine, deren Urheber sie nicht waren".2)

Nun war Bonaparte im Stande, nützliche Maßregeln ohne Widerstand durchzuführen, das Concordat, die Ehrenlegion, das Schulgesetz. Eine Wunde aber, meinte er, sei noch offen und müsse geschlossen werden, die Auswanderung, dann habe Frankreich wahrhaft den innern Frieden.

Tribu

Für den äußern Frieden mit England schien er damals wenig Besorgnis zu hegen, er war ja abgeschlossen in den Präliminarien von London. Cornwallis und Joseph Bonaparte verhandelten nur noch über Neben- Berhand lung zu fragen in Amiens, sie betrafen einmal Malta. Bonaparte wünschte die Festungs- Amiens. werke der Insel zu schleifen und darauf ein neutrales, allen Nationen offenes Malta Lazareth einzurichten. Die Engländer aber sahen in Malta nur eine Brücke für die Franzosen nach Ägypten und wünschten darum die Herstellung des Ordens,

=

hinauswerfen, mettre dehors;

1) Eliminer vom lateinischen Eliminare retrancher de la liste des candidats, faire disparaître.

2) Thiers, Histoire du Consulat et de l'Empire, III, p. 316–317.

aber dass zugleich eine englische und eine maltesische Zunge darin sei: sie hätten dann das Übergewicht gehabt, da die Bewohner von Malta ihnen ergeben waren. Sie verzichteten zuleht auf die beiden neuen Zungen, und man einigte sich dahin, ein neuer Hochmeister solle gewählt werden; Hompesch, der sich bei der Belagerung so feige gezeigt, habe alles Ansehen verloren. Bis aber der Orden wieder hergestellt sei, sollten 2000 Mann Neapolitaner die Festung besezt halten; Russland sollte die Bürgschaft für den Bestand des Ordens und für die Neutralität Maltas übernehmen. Auch hatte man sich geeinigt über die Gebietsintegrität Türkei für Portugal und die Türkei. Lord Cornwallis freute sich schon, dass Portus er einen Weltfrieden unterzeichnen könne, nachdem er früher als Krieger einen hohen Ruhm erlangt hatte. Allein plöglich bekam er strengere Weisungen von den englischen Ministern.

und

gal.

ent

reich

ju.

England Das englische Volk hatte zwar die Friedenspräliminarien von London täuscht. mit Jubel aufgenommen, weil es das Ende alles Elendes vom Weltfrieden erwartete, nun aber war die damit erhoffte Erniedrigung der Preise der Lebensmittel nicht eingetreten und die Großhändler hatten keinen Abjah ihrer Waren in Frankreich erlangt. Frankreich war schnell wieder Herrin von Domingo geworden, es hatte Italien wieder fest an sich gekettet, es hatte von Spanien Louisiana erlangt. Man sagte in London, Frankreich nimmt vergrößere sich fortwährend und England würde kleiner. Nun wurden einige Fragen schärfer gefasst, zum Beispiel die der Entschä digung für das Haus Oranien. England wünschte ferner einen türkischen Bevollmächtigten bei Abschluss des Friedens von Amiens; auch solle der König von Sardinien, dessen Land Piemont Napoleon noch immer besezt hatte, eine Entschädigung erhalten; dann sei England bereit, das Königreich Etrurien und die italienische Republik anzuerkennen. Bonaparte wies diese neuen Bedingungen zurück: wolle man den Frieden nicht ernst, so müsse man den Verhandlungen ein Ende machen. Das englische Ministerium erschrak und gab Cornwallis Erlaubnis, abzuschließen.

Ab

schluss.

Con cordat

Am 25. März 1802 unterzeichneten beide Bevollmächtigten den Frieden1) und umarmten sich herzlich unter dem Zurufe des Volkes. So war dieser zehnjährige Krieg feierlich, wenigstens für den Augenblick, beendet. Wieder stiegen die Hoffnungen auf einen lange dauernden Frieden und auf alle Wohlthaten desselben - und Bonaparte berief unter dieser Stimmung das Tribunat und den gesetzgebenden Körper zu einer außerordentlichen Sißung, die vom 1. April bis zum 20. Mai dauern sollte.

Das Concordat wurde vorgelegt und mit 78 gegen 7 Stimmen vom 8. April. Tribunat angenommen und vom gesetzgebenden Körper mit 228 gegen 21 Stimmen.) Dann kam das Nationalfest des doppelten Friedens am Die Ostertag, 18. April 1802, und jetzt sollte auch die schwere Streitfrage wegen. granten. Der Auswanderung gelöst werden durch ein allgemein giltiges Gesez,

Emis

1) Thiers, 1. c. III, p. 327–328.

2) Ibid. III, p. 341.

« PreviousContinue »